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Frauensatz


 
 
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Stift
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
S

Alter: 65
Beiträge: 29
Wohnort: An der Saale hellem Strande


S
Beitrag27.01.2013 20:04
Frauensatz
von Stift
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke für die freundliche Aufnahme an Bord. Der dadurch erzeugte Motivationsschub reicht aus, um einen Anfang zu wagen:


Der Frauensatz

Wir sind jetzt genau ein Jahr, drei Monate, zwei Wochen, einen Tag und sieben Stunden verheiratet. Und er sitzt in seiner Sofaecke und liest Zeitung. Soll er nur, da stört er nicht weiter. Aber heute Abend kommt meine Serie im Fernsehen. Da sieht die Sache schon anders aus. Er mag diese Sendung nicht. Ich weiß schon, was dann kommt. Plötzlich muss er unbedingt auf den Sportkanal umschalten. Eine enorm wichtige Übertragung vom Golfplatz. Golf! Wie die da schon rumlaufen! Gut, soll ja teuer sein, das Zeug. Ich habe trotzdem nach einer Minute die Nase voll von diesen karierten Hosen. Ich will kein Golf, ich will Action, wenigstens zugucken. Da müsste doch was zu machen sein.

"Schatz, woran denkst du gerade?"
"An nichts besonderes."
Weiß ich doch, hätte mich ja auch sehr gewundert, ist ja auch nur meine Einleitung. Es lockt ihn aus der Reserve. Klappt übrigens immer. Aber eben nicht auf Anhieb.

"Liebling, fällt dir an mir was auf?"
Ein kurzer Blick über den Zeitungsrand, nichts Ernsthaftes. Um mich genauer in Augenschein nehmen zu können hätte er die Brille abnehmen müssen.
"Warst du beim Friseur? Sieht gut aus, wirklich!"
Ich war nicht beim Friseur. Ich war einkaufen.

"Weißt du Schatz, weiße Blusen kann man nie genug haben."
Er wird misstrauisch. Die Lektüre wird erneut unterbrochen, dieses Mal legt er die Zeitung auf seine Knie. Noch ist sie aufgeschlagen. Genauer betrachtet liegt das Blatt auch nicht auf den Knien, es wird nur in Kniehöhe gehalten. Er kann es jederzeit wieder aufnehmen.

"Ich habe immer nichts zum Anziehen."
Er sieht an mir herunter. Ich bin mir nicht sicher, ob er wirklich auch die neuen Sandaletten entdeckt. Das war viel Geld für wenig Material. Mein Augenaufschlag gelingt betont hintergründig.

"Und diese Schuhe musste ich einfach haben!"
Endlich legt er die Zeitung weg. An der Art, wie er sie äußerst sorgfältig zusammenlegt, erkenne ich seinen Versuch, die Gedanken zu ordnen. Genau das darf ich jetzt nicht zulassen.

"Hast du gesehen, wie die Meyern rumläuft?"
Ich meine die Blondine von schräg über uns. Die Frage ist eher eine rhetorische. Er weiß selbstverständlich Bescheid über dieses Outfit. Ich habe neulich seinen Blick aufgefangen, durch das Treppengeländer nach oben, nur zu dem einen Zweck, eine Aussicht unter ihren Rock zu erlangen.

"Immer die neuesten Klamotten."
Ich hole nur kurz mal Luft, nicht lange genug, um ihn zu Wort kommen zu lassen.
"Die geht aber auch mit jedem ins Bett."
Wieder ist meine Pause kurz genug um seinen Protest im Keim zu ersticken.
"Die ist bestimmt magersüchtig."

Jetzt darf er. Das Messer ist aufgeklappt. Er kann nur noch hineinlaufen. Macht er aber nicht. Statt dessen legt er die Zeitung auf den Tisch. Wortlos grinst er mich an. Die nächste Angriffswelle wird fällig.

"Findest du mich zu dick?"
Lächeln. Er hat die Gefahr gewittert wie ein alter Wolf. Er steht auf.
"Soll ich uns was Leckeres zu Essen machen?"
Na gut, so eine kleine Niederlage bringt mich ja nicht gleich um.

