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Authentizität


 
 
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Blattgold
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 60
Beiträge: 116
Wohnort: Stuttgart


Beitrag18.05.2019 12:02
Authentizität
von Blattgold
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich bin sicher, viele von euch kennen das: Man möchte authentisch schreiben, aber die Recherche gestaltet sich aus verschiedenen Gründen schwierig.
Dann hängt man fest und ganz schnell blockiert einen das im Schreibfluss.

Also, deshalb meine Frage: Wie geht ihr bei der Recherche vor? Zum Beispiel bei einem Krimi oder Thriller? Lässt sich wirklich alles im Internet finden?

Im Voraus schon einmal vielen Dank für eure - hoffentlich - zahlreichen Antworten.

Herzliche Grüße, Blattgold
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Calvin Hobbs
Geschlecht:männlichKlammeraffe

Alter: 55
Beiträge: 564
Wohnort: Deutschland


Beitrag18.05.2019 12:34

von Calvin Hobbs
Antworten mit Zitat

Alles lässt sich im Internet finden. Die Schwierigkeit ist, damit umzugehen.
Es kommt auch auf die Definition von Authentizität an und was Du damit erreichen möchtest. Kein "Tatort" oder Drama oder was auch immer, ist 100% authentisch, denn es könnte passieren, dass die Wahrheit sich als sehr banal herausstellt.
Schwierig zu recherchieren empfinde ich z.B. psychologische Zusammenhänge, wie bei Depressionen, Schizophrenie etc., denn alles Wissen der Bücher gibt auch kein absolutes Gesamtbild. Und immer kommt dann einer, der es besser weiß.
Recherche ja, aber wenn ich das Gefühl habe, die Story wird davon erdrückt, besser zurückhalten.


_________________
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3227
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag18.05.2019 13:32

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Bei mir betrifft die Recherche hauptsächlich Geschichtliches. Ich nutze sowohl das Internet als auch Bücher. Je nach Jahrhundert ist die Quellenlage jedoch dünn, so dass ich dann auf allgemeinere Angaben zurückgreife (in der Zeit war die Bauweise soundso, also nutze ich das auch für die Gegend, in der meine Geschichte spielt) oder schlussfolgere, wie etwas vermutlich gewesen sein könnte.

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Blattgold
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 60
Beiträge: 116
Wohnort: Stuttgart


Beitrag19.05.2019 11:10

von Blattgold
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Calvin Hobbs, danke sehr für deinen Beitrag, das hilft mir schon weiter.

Hallo Taranisa, dir natürlich auch vielen Dank für deine Antwort. Ich bewundere Autoren historischer Romane, wie sie recherchieren, denn dabei dürfen einem keine Fehler unterlaufen.
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Dramaqueen
Gänsefüßchen
D


Beiträge: 16



D
Beitrag19.05.2019 15:21

von Dramaqueen
Antworten mit Zitat

Recherche ist meiner Meinung nach schon (sehr) wichtig, aber egal wie gut du zu einem Thema recherchierst, es wird immer jemand geben, der es dann besser weiß Laughing
Was mir persönlich immer hilft sind Dokumentationen (gibt viele kostenfreie Dokumentationen auf Youtube z. B.), in denen es dann um das Thema geht, das mich interessiert. Auch Blog-Beiträge von Betroffenen (z.B. bei bestimmten Erkrankungen) können helfen.

Wenn ich zu einem Thema nur wenig Sinnvolles finde, versuche ich, nicht näher drauf einzugehen und es oberflächlich zu halten, so dass es bei der Story aber nicht weiter stört und nicht allzu sehr von Bedeutung ist.
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Ribanna
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 61
Beiträge: 772
Wohnort: am schönen Rhein...


Beitrag19.05.2019 16:58

von Ribanna
Antworten mit Zitat

Ich schreib ja auch an einem historischen Roman. Da habe ich, bevor ich den ersten Satz geschrieben habe, erst mal monatelang recherchiert.
Dann ging das Schreiben los, und immer neue Fragen kamen auf mich zu.

Gab es dies Wort/diesen Ausdruck damals schon? Hätte ein Junge in seinem Alter sich damals so verhalten? Wie hätte er gesprochen?

Die Grundlage ist da, die Worte prüfe ich nach, aber manches muss einfach mit Fantasie und Kreativität überspielt werden. Oft schreib ich es einfach, und dann recherchier ich noch einmal nach.

