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BluesmanBGM Gänsefüßchen
B
Beiträge: 25
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B 24.10.2019 13:55
von BluesmanBGM
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Ich hatte beim Schreiben meines Buches auch das Problem, dass mir einige (aber bei weitem nicht alle) Testleser sagten, dass ich zu verschwurbelt schreibe, und meine jugendlichen Charaktere zu viele hochtrabende Gedanken und Fachwörter verwenden. So wurden z.B. Begriffe wie "haptisch" oder "dunkle Materie" kritisiert, oder die Tatsache, dass meine Charaktere über Kosmologie, Gottesbeweis, Quantenphysik und Branengleichungen sprechen. Auch wären die verschachtelten Gedanken, Emotionen und entsprechenden Sätze zu künstlich, und würden jedem Leser deutlich machen, dass hier nicht Jugendliche sprechen, sondern ein älterer Autor diese nur als Sprachrohr benutzt.
Kann man so sehen, muß man aber nicht. Andere Leser haben nämlich genau diese Eigenschaften ausdrücklich gelobt oder als wohltuend "anders" wahrgenommen.
Ich wollte durch die ungewohnte Sprechweise aber vielleicht gerade deutlich machen, dass in meiner Geschichte keine "üblichen" Jugendlichen sprechen (und mit "üblich" meine ich die Klischees und Stereotypen, die einem z.B. von RTL2 oder von zuvielen kommerziellen Vertretern aus der Gattung Urban Fantasy vorgeführt werden). Einer meiner Charaktere ist quasi ein uraltes Wesen in einem menschlichen Körper, und da sollte man eigentlich logischerweise erwarten, das hier seltsame Gedankentiefen und ein unübliches Vokabular auftreten. Auch eine gewisse Überheblichkeit wäre da kaum zu vermeiden. Es sind alles Facetten (bzw. Ecken und Kanten) des Charakters, und für mich macht eine gewisse Komplexität in der Sprache den Charakter eher realer und vielschichtiger. Künstlich wäre es doch, wenn ein Wesen angeblich uralt oder magisch etc. ist, aber dann im Grunde genauso spricht und denkt wie das Schulmädchen von nebenan. Eine Intelligenz von außerhalb wäre doch sehr verschieden von uns.
Ein Autor, der für mich die Kombination zwischen unterhaltsamer Sprache und komplexen Ausführungen immer sehr gut geschafft hat, ist z.B. Umberto Eco. Man sehe sich z.B. den "Namen der Rose" an - wir haben eine relativ geradlinige Kriminalhandlung, aber dazwischen pausieren die Charaktere immer wieder um über komplexe Themen in komplexer Sprache zu sinnieren. Und es funktioniert.
Soweit es mich betrifft, sollten viel mehr Bücher auch für jüngere Leser eine komplexe Sprache verwenden und mit Genrekonventionen brechen. Leider verkauft sich das aber dann häufig nicht gut. Was aber bei verschwurbelter Sprache und komplexen Themen auch wichtig ist, ist wohl der Humor. Man kann immer mit gewichtigen Themen um sich werfen, sollte aber dann auch bereit sein, nicht alles 100% ernst zu nehmen.
Chris
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Gast
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24.10.2019 15:48
von Gast
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BluesmanBGM hat Folgendes geschrieben: |
Einer meiner Charaktere ist quasi ein uraltes Wesen in einem menschlichen Körper, und da sollte man eigentlich logischerweise erwarten, das hier seltsame Gedankentiefen und ein unübliches Vokabular auftreten. Auch eine gewisse Überheblichkeit wäre da kaum zu vermeiden. Es sind alles Facetten (bzw. Ecken und Kanten) des Charakters, und für mich macht eine gewisse Komplexität in der Sprache den Charakter eher realer und vielschichtiger.
Chris |
ACK, aber ich vermute, dass Du diese Körperwanderung nicht explizit genug etabliert hast oder aber der Character so oft in "alterstypische" Szenen eingebettet wird, dass darunter seine wahre Identität beim Leser in Vergessenheit gerät.
Oder vielleicht haben sich deine Testleser auch nur an der Sprache selber gestört, unabhängig davon, ob die Sprache "artgerecht" eingesetzt wurde oder nicht?