"Danke, Schatz, ich esse nur noch einen Salat."
"Wir könnten uns eine Pizza bestellen."
Ich eröffne die zweite Front:
"Weißt du, wie viele Kalorien die hat?"
Seine Abwehr steht immer noch wie eine Mauer.
"Oder wir gehen rüber zu Alfred!"
Bloß nicht! Ich weiß sehr genau, wie das läuft. Ein Bauernfrühstück und ein Bier, das dauert genau so lange, dass wir pünktlich zum Golf wieder vor der Glotze sitzen. Jetzt helfen nur noch die großen Geschütze.

"Du verstehst mich einfach nicht!"
Seinem Versuch, mich in die Arme zu nehmen, weiche ich geschickt aus.
"Liebst du mich eigentlich noch?"
Das sitzt. Er zieht sich wieder auf sein Sofa zurück. Langsam wird er wohl mürbe. Es wird Zeit für den wunden Punkt.

"Kann ich mir mal deinen Rasierer borgen?"
"Für die Beine?"
"Ja."
"Nein!"
"Du hast meine Frage nicht beantwortet!"
"Welche?"
"Ob du mich noch liebst!"

Gerade hatte er wieder zur Zeitung gegriffen. Jetzt wirft er sie in die Ecke.
"Ja doch! Weißt du doch! Kommst du nun mit?"
"Mit unrasierten Beinen?"

Er springt auf. Läuft zur Tür.
"Dann gehe ich eben alleine!"
Geschafft! Er ist weg. Wenn er allein zu Alfred geht, dauert es länger. Ich kann jetzt in die Küche gehen und mir einen Kakao machen. Mit Zucker und Sahne.

Ich schalte den Fernseher ein. Gerade rechtzeitig. Da klingelt das Telefon. Meine beste Freundin klingt verzweifelt.
"Was machst'n gerade?"
Um Gottes Willen, jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Ehe sie Gelegenheit hat, in weitere Klagen auszubrechen, höre ich mich sagen:
"Liebste, ich rufe dich nach der Serie zurück, ja?"
Ich lege schnell auf. Die Ärmste wird sich jetzt mit ihrem Mann die Sportnachrichten ansehen. Sie muss da noch etwas üben.

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nothingisreal
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3994
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag28.01.2013 11:37

von nothingisreal
Antworten mit Zitat

Du bist weiblich, wenn mich nichts irrt?

Ich liebe sexistische Geschichten. Ich lasse meine Frauen in Geschichten auch immer schön blöd dastehen smile

Ich hatte ein kleines Problem mit den ersten Satz. Die Prota scheint nicht sonderlich viel wert darauf zu legen, mit ihren Ehemann klar zukommrn. So ein Theater wegen einer blöden Serie zu machen, ist unter aller Sau. Ihr Verhalten ist einfach kindisch. Als ich den ersten Satz gelesen habe, verlor ich fast das Interesse weiter zu lesen, weil ich befürchtete mir irgendeine Bollywood-Geschichte antun zu müssen. Und dann stellt sich heraus, dass das Weib ihn einfach loswerden möchte. Von der Idee - super. Ich kenne zig Frauen, die sich genauso verhalten. Aber, wie passt der erste Satz dazu?

Fürchterlich nervtötend finde ich das typische Frauendenken: "Ugh, er hat sie angeschaut." Mein Gott, dafür hat er Augen!
Das hat mir im Zusammenhang auch sehr schön gefallen - möchte ihn loswerden und zugleich die Augen ausstechen, nur weil jemand anderen anschaut. Wahnsinnig logische Frauenlogik lol


Das ist das, was mir auf Anhieb einfällt, hab leider auch keine Zeit weiter zu schreiben. Muss jetzt arbeiten.

Hat mir sehr gefallen smile

 Grüße
von der Frau, die die Frauenlogik nicht versteht.


