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Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?

 
 
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nebenfluss
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Beitrag11.12.2012 22:57
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Hallo lupus,

lupus hat Folgendes geschrieben:

ja klar, ich vermute nur, dass in diesen Schreibratgebern nicht steht, dass man irgendwann vlt einmal schaun sollte, ob nicht der eine oder andere längere (auch Schachtel-)Satz einmal angebracht wäre, weil sonst alles gleich klingt, da würd sich ja der Ratgeberschreiber ins eigene Fleisch schneiden .... so wird Weiterentwicklung torpediert

Ich habe im Moment nur den oben genannten zur Hand:

Der hält das Thema kurz und knapp:
Zitat:
Schachtelsätze überlassen Sie den Juristen.

aus: Fritz Gessing, Kreativ schreiben, Dumont 1994, S. 199
(übrigens eher ein Schreibratgeber für Fortgeschrittene)

lupus hat Folgendes geschrieben:

das eine schließt das andere ja nicht aus und irgendwie lernt man so ja auch seine Zielgruppe einzuengen

Ich beneide dich, dass du schon so weit bist. Hast du Angst, das zu viele Leute deine Bücher kaufen? Ich wäre froh, ich hätte überhaupt eine Zielgruppe; also eine, die sich dessen auch bewusst ist, meine ich Wink

LG
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lupus
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Beitrag11.12.2012 23:04
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von lupus
Antworten mit Zitat

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Hallo lupus,

lupus hat Folgendes geschrieben:

ja klar, ich vermute nur, dass in diesen Schreibratgebern nicht steht, dass man irgendwann vlt einmal schaun sollte, ob nicht der eine oder andere längere (auch Schachtel-)Satz einmal angebracht wäre, weil sonst alles gleich klingt, da würd sich ja der Ratgeberschreiber ins eigene Fleisch schneiden .... so wird Weiterentwicklung torpediert

Ich habe im Moment nur den oben genannten zur Hand:

Der hält das Thema kurz und knapp:
Zitat:
Schachtelsätze überlassen Sie den Juristen.

aus: Fritz Gessing, Kreativ schreiben, Dumont 1994, S. 199
(übrigens eher ein Schreibratgeber für Fortgeschrittene)

womit die Spirale anfängt sich nach unten zu drehen und nimmer aufhört

lupus hat Folgendes geschrieben:

das eine schließt das andere ja nicht aus und irgendwie lernt man so ja auch seine Zielgruppe einzuengen

Ich beneide dich, dass du schon so weit bist. Hast du Angst, das zu viele Leute deine Bücher kaufen? Ich wäre froh, ich hätte überhaupt eine Zielgruppe; also eine, die sich dessen auch bewusst ist, meine ich Wink

ach Mensch, das hat doch nix mit 'so weit sein' zu tun, sondern mit einer ganz banalen Einstellungsfrage. Leute, die Sätze über 10 Wörter und mit mehr als einem Relativsatz und mit Paranthesen nicht mögen oder verstehen, lesen halt meine Texte nicht ... so what .. is die Zielgruppe halt nocht ein bisserl kleiner, aber ich kann mit reinstem Gewissen meinen Namen unter meinen Text schreiben. Das aber auch nur, wenn meine langen Sätze die Qualität der Sätze, die ich oben zitiert hab einigermaßen erreichen.

LG


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lg Wolfgang

gott ist nicht tot noch nicht aber auf seinem rückzug vom schlachtfeld des krieges den er begonnen hat spielt er verbrannte erde mit meinem leben

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Nordlicht
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Beitrag11.12.2012 23:10
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von Nordlicht
Antworten mit Zitat

lupus hat Folgendes geschrieben:
ja klar, ich vermute nur, dass in diesen Schreibratgebern nicht steht, dass man irgendwann vlt einmal schaun sollte, ob nicht der eine oder andere längere (auch Schachtel-)Satz einmal angebracht wäre, weil sonst alles gleich klingt, da würd sich ja der Ratgeberschreiber ins eigene Fleisch schneiden .... so wird Weiterentwicklung torpediert


Das verstehe ich übrigens nicht - wie meinst du das? Es ließe sich doch auch ein Schreibratgeber für Schachtelsätze und literarisches Schreiben herausgeben (oder vllt gibt's das eh)?


