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Aus dem Leben


 
 
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Aranka
Geschlecht:weiblichBücherwurm
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Beiträge: 3106
Wohnort: Umkreis Mönchengladbach
Lezepo 2017 Pokapro und Lezepo 2014



A
Beitrag18.06.2012 18:31

von Aranka
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Hallo MT,

Noch einmal zu deinem Schluss und meine Bemerkung dazu im Kommentar:
ich denke schon, dass es klar um die Fragestellung der Sterbehilfe geht. Das wird ja in den kurzen Sätzen zwischen Mutter und Sohn schon klar. Vielleicht könnte man hier noch ein wenig deutlicher werden, nicht viel, gerade so, dass der Schluss wegfallen kann. Mir reicht es jedoch auch so. Auch könnte man noch eine Andeutung mehr machen, als der Sohn in der Wohnung alles vorbereitet:
Dass Franz die Kapsel besorgt hat und dass der Sohn sie sorgsam neben das Glas legt, dass könnte alles vorher gesagt werden.

 Warum ich es bevorzugen würde, mit der Frage nach dem Morgen aufzuhören hat nicht den Grund, dass ich mich vor der Thematik scheue und gerne wegschauen möchte. Ich würde sie eher vorher etwas klarer werden lassen. Denn ich muss als Leser nicht mehr dem letzten Vollzug zuschauen müssen. Ich weiß, was geschehen wird, das reicht.

Das Thema ist so sensibel und ist so sensibel angefasst in der Geschichte. Dieser letzte und wahrscheinlich schwerste „Liebesdienst“, ich muss nicht danebenstehen als Leser, er wäre mir zu intim zwischen Sohn und Mutter. Ich weiß nicht, ob ich mich verständlich machen konnte.

Ich habe jetzt die zweite Fassung gelesen. Gehe nur auf den veränderten Schluss ein.

Zitat:
Wir fahren durch die Nacht. Mutter hat die Augen geschlossen. Sie atmet stoßweise.
Ich kenne den Weg, kenne jede Kreuzung und jedes Haus, und doch ist es so, als führe ich zum ersten Mal durch meine Stadt.


(Diese Veränderung gefällt mir gut. Statt „fremdes Land“) Alles andere danach fällt aus dem Rahmen der Geschichte. „Das Tau um den Hals“ finde ich zu dramatisch für die sonst so angenehm leisen, aber präzisen Töne. „die welken Blätter“ ein wenig verbraucht. Das hat die Geschichte nicht nötig.

Ich stelle mir vor, der Sohn fährt seiner wohl schwersten Aufgabe entgegen, die Stadt erscheint ihm fremd, da er noch nie mit solchen Gedanken durch diese Straßen gefahren ist. Sein Kopf ist voller Gedanken, die er alle schon tausendmal gedacht hat, die sich im Kreis drehen. Immer wieder schaut er zur Mutter. Vielleicht schaut sie entspannt, vielleicht lächelt sie sogar?? Vielleicht sagt er noch einmal so etwas wie: Du wirst zu Hause sein, in deinem Sessel, mit all deinen Fotos. Es wird gut sein. Du wirst sehen. (er beruhigt sie und sich auch.) Vielleicht fast er im Fahren noch einmal ihre Hand, denkt noch einmal kurz an die gut vorbereitet Wohnung, das Glas Orangensaft und die Kapsel daneben und stellt sich die Frage nach dem Morgen.  Und dann Schluss! In der letzten Minute bin ich als Leser nicht dabei. Es ist mir überlassen, sie zu sehen.

Ich würde andeiner Stelle die Minuten im Auto noch einmal neu durchdenken und kurz aber intensiv festhalten.

Das ist meine Sicht der Dinge. Jeder hat da eine etwas andere und auch andere Erfahrungen und das ist gut so. Das Thema Sterbehilfe ist für mich schon ein nahes und oft diskutiertes, jedoch ohne Erfahrung. Da kann ich nur meine Empfinden, mein Gespür befragen. Die Begleitung in die letzten Stunden des Lebens bei Eltern und Schwiegereltern ist mir jedoch nicht fremd und daher weiß ich um diese allerletzte Minute.
Ich denke, bei dieser Geschichte blieb es nicht aus, dass ich meine  Rückmeldung nah an meiner Erfahrung ausgerichtet habe. Vielleicht kannst du dennoch etwas damit anfangen.