_________________
"Es gibt drei Regeln, wie man einen Roman schreibt. Unglücklicherweise weiß niemand, wie sie lauten." - William Somerset Maugham
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Lonlav
Wortedrechsler


Beiträge: 71
Wohnort: Zuhause, bei Vogel und in der WG


Beitrag28.01.2013 17:03

von Lonlav
Antworten mit Zitat

Uff...
Dieser Text tippt nicht mit dem Zeigefinger - er schlägt mit den Fäusten. Ich würde es vielleicht eher in die Kategorie Satire stecken, denn das, was du hier auffährst ist wirklich bitterböse; eine Frau die wegen einer banalen Serie, einen endzeitmäßigen Streit anzettelt. Und dann auch noch nicht mal direkt wegen der Serie, sondern über allerhand Umwege, die kein noch so plattes Klischee aussparen. Satire finde ich hier wirklich die bessere Kategorie, denn das Grundthema ist schließlich überhaupt nicht an den Haaren herbeigezogen und diese fiese, vorwurfsvolle Streitart empfinde ich schon als typisch weiblich. Schön ist hier die Ich-Perspektive, die an der Protagonistin einfach kein einziges gutes Haar mehr lässt.

Ein paar Fragen, haben sich mir gestellt, die du aber nicht beantworten musst, falls du meinst, dass das der Vieldeutigkeit des Textes schadet:

Will sie den Typen einfach kontrollieren und versteht nicht, wie sehr ihr Verhalten langfristig die Beziehung schädigt?
Oder will sie den Typen eigentlich direkt loswerden, aber ohne selbst aktiv Schluss zu machen?

Eine Anregung, die mir beim Lesen einfiel:
Deine Protagonistin bringt diesen Streit ja mit voller Absicht auf, weil sie, wie ich annehmen darf, ihren Ehemann mittlerweile hasst oder zumindest nicht mehr respektiert.
Ich denke, dass solche Verhaltensweisen meistens unbewusst entstehen, weil betreffende Frau einfach nie gelernt hat, konstruktiv zu streiten. Und ich überlege die ganze Zeit, wie eine Version der Geschichte aussehen würde, in der sich die Protagonistin ihrer unfairen Streitführung gar nicht erst bewusst ist.

Alles in allem ein Text, der bei all seiner Schlichtheit enorm explosiv ist.


_________________
Per aspera ad absurdum.

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grenzdebil, jegliche, weiland,

the antidote was poison too
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Stift
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
S

Alter: 65
Beiträge: 29
Wohnort: An der Saale hellem Strande


S
Beitrag29.01.2013 02:45

von Stift
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Ja, Satire trifft es wohl besser. Habe selbstverständlich schamlos übertrieben und lebe in der Hoffnung, dass sich diese Szenen im wahren Leben vielleicht doch nicht in dieser Form abspielen.

Andererseits drängt sich mir die Frage auf, warum wir Frauen nicht hinund wieder wenigstens mit diesen berühmten Waffen spielen sollen, von denen alle Welt spricht. Nur ein bisschen in der Sonne blinken lassen. Wir können ja lächeln dazu.

Auf jeden Fall bedanke ich mich sehr. Ist schon ein merkwürdiges Gefühl, die eigene Geschichte zu präsentieren und dann die Kommentare von anderen zu lesen. Ich bin wild entschlossen, mich daran zugewöhnen.

Herzlichst
Dagmar
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Schreib vor Glück
Schneckenpost
S


Beiträge: 6



S
Beitrag02.02.2013 19:11
Kritik zum Frauensatz
von Schreib vor Glück
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Hallo Dagmar,

nachdem ich den Schreibtischtext gelesen habe, wollte ich mir gerne den Frauensatz dazu ansehen.

Gefiel mir "besser", weil kürzer und stringenter.

Nette Idee und so hübsch aus dem Leben gegriffen!

Meine Verbesserungsvorschläge:

Auch hier fände ich es schön, ein Bild der Protagonistin entwickeln zu können und auch des Antagonisten. Mir schient, Du siehst die beiden klar vor Dir, bei mir kommen sie aber nur bruchstückhaft an.

