Sie liebt mich

[Cholyrika]

Sie liebt mich


Ich paare mich mit ihr.
Langsam,
schnell,
uneinsichtig.

Sie schreit
und füllt den Raum mit Verblendung.
Die Tapeten schweigen,
der Fernseher bietet mir
alternative Telefonnummern
zur Befriedigung.

Dann kommt sie.
Laut und bedürftig.
Ich bin veränstigt,
rezitiere Gedichte von
Gottfried Benn
und verzichte auf
jeglichen intellektuellen Aspekt.

Ich liebe dich,
flüstert sie in das Kissen
und meint ausdrücklich mich.

Aber meine Venen sind schon
träge,
mein Blut läuft langsam.
Ich erfriere unter ihr
und erkläre das Periodensystem.
Ich erzähle von meiner Mutter.
Sie war Alkoholikerin.
Ich schlage vor Grünkohl
mit Mettwurts zu besorgen.

Aber sie liebt mich.
Unnachgiebig,
leidvoll,
ohne Resigantion.

Ich erfinde Krankheiten.
Ansteckende,
fürchterliche,
tödliche,
unheilbare Krankheiten,
die meine Familie seit
Generationen belasten.

Ich liebe dich,
haucht sie an meine Brust
und versenkt ihre roten Nägel
in meinem Rücken.
Ja meine Güte,
was soll ich noch tun.

Ich schmeisse sie runter von mir,
sehe ihr ins Gesicht
und dann mache weiter ich,
was zu tun ist.

Es ist August
und wieder und wieder
drängen Katzengesänge
durch das offene Fenster
in den Raum.

[Perry]

da ist es wieder dieses "männlich Verachtende" im Text, das mich an Bukowski denken lässt.
Liebe als egoistisches Spiel der Leidenschaft, zuweilen verkannt als Liebe.

Konstruktiv bin ich an folgenden Pasagen hängen geblieben:

"erkläre das Periodensystem" -> Wem?
"ich schmeisse sie runter von mir" -> Schmeißen wirkt hier zu wenig
                                                      (ziehe, zerre etc. wäre treffender)
"dann mache weiter ich" -> warum die Satzverdrehung?

Ansonsten finde ich den Text stark in der Bild- und Wortwahl.
LG
Perry

[albaa]

Ja, ich mag das auch, wie du schreibst - wenn ich nur wüsste warum?

Dieses "männlich Verachtende" kommt mir wie Ritzen vor - ich muss öfter schlucken beim Lesen (also wenn ich gerne spucken würde.) Heißt das, der Text (den ich für reine Prosa halte) hat mich erreicht?

Immerhin, er lässt mich nicht kalt, auch wenn ich denke: Was will dieser Bukowski-Verschnitt (von mir ): So was lockt doch heute kein Schwein mehr hinterm Ofen hervor, wo mittlerweile auch die wilden 68iger ihre alten Knochen wärmen und über ihre (tätowierten) Epigonen schmunzeln.

ambivalenten lieben Gruß

albaa

[gold]

so richtig leer!!! Der arme Jüngling!!!

[purpur]

Hallo lieber Cholyrika,

ein interessanter Text, der
nachdenklich stimmt.
Du meinst möglicherweise
Mettwurst/"Mettwurts", oder?
Und ... Resignation...
 
Einen guten Rutsch in ein
gesundes neues Jahr!
HzppGruß
Pia

[Cholyrika]

Danke für die Kommentare.

mein Stil ist ja seit 35 Jahren der gleiche.
Sicher ist er nicht die Neuerfindung der Lyrik,
aber ich hoffe authentisch genug,
dass ich mich hinter den Worten verstecken muss.

Ich danke für die netten Kommentare.

THX
ML