Gerade für die Region, in der meine Geschichte spielt, gibt es recht wenig Informationen im Netz - obwohl es noch gar nicht so lange zurück liegt (Mitte 19 Jhd.)


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Wenn Du einen Garten hast und eine Bibliothek wird es Dir an nichts fehlen.
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3227
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag19.05.2019 19:28

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Ribanna hat Folgendes geschrieben:
Dann ging das Schreiben los, und immer neue Fragen kamen auf mich zu.

Gab es dies Wort/diesen Ausdruck damals schon?

Ja, manchmal fällt einem später ein, dass es noch Recherchelücken gibt, die für eine bestimmte Szene jedoch gefüllt werden müssen. Aber mir macht es auch Spaß, tiefer in die Geschichte und den Alltag der Menschen einzutauchen.

Für die Ausdrücke habe ich mir inzwischen den "Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache" angeschafft.

@Blattgold: Bezüglich Krimi: Ich habe gehört, dass die Polizei Autoren gerne weiterhilft. Frag, wenn es dein Projekt betrifft, einfach mal nach. Zudem haben wir ja hier auch die Möglichkeit, Fragen einzustellen.


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Blattgold
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 60
Beiträge: 116
Wohnort: Stuttgart


Beitrag20.05.2019 10:50

von Blattgold
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@Dramaqueen: Vielen Dank für deinen Beitrag, das ist mir eine große Hilfe.

@Taranisa: Vielen Dank für deinen Vorschlag, daran habe ich auch schon gedacht. Habe mir diesbezüglich auch schon einiges an Material besorgt.
 Wink Very Happy
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agu
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2009
Wohnort: deep down in the Brandenburger woods


Beitrag20.05.2019 18:02

von agu
Antworten mit Zitat

Hallo Blattgold,

ich finde gründliche Recherche auch absolut essentiell. Das Internet ist in der Tat eine super Allround-Quelle, in der sich nahezu alles findet - abhängig vom Genre braucht man aber ergänzende Quellen.
Ich nutze das Internet vor allem für die Initalrecherche während der Plotentwicklung her, um grundsätzliche Ideen und Abläufe auf Plausibilität zu überprüfen, geschichtliche oder geografische Zusammenhänge grob abzuklären, auch mal ein paar Details nachzuschauen.

Ab einem bestimmten Punkt und für bestimmte Genres finde ich Bücher jedoch unverzichtbar, weil sie Themen in einer Tiefe behandeln, die man so online nicht findet.
Will man sich umfassend in ein Thema einlesen, von dem man nicht viel Ahnung hat, geht das am besten über ein, besser mehrere Bücher - um vielleicht unterschiedliche Blickwinkel zu beleuchten. Gerade, wenn der Sachverhalt mit Politik oder Geschichte oder beidem zu tun hat.
Auch um sich in die Gedankenwelt von Protagonisten hineinzuversetzen, die vom eigenen Leben weit entfernt sind, sind Sachbücher der beste Ansatz.

Beispiel:
Meine Bücher haben meist einen hohen Actionanteil, d.h. man muss sich dafür mit Waffenkunde, Kampftechniken, physischen und psychischen Aspekten auseinandersetzen. Unmöglich, das über Online-Recherche abzubilden, selbst beim heutigen Materialstand. Deshalb besitze ich mittlerweile zwei Regalmeter Sachbücher über Schusswaffen, Ausbildung bei diversen Spezialeinheiten, viel Zeug aus der Marines und Navy Seal Ecke, diverse Bücher zu Straßenkampf (mit Messer oder unbewaffnet), ein bisschen Fernostkampfsport. Für einen Fantasy-Roman kamen noch historische Waffen und insbesondere Abhandlungen über Schwert- und Degenfechten dazu (hier ist der Selbstverlag mittlerweile ein Segen - so etwas gibt es im regulären Buchhandel kaum, nicht mal über Antiquariate).
Ohne sich intensiv in die Materie einzulesen ist es praktisch unmöglich, eine glaubwürdige Choreographie für eine Actionszene zu schreiben. Außer man ist selbst vom Fach.
Und dann geht es gleich weiter mit Traumamedizin - Verletzungen und wie schwer sie sein dürfen, damit der Held noch weitermachen kann Wink