Liebe Grüße Aranka


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"Wie dahingelangen, Alltägliches zu schreiben, so unauffällig, dass es gereiht aussieht und doch als Ganzes leuchtet?" (Peter Handke)

„Erst als ihm die Welt geheimnisvoll wurde, öffnete sie sich und konnte zurückerobert werden.“ (Peter Handke)
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MT
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Beitrag19.06.2012 08:02

von MT
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@ Paloma & Aranka

Habt vielen Dank, Ihr Zwei, dass ihr Euch erneut mit dem Text beschäftigt habt.

Das Ende... Hm, ich habe lange darüber nachgedacht. So, wie es jetzt da steht, könnte es - im Gesamtgefüge des Textes - zu direkt sein, stimmt schon. Deine Vorschläge, Aranka, finde ich sehr gut. Letzte Zuneigung und Beruhigung zwischen Mutter und Sohn. Und dann: cut. Ich werde noch einmal rangehen und mich wieder melden.

LGMT


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Siegfried Lenz
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Beitrag19.06.2012 10:30

von MT
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Ich weiß, der Wettbewerb läuft... Dennoch, das Ende meines Stücks lässt mich nicht in Ruhe. Bitte seht´s mir nach... rotwerd
Hier eine Variante:


Aus dem Leben

„Geh jetzt, mein Junge. Geh.“ Meine Mutter gibt mir ihr Mutmacherlächeln.
Das Zimmer, eingerichtet nur mit einem Strauß Trockenblumen auf einem Holztisch und einem Kruzifix an der Wand, wirkt wie eine Lagerhalle mit längst vergessener Ware.
Die weiße Bettwäsche lässt Mutters Wangen noch eingefallener, die Augen noch leerer erscheinen. Ich beuge mich zu ihr hinab, küsse die faltige Stirn. Meine Tränen fallen auf ihr Gesicht. Mit zitternder Hand streichelt sie mein Haar.
„Heute Abend. Denkst du auch daran, Junge?“
Ich nicke. Will fortrennen. Und doch für immer bleiben.
Vor dem Krankenhaus empfängt mich Novemberregen. Bäume wiegen sich im Wind. Ich steige in den Wagen und starte den Motor. Sitze da und verfolge das Winken der Scheibenwischer, sitze da wie ein kleiner Bengel, der etwas ausgefressen hat. Irgendwann fahre ich los.
Als ich die Wohnungstür öffne, schlägt mir der Geruch meiner Kindheit entgegen. Die Mischung aus Lavendel und Zigaretten. Mit der Zeit habe ich verlernt, diesen Geruch zu mögen. Jetzt kann ich nicht genug davon bekommen.
Im Wohnzimmer mit der Schrankwand und dem braunen Sofa, mit den Weingläsern im Regal, die nie benutzt werden und den Fotos von mir als Kind, als Jugendlicher, als Soldat, als Student, als Ehemann und als Vater, schlage ich die Wolldecke auf und lege sie offen über den Hocker vorm Sessel. Aus dem Schlafzimmer hole ich Mutters Kopfkissen. Bevor ich das Schlafzimmer verlasse, sehe ich noch einmal zum Bett. Vaters Seite ist lange kalt, Mutters zerknautscht vom vielen Liegen. Sie hat ihm sein Kissen hingelegt und das Deckbett für ihn aufgeschlagen. Seit zwölf Jahren.
