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BerndHH
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Beitrag13.02.2023 05:15

von BerndHH
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Okay verstehe.
Stand auf dem Schlauch. Smile

Mich beschäftigt allerdings etwas anderes.
Wenn ich die Germanen nicht als Rüpel darstellen soll, die bei Mahlzeiten mit abgenagten Tierknochen um sich werfen, wie dann?
Mit höfischem Zeremoniell und edelm Getue?
Wahrscheinlich gab es große Unterschiede zwischen den cheruskischen Fürstensippen und den gemeinen Rinderbauern, nehme ich mal an.
Und Barbaren waren sie für die Römer allemal.


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Taranisa
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Beitrag13.02.2023 11:10

von Taranisa
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Im Prinzip war es eine bäuerliche Gesellschaft, wobei ein paar höher standen und die Sippe / das Dorf beim Thing vertraten. Zu Kämpfen lernten sie alle (notgedrungen und auch für Überfälle), hatten aber keine in dem Sinne ausgebildete Armee.
Bezüglich der Tischsitten würde ich sie "normal" zeichnen. Es sind ja auch Abfallgruben archäologisch untersucht worden, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sie Ordnung hielten.
In den Dokus werden Dörfer / Höfe ohne Zaun gezeigt, jedoch waren diese umzäunt. Dornenhecken wurden auch gerne hierfür genommen.


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Dyrnberg
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Beitrag13.02.2023 12:24

von Dyrnberg
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Ich fürchte, ich wiederhole mich, und Du musst sagen, wenn ich Dich nerve, aber: Die Gerüche oder Tischsitten der Germanen sind für Dein Projekt - Stand jetzt - doch absolute Nebenschauplätze bzw. eben nicht Dein größtes Problem, oder? Das, was mit Blick auf die bisherigen Leseproben meines (!!!!!) Erachtens noch fehlt, ist die passende Erzählstimme: Wer erzählt die Geschichte aus welchem Blickwinkel?

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Willebroer
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Beitrag13.02.2023 14:41

von Willebroer
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An Gerüche gewöhnt man sich sehr schnell. Es ist also eher unwahrscheinlich, daß ein Mittelalter- oder Germanenvertreter seine Umgebung ähnlich wahrgenommen hat wie ein modernen Mensch, der ganz plötzlich in Sekundenschnelle in die Vergangenheit versetzt wird.

Außerdem kann Schwefelwasserstoff als Hauptkomponente für Gestank aller Art eine Lähmung der Geruchsnerven bewirken. Was ihn auch als Kampfgas im Ersten Weltkrieg interessant machte.

Aber als Autor will man ja irgendwie Eindruck schinden, und da kann man sich ja ruhig der gängigen Klischees bedienen. Smile
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BerndHH
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Beitrag13.02.2023 15:20

von BerndHH
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Hallo Leute,

vielen Dank für die Beiträge!
@Taranisa: eine Dornhecke aus Weißdorn ist exzellent. Das werde ich in der Dorfplanung einbauen, herzlichen Dank dafür
@Dyrnberg: nein, Du nervst absolut nicht und es ist immer gut, den Fokus im Blick zu haben. Stand jetzt: Hersk|Hinnerk der Sohn des Rinderknechtes Sigismund|Sigurd vom Gesinde des Reik Arne als Stammesoberhaupt der Hirschleute aus der Ich-Perspektive. Ich habe mir am Anfang auch überlegt, ob ich nicht die beiden adeligen Cheruskerfamilien des Segimer und des Segestes nehmen sollte, mich dann aber dagegen entschieden. Die beiden Figuren kommen vor, sollen aber nicht im Zentrum stehen.
@Willebroer: Schwefelwasserstoff ist gut. Und Methan! Aber ich gehe eher mit Taranisa mit, dass ein Germanengehöft nicht unbedingt ein Saustall gewesen sein musste. Ich habe die Geruchswelt nur erwähnt, weil ich von Patrick Süskinds Paris des 18. Jhrdt. extrem geflasht bin. Ein Germanendorf kommt da auf keinen Fall mit. Ländliche Gerüche aber nicht wie heute: Schweinegülle, Gras- und Maissilage.

Was mich momentan mehr beschäftigt ist, was war ihre größte Bedrohung? Wovor hatten sie die meiste Angst? An ihre Zeit und die Jahreszeiten waren sie sicher sehr gut angepasst, durch den engen Kontakt mit ihren Vieh auch recht gut vor bakteriellen und viralen Krankheiten geschützt, vermute ich mal. Sicherlich gab es Infektionskrankheiten, die sie reihenweise dahingerafft haben. Schwere Mangelernährung im Winter, Hungerperioden, Kindersterblichkeit, brennende Dörfer und Vertreibung.

