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Die Weihnachtspsychose

 
 
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KeTam
Geschlecht:weiblichUngeduld

Alter: 49
Beiträge: 4947

Das goldene Gleis Ei 1
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Pokapro und Lezepo 2014


Beitrag03.01.2014 16:33
Die Weihnachtspsychose
von KeTam
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Die Weihnachtspsychose

In dicken Flocken fiel seit Stunden der erste Schnee dieses Jahrs. Es war der 23. Dezember und keiner hatte mehr an weiße Weihnachten geglaubt. Und nun war das Wunder geschehen.
 
Tom sah schon seit einiger Zeit das Auto vor dem Haus nur noch als weißen Schneeberg, die Bäume bogen sich unter der Last zu Boden, die Hecke glich einer Schneewehe.
Allmählich versank die Welt in weißer Stille.
 
Tom und Nina hatten sich zu einer außerordentlichen Versammlung, auf  das Bett gesetzt.  In Wirklichkeit hatte Tom Nina dazu überredet. Aber das war jetzt unwichtig. Aus der Küche hörten sie Mama fröhlich „Morgen kommt der Weihnachtsmann“ singen. Ab und zu fiel Papa mit ein. Es roch nach Plätzchen.
 
Tom blickte Nina ernst in die Augen:
„Wir müssen es Mama und Papa  sagen! Es geht einfach nicht anders, oder willst du diese Weihnachten keine Geschenke? Mensch, Nina, es ist höchste Zeit. Im Schrank ist nichts verstehst du?! Die meinen es ernst! Wenn die noch Geschenke kaufen wollen, dann müssen sie es spätestens Morgen machen. Uns bleibt nicht viel Zeit.“

Tom sprang auf und lief zum Fenster. Mit einem zweifelnden Blick aufs zugeschneite Auto fuhr er sich nervös durchs Haar und wandte sich wieder Nina zu.
Sie drehte eine blonde Haarsträhne zwischen den Fingern und wie sie Tom ansah, so zuversichtlich und komplett blauäugig, wurde es Tom schwer ums Herz.
Er setzte sich neben sie aufs Bett und legte ihr den Arm um die Schulter:
„Nina, ich hab alle Mails auf Papas PC  gecheckt. Die haben auch nichts bestellt …“
Sanft fasste er sie am Kinn, so dass sie ihn ansehen musste.

„Bitte. Mach Theater, fang an zu heulen, aber bitte unterstütze mich. Allein schaff ich das nicht!“

In diesem Moment öffnete sich die Tür und Mama erschien. Rote Wangen, glänzende Augen.

„Kinder, kommt, probiert mal ein paar Plätzchen!“

Tom warf Nina einen durchdringenden Blick zu.
Hinter Mama erschien Papa im Türrahmen.

„Was macht ihr denn für Gesichter? Morgen kommt der Weihnachtsmann! Oh, ich bin so gespannt, was er mir bringt!“

Damit verschwanden sie summend und singend aus dem Zimmer.

„Verstehst dus jetzt?“

Nina legte den Kopf schief und sah Tom an.

„Was soll ich verstehen, Tom? Was hast du eigentlich? Hach, bestimmt bekomm ich dieses Jahr das Pferd. Warum hast du dir eigentlich keins gewünscht? Ist doch toll. Wir können damit zur Schule reiten. Papa hats erlaubt!“

Bevor Nina das Zimmer ebenfalls verlassen konnte, packte Tom sie an den Schultern:

„Nina! Es gibt keinen Weihnachtsmann, klar?! Mama und Papa kaufen jedes Jahr die Geschenke. Wenn sie nicht endlich damit anfangen, dann haben wir Pech gehabt …“

Nina schüttelte seine Hände ab, warf ihm einen bitterbösen Blick zu:

„Ach, du spinnst doch, Tom! Ich geh jetzt Plätzchen essen!“

Damit verließ sie das Zimmer und Tom blieb allen zurück.
Es war einfach unfassbar. Seine Eltern waren komplett durchgedreht. Vor einigen Wochen hatte Mama angefangen selbst Briefe an den Weihnachtsmann zu schreiben, ihren eigenen Wunschzettel.
Papa hatte hinter ihr gestanden. Tom wurde es übel, wenn er daran dachte …

„Was meinst du denn Schatzi? Den A6 in Weiß, oder lieber in schwarz? Ach, weißt du was? Wir nehmen beide!“
„Meiner mit Standheizung, bitte. Und vergesse die Beförderung nicht, okay? Filialleiter, schreib Filialleiter drauf!“


Tom hatte das in diesem Moment noch für einen ihrer internen Scherze gehalten, bis Nina dazu kam und fragte, wie man Pony schreibt.

Mama hatte gelacht:
„Nimm lieber ein Pferd! Das hält länger, du wächst ja noch. Tom, willst du auch eins? P- F -E -R –D, Nina.“


Tom ließ sich aufs Bett fallen. Ein Blick auf die Armbanduhr verriet ihm, dass es für heute aussichtslos war. Er musste es  morgen noch ein letztes Mal versuchen.
Aus der Küche erklang nun im Trio „Oh du Fröhliche“.
Tom zog sich die Decke über den Kopf.
Es schien, als seien Mama und Papa einer irgendwie ansteckenden Psychose erlegen. So was gabs. Er hatte es gegoogelt. Mit seinen Freunden konnte er nicht drüber sprechen, dass seine Eltern wahnsinnig geworden waren und plötzlich wieder an den Weihnachtsmann glaubten. Auch die Telefonseelsorge hatte ihm nicht weiter helfen können.
Die Frau am anderen Ende der Leitung hatte ihn angemeckert, er solle sich keine Scherze erlauben und aufgelegt.

Immer noch fiel Schnee. Es würde weiße Weihnachten geben.

Am nächsten Tag versuchte Tom es erneut. Aber bei Nina stieß er auf taube Ohren und auch seine Eltern schien es nicht zu interessieren, aber das hätte ihm klar sein müssen.
Sie tranken schon am frühen Nachmittag Glühwein und auf seine Frage, ob es denn nicht besser wäre, erst in die Stadt zu fahren, um Geschenke zu kaufen, erwiderte Papa:

„Tom, glaubst du etwa nicht mehr an den Weihnachtsmann? Und außerdem, schau mal raus! Das Auto ist gar nicht mehr zu sehen. Denkst du, ich schaufle das jetzt frei? Setz dich zu uns, komm, nipp mal am Glühwein, dann geht’s dir bestimmt besser!“

Auch das noch, dachte Tom.

Ein allerletztes Mal durchsuchte er Schränke, den Dachboden, jeden Winkel des Kellers und checkte die Mails. Nichts. Es war unfassbar.
Traurig schleppte er sich in sein Zimmer, drehte die Anlage voll auf, legte sich aufs Bett und hörte grad noch, wie Mama schrie:

„Dickere Wände, Schatz! Schnell, schreibs auf! Oder meinst du, es ist schon zu spät?“

Als er aufwachte, war es dunkel. Die CD war aus. Aus dem Garten war ein Tumult zu hören.
Mama kreischte, Papa jubelte, Nina  quietschte vor Freude und dazwischen … wieherte ein Pferd.

Verdammt, warum hatte er sich nicht das neue Snowboard gewünscht?

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