Zurück in der Stube, lege ich ihr Kopfkissen in den Sessel. Auf dem Tisch daneben die ganze Bilder. Mein Vater beim Angeln am Kiesteich, ich daneben, acht oder neun Jahre alt. Oder mein Vater an seinem Räucherofen, die Tür geöffnet, im Rauch baumeln goldbraune Forellen. Und wir drei im Urlaub an der Mecklenburgischen Seenplatte. Er und ich sitzen im Tretboot, Mutter hinter uns. Die Sonne sinkt ins Wasser. Wir lachen, auch Mutter; ich hatte Semesterferien. Es ist das letzte Foto von ihm.
In der Küche hole ich ein Glas aus dem Schrank und fülle es mit Orangensaft. An der Wand tickt unsere Uhr. Noch sechs Stunden.
In den Orangensaft rühre ich einen großen Löffel Honig.
„Achte darauf, dass es süß ist“, hat Franz gesagt.
Bei all meinen Bewegungen glaube ich, Zügel hielten mich zurück, so, als spielten meine Muskeln ein Konzert, das ich nicht dirigiere. Mein Mund ist trocken, Schlucken fällt mir schwer. Meine Finger zittern und meine Gedanken wirbeln mir wie Staub durch den Kopf.
Mit dem vollen Glas in der Hand gehe ich zurück zu Mutters Platz im Wohnzimmer. Ich stelle es auf den Tisch, neben Vaters Räucherglück. Dann drehe ich die Heizung auf höchste Stufe; meine Mutter soll nicht frieren.
Die Kunststoffhülle der kleinen Kapsel ist weich, ich ziehe die beiden Enden auseinander. Wie Schnee fällt das Pulver in den Saft.  
„Pass auf Mama auf“, hat Vater gesagt. Ich habe es ihm versprochen, ohne die Bedeutung meiner Worte zu erahnen. Nach seiner Beisetzung ging meine Mutter durch die Wohnung und räumte seine Medikamente und Kleidungsstücke, seine Bilder, Kreuzworträtselhefte, alles, was an ihn erinnerte, in große Plastiksäcke und schleppte sie in den Keller. Dann schloss sie sich zwei Tage und Nächte im Schlafzimmer ein. Manchmal hörte ich sie wimmern. Mit seinem Tod ging ihr Lachen. Erst Jahre später holte sie die Fotografien wieder rauf.
Ich nehme eines der Bilder und setze mich auf den Boden. Lehne mich an die Schrankwand, wie ich es als Kind oft getan habe, und starre die Aufnahme an. Eine zierliche Frau mit hochtoupierten Haaren und dicker Brille. Sie trug ihr Hochzeitskleid, 1966 war das. Die Männer mit dünnem Schlips. Eine Frau aus einfachen Verhältnissen, ein Mädchen, das Schneiderin lernte und später in der Fabrik für Funktechnik am Band stand. Wenn mein Vater von der Schicht kam, ging er an der Fabrik vorbei. Sie winkten sich zu.
Später, Mitte der Siebziger, zogen sie in die Wohnung, in der ich jetzt sitze; sie brauchten ein Kinderzimmer. Ich erinnere mich an die unzähligen Abende, an denen wir hier in der Stube saßen und Radio hörten. Mein Vater nahm meiner Mutter manchmal die Brille ab und sagte: „Schau, wie wunderschön das Gesicht deiner Mutter ist.“ Sie grinste dann und machte eine wegwerfende Handbewegung, setzte ihre Brille wieder auf und gab Vater einen Kuss.
Jahre danach, wenn ich mit ihr allein auf dem Sofa saß, wünschte ich mir Abende bei Radio und warmem Kakao zurück.

Kurz vor sechs. Draußen herrscht finstere Nacht. Noch immer regnet es. Ich fahre durch die Straßen der Stadt und suche Umwege. Hinter mir wird gehupt, Autos überholen mich, ich sehe keine Fahrer, sehe nur den Schein der Lichter am Straßenrand; wie Gespenster huschen sie durch meinen Wagen.