Wie hoch war ihre durchschnittliche Lebenserwartung? 40, 50? Weniger? Ich lese: Pest, Malaria, Pocken, Ruhr und Lungentuberkulose waren die dominierenden Volksseuchen im Altertum aber sicherlich nicht so sehr im dünn besiedelten Germanien.

Grüße


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Dyrnberg
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Beitrag13.02.2023 15:48

von Dyrnberg
Antworten mit Zitat

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Wie hoch war ihre durchschnittliche Lebenserwartung? 40, 50? Weniger?


Deutlich weniger, würde ich mal tippen. 40 oder 50 war noch nicht mal die durchschnittliche Lebenserwartung in London im 18. Jahrhundert. Bei "durchschnittlich" spielen ja auch all die Kinder rein, die sterben.

Mit Blick auf die "Gallier", um ein Beispiel zu geben - Zitat aus GEO:

"Der Anthropologe Manfred Kunter von der Universität Gießen hat die Skelettreste von Leichenbränden des Wederather Gräberfeldes untersucht und eine deutlich reduzierte Kindersterblichkeit im Zuge der Romanisierung ermittelt. Demnach betrug die durchschnittliche statistische Lebenserwartung während der vorrömischen Zeit 17,3 Jahre..."


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BerndHH
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Beitrag13.02.2023 16:13

von BerndHH
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Hallo Dyrnberg,

besten Dank für Deine Recherche.
Da lag ich wohl stark daneben. Gut, Arminius lebte von * 17 v. Chr. bis ~ † 21 n. Chr. Aber er gehörte ja auch der privilegierten Elite der Adelsschicht an. 17 Jahre und etwas mehr passt aber sicherlich gut für den gemeinen Bauer.


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BerndHH
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Beitrag15.02.2023 07:05

von BerndHH
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Ich zerbreche mir gerade den Kopf über einen der zentralen Sätze, der die Geburt des Protas einleiten soll, ihn einordnen, ihn und seine Zeit ganz kurz und schlaglichtartig beleuchten soll.

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BerndHH
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Beitrag15.02.2023 07:06

von BerndHH
Antworten mit Zitat

Ich komme aus den Wäldern

Im Dorf der Hirschleute.
In der Gegend von Alfeld an der Leine vor über 2.000 Jahren.
Südniedersachsen, Landkreis Hildesheim.

Mein Name ist Hinnerk [Hersk].
Oder in einer zärtlichen Form auch Heruti. Das bedeutet in unserer Sprache so viel wie „Kleiner Hirsch“.
Ich wurde im Jahr der langen Monde geboren, als die Winter in Germanien besonders zäh und hart waren, die Nächte nicht mehr enden wollten und sich jeder Häuptling, jeder Knecht und jede Magd nach dem Sommer und dem neuen Erwachen der Natur sehnte.
Wie ich später erfuhr, musste es wohl im Monat Mercedonius gewesen sein, als meine Mutter niederkam. Es geschah im Jahre 23 vor der Geburt eines gewissen Jesus Christus im fernen Judäae, als das Ewige Rom, die Hauptstadt der bewohnten Welt, von Gottkaiser Augustus, dem Imperator Gaius Iulius Caesar Divi Filius Octavianus Augustus, regiert wurde und im wilden Germanien die grimmigen Fürsten über die Stämme herrschten. Stämme, die nur eines einte: der Zwist. Hier wo Dir fast jeder Nachbar mit der Streitaxt ohne Vorwarnung den Schädel einschlagen konnte, wenn Deine Rinder auf seiner Waldweide grasten.
Ich kam in jenem März auf die Welt, den wir Hirschleute den Lenzing, den Frühlingsanfang nennen. Eben jener Monat, wo der Winter endgültig vorbei ist und jeder Bauer aus seiner Hütte kriecht, um den Ochsenpflug anzuspannen, um den Acker zu bestellen.   


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BerndHH
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Beitrag15.02.2023 07:08

von BerndHH
Antworten mit Zitat

Ja, ich weiß, viel zu viele Informationen, zwanghaft komprimiert.
Jeder kann auf der Karte sehen, dass Alfeld/Leine zum LK Hildesheim gehört, nur möchte ich auf diese möglichst präzisen Ortsangaben, die ich bei anderen Autoren vermisse, nicht verzichten.
Noch etwas zur Erklärung: der Prota lernt als Sklave|Kriegsgefangener Roma Eterna und die fremde Kultur später kennen.

Was meint Ihr?


