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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Wo ich nicht bin, ist das Glück


 
 
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ELsa
Geschlecht:weiblichReißwolf

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Beitrag25.06.2010 17:49
Wo ich nicht bin, ist das Glück
von ELsa
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Wo ich nicht bin, ist das Glück

Wo ich nicht bin, ist das Glück ... war das Camus oder Sartre ..., überlegt Vera, während sie den Wagen in einer Gasse hinter der Stephanskirche parkt. Samstagvormittag. Shoppingtime in der Kärntnerstraße. Als sie die Fußgängerzone erreicht hat, weht eine melancholische Melodie heran. Sie zaubert ein Lächeln auf die Gesichter der Menschen, die im Kreis um den Straßenmusikanten an der Ecke stehen.
Magisch angezogen drängt Vera sich nach vorn. Ein Roma. Es ist mehr als seine Musik, die sie beeindruckt. Sein Körper ist eins mit dem Spiel, der Geigenbogen die Verlängerung seines Armes. Er hält die Augen geschlossen. In diesem Moment gibt es nichts als das Lied.
Auf dem Asphalt liegt der Geigenkasten, einige Münzen schimmern darin. Im Deckel klebt ein Stück Pappe, auf dem in verschiedenen Sprachen ‚Danke’ steht.
Erst als der letzte Ton verklungen ist, öffnet der Musiker die Augen und verbeugt sich. Applaus. Die Zuhörer sind begeistert, es fliegen sogar Geldscheine in den Kasten. Mit Schwung wirft der Geiger sein glänzendes schulterlanges Haar nach hinten. Dann klemmt er das Instrument wieder unters Kinn, stimmt eine rasante Melodie an. Er beginnt zu tanzen, seine Augen sprühen Lebenslust ins Publikum. Der Funke springt über, die Zuhörer klatschen mit. Aufmunternd nickt der Roma. „Tanzen, hoppa!“, ruft er.
Vera probiert ein paar Schritte, beobachtet seine Füße und nimmt die Bewegung auf. Es ist mehr ein Stampfen und Vera spürt das Beben bis in den Kopf. Sie merkt, wie gut ihr das tut. Es wärmt sie von innen her.

Bei ihr zu Hause wurde gestern auch getanzt. Ein Pas de Deux der anderen Art. Als Vera schlafen gehen wollte, sagte Rudi plötzlich: „Tanz mit mir.“ Er hatte zu viel getrunken. Vera stieß ihn weg, doch er packte sie um die Hüften und presste sie an seinen Leib, rieb sein Geschlecht an ihr. „Los, mach’s mir, wie früher!“
Vera spürte Brechreiz aufsteigen, als Rudi sie zum Bett drängte, die Hose öffnete und sich zwischen ihre Schenkel zwängte. Danach schlief er ein. Sie zog ihren Körper unter dem seinen hervor und legte sich an den Rand der Matratze. Es ist der Alkohol, immer wieder der Alkohol. Sie wiederholte diesen Satz wie ein Gebet. So konnte sie die Demütigung besser ertragen.

Der Geiger sieht ihr beim Tanzen zu und auf einmal hat sie das Gefühl, er spiele nur für sie. Das macht sie verlegen, sie geht, sie muss Geschenke für Rudis Geburtstag besorgen.
Auf ihrem Rückweg spielt er immer noch. Unsichtbar für Vera, zu dicht stehen die Menschen beieinander. Aber seine Melodie schneidet in ihr Herz. Rasch geht sie weiter. Als sie im Auto sitzt, spürt sie ein Kribbeln im Bauch, wenn sie an den Fremden denkt und wie er sie vorhin angesehen hat. Sie atmet tief durch.