Der Klinikparkplatz ist leer. Ich lasse ihn links liegen und fahre um das Gebäude herum. Franz hat Nachtdienst, er wird die Schwestern zur Besprechung rufen. Vor dem Notausgang parke ich.
Auf dem Flur keine Menschenseele. Leise drücke ich die Klinke der Zimmertür herunter. Mutter ist wach, sie atmet in flachen, schnellen Stößen. Franz hat heute Mittag das Morphin weggelassen.
Ich greife ihre Hand.
„Mutter, erkennst du mich?“
Sie braucht einen Moment, dann nickt sie.
Wir halten uns bei den Händen, sehen uns an, ich streichele ihr Gesicht.
„Ich kann das nicht“, sage ich.
Sie versucht ein Lächeln. Ich lege ihr meinen Arm um den Nacken und drücke ihren Kopf an meinen. Sie riecht nach altem Schweiß, seit gestern Morgen waschen sie sie nicht mehr.
„Doch“, flüstert sie. „Du kannst.“
Ich richte mich auf, wische mir mit dem Handrücken übers nasse Gesicht.
„Ich habe Durst“, sagt sie kaum hörbar.
Ich reiche ihr ein Glas Wasser. Sie kann es allein nicht halten, ich helfe ihr, umfasse ihre blauen Hände. Sie trinkt wie ein Vogel. Ich stelle das Glas zurück und tupfe mit einem Papier ihren Mund und den Hals trocken. Dann ziehe ich den Schlauch aus der Braunüle und löse die Bremse der Bettrollen. Alles geht mechanisch. Ich denke nicht nach. Ich führe aus, was auszuführen ist.
Noch immer ist der Flur verlassen. Die Gummiräder quietschen auf dem Linoleumboden. Weißes Licht sticht von der Decke, es schmerzt in den Augen. Mutters Atmung ist stabiler geworden. Etwas.
Ich schiebe das Bett neben meinen Wagen und öffne die Beifahrertür.
„Ein neues Auto?“, fragt sie leise.
„Nein“, sage ich und hebe sie an. Sie ist leicht wie ein Kind. Ich setze sie auf den Sitz und lege das Deckbett über ihre Beine. Schließe die Tür.
Wir fahren durch die Nacht. Mutter hat die Augen geschlossen. Sie atmet stoßweise.
Ich kenne den Weg, kenne jede Kreuzung und jedes Haus, und doch ist es so, als führe ich zum ersten Mal durch meine Stadt. Dunkle, mit Gleichgültigkeit gestrichene Betonfassaden. In den Fenstern vereinzelte Lichter, die uns wie Augen anstarren.
Immer wieder schaue ich meine Mutter an, sehe sie in Gedanken an meinem Kinderbett sitzen, sie tupft meine fiebrige Stirn mit einem Frottier. Sehe sie auf meiner Hochzeit tanzen, ausgelassen, getragen von der Leichtigkeit des Augenblicks. Später am Abend zog sie mich beiseite und schloss mich in ihre Arme, hielt mich ganz fest. Sie war glücklich. Niemand dachte an das Morgen und an Vaters Untersuchung ein paar Tage darauf.
Ich nehme ihre Hand, fahre langsamer jetzt. Sie öffnet die Augen.
„Junge, glaubst du, es stimmt, was man sagt?“
„Was meinst du, Mama?“
Sie schluckt, hustet schwach. Ich höre die flache Atmung.
„Dass man sich wiedersieht. Eines Tages.“
Fest drücke ich ihre Hand in meine.
„Ja“, sage ich. „Ja, das glaube ich.“
Sie schließt ihre Augen und legt den Kopf zurück an die Lehne. Ich glaube, auf den Lippen meiner Mutter ein Lächeln zu erkennen, und als ich in unsere Straße einbiege, frage ich mich, ob ich gelogen habe.


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Siegfried Lenz
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KeTam
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Beitrag19.06.2012 10:47

von KeTam
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Hallo MT,

das Ende der ersten Version finde ich viel eindringlicher, da schnürt es mir auch beim wiederholten Lesen, die Kehle zu.
Ich finde das Bild mit ihrem Sessel, in dem sie sitzt, um zu sterben, sehr stark. Auch weil der Sohn vorher schon in der Wohnung war und alles gerichtet hat. Jetzt sind sie dort zusammen und müssen Abschied nehmen.

Egal, ob das mit dem Gift nicht erwähnt oder nur angedeutet wird, ich würde den Text auf jeden Fall in dieser Wohnung enden lassen.

Lg,KeTam.

edit: Mich hat der Text wirklich sehr mit genommen, ich kann dir gar nicht sagen wie sehr...und das nicht aus persönlichen Gründen, (natürlich, jeder hat Eltern), sondern weil er einfach gut geschrieben ist.
Weil du die Bilder verwendest, die bei mir was zum schwingen bringen.
Und dazu gehört eindeutig dieser Sessel...