Zweites Beispiel:
Für historische Romane kommt man online meist auch nur bis knapp unter die Oberfläche. Ich habe bisher nur einen einzigen geschrieben und bewundere diejenigen, die das immer wieder tun.
Meiner spielte in Hawaii im 19. Jahrhundert und ich war sogar dort an den Originalschauplätzen; trotzdem habe ich gefühlte Äonen mit der Recherche verbracht. Im Internet - hauptsächlich auf Wikipedia und ein paar Spezialseiten - habe ich mir alle geschichtlichen Eckdaten und Personen zusammengesucht, der Rest waren historische Reiseberichte von z.B. Alexander von Humboldt oder Mark Twain aus der Gutenberg-Bibliothek (die es auch digital gibt), antiquarische Ausgaben von alten Büchern mit Ratschlägen zur Hausführung aus der Zeit usw.


Dritter und vierter Eckpunkt bei der Recherche sind ja immer der Besuch von Originalschauplätzen und das Gespräch mit Experten - das was zeitlich am aufwändigsten ist, bzw. organisatorisch am mühsamsten zu bewerkstelligen (ganz zu schweigen von der Hemmschwelle, die für den Kontakt zum Experten erst einmal überwunden werden muss).
Ich persönlich finde es leichter, über einen Ort zu schreiben, den ich selbst gesehen und vor allem dessen Atmosphäre ich geatmet habe. Man tut sich dann sehr viel leichter mit der Authentizität. Es geht auch ohne - aber das muss man dann durch sehr viel Lesen substituieren.
Direkten Kontakt zum Experten kann man (Ausnahmen bestätigen die Regel) inzwischen wohl weitgehend durch Lesen (online und offline) ersetzen - es ist nach meiner Erfahrung aber schön, wenn man am Ende jemanden findet, der sich mit dem Sachverhalt auskennt und das Manuskript noch einmal auf offensichtlichen Unsinn checkt.


Last but not least:
Eine Sache, die ich extrem schwierig finde, ist das Hineinversetzen als Autor in einen Lebensstil, der - ich sage mal, außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts, aber noch in Rufweite liegt.
Also angenommen, der Protagonist ist eine Person aus dem Hier und Jetzt, und hat einen Beruf oder Lebensumstände, die nicht spektakulär genug sind, um darüber zig Erfahrungsberichte zu schreiben - man findet also kaum Recherchematerial dazu.
Das geht mir jedes Mal durch den Kopf, wenn ich mir das Personal anschaue, das viele moderne Liebesromane bevölkert - da sind die begehrenswerten männlichen Kandidaten von Beruf gern mal Profisportler, Jetset-Millionär, Investment-Banker oder CEO eines aufsteigenden Startups ...und man stellt gleich auf Seite 3 fest, dass der Autor den Unterschied zwischen Business und First Class im Flieger nicht kennt, nicht den Hauch einer Ahnung vom Tagesablauf eines Startup-Firmenchefs hat und auch vom Aktienhandel nur weiß, dass man da mit zugekokster Nase spielend steinreich werden kann.
Das ist das "uncanny valley" der Schriftstellerei - Berufsbilder, die nah genug sind, dass schlechte Recherche dem Leser direkt ins Gesicht springt, bei denen es aber gar nicht so leicht ist, sich die nötigen Details zu beschaffen. Hier funktioniert es, fürchte ich, wirklich nur so, dass man entweder selbst persönlichen Einblick in den Sachverhalt hat, also das Thema aus erster Hand kennt, oder jemanden kennt, den man fragen kann.

Ich persönlich drücke mich zum Beispiel seit Jahr und Tag darum, einen Krimi oder Thriller zu schreiben, an dem echte deutsche Polizeiarbeit beteiligt ist - weil ich null Ahnung davon habe und niemanden kenne, den ich dazu fragen könnte.
Man hat zwar ein Bild im Kopf, das von Tatort, diversen Krimi-Serien und den vielen deutschen Ermittlerkrimis geprägt ist, aber ich habe zu viel Sorge, dass daraus ein Holzschnitt-Klischee wird, um das einfach so zu übernehmen. Tatsächlich wüsste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. Vielleicht mit der Anfrage für ein unbezahltes Praktikum auf einem Polizeirevier Wink...