Genauso ist es ihr damals ergangen, als sie dem Literaturprofessor sagte, dass sie nicht mehr kommen werde. Der Professor war daraufhin sehr zornig geworden. „Brechen Sie lieber die Schwangerschaft ab statt des Studiums! So eine hochbegabte Person, Sie machen sich die Karriere kaputt!“
So sehr hatte sie geschwärmt für Rudi, den zehn Jahre älteren; seine charismatische Ausstrahlung, die Zärtlichkeiten, und wie er lebenserfahrene Weisheiten von sich gab, ließen keine Zweifel daran , dass er ihr Schicksal war, ihre große Liebe. Die aufkeimende Unsicherheit, ob ihre Entscheidung die richtige sei, hatte sie schnell runtergeschluckt, denn das einzig Wichtige war die Vorstellung einer herrlichen Zukunft mit Rudi gewesen.

„Mama?“ Vorwurf in der Stimme ihrer Tochter, als Vera aufschließt. Sie fällt beinahe über Susis Schultasche. „Kannst du nicht einmal dein Zeug an seinen Platz tun?“
„Wo warst du? Ich hab Hunger!“
„Mach dir ein Brot, Himmel, du bist fünfzehn, soll ich dich auch noch füttern?“
Susi schneidet Grimassen.


Fortsetzung folgt, sofern gewünscht



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prophet
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Beitrag25.06.2010 18:33

von prophet
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Hi, ELsa,

wo Du bist, ist das Glück. Höre ich da einen autobiographischen Unterton?

Dieses prosaische  Pas de deux habe ich gerne mit Dir geteilt. Atmosphärisch
wunderbar beschrieben. Nie langweilig, bis zum Ende.
Und eine Fortsetzung? Wehe!
Wenn es keine gibt, mein ich.
Ob das jetzt ausführlich war? Egal.
Genossen.

lg H.J.
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ELsa
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Beitrag25.06.2010 18:56

von ELsa
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Lieber Hans-Joachim,

keinesfalls biographisch! Ich pflege meine "Kisten" anders zu regeln  Wink

Hui, das war ja wirklich ausfühlich, vielen Dank!

Wenn das so ist, dann stelle ich jetzt anschließend die nächsten Teile ein bis zum bittern Ende...

Liebe Grüße
ELsa


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:00

von ELsa
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Teil 2:

„Ich muss Rudis Geschenke verstecken.“
„Geschenke? Warum?“
„Hast du schon wieder den Geburtstag von deinem Papa vergessen!“ Vera läuft mit den Paketen die Treppe nach oben.
„Pfhhh“, schnaubt Susi. „Er hat vorhin angerufen, es wird spät heute.“

Vera träumt. Der Roma umarmt sie zärtlich. Als er sie küssen will, plumpst ihr Mann ins Bett und sie schreckt auf. Rudi schnarcht mit offenem Mund. Um sechs geht sie joggen. Das Lächeln des Geigers verfolgt sie. Später unter der Dusche erschauert sie beim Einseifen ihrer Brüste.
Gegen Mittag schlurft Rudi verkatert in die Küche. Vera ist beim Marinieren der Lammkoteletts und Hühnerteile für das Gartenfest.
„Na? Hoffentlich hast du diesmal besseres Fleisch erwischt“, sagt er gähnend.
„Happy Birthday!“ Sie erschrickt über den zwitschernden, verlogenen Klang ihrer Stimme und hüstelt.
Er grinst und kneift sie in den Po. „Kaffee, Süße“, zischt er ihr ins Ohr.
Vera drückt sich an ihm vorbei und richtet die Kaffeemaschine her. „Hattest du gestern einen netten Abend, Rudi?“ Sie versucht freundlich zu klingen, es ist sein Geburtstag.
„Was ist? Wird das ein Verhör?“
„Nein, entschuldige.“
„Papi! Alles Gute zum Geburtstag!“ Susi stürmt ihm entgegen. Sie macht es sich auf seinem Schoß bequem, lehnt ihren Kopf an seine Brust.
„Susi, lass Papa in Ruhe seinen Kaffee trinken“, sagt Vera.
„Hör auf, mäkle nicht dauernd rum an meiner kleinen Maus.“
Susi drückt ihm einen Kuss auf die Wange.
Vera klatscht die Fleischstücke in die Marinade und verlässt die Küche.
Schon ist Rudi hinter ihr, fragt: „Missgönnst du mir die Liebe meiner Tochter? Du bist doch das Letzte!“
Vera zieht die Luft mit einem Zittern ein. „Was ist nur passiert mit uns, Rudi ...“, fragt sie und schaut ihm in die Augen.
„Ich weiß es auch nicht ...“ Einen Moment lang wirkt es, als versuche er zu lächeln.
Veras Herz zieht sich zusammen bei der Erinnerung die langen, von Nähe erfüllten Nächte. Eine Welle der Zuneigung steigt in ihr hoch und sie macht einen kleinen Schritt auf Rudi zu, will ihn spüren lassen: Versuchen wir es noch einmal, anders ...
Doch er zieht in einer hilflosen Geste die Schultern hoch, senkt den Blick und wendet sich ab.
Vera nimmt die Autoschlüssel von der Ablage. „Bis dann“, sagt sie und verlässt das Haus. Sie will nur ein bisschen herumfahren, ihre Gedanken ordnen, aber dann ist sie auf der Straße zur Innenstadt. Parkt unweit der Kärntnerstraße.