Für mich persönlich geht es in deinem Text nur vordergründig um das Thema Sterbehilfe. Unter der Oberfläche geht es (zumindest für mich) um ein Thema, dass viel tiefer gelagert ist, nämlich los zu lassen, Abschied zu nehmen, zu akzeptieren.
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Beitrag19.06.2012 18:40

von MT
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KeTam hat Folgendes geschrieben:
Hallo MT,

das Ende der ersten Version finde ich viel eindringlicher, da schnürt es mir auch beim wiederholten Lesen, die Kehle zu.
Ich finde das Bild mit ihrem Sessel, in dem sie sitzt, um zu sterben, sehr stark. Auch weil der Sohn vorher schon in der Wohnung war und alles gerichtet hat. Jetzt sind sie dort zusammen und müssen Abschied nehmen.

Egal, ob das mit dem Gift nicht erwähnt oder nur angedeutet wird, ich würde den Text auf jeden Fall in dieser Wohnung enden lassen.

Lg,KeTam.

edit: Mich hat der Text wirklich sehr mit genommen, ich kann dir gar nicht sagen wie sehr...und das nicht aus persönlichen Gründen, (natürlich, jeder hat Eltern), sondern weil er einfach gut geschrieben ist.
Weil du die Bilder verwendest, die bei mir was zum schwingen bringen.
Und dazu gehört eindeutig dieser Sessel...

Für mich persönlich geht es in deinem Text nur vordergründig um das Thema Sterbehilfe. Unter der Oberfläche geht es (zumindest für mich) um ein Thema, dass viel tiefer gelagert ist, nämlich los zu lassen, Abschied zu nehmen, zu akzeptieren.

Hi KeTam,

in ein solches Dilemma komme ich öfter. Hatte ich bei "Vereint" zB auch schon...

Ich gestehe: Die erste Version ist geschrieben wie gefühlt, war einfach da und kurz darauf auf Papier gebannt. Dann folgten hie und da ein paar Feinschliffarbeiten, der Grundsatz aber blieb - so auch das Ende im Sessel.

Gleichwohl konnte ich in Folge den Einwand von Paloma und Aranka gut verstehen, während des Schreibens hatte ich selbst einen Moment daran gedacht, den Text bei der Fahrt enden zu lassen.

Allen kann man es nicht Recht machen... Und ich habe das Ende nun erneut umgeschrieben. Mir gefällt es so nun am besten. Embarassed (folgt im sep. Posting).

Vielen Dank für Deine Gedankenanstöße und Dein ehrliches Wort.

LGMT


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MT
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Beitrag19.06.2012 18:43

von MT
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Mein Favourit (dann hör ich auch auf...):