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lupus
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Beitrag11.12.2012 23:16
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von lupus
Antworten mit Zitat

Nordlicht hat Folgendes geschrieben:
lupus hat Folgendes geschrieben:
ja klar, ich vermute nur, dass in diesen Schreibratgebern nicht steht, dass man irgendwann vlt einmal schaun sollte, ob nicht der eine oder andere längere (auch Schachtel-)Satz einmal angebracht wäre, weil sonst alles gleich klingt, da würd sich ja der Ratgeberschreiber ins eigene Fleisch schneiden .... so wird Weiterentwicklung torpediert


Das verstehe ich übrigens nicht - wie meinst du das? Es ließe sich doch auch ein Schreibratgeber für Schachtelsätze und literarisches Schreiben herausgeben (oder vllt gibt's das eh)?


klar, aber wozu?
wie man lange Sätze schreibt, lernt man sicher nicht in einem Schreibratgeber, sondern in guten Büchern
warum sollte ein Schriftsteller, der gute Bücher schreibt und damit gutes Geld verdient, einen Schreibratgeber schreiben?


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lg Wolfgang

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nebenfluss
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Beitrag11.12.2012 23:20

von nebenfluss
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Hallo Scheinheilige,

wären wir in einem Forum für Medien- oder Sprachwissenschaften würde ich dir uneingeschränkt zustimmen. In einem Autoren-Forum, in dem ich einfach Fragen formuliere und einen Meinungsaustausch anstoße, recherchiere ich nicht erst eine empirische Studie. Es wäre m. E. auch nur eine Frage der Zeit, bis mir jemand eine andere Studie unter die Nase hält, die genauso Gültigkeit beanspruchen kann und das Gegenteil behauptet. Das wäre dann nicht der Thread, den ich mir vorgestellt habe.
Letzten Endes geht es hier ja um nichts.
So oder so bin ich in Teilen widerlegt worden, und damit kann ich sehr gut leben. Ich habe sogar ein Stück weit darauf gehofft, weil mir ein Schreiben, in dem nicht die Qualität, sondern das bloße Vorhandensein einer komplexen Satzkonstruktion kritisiert wird, selbst sehr öde vorkäme.

Scheinheilige hat Folgendes geschrieben:
"gut schreiben" = "für's Publikum schreiben", schreibst du. Dieser Gleichung würde ich nie und nimmer zustimmen. Aber das ist wahrscheinlich eine Frage der persönlichen Prioritäten. Will man unbedingt veröffentlicht werden, oder nicht?

So ist es. Ich möchte gerne veröffentlicht werden und bin auch bereit, dafür stilistische Kompromisse einzugehen. Allerdings nicht unbedingt, wenn das hieße, das mir mein eigener Stil überhaupt nicht mehr gefällt. Ich denke, den genauen Verlauf dieser Grenze muss jeder Autor für sich selbst erkennen.

LG
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nebenfluss
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Beitrag11.12.2012 23:28
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von nebenfluss
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Hallo lupus,

lupus hat Folgendes geschrieben:
wie man lange Sätze schreibt, lernt man sicher nicht in einem Schreibratgeber, sondern in guten Büchern
warum sollte ein Schriftsteller, der gute Bücher schreibt und damit gutes Geld verdient, einen Schreibratgeber schreiben?


Dazu habe ich auch ein schönes Beispiel im Schrank:

Umberto Eco: Nachschrift zum "Namen der Rose".

Wo die Inspiration herkam, wie der Roman entstand, welche Probleme er beim Schreiben hatte und wie er sie löste sowie ein paar kleine Kapitel über das Schreiben allgemein. Alles subjektiv geschrieben, ohne Dogmatismus oder Oberlehrer-Attitüde, kann ich jedem Autoren nur empfehlen.