Die Aufrechnung der Ehezeit könnte stärker kommentiert werden. Aktualisiert sie das täglich? Hat sie so viel Langeweile, dass sie vor dem Streit nochmal nachrechnet? Macht sie Striche an die Wand, wie im Knast?

Und, wie bei der Schreibtischgeschichte, fände ich auch hier weniger mehr. D.h. ich würde eher eins der Streitthemen richtig durchzünden lassen (am besten die "Meyern", da ist viel Stoff drin und Du bringst fast alle anderen Themen mit unter), um die Lesbarkeit zu verbessern und den Streitrahmen zu stärken.

So ist mir der Streit fast zu schwach, um als Anlass für die ultimativ genervte Flucht auszureichen.

Wenn sie ihm so richtig die Hölle heiß macht, ist es glaubwürdiger, wenn er abdampft und Du kannst gleichzeitig "die Meyern" als Kontrastfläche nutzen, um Deine Protagonistin klarer zu zeichnen.

Herzliche Grüße,
Schreib vor Glück!
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Gast







Beitrag02.02.2013 19:46

von Gast
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Knuffig.

Schön überzogen und zugleich, obwohl eben auf vertrauten Pfaden, gar nicht mal so überoffensichtlich. Da ist eigentlich nicht viel dran zu meckern, so ein Text ist ja nur eine augenzwinkernde Übertreibung, bisschen spöttisch, bisschen neckend, bisschen (selbst)ironisch und vor allem pur U.

Freilich die Grundidee ist nicht soo originell, kennt man, kein Beitrag zur Genderproblematik und E-Literatur ist es auch nicht. Jajaja, von mir aus. Bisschen feilen kann man immer - aber eigentlich stimmt das, der Ton, das Tempo, schöne Leichtigkeit.

Ich sage mal so: das ist gar nicht so einfach, wie es ausschaut.

Gelungen.
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madrilena
Klammeraffe

Alter: 88
Beiträge: 647



Beitrag02.02.2013 21:29

von madrilena
Antworten mit Zitat

"Soll er nur, da stört er nicht weiter."

Doch, das kann nur eine Satire sein. Denn wenn Frau über Mann wirklich so denken würde und ihr die Serie wichtiger wäre als alles andere, dann würde ich mich "nach genau einem Jahr, drei Monaten, zwei Wochen, einem Tag und sieben Stunden scheiden lassen!"
Ja, ist gelungen
madrilena


_________________
Bücher im Alkyon Irmgard Keil Verlag/Marbach "Schatten umarmen" Kranichsteiner Literaturverlag.
1. "den Himmel mit Händen fassen" ISBN
10:3934136303
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nothingisreal
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3994
Wohnort: unter einer Brücke


Beitrag03.02.2013 17:13

von nothingisreal
Antworten mit Zitat

madrilena hat Folgendes geschrieben:
"Soll er nur, da stört er nicht weiter."

Doch, das kann nur eine Satire sein. Denn wenn Frau über Mann wirklich so denken würde und ihr die Serie wichtiger wäre als alles andere, dann würde ich mich "nach genau einem Jahr, drei Monaten, zwei Wochen, einem Tag und sieben Stunden scheiden lassen!"
Ja, ist gelungen
madrilena



Wenn nicht gar ein Jahr früher.


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Marie-Pascale
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M

Alter: 62
Beiträge: 50
Wohnort: Kreis Lörrach


M
Beitrag03.02.2013 19:51
Re: Frauensatz
von Marie-Pascale
Antworten mit Zitat

Hallo Dagmar,
ich kann mich nur anschließen, dass der "Frauensatz" eine Satire ist, und eine Satire darf ruhig Klischees enthalten und überzeichnen.

Stift hat Folgendes geschrieben:
Ein kurzer Blick über den Zeitungsrand, nichts Ernsthaftes. Um mich genauer in Augenschein nehmen zu können hätte er die Brille abnehmen müssen.
"Warst du beim Friseur? Sieht gut aus, wirklich!"
Ich war nicht beim Friseur. Ich war einkaufen.