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:01

von ELsa
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Teil 3:

Er spielt an demselben Platz wie am Vortag. Und sie steht wieder dort und beobachtet ihn. Der Roma scheint sie wiederzuerkennen, denn er lächelt ihr zu. Vera hat plötzlich eine Idee. Sie winkt ihm, deutet damit an, dass sie mit ihm sprechen will.
Er spielt das Lied zu Ende, bedankt sich, sagt: „Pause.“
Die Zuhörer zerstreuen sich und er nimmt das Geld aus dem Kasten, legt die Geige hinein, ehe er auf Vera zugeht. Seine dunklen Augen lassen in ihr einen Eisblock schmelzen, die Realität ihres Alltags mit voller Macht zu erkennen, tut weh, zieht ihr den Boden unter den Füßen weg.
„Nicht fallen!“
Sie spürt, wie ihre Schultern festgehalten werden, schwankt ein wenig und holt tief Luft. „Verzeihen Sie“, murmelt sie.
„Ihnen ist übel, nicht wahr?“, fragt er und lässt sie langsam los.
Vera nickt. „Ja, mir wurde schwindlig, so was! Ich wollte Sie um etwas bitten, Herr ...?“
„Mosha Sisic. Sie sagen einfach Mosha.“ Sein Händedruck ist fest.
„Mosha ... gut. Mosha, was kosten Sie in der Stunde?“
„Was meinen Sie, Madame?“
„Sie werden doch einen Preis haben?“, sagt Vera.
„Madame, ich bin nicht zu kaufen.“
Vera wird rot. „Gott, ist mir das jetzt peinlich! Ich wollte fragen, ob Sie heute Nachmittag auf dem Geburtstag meines Mannes musizieren möchten? Wir geben eine Grillparty in unserem Garten. Ich würde Sie danach wieder hierher zurückbringen. Das meinte ich damit, Mosha!“ Sie ist atemlos.
Er lacht fröhlich. „Nun alles klar. Heute ist Geschäft nicht gut hier, nur wenig. Ich komme spielen, ja.“
Im Auto will Vera wissen: „Mosha, woher stammen Sie?“
„In Rumänien bin ich geboren, aber schon lange unterwegs ...“
„Das muss ein wundervolles Leben sein! Frei und unabhängig, auf der ganzen Welt zuhause, nicht wahr?“ Vera ist aufgeregt, wartet gespannt auf eine Antwort, er jedoch scheint in Gedanken versunken.
„Mosha? Was ist denn?“, fragt sie und sieht zu ihm hin.
„Madame. Ich denke, Sie möchten ... weg?“
Wie kommt er darauf? Sie hat doch nicht von sich gesprochen! Ehe sie entgegnen kann, fährt er fort. „Sie glauben, das, was ich zeige mit Geige von mir ist mein Leben. Ist Abenteuer, ja?“
Er schüttelt freundlich den Kopf.
„Mosha, es ist schön, ist es doch, nicht wahr?“
Er antwortet nicht.
Nervös lacht sie auf, sagt: „Wissen Sie, ich habe neulich einen Film gesehen ... Roma fuhren auf dem Fluss, ab und zu legten sie an, um ihre Ware zu verkaufen oder eben Musik zu machen ... und der Oberroma sah aus wie Sie ... ein bisschen jünger.“
„Bitte weiter erzählen, ist schön.“ Er nickt ihr zu.