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Taranisa
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Beitrag15.02.2023 12:53

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Du erklärst viel zu viel. Bei Ausdrücken wie "in unserer Sprache", "vor der Geburt eines..." (woher weiß dein Prota, wer 23 Jahre später in einem völlig anderen Kulturkreis geboren wird und warum sollte er sich für diesen interessieren?), "jenem März... den wir Lenzing nennen" zieht es mich nicht in die Geschichte. Woher kennt er zudem die modernen Ausdrücke und die ganzen Römer? Ich nenne beim Monat den (möglichst) alten Namen und lasse etwas "Wetter" oder eine übliche Tätigkeit einfließen, um zu verdeutlichen.

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BerndHH
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Beitrag16.02.2023 05:20

von BerndHH
Antworten mit Zitat

Hallo Taranisa,

ja, das ist einfach meine Marotte, diese Daten zu nennen.
Wir hatten das ja schon mal.
Aber ich höre das mehrfach, dass Leser das nicht mögen. Das muss ich wohl berücksichtigen, wenn ich veröffentlichen möchte.

Grüße


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Dyrnberg
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Beitrag16.02.2023 12:04

von Dyrnberg
Antworten mit Zitat

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Ja, ich weiß, viel zu viele Informationen, zwanghaft komprimiert.
Jeder kann auf der Karte sehen, dass Alfeld/Leine zum LK Hildesheim gehört, nur möchte ich auf diese möglichst präzisen Ortsangaben, die ich bei anderen Autoren vermisse, nicht verzichten.


Wenn Dir das wichtig ist und das eines der Motive ist, warum Du die Geschichte so erzählst, wie du sie erzählst... dann mach das, würde ich sagen. Jeder hat seinen Stil und vielleicht gibt es da draußen ja Leser, die das genauso sehen wie Du. [Als Kompromiss zwischen dem Feedback hier im Thread und Deinem Wunsch nach präzisen und vielen Infos, könntest Du andenken, diese Info in eine Fußnote zu packen. Oder irgendwie anders absetzen von der Erzählung.]

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Ich komme aus den Wäldern

Im Dorf der Hirschleute.
Fußnote: In der Gegend von Alfeld an der Leine vor über 2.000 Jahren. Heutiges Südniedersachsen, Landkreis Hildesheim.

Mein Name ist Hinnerk [Hersk].
Oder in einer zärtlichen Form auch Heruti. Das bedeutet in unserer Sprache so viel wie „Kleiner Hirsch“.

Ich wurde im Jahr der langen Monde geboren, als die Winter in Germanien [Germanien gibt es nur für uns heute, oder? Die damals sahen sich doch nicht als Teil eines Reichs, sondern als Teil eines Stamms.] besonders zäh und hart waren, die Nächte nicht mehr enden wollten und sich jeder Häuptling, jeder Knecht und jede Magd nach dem Sommer und dem neuen Erwachen der Natur sehnte.

Wie ich später erfuhr, musste es wohl im Monat Mercedonius gewesen sein, als meine Mutter niederkam. Es geschah im Jahre 23 vor der Geburt eines gewissen Jesus Christus im fernen Judäae, als das Ewige Rom, die Hauptstadt der bewohnten Welt, von Gottkaiser Augustus, dem Imperator Gaius Iulius Caesar Divi Filius Octavianus Augustus, regiert wurde und im wilden Germanien die grimmigen Fürsten über die Stämme herrschten. [Ja, der Typ lernt später Rom kennen und weiß das alles, aber warum sollte er gleich so beginnen? Und vor allem: So langweilig? Über Rom wissen wir alles, über das Leben des Typen in seinem Stamm nix. Daher würde ich alles Römische weglassen und erst viel später in der Story einflechten.]

Stämme, die nur eines einte: der Zwist. Hier wo Dir fast jeder Nachbar mit der Streitaxt ohne Vorwarnung den Schädel einschlagen konnte, wenn Deine Rinder auf seiner Waldweide grasten.
Ich kam in jenem März auf die Welt, den wir Hirschleute den Lenzing den Frühlingsanfang nennen auf die Welt. Eben jener Monat, wo der Winter endgültig vorbei ist und jeder Bauer aus seiner Hütte kriecht, um den Ochsenpflug anzuspannen, um den Acker zu bestellen.  


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BerndHH
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Beitrag17.02.2023 05:41

von BerndHH
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Guten Morgen Dyrnberg,

Du hast recht, diese "Zeit- u. Ortsbesessenheit" könnte Leser auch tatsächlich abschrecken.
Das Schlimmste ist aber, dass ich das Zeitkorsett überhaupt nicht einhalten kann. Die Augusteischen Germanenkriege fanden zwischen 12 v. Chr. und 16 n. Chr. statt. Es war der große Clash of Civilzations.
Fast dreißig Jahre Krieg, die Cherusker gab es danach faktisch nicht mehr, wenn ich die Quellen richtig deute, bzw. wurden hunderte Jahre später vom Stammesverband der Sachsen assimiliert.