Diesen männlichen Fauxpas finde ich herrlich!

Dass sie ihn wegen der Serie vormacht, sie fürchte, von ihm nicht mehr geliebt zu werden, finde ich allerdings überzogen. Auch für eine Satire.

Sonst ist es aber schön zu lesen!

Gruß, Marie-Pascale
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Anna Berg
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 61
Beiträge: 35
Wohnort: München


Beitrag03.02.2013 22:00
Schnell gelesen, aber ratlos geblieben.
von Anna Berg
Antworten mit Zitat

Hallo Dagmar,
der Text ist gut aufgebaut, hat sich leicht lesen lassen und gehört natürlich in die Kategorie Satire.
Allerdings muss ich mich einigen "Vorrednern" anschließen: Wenn ich so genau weiß, wie lange ich schon mit jemandem verheiratet bin, habe ich entweder ein Problem mit dem Partner oder es ist das genaue Gegenteil.
Im ersten Fall würde sich die Bemerkung dazu eignen, an der Stelle tiefgründiger zu werden. Also ein paar "geliebte" Macken aufzuzählen oder die innerlich brodelnden Gefühle zu schildern.
Dieses "Um die Ecke denken" ist mir persönlich sehr fremd und ich finde es lustig, dass hier eine Menge Klischees bedient werden, aber das Ende ist dann doch ein bisschen zu viel des Guten. Weil die Freundin von ihrem Mann am Fernsehvergnügen gehindert wird, ruft sie an und wird abgewimmelt? Viel witziger wäre es, wenn Deine Protagonistin ihre Freundin anriefe und ihr triumphierend mitteilte, dass es bei ihr geklappt habe, sie könne zu ihr kommen. Da kommt die Bosheit der Frauen gleich in geballter Form und wirkt trotzdem nicht so abgedroschen.

Gruß
Anna
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Stift
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen
S

Alter: 65
Beiträge: 29
Wohnort: An der Saale hellem Strande


S
Beitrag06.02.2013 15:28
Danke an alle
von Stift
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Liebe Leute,

ich bin ehrlich beeindruckt. Mit so viel Resonanz auf meinen ersten Beitrag habe ich nicht gerechnet. So ist das mit den Testballons. Lasse ich sie los, dann fliegen sie eben. Wunderbar. Jeder Beitrag war für mich wie ein Windstoß, eine Laune der Thermik, ein Pusten, das meinen Ballon immer höher und weiter fliegen ließ.

Dabei hat alles ganz harmlos angefangen. In einer Zeitschrift las ich einen Artikel über Sätze, die von Frauen oft gesprochen werden. Es war die ernsthafte Auseinandersetzng eines Soziologen mit gängigen Klischees. Was soll ich sagen, der Fachmann fand heraus, dass diese Klischees wohl doch tiefer in der Realität wurzeln als wir alle wahrhaben wollen. Am Ende des Beitrags fand ich eine Art Hitliste von Sätzen. Da konnte ich nicht anders als sie bündeln und auf die Spitze treiben. Mir hat es einfach Spaß gemacht.

@ Anna, deine Idee für den Schluß finde ich prima. Du rennst offene Türen ein, so richtig glücklich was ich mit der abgewimmelten Freundin nie. Darf ich sie verwenden? Ich meine die Idee.

Man schreibt sich. Liebe Grüße
Dagmar
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Anna Berg
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 61
Beiträge: 35
Wohnort: München


Beitrag08.02.2013 11:35
Re: Danke an alle
von Anna Berg
Antworten mit Zitat

Stift hat Folgendes geschrieben:


@ Anna, deine Idee für den Schluß finde ich prima. Du rennst offene Türen ein, so richtig glücklich was ich mit der abgewimmelten Freundin nie. Darf ich sie verwenden? Ich meine die Idee.



Na klar, dafür sind Ideen da! Wink
Bin gespannt, wie Dein Text nach der Überarbeitung aussehen wird.