Liebe Grüße,
Andrea


_________________
Meine Bücher:
Engelsbrut (2009 Sieben, 2011 LYX) | Engelsjagd (2010 Sieben) | Engelsdämmerung (2012 Sieben)
Die dunklen Farben des Lichts (2012, SP)
Purpurdämmern (2013, Ueberreuter)
Sonnenfänger (2013, Weltbild)
Kill Order (2013 Sieben)
Choice / als Chris Portman (2014, Rowohlt)
Wie man ein Löwenmäulchen zähmt / als Eva Lindbergh (2016, Droemer Knaur)
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Rainer Prem
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R
Beitrag22.05.2019 05:58

von Rainer Prem
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agu hat Folgendes geschrieben:
Hallo Blattgold,

ich finde gründliche Recherche auch absolut essentiell. Das Internet ist in der Tat eine super Allround-Quelle, in der sich nahezu alles findet - abhängig vom Genre braucht man aber ergänzende Quellen.
Ich nutze das Internet vor allem für die Initalrecherche während der Plotentwicklung her, um grundsätzliche Ideen und Abläufe auf Plausibilität zu überprüfen, geschichtliche oder geografische Zusammenhänge grob abzuklären, auch mal ein paar Details nachzuschauen.

...


Absolutes +1 zu fast allem, was du geschrieben hast.  

Nur: "Für historische Romane kommt man online meist auch nur bis knapp unter die Oberfläche."

Was man im Internet finden kann, sind alte Quellen. Bücher aus dem 16.-19. Jahrhundert. Wenn man nicht bis ins Mittelalter zurück will, sondern die Neuzeit beackert (nicht gerade Hawaii), dann gibt es einen Schatz von Literatur.
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Taranisa
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Beitrag22.05.2019 14:58

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Auch für das Mittelalter findet sich einiges Online, auch wenn es Seiten gibt, die kritisch betrachtet werden sollten oder sehr oberflächlich sind.
Mit den richtigen Stichwörtern und viel Geduld sammelt sich etliches Brauchbares. Ich habe z.B. einen Stammbaum unter verschiedenen Seiten gefunden, die mir übereinstimmend die Namen der gesuchten Familienmitglieder in der ersten Hälfte des 13. Jhd. nannten. Auch eine Seite zu Ausgrabungen hat mir sehr geholfen, unterstützt von anderen, die das gleiche Thema / das gleiche Gebiet behandelten. Die oft beigefügten Quellenangaben schaue ich mir auch an, dadurch hatte ich ein dickes Werk zu Marburg gekauft, in dem ich u.a. einen Plan der Stadt mit Angaben, welche Gebäude ab wann standen, fand - genau den Zeitraum betreffend in dem meine Geschichte spielt.
Viel Mühe, die sich jedoch in jedem Fall lohnt.


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nebenfluss
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Beitrag22.05.2019 16:06
Re: Authentizität
von nebenfluss
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Blattgold hat Folgendes geschrieben:

Also, deshalb meine Frage: Wie geht ihr bei der Recherche vor? Zum Beispiel bei einem Krimi oder Thriller? Lässt sich wirklich alles im Internet finden?

Theoretisch gibt es vielleicht alle erdenklichen Infos irgendwo im Netz - trotzdem finde ich das Gespräch mit vertrauenswürdigen Fachleuten bzw. die Recherche vor Ort vorzuziehen. Die zwei wichtigsten Gründe:
- man erfährt und erlebt so viel mehr
- man bekommt Antwort auf gezielte Fragen.

Zumindest bei komplexeren Fragestellungen muss ich mich im Internet durch etliche Suchergebnisse klicken, um - vielleicht - verlässliche Antworten zu finden. Das Netz ist voll von "Meinungen", irgendwelchen Einschätzungen dem Hörensagen nach, und entsprechend vielen Gegenmeinungen, die auch nicht fundierter sind. Der Zugriff auf wissenschaftliche Inhalte ist oft kostenpflichtig oder sonstwie zugangsbeschränkt. Letztlich frisst das vor allem eine Menge Zeit.

Problem ist eben die Bequemlichkeit. Ich tue mich schwer, die Komfortzone des Schreibtisches zu verlassen und Leute mit meinem Romanprojekt zu "belästigen", weil man mich ja abblitzen lassen könnte.