Ich stell mir die Frage, wie alt sollte der Prota sein, damit er die Drusus-Feldzüge ab 12 v.Chr. miterlebt? Wie alt sollte er zur Varusschlacht 9 n.Chr. sein? Oder bei der Schlacht bei Idistaviso 16 n.Chr.?
Oder soll er später ein Mitglied der germanische Leibwache des Kaisers Caligula in Rom sein? Der hatte aber noch viel später seine Regentschaft 37-41 n.Chr.
Da gab es auch interessante historische Figuren wie z.B. den Sklaven Sabinus https://de.wikipedia.org/wiki/Sabinus_(Gladiator)
[Quote] Das endgültige Schicksal des Sabinus ist nicht bekannt. Nach den Quellen soll er als einer der Liebhaber Messalinas durch diese vor ernsthaften Lebensgefahren geschützt worden sein. [Quote/]

Also das historische Zeitgerüst passt überhaupt nicht zusammen, um die Personen zusammenzuführen, über die ich gerne mit erzählen möchte, bzw. die dem Prota begegnen könnten.
Arminius (da gibt es schon Romane), Augustus, Tiberius, Drusus, Germanicus (Caligulas Vater) ... Caligula, Claudius ("Ich, Claudius, Kaiser und Gott") und die berüchtigte Messalina.

Oder ich pfeif einfach drauf, bleibe in Germanien und beschränke mich auf die Geschichte der Rinderhirten.
Über das Leben der Römer wissen wir sehr viel mehr, über die Germanen speziell in dieser Zeitepoche so gut wie gar nichts.
Wir wissen nicht, wie sie organisiert waren, wie ihre Familienverbände/Sippen genau lebten, wie sie Viehzucht betrieben, ob ein Fürst Segestes oder Segimer 100 oder 500 Rinder hatte, wir wissen nicht einmal wie sie gesprochen haben.

Meine Phantasie und mein Vorstellungsvermögen wird auch daran scheitern vom Leben eines jungen Mannes zu schreiben, der kein Bett und keine Schule kannte. Der nicht wusste, was Buchstaben sind, dessen Leben von den Jahreszeiten der Natur und des Viehs (Abkalbemonat etc.) bestimmt war.
Der vielleicht gerade mal eine vage Vermutung hatte: aus dem Süden kamen die räuberischen Chatten ins Leinetal und im Westen, ganz weit hinten an diesem riesigen Strom [Rhein], da lebt ein seltsames Volk (Römer u. romanisierte Kelten), welches Steinhäusern bewohnt.
Da drüben in Gallien haben die Kelten Städte, eine definierte Druiden[/i]kaste und andere Errungenschaften der Zivilisation.

Und da komme ich keinen Zentimeter weiter ... also fabuliere ich einfach mal munter darauf los. Wink


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Marleng
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Beitrag17.02.2023 09:12

von Marleng
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BerndHH hat Folgendes geschrieben:

Was mich momentan mehr beschäftigt ist, was war ihre größte Bedrohung? Wovor hatten sie die meiste Angst? An ihre Zeit und die Jahreszeiten waren sie sicher sehr gut angepasst, durch den engen Kontakt mit ihren Vieh auch recht gut vor bakteriellen und viralen Krankheiten geschützt, vermute ich mal. Sicherlich gab es Infektionskrankheiten, die sie reihenweise dahingerafft haben. Schwere Mangelernährung im Winter, Hungerperioden, Kindersterblichkeit, brennende Dörfer und Vertreibung.

Wie hoch war ihre durchschnittliche Lebenserwartung? 40, 50? Weniger? Ich lese: Pest, Malaria, Pocken, Ruhr und Lungentuberkulose waren die dominierenden Volksseuchen im Altertum aber sicherlich nicht so sehr im dünn besiedelten Germanien.Grüße


Wenn man den klischeehaften Serien und Co. Glauben schenken mag, dann war eine der größten Bedrohungen generell, das Ansehen zu verlieren (höhergestellt) oder schlichtweg nicht genug Essen auf den Tisch zu bekommen oder die Blutlinie nicht fortzuführen und demzufolge ausreichend Kinder (Söhne natürlich) zu "produzieren". Zumindest kommt es in vielen germanischen Filmen und Serien genau so rüber, also ist es vielleicht etwas, was auch in Büchern "erwartet" werden könnte.