Gruß
Anna
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Wolfi
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 600
Wohnort: München


Beitrag08.02.2013 11:58

von Wolfi
Antworten mit Zitat

Hallo Stift,

dein Text gehört natürlich in den Bereich der Satire. So, und da ist es ein menschliches, dass sich zwei Wesen einen Dialog liefern, der sicher sehr oft hinter Mauern irgendwo und überall statt findet. Ich sehe es nicht als Streit an. Die Prota will ihren Ehemann reizen, vielleicht auch dazu bringen, wenns so weiter geht, einen zweiten Fernsehkasten anzuschaffen. Hier stellt sich die Frage, warum läßt sie ihn nicht die Zeitung lesen. Ist das etwa verboten? Warum darf er nich unter fremde Röcke schaun, ist das etwa auch verboten? Warum will sie jetzt unbedingt ihren Film ansehen, wo ständig Fett von der Wand runter läuft? Passt ihr vielleicht auch nicht, dass er jetzt in die Kneipe geht? Warum haben sie eigentlich dann geheiratet, wenn sich ihr Leben nur noch um die Glotze dreht? Selbst ein Telefongespräch mit der Freundin wird abgewürgt. Also ich finde diesen alltäglichen Trott, er muß arbeiten und Kohle ranschaffen, sie geht evtl. zum Friseur oder legt sich stundenlang in die Badewanne, feilt an ihren Nägeln und telefoniert nebenbei mit der Freundin - sorry, jetzt hab ich wohl übertrieben. Also dieser Alltagstrott ist zwar nett zu lesen, aber er haut in der heutigen Zeit keinen mehr vom Hocker.

Liebe Grüße
Wolfi


_________________
Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicher nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen können.
(Albert Einstein)
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Jakari
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen


Beiträge: 20
Wohnort: München


Beitrag08.02.2013 13:15
Völlig anders gelesen
von Jakari
Antworten mit Zitat

Liebe Dagmar!

Du hast mich!
Ich bin eine Liebhaberin satirischer Texte. Und obwohl ich ganz anders in die Story "eingestiegen" bin als meine Vorredner, habe ich weiterlesen müssen.
Vermutlich ist es die starke Bildhaftigkeit, die mich gefangen und irre geführt hat. Denn im ersten Absatz war das Bild "Golf" so prägnant für mich, dass ich die Anzahl der Ehejahre und die Tatsache, das SIE gerne ihre Serie sehen möchte, zwar gelesen aber nicht bewusst aufgenommen habe.

Ich bin davon ausgegangen, dass IHR langweilig ist. Und als die ersten Sätze gesprochen wurden, dachte ich mir:
Ah, da geht die Reise hin, diese Art von Dialogen kennt man (hat man auch schon oft gelesen) - könnte aber dennoch interessant sein. Weiterlesen!

Im nächsten Absatz ist mir die Protagonistin dann sehr sympathisch geworden:
Zitat:
Weiß ich doch, hätte mich ja auch sehr gewundert, ist ja auch nur meine Einleitung. Es lockt ihn aus der Reserve. Klappt übrigens immer. Aber eben nicht auf Anhieb.


Ich finde die Figur des Ehemanns auch sympathisch und sehr menschlich.
Dein Text ist sehr flüssig geschrieben und lässt sich gut, bzw. einfach lesen. Ich mag das!

Mit Sätzen wie
Zitat:
Jetzt darf er. Das Messer ist aufgeklappt. Er kann nur noch hineinlaufen.

und
Zitat:
Langsam wird er wohl mürbe. Es wird Zeit für den wunden Punkt.

demonstrierst Du gekonnt die "liebevolle" Hinterhältigkeit der Protagonistin.
"Was für ein Biest!" habe ich begeistert und mit strahlenden Augen gedacht!
So wie Du SIE darstellst, kann man ihr aber auch "irgendwie" gar nicht böse sein. Denn meiner Meinung nach wird hier eher deutlich, dass BEIDE Hauptfiguren sich sehr gut kennen und damit auch spielen.