Alternativ kann man ja aber auch in die Bibliothek gehen oder sich Sachbücher zum Thema besorgen.


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Ralphie
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Beitrag22.05.2019 17:07

von Ralphie
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Hinzu kommt, dass viele Informationen im Internet nicht zuverlässig sind.
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Leveret Pale
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Beitrag22.05.2019 18:53

von Leveret Pale
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Zitat:
Lässt sich wirklich alles im Internet finden?

Jein.
Also, man findet vieles an Fakten und Informationen, aber es kursiert auch viel Falschinformation und einiges ist wirklich schwer zu erfassen. Und noch wichtiger meiner Meinung nach: Nur, weil man einen Fakt überprüft und etwas darüber liest, hat man meistens nicht zwangsläufig wirklich begriffen wie das real aussieht und alle Implikationen, die die Realität mit sich bringt, verstanden.

Man kann zum Beispiel sich paar Videos ansehen und paar Texte durchlesen, wie eine Schusswaffe funktioniert und wie es sich ungefähr anfühlt mit einer Pistole zu schießen, aber wenn man nicht nur Klischees reproduzieren oder die Erfahrungen anderer paraphrasieren will, sondern authentisch darüber schreiben will, muss man selber auch mal an einen Schießstand gehen, mit einer Pistole schießen und spüren, was Rückstoß wirklich bedeutet und was für eine eigentlich komplexe kognitive und manuelle Herausforderung das korrekte Schießen einer Pistole wirklich ist.

Oder man kann zwar nachlesen, wie die Polizei arbeitet und wie der Alltag eines Kommissars aussieht, aber davon auch nur ein Abbild. Die Realität ist hingegen sehr nuanciert und oft weicht der Alltag oder die Arbeitsweise eines Polizisten von den offiziellen Protokollen in den unerwähnten Details ab oder es gibt was die Arbeitsbelastung angeht regionale Unterschiede. Auch die Denkweise eines Menschen, der so einen Beruf ausübt, wird man aus öffentlichen Quellen nur oberflächlich und etwas idealisiert oder sterotypisiert erfahren können, weil sich Menschen nun mal öffentlich anders bzw. besser zeigen oder auch dargestellt werden, als privat.

Oder ein plumperes Beispiel: Nur durchs Lesen von Erotikromanen und dem Ansehen von Pornos, wird man niemals verstehen, was Liebe oder Sex wirklich bedeuten. Laughing

Wenn man meiner Meinungen einen Anspruch hat realistisch und authentisch zu schreiben, dann führt kein Weg daran vorbei, den Schreibtisch zu verlassen und in der Realität zu recherchieren und das Leben zu leben, denn aus Büchern allein wird man nicht alles erfahren - oder höchstens halt nur das wiedergeben können, was andere geschrieben haben, was nunmal nicht authentisch ist. George Orwell zum Beispiel hat mit Absicht mehrere Jahre lang als Landstreicher unter den Armen von London gelebt und sich mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen, obwohl er eigentlich jederzeit in sein bürgerliches Zuhause oder sogar zu seinem gut bezahlten Polizistenjob hätte zurückkehren können. Er tat das, weil er hautnah für seine journalistischen Arbeiten und Romane erleben wollte, wie die einfachen Leute leben - und er hat danach so authentisch über Armut und Unterdrückung geschrieben, wie kaum einer zuvor oder danach. Auch viele der Fantasy-Klassiker wie Tolkien haben selber in den Weltkrieg gekämpft und dadurch am eigenen Leben erfahren, was emotional und psychologisch es wirklich bedeutet in einem Krieg zu kämpfen und Freunde im Kampf zu verlieren, was dann auch der Authentizität ihrer Charaktere in ihren phantastischen Werken zugute kam.

Ich selber mache das nicht ganz so extrem wie Orwell Laughing , aber mittlerweile schreibe ich auch viel Gegenwartsliteratur und bin auch als Journalist tätig und habe an mich selbst einen großen Authentizitätsanspruch. Um dem gerecht zu werden, begebe ich mich entsprechend dann auch auf intensivere Recherchen, um wirklich zu erfahren, wie die Dinge sind. Ich interviewe Experten, probiere selber Dinge aus und begebe mich auch auf Recherchereisen. So zum Beispiel habe ich zwei Wochen mal mich in Wien in den äußeren Bezirken herumgetrieben und in Bars jeden Abend Leute angesprochen und kennengelernt, weil ich für ein Romanprojekt diese Gegend und die Mentalität der Menschen dort verstehen wollt. Im Herbst werde ich ein Praktikum im Bundestag absolvieren, für das ich mich unter anderem beworben habe, um für meine Literatur und journalistische Arbeit nachzuvollziehen, wie die Dynamiken und die Arbeit dort wirklich ablaufen.