LG
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Nordlicht
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Beiträge: 3755



Beitrag11.12.2012 23:28
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von Nordlicht
Antworten mit Zitat

lupus hat Folgendes geschrieben:
Nordlicht hat Folgendes geschrieben:
[Das verstehe ich übrigens nicht - wie meinst du das? Es ließe sich doch auch ein Schreibratgeber für Schachtelsätze und literarisches Schreiben herausgeben (oder vllt gibt's das eh)?


klar, aber wozu?
wie man lange Sätze schreibt, lernt man sicher nicht in einem Schreibratgeber, sondern in guten Büchern
warum sollte ein Schriftsteller, der gute Bücher schreibt und damit gutes Geld verdient, einen Schreibratgeber schreiben?


*die Achseln zuck* Aus Nächstenliebe? Laughing Irgendwelches Lehrmaterial für stilistisch gutes Schreiben muss es aber schon geben, zumindest auf meinem Kontinent, wo es Creative Writing als Studienfach gibt.

Anyway, mE braucht's ja auch keine Ratgeber und Schreibkurse, nur genügend Bücher, Übung und Feedback. Egal, in welche Rictung man sich schreiberisch entwickeln will.


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Angst
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Beitrag11.12.2012 23:34

von Angst
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Hi nebenfluss

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
wären wir in einem Forum für Medien- oder Sprachwissenschaften würde ich dir uneingeschränkt zustimmen. In einem Autoren-Forum, in dem ich einfach Fragen formuliere und einen Meinungsaustausch anstoße, recherchiere ich nicht erst eine empirische Studie

Na gut, da hast du auch wieder Recht. Habe mit dieser Diskussion eh vom eigentlichen, durchaus berechtigten Thema abgelenkt.

Wünsche noch einen schönen Abend!


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»Das Paradox ist die Leidenschaft des Gedankens.«
— Søren Kierkegaard, Philosophische Brosamen,
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 48.
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lupus
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Wohnort: wien



Beitrag12.12.2012 00:28
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von lupus
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Hallo lupus,

lupus hat Folgendes geschrieben:
wie man lange Sätze schreibt, lernt man sicher nicht in einem Schreibratgeber, sondern in guten Büchern
warum sollte ein Schriftsteller, der gute Bücher schreibt und damit gutes Geld verdient, einen Schreibratgeber schreiben?


Dazu habe ich auch ein schönes Beispiel im Schrank:

Umberto Eco: Nachschrift zum "Namen der Rose".

Wo die Inspiration herkam, wie der Roman entstand, welche Probleme er beim Schreiben hatte und wie er sie löste sowie ein paar kleine Kapitel über das Schreiben allgemein. Alles subjektiv geschrieben, ohne Dogmatismus oder Oberlehrer-Attitüde, kann ich jedem Autoren nur empfehlen.

LG


ja, klar
es gibt sowas ähnliches auch von Irving
und es gibt entsprechende Vorträge, die auf yt zu finden sind von Theroux, von Jennifer Egan und anderen .. und ja, die sind sicherlich auf einem hohen NIveau, muss aber sagen, dass ich dort noch nie gehört hab, dass man keine langen Sätze schreiben soll, da gehts um Plot, Charakterisierung, etc. und es is dann - eben - wie du sagst: kein 'so macht man es' sondern ein 'so ist es mir ergangen'. Und das is dann auch viiel spannender.

NL'erl hat Folgendes geschrieben:
Anyway, mE braucht's ja auch keine Ratgeber und Schreibkurse, nur genügend Bücher, Übung und Feedback. Egal, in welche Rictung man sich schreiberisch entwickeln will.


davon bin ich sowieso überzeugt, wenn ich ein Tisch bastel kauf ich mir doch auch nicht eine Anleitung sondern schau mir zig Tische an und versuch die Tricks abzuschaun .. so wird's auch mein Tisch und er schaut nicht aus wie hunderte andere auch.


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lg Wolfgang

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nebenfluss
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Beitrag12.12.2012 13:38
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von nebenfluss
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lupus hat Folgendes geschrieben:
ja, klar
es gibt sowas ähnliches auch von Irving
und es gibt entsprechende Vorträge, die auf yt zu finden sind von Theroux, von Jennifer Egan und anderen .. und ja, die sind sicherlich auf einem hohen NIveau, muss aber sagen, dass ich dort noch nie gehört hab, dass man keine langen Sätze schreiben soll.