Hier kommen dann die Ehejahre ins Spiel - bei anderthalb Jahren Ehe wirkt der Dialog etwas unglaubwürdig. Diese Art von Diskussionen erwartet man eher nach einer langen Zeit, in der sich das Paar schon sehr aneinander gewöhnt hat, wenn der Alltag schon lange eingekehrt ist.
Insofern finde ich diesen Aspekt dann eher tragisch. Die Thematik "Fernsehen" verstärkt den Eindruck dann noch - ich persönlich finde es traurig, wenn nach so kurzer Zeit Gewohnheit eintritt, umso furchtbarer finde ich Fernsehen an sich als Streitpunkt. Aber das ist nur ein persönlicher Eindruck, der erst beim zweiten Lesen entstanden ist, nachdem ich die Kommentare gelesen und den Text neu aufgenommen habe.
Genau dieser Punkt irritiert mich insofern, dass ER Golf schauen möchte und SIE Serien. Er wirkt alt, sie jung, und ich denke an GZSZ und wie kann das funktionieren? Wink

Zitat:
dieses Mal legt er die Zeitung auf seine Knie. Noch ist sie aufgeschlagen. Genauer betrachtet liegt das Blatt auch nicht auf den Knien, es wird nur in Kniehöhe gehalten.

Das widerspricht sich. Legt er sie auf die Knie oder hält er sie - das ist ein Unterschied von mindestens 20cm! Wink
Der Satz hat meinen Lesefluss unterbrochen.

Zitat:
Ich habe neulich seinen Blick aufgefangen, durch das Treppengeländer nach oben, nur zu dem einen Zweck, eine Aussicht unter ihren Rock zu erlangen.

Wenn Du einen Blick auffängst, bedeutet das für mich, dass man sich für einen kurzen, spontanen Moment direkt ansieht. SIE sieht aber nur, wie er der Frau unter den Rock schaut.
Würde ich persönlich umformulieren.

Den Schluss hätte ich mir auch anders gewünscht. Ich gebe Anna Berg recht, wenn die Protagonistin ihre Freundin angerufen hätte à la "Die Luft ist rein" - das wäre noch das i-Tüpfelchen gewesen. Oder - im Nachhinein - wenn es ihr dann plötzlich gar nicht um die Serie gegangen wäre, sondern um etwas anderes. Möglicherweise auch:
So. Was mache ich jetzt? Mir ist langweilig.
Und dann schalte ich auf das Golf-Programm.


Ich finde übrigens, dass die Protagonistin nicht wirklich besser wegkommt als ihr ignoranter Ehemann. Ein Musterbeispiel an Klischees.

Alles in allem ein wirklich schöner Beitrag, vielleicht kann man ein paar Feinheiten noch ausbauen. Ich finde den Dialog sehr ansprechend geschrieben und Du hast mich zum Schmunzeln gebracht und den Tag versüßt. Unbedingt weiter so!
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kingkaiser
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 49
Beiträge: 123
Wohnort: Bonn


Beitrag08.02.2013 13:30

von kingkaiser
Antworten mit Zitat

@Stift

Vielen Dank für die Einsichtnahme in die Denkweise mancher Frau

Ich musste beim Lesen schmunzeln, weil meine Frau und ich gerne aus Jux so ähnliche Dialoge führen, wie deien zwei Figuren (liebst du mich noch? ist eine Scherzfrage die wir uns jede Woche mehrmals stellen, allerdings Beleidigen sich Deine zwei ja gar nicht   Rolling Eyes  ).

Was ich auf jeden Fall gut fand war, dass Du hast durchblicken lassen, dass sie Ihren Mann durchaus schätzt und respektiert (auch wenn sie kindische Machtspielchen treibt und m.E. eine Gesprächsführung klinisch kalt wie eine Psychopathin hat): indem du sie hast beschreiben lassen, dass er die Gefahr wie eine alter Wolf wittert, kommt doch sehr viel Wertschätzung, wenn auch vielleicht unbewusst herüber. Das war gut!

Ach ja, ich fände es auch besser und glaubwürdiger, wenn sie schon länger verheiratet wären.


_________________
"Das Leben ist eine Krankheit, die tödlich endet."

ALF
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