Die Germanen haben doch irgendwas fast alle europäischen Völker beeinflusst früher, also schwer zu sagen, wie lange die übliche Lebenserwartung war, weil es so viele Regionen gab. Generell wird aber wohl gesagt, dass gerade Hungersnöte ein Problem waren und natürlich Krankheiten. Wobei hier laut Wiki von Gelenkerkrankungen und Bandscheibenschäden gesprochen wird. Ergonomie und so war halt nicht wirklich ein Thema. lol2 Das macht schwach und schwach macht tot ... könnte man plump sagen. Aber da es vermutlich keine richtigen Statistiken gibt, gibt es wohl nur Annahmen aus den verschiedenen Regionen. Die einen sprechen von ungefähr 37, andere von 40, aber es gab natürlich Ausnahmen nach oben (über 60) und viele nach unten (Kriege usw.).
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Taranisa
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Beitrag17.02.2023 10:08

von Taranisa
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Über das Mittelalter heißt es teilweise ja auch, die Menschen seien durchschnittlich nicht älter als Mitte/Ende Zwanzig geworden. Nun, Hildegard von Bingen wurde über 80, nur so als ein Beispiel.
Ja, es gab Zeiten des Hungers, es gab Zeiten der Kriege oder gegenseitiger Überfälle oder Krankheiten, die damals nicht behandelt werden konnten.
Vielleicht solltest du tief in dich gehen und überlegen, was du mit dem historischen Roman verfolgst. Soll es ein "erzähltes Geschichtsbuch" sein oder willst du die Leserschaft das Schicksal eines Menschen miterleben lassen?


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BerndHH
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Beitrag18.02.2023 05:50

von BerndHH
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Guten Morgen Marleng und Taranisa,

besten Dank für Eure Beiträge.
Zitat:
erzähltes Geschichtsbuch oder menschliches Schicksal

Ich weiß es eigentlich selber nicht so genau, eine Mischung aus beidem? Sollte ich vielleicht näher definieren, das ist wohl wahr.

Zu Euren Punkten:
- Ansehen, Respekt verlieren, bei einer germanischen Fürstensippe mit Sicherheit von großer Bedeutung.
- Unfälle. Ein sehr guter Punkt. Hörner von Bullen, Jagdunfälle bei Adeligen durch Keiler, Reitunfälle z.B. d. römische Feldherr Drusus starb durch einen Reitunfall.
- Blutrache zwischen den Sippen. Vielleicht. Wurde sicherlich durch das Thing geregelt.
- drakonische Strafen gegen Ehebrecherinnen. Das ist leider überliefert. Polygamie war nur bei Männern okay.
- Krankheiten. Wundinfektionen vielleicht. Was passierte eigentlich mit den vielen verwundeten und verstümmelten Kriegern nach der Varusschlacht z.B.? Wurden Kriegsinvaliden, Alte, Kranke in schlechten Zeiten mitgeschleppt, wenn die Nahrung knapp wurde, wenn sich die Sippe im Wald verstecken oder wieder einen harten Winter überstehen musste?

Die Germanen haben natürlich nicht nur Kriege geführt, sondern hatten ihre brüchigen Allianzen und haben untereinander Tauschhandel betrieben.
Vielleicht waren sie auch nur einfachste Bauern, die in Ruhe gelassen werden wollten.
Ich führe den Zwist und die Fehden darauf zurück, dass es vielleicht zu wenig für alle gab und das dies zu großen Konflikten um Ressourcen führte und wenn es "nur" Weidegründe waren.

Die Eisenzeit. Eine Welt ohne Geld (bei den Römern sehr wohl), kein "moderner Supermarkt", um das zu kaufen, was man nicht erzeugen konnte, nur das was Acker und Vieh hergaben. Kein Arzt und anscheinend auch wenig gute Rechtssicherheit. Wenn Dir der böse Nachbar Deine einzige Kuh stiehlt, musst Du verhungern oder Du brauchst einen wehrhaften Partner. Deinen Gefolgsherren?
Dergleichen Dinge wurden wohl auf dem Thing geregelt.
Die Augusteischen Germanenkriege waren sicherlich keine gute Zeit für die Germanen. Immerhin sollten sie römische Provinz werden und den Römern Tributabgaben leisten. Außerdem war die Rache des Germanicus nach der verlorenen Varusschlacht nicht ohne, es wird teilweise von einem Vernichtungskrieg gesprochen.

Ich denke mal, wer ausgestoßen ("Bann"?) wurde, z.B. Ehebrecherinnen, Ehrlose u.a. hatten außerhalb der bäuerlichen Gemeinschaft keinerlei Überlebenschancen. "Im Wald da sind die Räuber"
Die Notwendigkeit, unbedingt zu einer Gemeinschaft gehören zu müssen, dominiert auch noch heute unsere Ängste.