„Bitte sehr!“ Sie schiebt Mosha mit seinem Geigenkasten in die Diele. „Das ist deine Geburtstagsüberraschung, Rudi!“
„Ein Mann? Soll der aus der Torte hüpfen statt einer knackigen Blondine?“
„Ich spiele Musik, mein Herr. Alles Glück ich wünsche zu Geburtstag.“
Rudi zieht eine Augenbraue hoch. „Ach ja? Zigeunermusik?“
„Nein, der Herr. Romamusik!“
Vera möchte vor Scham in den Boden versinken.
„Na, dann komm, Zigeuner, gießen wir uns einen hinter die Binde.“ Rudi deutet mit einer Kopfbewegung an, dass Mosha ihm folgen soll.
Im Garten ist alles schon hergerichtet für das Fest. Vera hat sich Mühe gegeben mit der Dekoration; extra dafür leuchtend rote Tischtücher gekauft und goldfarbene Gläser für die Windlichter. In den Bäumen hängen Lichterketten, der Grill ist vorbereitet zum Anzünden. Die Männer setzen sich und Rudi schenkt Bier ein.
„Danke, der Herr“, sagt Mosha, „ich trinke nicht.“
Ehe Rudi seinen Unmut äußern kann, treffen schon die ersten Gäste ein.
Mosha stimmt seine Geige. Vera entdeckt ihn zwischen den Kastanienbäumen. „Da sind Sie! Haben Sie etwas gegen unsere Gäste?“
„Madame, ist anderes Gefühl, wenn ich draußen bin und die Menschen kommen, mich hören. Hier ich muss kommen – Sie verstehen?“
„Es sind ganz nette Leute, keine Sorge, spielen Sie einfach, ja?“


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:02

von ELsa
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Teil 4:

Während Mosha seinen Platz zwischen den Tischen einnimmt, klingt ein Satz in Vera auf: Ich gehe in die Welt hinaus und werde etwas anderes, als ich bin! Ein längst vergessen geglaubter Ausspruch aus einer Zeit, als sie ein kleines Mädchen war. Immer, wenn es Streit gab zu Hause, hatte sie diesen Satz ihren Eltern entgegengeschrien.
„Ich gehe in die Welt hinaus und werde etwas anderes, als ich bin ...“, sagt sie nun leise und bekommt feuchte Augen.
Moshas Repertoire ist groß. Es reicht vom Volkslied über Csardas bis zum Hummelflug. Sein Spiel begeistert die Zuschauer. „Mehr, gib uns mehr!“, ertönen einzelne Rufe. Mosha springt auf einen Tisch, lacht, tanzt, fiedelt wie besessen.
Sein Hemd ist schweißnass.
„Teufelsgeiger!“, jubelt einer der Gäste. Längst sind alle aufgestanden. Es wird gestampft und geklatscht. Die Frauen wirbeln in den Armen ihrer Partner über das Gras. Moshas temperamentvoller Strich reißt ein paar der weißen Fäden aus der Bespannung des Geigenbogens. Sie streichen über seine dunkle Hand, die Vera auf ihrem Körper spüren möchte.
Schließlich springt er vom Tisch.
„Kommen Sie, Mosha, ruhen Sie sich aus. Wir gehen ins Haus“, sagt sie.
Sie sitzen am Küchentisch, Mosha trinkt Wasser. Er ist erschöpft. Sie hätte ihm gerne den Nacken massiert, sieht ihm zu, wie er es selber tut.
Rudi wankt singend herein: „Komm Zigan, komm Zigan, spiel mir ein Lied ...“
Mosha steht auf und schüttelt den Kopf.
„Ach du mieser, kleiner Zigeuner, kannst ja gehen, wenn du fertig bist!“ Rudi lallt.
„Ja. Das werde ich tun jetzt. Danke“, antwortet Mosha und packt die Geige ein.
„Komm Zigan, komm ...“, singt Rudi und geht auf unsicheren Beinen wieder in den Garten.