Stimmt. Solche Bücher oder Vorträge sind natürlich keine Ratgeber im engeren Sinne, sondern eher Erfahrungsberichte. Auch Eco schimpft natürlich nicht auf Schachtelsätze. Wie könnte er, wenn wir uns den zweiten Satz des "Namen der Rose" anschauen:
Zitat:
Das Buch, versehen mit ein paar historischen Angaben, die in Wahrheit recht dürftig waren, präsentierte sich als die getreue Wiedergabe einer Handschrift aus dem 14. Jahrhundert, die der große Gelehrte des 17. Jahrhunderts, dem wir so vieles für dei Geschichte des Benedikterordens verdanken, angeblich seinerseits im Kloster Melk gefunden hatte.

Keine Fragen mehr.

Interessiert hat mich noch, wie es hier mit unserem foren-internen Schrebratgeber aussieht, Ralphies Schreibwerkstatt, Lektionen 10-11.
Er ist da vergleichsweise vorsichtig:

Vergleichbar mit Gesing schreibt Ralphie:
Zitat:
Der Schachtelsatz wird – zumeist zu Recht – von den Stilisten der deutschen Sprache verpönt. Seine Verwandtschaft zum Beamtendeutsch ist nah und sein Hang, Aussagen zu verwässern, gefährlich.

... und außerdem:
Zitat:
Natürlich können wir nicht endlos kurze Sätze aneinander reihen, das erzeugt nur Ochsentrott. Unser Rhythmus verlangt hin und wieder nach langen Sätzen, aber inzwischen haben wir gelernt, die richtigen Satzzeichen einzusetzen, um diese langen Sätzen klar zu gliedern und lesbar zu machen. Übt das. Versucht, einen langen Satz in drei oder vier kurze Sätze aufzuteilen und gleichzeitig den Rhythmus beizubehalten. Ihr werdet sehen, mit dieser Technik schafft ihr es, das Universum zu beschreiben.


Unterm Strich fordert er also auch eher dazu auf, die Schachtelsätze, die einem instinktiv "passieren", auszumerzen. Klar, die Zielgruppe hier sind eher die "blutigen Anfänger". Das deckt sich insofern mit Nordlichts Meinung, Schachtelsätze lieber den Profis zu überlassen.

LG
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Rübenach
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Beiträge: 2832



R
Beitrag12.12.2012 14:01

von Rübenach
Antworten mit Zitat

ich wollte nicht das böse U-Wort benutzen, aber Ralphies Schreibratgeber richtet sich doch explizit an die Autoren von Unterhaltungsliteratur.

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"Vielleicht sollten mehr Leute Schreibblockaden haben." Joy Williams
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Ruth
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Beitrag12.12.2012 14:28

von Ruth
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Ich habe hauptsächlich englischsprachige Schreibratgeber hier, sehr gut zum Einstieg fand ich "Writing Fiction" vom Gotham Writers' Workshop (ISBN 9781582343303).

Habe gerade geblättert und kann das Gebot der kurzen Sätze widerlegen.
Im Kapitel "Voice: The Sound of a Story" ist unter "Sentences" ein Beispiel von Fitzgerald aufgeführt

There had been a war fought and won and the great city of the conquering people was crossed with triumphal arches and vivid with thrown flowers of white, red, and rose. All through the long spring days the returning soldiers marched up the chief highway behind the strump of drums and the joyous, resonant wind of the brasses, while merchants and clerks left their bickerings and figurings and, crowding to the windows, turned their white-bunched faces gravely upon the passing battalions.

Und der Kommentar dazu (von mir sinngemäß übersetzt): Diese langen, grandiosen Sätze geben dem Geschriebenen eine fast mythische Qualität  [...] die den Anlass reflektieren und die Geschäftigkeit während der Feier.


Ich weiß nicht, wieviel ich hier wiedergeben darf, deshalb belasse ich es dabei. Später folgt eine Gegenüberstellung mit einem Hemmingway-Abschnitt.