Grüße


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Beitrag26.02.2023 06:40

von BerndHH
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Guten Morgen liebe Leute,

ich komme irgendwie überhaupt nicht in die Geschichte rein.
Weil ich extrem verwirrt bin über die Frage, wie waren die Germanen wirklich? Friedvolle Bauern oder räuberische Krieger - es gibt beide Auffassungen - überhaupt was ihren Alltag angeht, da wissen wir absolut gar nichts. Eine finstere BLACK BOX.
Selbst die Historiker, die sich beruflich mit dieser Materie beschäftigen, müssen zugeben, dass so gut wie NICHTS überliefert ist. Die Germanen haben nichts aufgeschrieben. Es ist also der Phantasie überlassen, was man aus dem Stoff macht.

Ich habe ein paar wüste Szenen zu Papier gebracht:
- Kriegsbeute. Reik Arne (Reik ist ein Phantasietitel aus der Serie "Barbaren", wir wissen nicht, welche germanischen Titel ihre Fürsten, Stammeshäuptlinge, Sippenchefs hatten) bringt von einem Raubzug die chattische Fürstentochter Sünnje mit ins Dorf der Hirschleute und vergewaltigt sie, als Machtdemonstration, dass sie von nun an zum Gesinde und Eigentum des Reiks gehört. Als sichtbares Zeichen werden ihr die wundervollen nussbraunen Haare abgeschnitten und sie muss fortan als UNFREIE Feldarbeit für das Herrenhaus des Reiks ableisten. Der pubertierende Prota bewundert sie, verliebt sich in sie - die Chattentochter Sünnje ist eine starke Frau, die sich trotz Schändung, Knechtschaft nicht brechen lässt. Dies führt zu großen Konflikten mit seiner Sippe und dem Gefolge des Reiks Arne.

- Das große Thing. Die Römer stehen vor der Tür. Alle Fürsten, Gauhäuptlinge, Sippenchefs der Cherusker versammeln sich bei Vollmond und besprechen sich, ob sie in den Krieg gegen die weit überlegenen Römer gehen oder ob sie sich unterwerfen und damit ihre Existenz und Lebensgrundlage aufgeben sollten. Fürst Segimer (Arminius Vater) entscheidet sich GEGEN Rom und die Fraktionen um Fürst Segestes FÜR Rom.  

Also halten wir fest:
- Die Machtpolitik und das Ränkekspiel ist allein Sache der ADELIGEN, der Fürsten, Gauhäuptlingen, Clan-/Sippenchefs (wir kennen noch immer nicht die germanischen Wörte dazu). Sie sind es, die Allianzen bilden, Intrigen, Brüderkämpfe, Familienkonflikte (nicht vergessen: es war die eigene Familie, die Arminius vergiftete), die Fehden erklären, Friedensbündnisse schließen, für Rom, gegen Rom, die eigene Tochter an die Chatten verheiraten, um Frieden zu schließen, umgekehrt eine Chattentochter an den jüngsten Sohn, Blutgeld in Form von fünfzig Rindern zahlen (die Germanen hatten kein Geld), etc.
- im krassen Gegensatz dazu, der einfache BAUER und VIEHHIRTE. Der kennt nur das Wetter (Schnee, Hagel, Dürre, Kälte, gute/schlechte Ernte, Vorräte, Hunger oder volle Bäuche), sein Vieh (was auch verteidigt werden muss) und der Acker. Alles andere wird ihn nicht interessiert haben.

Fazit: es war vermutlich längst nicht so blutrünstig und brutal, wie wir es uns vielleicht vorstellen mögen, sondern der Alltag war mit hoher Wahrscheinlichkeit zum größten Teil von der einfachen Landwirtschaft bestimmt. Um Krieg führen zu können, benötigt man genügend Söhne, die dann auch ernährt werden müssen. Gut, die Germanen waren größtenteils arm, wenig Ressourcen und zumindest räuberisch. Oder wollten als Bauern einfach nur in Ruhe gelassen werden. Mich überfordert das.

Ich krieg es einfach nicht auf die Reihe, bekomme da überhaupt keine klare Linie hinein. Vielleicht habt Ihr ja einen guten KickStart für mich, etwas, was das Ganze ins Rollen bringt und dann läuft die Geschichte von allein.
Daran verzweifle ich regelrecht.

Viele Grüße


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Dyrnberg
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Beitrag26.02.2023 11:35

von Dyrnberg
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BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Weil ich extrem verwirrt bin über die Frage, wie waren die Germanen wirklich? Friedvolle Bauern oder räuberische Krieger - es gibt beide Auffassungen...