Vera fährt den Geiger wie versprochen zurück. Sie parkt an der Stelle, wo Mosha vor einigen Stunden eingestiegen ist.  
„Ich will nicht mehr heim ... ich möchte so nicht mehr leben“, sagt sie.
„Ist Ihr Zuhause, Madame.“
„Ich könnte dich lieben, Mosha ...“
„Sie lieben Traum von freier, wilder Mann mit Geige, nicht Mosha Sisic. Sie lieben Filmfigur, Madame, Maske.“
„Bitte ... nimm mich mit ... zeig mir, wie du unter dem Sternenhimmel schläfst, dich morgens im Fluss wäschst. Lass mich bei dir sein.“
Mosha holt seine Brieftasche heraus. „Madame!“ Er knipst das Innenlicht über der Frontscheibe an und hält ihr ein Foto hin. „Das ist meine Frau. Das sind meine Kinder. Ich habe fünf, Sie sehen, Madame?“
„Nein“, klagt sie.
„Ja“, sagt er und steckt das Familienfoto wieder ein. Dann streichelt er Veras Hand. „Madame, ich wünsche Glück für Sie.“
Er nickt ihr aufmunternd zu, nimmt seinen Geigenkasten und geht.

Das Haus ist still, als Vera heimkehrt. Leise betritt sie das Schlafzimmer, rafft Polster und Decke zusammen, geht die Treppe hinunter und macht ihr Bett auf dem Wohnzimmersofa. Schlaflos liegt sie im Dunkeln und sieht durch die großen Scheiben hinaus in den Sternenhimmel.
„Ich glaube, es war doch Camus. Der Mensch ist nichts anderes, als wozu er sich macht. Das ist von Sartre ... und morgen wird alles anders, weil ich es so will!“, flüstert sie in die Nacht.

ENDE


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Beitrag25.06.2010 19:02

von *Gast*
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Liebe Elsa,

da schließe ich mich an. Das liest sich, und will weiter gelesen werden.  

Lieben Gruß
Sabine

edit: Was für ein Tempo *gggggggggg* Warst um ein paar Ecken zu schnell für mich. Danke fürs Einstellen.
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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:03

von ELsa
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Liebe Sabine, fein, danke!

Steht schon alles da.

Liebe Grüße
ELsa


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:04

von ELsa
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SabineK63 hat Folgendes geschrieben:


edit: Was für ein Tempo *gggggggggg* Warst um ein paar Ecken zu schnell für mich. Danke fürs Einstellen.


*mitgrins* Wenn schon, denn schon  Rolling Eyes


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Beitrag25.06.2010 19:18

von *Gast*
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Jetzt könnt ich mich einfach nur wiederholen. Eine wunderbar gelungene Geschichte. Rund von Anfang bis Ende. Mir gefällt auch, dass es keine Flucht in einen Traum sondern einen Aufbruch am Ende gibt, einen Entschluss.

Lieben Gruß
Sabine
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Gast2
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Beitrag25.06.2010 19:19
...
von Gast2
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Liebe Elsa,

ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lesen. Schade, dass es schön zu Ende ist.

Gefühlvoll und spannend geschrieben, einfach aus dem Leben. Deine Sprache ist einfach wundervoll, aber das habe ich ja schon öfter gesagt.

Faszinierend wie die Gute von ihrem Mann enttäuscht ist, sich in Träume flüchtet, vom Roma geerdet erkennt, dass SIE etwas ändern muss, statt sich weg zu wünschen.

Grandios!

Liebe Grüße

Heidi
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prophet
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Beitrag25.06.2010 19:23

von prophet
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ELs......................................................................a,

Du überanstrengst mich. Denk an mein Alter. Du gehst aber wirklich aufs ganze. Das braucht Zeit. Laughing

lg Hans-J.
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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:33

von ELsa
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Liebe Sabine, liebe Heidi,

da freu ich mich, danke! War ja nicht sicher, ob der Kitschalarm evtl. gedrückt werden könnte. Wenn nicht, bin ich nun wieder entspannt.