Der Schreibratgeber arbeitet viel mit Zitaten aus Klassikern, sogar Shakespeare kommt vor, und ich fand nirgendwo einen Hinweis, ob er sich nun an "U" oder "E"-Autoren richtet.
Vielleicht muss man auch nicht immer unterscheiden.
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Nr. 5
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Beitrag12.12.2012 14:34

von Nr. 5
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Ich hab mal gelesen, dass Schachtelsätze im Englischen nicht so verpönt sind, wie im Deutschen. Aber mir fällt nicht mehr ein wo. Habe dieses Jahr so einige Bücher über das Schreiben gelesen, aber keines davon in deutsch.
Hm.


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nebenfluss
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Beitrag12.12.2012 14:53

von nebenfluss
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Interessant. Vielleicht ist das tatsächlich ein deutsches Phänomen. Vielleicht möchten diese deutschen Ratgeber-Autoren einfach vom Dichter-und-Denker-Mythos weg. Eine Unterscheidung in E und U gibt es wohl in den USA nicht, habe ich mal irgendwo gelesen.
Finde ich auch richtig, unterhaltsam soll m. E. jede Literatur sein. Das ist ja nicht gleichbedeutend mit: doof geschrieben.

LG
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Sun Wukong
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S
Beitrag12.12.2012 15:30

von Sun Wukong
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Generell ist hier vielleicht noch anzumerken, dass das Gehirn in der Regel bei der dritten Verschachtelung von Relativsätzen aussteigt. Und das tolle daran: es ist dabei unerheblich, womit genau der/die "heutige LeserIn" nun seinen Kopf gefüllt hat.

Die Katze, die der Nachbarin, die ich am Montag aus Versehen beim Blumengießen erschreckt hatte, gehörte, lief durch den Schnee.

Das wären dann also eher die neurologischen Grenzen des Schachtelns (sagen zumindest Einführungen in die Sprachwissenschaft).
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Nordlicht
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Beitrag12.12.2012 16:07
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von Nordlicht
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Unterm Strich fordert er also auch eher dazu auf, die Schachtelsätze, die einem instinktiv "passieren", auszumerzen. Klar, die Zielgruppe hier sind eher die "blutigen Anfänger". Das deckt sich insofern mit Nordlichts Meinung, Schachtelsätze lieber den Profis zu überlassen.


Äh, so kategorisch sehe ich das nicht! Ich bin sehr dafür, auch als Anfänger alles mögliche auszuprobieren - man muss sich nur bewusst sein (wie als fortgeschrittener Schreiber ja auch), dass Experimente öfter mal in die Hose gehen. Aber gerade daraus kann man super lernen, was an besagtem Experiment denn nicht geklappt hat und was man ändern muss, darum es klappt.

Und das hier ist wichtig, finde ich:

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
"die Schachtelsätze, die einem instinktiv "passieren", ausmerzen"


Wenn man nicht ein absolut begnadetes Schreibgenie ist (und das ist man nicht), sollte man seine Sätze spätestens beim Überarbeiten schleifen und polieren, und ggf ausmerzen. Also Schachtelsätze nicht so verwenden, wie sie aus den Hirnwindungen hervorbrechen - für den gewünschten Effekt ist es gerade dort wichtig, die Satzstruktur und Wörter entsprechend anzupassen.


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Beitrag12.12.2012 16:12

von nebenfluss
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Hallo Sun Wukong,

das ist allerdings auch ein hässliches Beispiel.
Hier wurden Informationen zusammegepackt, die in keinem offensichtlichen Bezug zueinander stehen.
Für mich ist das eindeutig ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

LG
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nebenfluss
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Beitrag12.12.2012 16:40
Re: Schachtelsätze = Überforderung des heutigen Lesers?
von nebenfluss
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Nordlicht hat Folgendes geschrieben:
Wenn man nicht ein absolut begnadetes Schreibgenie ist (und das ist man nicht), sollte man seine Sätze spätestens beim Überarbeiten schleifen und polieren, und ggf ausmerzen. Also Schachtelsätze nicht so verwenden, wie sie aus den Hirnwindungen hervorbrechen - für den gewünschten Effekt ist es gerade dort wichtig, die Satzstruktur und Wörter entsprechend anzupassen.