Ich (!) würde die Frage so beantworten: Beides.

Ich stelle mir das germanische Leben so vor: Banaler Alltag. Man versucht der Natur die Ernte abzuringen, um nicht zu verhungern. Viel Krankheit und Tod. Aber auch viele "langweilige", harte Tage der Arbeit. Jeder Tag gleich. Und dann plötzlich: Krieg. Und der Bauer wird zum Krieger, weil er muss. Mancher mag das genießen - Blutrausch und so. Mancher mag so tun, als wäre er hart im Nehmen - während er in Wahrheit kein Auge mehr zu tun kann aus Angst. Und ein weiterer Bauer mag mit der Hölle des Kriegs überhaupt nicht zurechtkommen und lieber Selbstmord begehen.

Warum ich mir das so vorstelle? Weil es doch heute auch so ist. Menschen sind unterschiedlich. Wir könnten doch auch keinen Roman darüber schreiben, wie "der Deutsche" so ist. Und genau so würde ich auch an ein derartiges Romanprojekt rangehen: Ich würde mir drei, vier Figuren überlegen - und jede wäre vielschichtig. Also bloß kein Klischee - weder der brave, biedere Bauer noch der blutrünstige Krieger. Sondern besser so etwas wie: Ein junger Prota, der sich auf den Krieg als Abwechslung freut, aber dann erkennen muss: Krieg ist scheiße. Und selbst die angeblich so harten Kerle übergeben sich vor einer Schlacht vor Angst. Oder so ähnlich. Und dabei stellt sich dann gar nicht die Frage, ob "die Germanen" so waren. Du schreibst ja kein Sachbuch! Du erzählst die Geschichte eines einzelnen Menschen. Und dieser Mensch war dann eben so.

Weiß nicht, inwieweit dir das weiter hilft.


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Ein Roadtrip durch die Philosophie: "Die Nacht der Fragen und der Morgen danach" (Roman)
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MacWrite
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Beitrag26.02.2023 12:15

von MacWrite
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Ich kann Dyrnberg nur beipflichten! Die Menschen haben sich in den vergangenen Jahrhunderten und Jahrtausenden nicht grundlegend geändert, weder zum Besseren noch zum Schlechteren. Insofern kannst du deine Geschichte – deren Einstieg mir sinnvoll erscheint – an den Einzelschicksalen ausrichten, insbesondere an dem des jungen Protagonisten, der ähnliche Erfahrungen machen und verarbeiten muss wie viele seines Alters, die voller Begeisterung in den Krieg zogen, nur um schnell zu erkennen, was das wirklich bedeutet. Eine solche Entwicklungsgeschichte vor dem Hintergrund der germanisch/römischen Konfrontation, das scheint mir stimmig und lesenswert!

LG aus dem Taunus (nahe am Limesverlauf)
Roland aka MacWrite
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BerndHH
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Wohnort: HH


Beitrag26.02.2023 12:23

von BerndHH
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Hallo Dyrnberg,

absolut! Ich glaube Du hast es gut erfasst. So wird es auch gewesen sein.
Der einfache Bauer hatte nicht die Möglichkeit die Gesamtlage zu erfassen und auch kein Interesse/Notwendigkeit daran gezeigt. Er musste aufpassen, dass seine Rinder vollzählig waren, wenn er sie abends wieder in den Wohnstall treibt oder kein Getreidepilz seinen Emmer/Dinkel dahinrafft, denn dann wird auch seine Familie sterben.
Krieg aber als Machtinstrument der Fürsten. Beute, Habgier, Machtpolitik, der andere Gauhäuptling hat viel schönere und fettere Rinder und genau die will ich haben. Im Kleinen wie im Großen.

Fürst Segestes wird alt und schwach. Er weiß, was Rom mit den Sugambrern im Westen gemacht hat - im Vernichtungsfeldzug des Drusus nahezu ausgerottet. Daher ist er ängstlich und will Frieden mit dem überlegenen Feind. Sein jüngerer Bruder Sigurd macht auf dem Thing massiv Stimmung gegen ihn, den alten Ziegenbock und weckt mit seinen fanatischen Reden Begeisterung bei den jungen Kriegern. Man plant, den "Romfreund" Segestes zu beseitigen, was allerdings nicht gelingt.