Worauf ich hinaus will ist dass Alles was einen LeserIn stört erstmal per se vom Autor als Schwäche beim Schreiben gesehen werden SOLLTE. Als Autor stelle ich an mich den Anspruch, so zu schreiben, dass beim LeserIn nichts aneckt oder aufstösst. Ausser natürlich ich plane es bewusst so (wenn ich es z.B. als Überraschungseffekt erst später auflöse). Jede Erklärung, die ich nachschieben muss, fehlt im Buch selber.
BluesmanBGM hat Folgendes geschrieben: |
Künstlich wäre es doch, wenn ein Wesen angeblich uralt oder magisch etc. ist, aber dann im Grunde genauso spricht und denkt wie das Schulmädchen von nebenan. Eine Intelligenz von außerhalb wäre doch sehr verschieden von uns.
Chris |
Hihi, da stelle ich mir doch gleich mal ein paar sehr schöne Geschichten rund um diese Idee vor. Zum Beispiel, dass Mr. Spock in einem neuen Superbeamer (der optional auch Körper und Seelen unabhängig voneinander beamen kann) auf einen Planeten geschickt wird, wo er im Körper eines 16jährigen etwas auskundschaften soll. Leider hat der Beamer einen bug, und Spocks Intellekt wird nur zum Teil heruntegebeamt... würde ein paar nette Geschichtchen ergeben...
Sorry für OT!
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Rainer Prem Reißwolf
R Alter: 66 Beiträge: 1270 Wohnort: Wiesbaden
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R 24.10.2019 15:51
von Rainer Prem
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Taranisa hat Folgendes geschrieben: | ...
Richtig zu schreiben, sollte jede/r in der Schule gelernt haben. |
Mit Betonung auf "sollte". Leider ist das nur Wunschdenken. Ein erheblicher Prozentsatz der Schulabgänger kann heutzutage weder Rechtschreibung noch ein Grammatik, die über SPO hinausgeht.
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Gast
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30.10.2019 12:51
von Gast
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kioto hat Folgendes geschrieben: | Hallo Nina,
Ich gab schon auf. Dann, in unserer "Gemeindebücherei" (Büchertauschregal im Flur) fand ich 1q84 von Murakami Buch 1-3, 1500 Seiten. Ich fing an zu lesen und konnte nicht mehr aufhören. Keine Action, kaum Handlung, ein bisschen Romantik, ein bisschen Krimi, ein bisschen Phantastik, ein Schuss Mystik. Lange Beschreibungen von Kleinigkeiten, ein Schreibstil ohne jede Verzierung. Jeder Satz klar und eindeutig. Trotzdem oder gerade deswegen, Klasse. |
oh ja ... so erging es mir auch
und habe dann in einem Zug alles gelesen, was ich von ihm finden konnte.
Auf eine seltsame Weise präsent und scheinbar einfach
und doch jedes Mal eine ganze Welt in sich.
Vor allem seine so ungewöhnlichen bildhaften Gleichnisse haben es mir angetan.
Ich wollte beim lesen schon anfangen, sie nur für mich aufzuschreiben
damit ich sie nicht wieder vergesse.
Allerdings war es dann irgendwann auch gut, dass ich kein Futter mehr von ihm fand.
Jetzt ist er für mich "ausgelesen". Aber er bleibt wirklich besonders für mich.
Bis zum nächsten echten Knaller, den er bringt ...
dann hattermichwieder
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Trugbild Gänsefüßchen
Alter: 37 Beiträge: 35 Wohnort: München
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31.10.2019 21:19
von Trugbild
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Ich muss zugeben, dass ich mich mit dem Thema nur wenig beschäftige. Ich schlage ein Buch auf oder beschaffe mir eine Leseprobe und wenn mir der Stil gefällt, dann werde ich es lesen. Dabei ist es ganz gleich, ob der Stil so kurz gehalten ist, dass er beinahe unvollständig wirkt oder so verschachtelt, dass man sich darin verlaufen könnte. Was ich allerdings schnell zu durchschauen gelernt habe, ist, wenn ein Autor angeben will. Dann verliert ich mich ganz schnell. Manchmal ist weniger mehr.
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