Schade, dass ich die Rohversion der "Frederike" nicht mehr habe (meinem ersten Beitrag hier, aus anderen Gründen misslungen). Da ging genau hierfür die meiste Zeit bei der ersten Überarbeitung drauf. Ich habe mir die Sätze selbst laut vorgelesen und dabei auf Atmung und Betonung geachtet. Konnte ich eine Verschachtelung so nicht ansprechend rüberbringen oder bin aus der Puste gekommen, musste "geschliffen und poliert" oder eben auseinandergerissen werden.
Das werde ich jetzt immer so machen.

Zeitraubend ist da immer wieder meine seltsame Vorliebe für Verknüpfung wie "woraufhin" usw. Dazu hattest du ja schon das Passende gesagt.

LG
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Sun Wukong
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Beitrag12.12.2012 16:41

von Sun Wukong
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Hallo nebenfluss, der Satz sollte ja auch kein Stil-Beispiel sein, sondern demonstrieren, dass bei der dreifachen Ineinanderschachtelung von Sätzen auch bei ganz simplen Inhalten der zuständige "Speicher" im Hirn überfordert ist mit der Zuteilung, welche Satzhälfte zu welchem Satzbeginn gehört. Würde ich auch nicht empfehlen, es so zu machen Smile Mir ist ein verständlicher Stil wichtig, weil meine Texte oft auch vorlesbar sein sollen, also stelle ich beim Überarbeiten lange Sätze mehrmals um, bis ich mit Verständlichkeit und "Kopfkino" durch die Reihenfolge der Informationen zufrieden bin.
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Akiragirl
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Beitrag12.12.2012 16:47

von Akiragirl
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Ein tolles Beispiel für wirklich gelungene Schachtelsätze ist "Unendlicher Spaß" von David Foster Wallace. Übrigens auch in der deutschen Übersetzung, die sehr gut gelungen ist. Da kann man sich als Interessierter ja mal einiges abgucken.
Letztlich muss das Ganze aber auch zum persönlichen Stil passen bzw. zum Erzählton und der Geschichte.


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Beitrag12.12.2012 17:39

von nebenfluss
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Sun Wukong hat Folgendes geschrieben:
Hallo nebenfluss, der Satz sollte ja auch kein Stil-Beispiel sein, sondern demonstrieren, dass bei der dreifachen Ineinanderschachtelung von Sätzen auch bei ganz simplen Inhalten der zuständige "Speicher" im Hirn überfordert ist mit der Zuteilung, welche Satzhälfte zu welchem Satzbeginn gehört.

... und genau hier ist m. E. der Fehler in deinem Beispiel. Die Inhalte mögen simpel sein, sie stehen aber in keinem echten Bezug zueinander.
Mag sein, dass die einführende(!) Sprachwissenschaft solch pauschale Behauptungen aufstellt. Die tiefergehende Sprachwissenschaft wird aber andere "Regeln" berücksichtigen - dass z. B. Hauptsachen in Hauptsätze, Nebensachen in Newbensätze gehören.

Hauptsache = Hauptsatz hier: Die Katze lief durch den Schnee.
So eine langweilige Information gehört m. E. hingeschrieben und fertig. Möchte man den Satz unbedingt verschachteln, muss man dabei nah an der Katze bleiben.

In der zweiten Schachtel treffe ich auf die schreckhafte, blumengießende Nachbarin. Die finde ich sofort viel interessanter und vergesse darüber sofort die Katze.

Klar, das müsste man in einem Kontext betrachten. Ich meine nur: Es kommt nicht nur auf die Tiefe der Verschachtelung an, sondern auch auf die Inhalte, die man miteinander verschachtelt, und wie man das tut. Die Diskussion über den Satz von Orwell ist ein Beispiel dafür.

Im Übrigen denke ich, wir beide machen das schon richtig mit dem Vorlesen (siehe mein Kommentar an Nordlicht)

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Sun Wukong
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S
Beitrag12.12.2012 18:27

von Sun Wukong
Antworten mit Zitat

Hm, ich kann deine Einwände gut nachvollziehen, nebenfluss. Und bin jetzt neugierig, ob ich mir eine derartige Verschachtelung, die dennoch nachvollziehbar ist, ausdenken kann...
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