Die Figuren habe ich. Den Prota Hermut|Hersk|Hinnerk [habe immer noch keinen passenderen Namen für ihn] als Sohn des Rinderknechtes. Reik Arne, seine Frau Margard, seine beiden Sklavinnen, sein Bruder Eike, der seinen Platz annehmen möchte. Die neue Chattensklavin Sünnje, die neue Unruhe in das Herrenhaus|Hof bringt. Arbogast der geheimnisvolle Bote der Tenkterer. Enno der Schamane - Schamanen gab es bei den Germanen nicht, nur Priester und die waren wieder Adelige.
Das romfreundliche Oberhaupt Fürst Segestes, die Anführer drei weiterer Gaue im Leinetal ... und noch ein paar weitere mehr.

Doch von einer durchdachten und schlüssigen Geschichte bin ich unendlich weit entfernt. Es ist echt frustrierend, da ich keine guten Ideen habe, die es wert wären, zu Papier zu bringen.
Der bisherige Text ist grottenschlecht.

Grüße


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A galera começou a dançar
E passou a menina mais linda
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Soleatus
Reißwolf


Beiträge: 1002



Beitrag26.02.2023 12:34

von Soleatus
Antworten mit Zitat

Hallo Bernd!

Ich schreibe keine Prosa, aber wenn ich eine Verserzählung zu einem germanischen Thema schriebe, schaute ich zuerst einmal gar nicht so unbedingt auf die "wirkliche Geschichte", sondern ich schaute nach, wer denn ähnliches schon geschrieben hat; wie bestimmte Dinge gestaltet worden sind, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Und dann kann man ja immer noch schauen, ob es zu diesem bestimmten Punkt ausreichend Hintergrundinfo gibt. Zu "Opfer zur Sonnenwende" fiele mir zum Beispiel "Dreizehnlinden" ein von Friedrich Wilhelm Weber, ein seinerzeit wirklich berühmter Text. Spielen tut er viel später, 822-23, etwas weiter südwestlich an der Weser, und zur Sommersonnenwende. Daraus:

Unter Eichen auf dem Rasen
Stand der Opferstein, der graue,
Neben ihm mit blut'gem Messer
Eine riesenhafte Fraue:

Swanahild, die greise Drude,
Ihres Priesteramts zu walten,
Erzgegürtet; weißes Linnen
Floss um sie in reichen Falten.
...

Und im breiten Kupferkessel
Auf des Herdes glühen Kohlen
Brodelte mit Lauch und Mistel
Das geweihte Opferfohlen:

Freies Tier des freien Waldes,
Das den Hals vor Pflug und Wagen
Nie gebeugt und dessen Rücken
Einen Reiter nie getragen.

....

Dreimal dann mit nackten Füßen
Schritt die Priesterfrau, die hohe,
Um den Herd, und Segen sprechend
Warf sie Körner in die Lohe.

Und mit Donars Hammerzeichen1
Spendend Kraft und Heil dem Sude,
Das Gesicht zum Nord2 gewendet
Traurig ernst begann die Drude:

"Naht in Ehrfurcht, naht in Andacht,
Und was unhold, bleibe ferne;
Unsre Zeugen sind die Götter,
Stummer Wald und stille Sterne.

Fern sei jeder Ungezwagte3;
Wollt ihr opfern, wollt ihr beten,
Reiner Hand und reinen Herzens
Sollt ihr vor die Ew'gen treten."

(1) Donars Hammer war nicht allein ein zermalmendes, sondern auch ein weihendes und segnendes Werkzeug. Das Hammerzeichen ähnelte dem Kreuze.
(2) Betende und beichtende Christen schauten gen Osten, betende und opfernde Heiden gen Norden. Grimms D. Myth. 31.
(3) Ungezwagt von zwagen, waschen. Dem Hans Sachs war das Wort noch geläufig; jetzt ist es gänzlich veraltet und wird hier im Sinne einer hergebrachten gottesdienstlichen Formel gebraucht.


Und dann bliebe zu wägen und zu prüfen: Kann ich das genauso machen, was ist zu zeitgebunden ans 19. Jahrhundert (das ganz viele Verserzählungen über die Germanen hervorgebracht hat!), wären Fußnoten ein Gedanke, welche alten Wörter rufen welche Wirkung auf (ohne unbedingt "germanisch" sein zu müssen!) ... und immer so weiter. Oder vielleicht kann man auch gleich alles ausschließen und weitergehen zum nächsten Text.

Na, soweit mal. Das wird dir nicht wirklich helfen, aber ich dachte, ich schreibe es trotzdem schnell hin; es ist halt auch ein Weg, mit dieser "faktischen Unsicherheit" umzugehen, und von daher nicht an die Versform gebunden. Wenn du natürlich historische Genauigkeit oder zumindest größtmögliche Annährung und Wahrscheinlichkeit zu erreichen versuchst, geht das so gar nicht; aber das ist dann auch eher ein Projekt für viele viele Jahre.

Gruß,

Soleatus
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