Gute Literatur verlangt Hingabe, aber es reicht meiner Meinung nicht nur die Hingabe sich jeden Abend an die Tastatur zu setzen und was niederzuschreiben. Man braucht meiner Meinung nach auch eine gewisse Hingabe zum Erleben des wahren Leben als Inspirationsquelle, wenn man authentisch schreiben will, als Input der dann auch die Qualität des Outputs erhöht. Und wenn man originell schreiben will, reicht nun mal nicht der Input, den jeder im Internet bekommen kann, es braucht auch etwas an eigener Erfahrung auf den entsprechenden Gebieten. Nichts ist schlimmer, als ein Stubenhocker oder Kaffeehausintellektueller, der über Dinge schreibt, die er nur aus Büchern kennt und daher meist nicht versteht.

Entsprechend: Vorbereitung ist besser als Nachbearbeitung. Lieber zuerst ein Jahr lang recherchieren und ordentlich Notizen, Interviews und Erfahrungen sammeln und dann in einem Jahr den Roman schreiben, als drei Jahre lang am Roman herumdoktern und immer wieder den Schreibfluss unterbrechen, weil die Recherche mangelhaft war.

Extratipp: Mal eine Zeit lang paar Artikel hier und da veröffentlichen, damit man sich Journalist nennen kann, und es öffnen sich meist viele Türen gleich viel schneller und man eignet sich auch viele für die Literatur nützliche Recherchemethoden an.
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Thomas74
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Beitrag22.05.2019 19:13

von Thomas74
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Leveret Pale hat Folgendes geschrieben:
Extratipp: Mal eine Zeit lang paar Artikel hier und da veröffentlichen, damit man sich Journalist nennen kann, und es öffnen sich meist viele Türen gleich viel schneller und man eignet sich auch viele für die Literatur nützliche Recherchemethoden an.


Im Prinzip, ja. Aber... Rolling Eyes

Mal ein paar Artikel reichen da nicht aus.
Ich mach das schon jahrelang und hab eine eigene Zeitung am Markt.
Und ich merke immer wieder, für Artikel recherchiere ich definitiv anders als für einen Roman.


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Leveret Pale
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Beitrag22.05.2019 21:07

von Leveret Pale
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Hängt wahrscheinlich stark von der Thematik ab. Ich selber war eine Zeit lang Chefredakteur eines Studentenmagazins, das in Deutschland, Österreich und der Schweiz erscheint, und das hatte eigentlich einen starken positiven Effekt auf meine Literatur, weil ich dadurch auch viel rumkam und Zugang in journalistische Kreise bekommen habe.
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Thomas74
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Beitrag22.05.2019 21:16

von Thomas74
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Fachzeitschrift  über Heimatforschung und Festungsbau.

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nebenfluss
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Beitrag23.05.2019 16:25

von nebenfluss
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:

Mal ein paar Artikel reichen da nicht aus.

Sehe ich auch so.

Thomas74 hat Folgendes geschrieben:

Und ich merke immer wieder, für Artikel recherchiere ich definitiv anders als für einen Roman.

Kommt halt auch im Journalismus auf die Gattung an. Features und Reportagen sind schon stark von erzählerischen Elementen geprägt, die prosa-ähnlich sind.
Ein Nachteil ergibt sich dort, wo man Leute interviewen muss, die erstmal kein Eigeninteresse an einem Gespräch haben. Die VÖ eine Romans ist meistens noch nicht absehbar. Eine Zeitung (ein Magazin, ein Nachrichtenprotal) hat einen Namen und eine Reichweite. Man kann von einer VÖ ausgehen, weil Verlage nicht gerne Ausfallhonorare zahlen (wenn sie welche zahlen Rolling Eyes). Wenn's der Sache dient, wird der Name des Informanten im Artikel erwähnt. Da bleibt im Roman nur die Danksagung, und wer liest die schon.


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