Ich steh ja auf Alltagsdramen, wie ihr wisst.

Lieber Hans-Joachim, alles kann, nichts muss Wink

Liebe Grüße euch,
ELsa


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Beitrag25.06.2010 19:36

von *Gast*
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Liegt vielleicht an meinem Alter, aber an Kitschalarm habe ich bei der Geschichte noch nicht mal entfernt gedacht. Ich fand sie sehr realistisch geschrieben. Meinetwegen, liebe Elsa, darfst Du Dich zurücklehnen und völlig entspannen.  Cool

Lieben Gruß
Sabine
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prophet
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Beitrag25.06.2010 19:38

von prophet
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Hi, meine Gute,

ich wiederhole mich. Einfach wunderbar, wunderbar, wunderbar, diese kurzen Sätze, wie Stiche ins Herz.
Du wirst es mir nicht glauben, ich habe geweint. Auch das kann der prophet. Und wie.

lg Hans-Joachim
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Beitrag25.06.2010 19:46
...
von Gast2
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Nix da, Kitsch. liebe Elsa. Nein, das kann jeder, jeder nachfühlen. Geht es um tiefe Gefühle, dann gibt es da keinen Kitsch, da muss man sich für nichts schämen, schon gar nicht für Gefühle!

Nein, das ist wunderschön!
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Beitrag25.06.2010 19:56

von Murmel
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Auch von mir ein glattes Kompliment. Wahnsinnig gern gelesen, zu gerne, um an irgendwelchen Kleinigkeiten kritisieren zu wollen.

Nominiert.


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 19:57

von ELsa
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Da lehne ich mich nun wirklich entspannt zurück mit herzlichem Dank an euch drei!

Dieser Roma, mit dem ich schon Lesungen inkl. Musik gemacht habe, war Auslöser für die Story



Liebe Grüße
ELsa


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ELsa
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Beitrag25.06.2010 20:00

von ELsa
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Vielen Dank Murmel!

*stolzschau* Von dir nominiert zu werden ist wirklich eine Auszeichnung!

Liebe Grüße
ELsa


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Gast2
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G
Beitrag25.06.2010 20:07
...
von Gast2
Antworten mit Zitat

Der Roma kommt rum, sogar in deine Geschichte. Das hat er gut gemacht!
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ELsa
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Beitrag25.06.2010 20:30
Re: ...
von ELsa
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DELA hat Folgendes geschrieben:
Der Roma kommt rum, sogar in deine Geschichte. Das hat er gut gemacht!


Wir haben da eine Anti-Nazi Lesung gemacht mit Texten von Erich Fried, Kurt Tucholsky u.a., und der Mann hatte seinen kleinsten Geigenschüler mit (5 Jahre alt). Die haben gespielt, dass einem die Tränen waagrecht herausgeschossen sind, dieser Schmerz in der Musik, wahnsinnig....


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Beitrag25.06.2010 21:21

von The Brain
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Zitat:
Die haben gespielt, dass einem die Tränen waagrecht herausgeschossen sind, dieser Schmerz in der Musik, wahnsinnig....


... und genau so schön hast du es beschrieben!




Zitat:
Veras Herz zieht sich zusammen bei der Erinnerung die langen, von Nähe erfüllten Nächte


Der Erbsenzähler schlägt zu ... an die langen .... Nächte?

Zitat:
klingt ein Satz in Vera auf:


es hört sich so an, als hättest du lange über eine passende Formulierung gegrübelt? Und das ist ein Kompromiss? Hört sich für mich an, als würde es nicht zusammengehören "Klingt an?" Stimmt an ... Klingt nach ...
keine Ahnung, aber irgendwo hakt es ...



Habe es sehr gerne gelesen. Schade, dass es schon zu Ende ist....


Liebe Grüße

The Brain


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Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

(Laotse)

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Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
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***********

Alle Bücher dieser Welt
Bringen dir kein Glück,
Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

(Hermann Hesse)
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