Flucht

[Reimeschreiberin]

Eine phantastische Geschichte, die alle Vorgaben erfüllt. Zwischendrin erschien sie mir etwas langatmig. Die Botschaft am Ende, auf die alles hinausläuft, hat mir dagegen sehr gut gefallen. Wie wahr.

[nicolailevin]

Auch Wetterhexe Katla kann dem Wikingerschiff, das vor der geheimnisvollen Nebelwand in der Flaute dümpelt, keinen Wind bescheren. Ihre Kräfte reichen nicht aus. An Bord geht es nach Wikingermanier rau zur Sache: die anderen attackieren sich in ihrem Frust gegenseitig und auch Katla ist man schließlich bereit zu opfern, wenn sie keinen Erfolg hat. Als sie endgültig an der Nebelwand zu scheitern droht, kommen ihr die Erinnerungen an vergangene Stationen mit Hass und Gewalt in den Sinn, vor denen sie geflohen ist, und sie lässt ihre Gefühle heraus und findet so die Kraft, die Nebelwand zu besiegen.

Oder auch: Frustrierte Frau mit Katze muss ihre Gefühle zulassen, um im Leben erfolgreich zu sein. Aber ich fürchte, satirisch ist das hier nicht gemeint.

Obwohl: Gereimte Hexensprüche als Zweizeiler? Hexhex? Bibi, bist du’s?

Ich weiß nicht recht, irgendwie widerstrebt mir das alles, obwohl ich handwerklich nicht so arg viel zum Kritteln finde. Diese Geschichte funkt einfach gar nicht auf meiner Wellenlänge. Das Grundmotiv, die eigene Stärke zu finden, ist mir zu abgenudelt, speziell im Kontext ‚Zaubern gegen Gewalt und Konfrontation‘. Die Diskussionen an Bord rund um Katlas vergebene Anläufe dümpeln mir zu lang und in den Dialogen zu unglaubwürdig herum, mir laufen da überhaupt viel zu viele Personen in der kurzen Geschichte durchs Bild; dann die Katze als Maskottchen und treuer Begleiter, neeneenee, das ist mir alles zu sehr grobgeschnitztes Frauenklischee, fehlt nur noch, dass sie es sich am Ende im kuschligen Pyjama mit einer heißen Schokolade vorm Kamin mit der Katze auf dem Sofa bequem macht. Aber sie bekommt stattdessen am Ende das eigene Abenteuer von den anderen erzählt, das macht es auch nicht besser.

Kann ich nicht auch mal was Positives finden, bitte? Doch: „bleich wie die Gischt“, das war originell und schön!

Punkte hätten sich die Wikinger von der Knorr schon erräubern müssen. Freiwillig geb‘ ich keine her.

[anderswolf]

Eine Schwierigkeit phantastischer Literatur ist die Benamung der Figuren. Das zeigt sich hier recht deutlich: Falsche Namenwahl führt zu Fehlassoziation oder ungewollter Interpretation oder auch einfach nur Irritation. Ein Schiff, das Knorr heißt, lässt natürlich an Kochpulver denken, Namen, die sich nur in Details von irdisch bekannten Figuren abweichen ziehen unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich. Hoimer klingt nach Homer, erst in der zweiten Hälfte des Textes erkennt mein Gehirn, dass es Katla die ganze Zeit als Katia gelesen hat, Tula und Orik sind nicht direkt mit Bekanntem assoziiert, erinnern mich aber trotzdem an irgendwas, und das Nachdenken darüber lenkt mich vom Text ab.

Grundsätzlich geht es in dieser Geschichte um eine Hexe, deren Magie von ihren inneren Dämonen blockiert bzw. gegen sie verwendet wird und letztlich auch die Crewmitglieder angreift. Der Streit der Crew nimmt dabei leider mehr Raum ein als die eigentliche Untersuchung des inneren Konflikts, der ja als Ursache für den Streit aufgeklärt werden müsste. Die Erkenntnis dann am Ende ist relativ generisch und dementsprechend enttäuschend. Eine andere Gewichtung der Geschichtenanteile hätte hier einen stringenteren Text ergeben.

[Taranisa]

https://de.wikipedia.org/wiki/Knorr_(Schiffstyp)
Nur zur Info.