Aus dem Leben

„Geh jetzt, mein Junge. Geh.“ Meine Mutter gibt mir ihr Mutmacherlächeln.
Das Zimmer, eingerichtet nur mit einem Strauß Trockenblumen auf einem Holztisch und einem Kruzifix an der Wand, wirkt wie eine Lagerhalle mit längst vergessener Ware.
Die weiße Bettwäsche lässt Mutters Wangen noch eingefallener, die Augen noch leerer erscheinen. Ich beuge mich zu ihr hinab, küsse die faltige Stirn. Meine Tränen fallen auf ihr Gesicht. Mit zitternder Hand streichelt sie mein Haar.
„Heute Abend. Denkst du auch daran, Junge?“
Ich nicke. Will fortrennen. Und doch für immer bleiben.
Vor dem Krankenhaus empfängt mich Novemberregen. Bäume wiegen sich im Wind. Ich steige in den Wagen und starte den Motor. Sitze da und verfolge das Winken der Scheibenwischer, sitze da wie ein kleiner Bengel, der etwas ausgefressen hat. Irgendwann fahre ich los.
Als ich die Wohnungstür öffne, schlägt mir der Geruch meiner Kindheit entgegen. Die Mischung aus Lavendel und Zigaretten. Mit der Zeit habe ich verlernt, diesen Geruch zu mögen. Jetzt kann ich nicht genug davon bekommen.
Im Wohnzimmer mit der Schrankwand und dem braunen Sofa, mit den Weingläsern im Regal, die nie benutzt werden und den Fotos von mir als Kind, als Jugendlicher, als Soldat, als Student, als Ehemann und als Vater, schlage ich die Wolldecke auf und lege sie offen über den Hocker vorm Sessel. Aus dem Schlafzimmer hole ich Mutters Kopfkissen. Bevor ich das Schlafzimmer verlasse, sehe ich noch einmal zum Bett. Vaters Seite ist lange kalt, Mutters zerknautscht vom vielen Liegen. Sie hat ihm sein Kissen hingelegt und das Deckbett für ihn aufgeschlagen. Seit zwölf Jahren.
Zurück in der Stube, lege ich ihr Kopfkissen in den Sessel. Auf dem Tisch daneben die ganze Bilder. Mein Vater beim Angeln am Kiesteich, ich daneben, acht oder neun Jahre alt. Oder mein Vater an seinem Räucherofen, die Tür geöffnet, im Rauch baumeln goldbraune Forellen. Und wir drei im Urlaub an der Mecklenburgischen Seenplatte. Er und ich sitzen im Tretboot, Mutter hinter uns. Die Sonne sinkt ins Wasser. Wir lachen, auch Mutter; ich hatte Semesterferien. Es ist das letzte Foto von ihm.
In der Küche hole ich ein Glas aus dem Schrank und fülle es mit Orangensaft. An der Wand tickt unsere Uhr. Noch sechs Stunden.
In den Orangensaft rühre ich einen großen Löffel Honig.
„Achte darauf, dass es süß ist“, hat Franz gesagt.
Bei all meinen Bewegungen glaube ich, Zügel hielten mich zurück, so, als spielten meine Muskeln ein Konzert, das ich nicht dirigiere. Mein Mund ist trocken, Schlucken fällt mir schwer. Meine Finger zittern und meine Gedanken wirbeln mir wie Staub durch den Kopf.
Mit dem vollen Glas in der Hand gehe ich zurück zu Mutters Platz im Wohnzimmer. Ich stelle es auf den Tisch, neben Vaters Räucherglück. Dann drehe ich die Heizung auf höchste Stufe; meine Mutter soll nicht frieren.
„Pass auf Mama auf“, hat Vater gesagt. Ich habe es ihm versprochen, ohne die Bedeutung meiner Worte zu kennen. Nach seiner Beisetzung ging meine Mutter durch die Wohnung und räumte seine Medikamente und Kleidungsstücke, seine Bilder, Kreuzworträtselhefte, alles, was an ihn erinnerte, in große Plastiksäcke und schleppte sie in den Keller. Dann schloss sie sich zwei Tage und Nächte im Schlafzimmer ein. Manchmal hörte ich sie wimmern. Mit seinem Tod ging ihr Lachen. Erst Jahre später holte sie die Fotografien wieder rauf.
Ich nehme eines der Bilder und setze mich auf den Boden. Lehne mich an die Schrankwand, wie ich es als Kind oft getan habe, und starre die Aufnahme an. Eine zierliche Frau mit hochtoupierten Haaren und dicker Brille. Sie trug ihr Hochzeitskleid, 1966 war das. Die Männer mit dünnem Schlips. Eine Frau aus einfachen Verhältnissen, ein Mädchen, das Schneiderin lernte und später in der Fabrik für Funktechnik am Band stand. Wenn mein Vater von der Schicht kam, ging er an der Fabrik vorbei. Sie winkten sich zu.
Später, Mitte der Siebziger, zogen sie in die Wohnung, in der ich jetzt sitze; sie brauchten ein Kinderzimmer. Ich erinnere mich an die unzähligen Abende, an denen wir hier in der Stube saßen und Radio hörten. Mein Vater nahm meiner Mutter manchmal die Brille ab und sagte: „Schau, wie wunderschön das Gesicht deiner Mutter ist.“ Sie grinste dann und machte eine wegwerfende Handbewegung, setzte ihre Brille wieder auf und gab Vater einen Kuss.
Jahre danach, wenn ich mit ihr allein auf dem Sofa saß, wünschte ich mir Abende bei Radio und warmem Kakao zurück.

Kurz vor sechs. Draußen herrscht finstere Nacht. Noch immer regnet es. Ich fahre durch die Straßen der Stadt und suche Umwege. Hinter mir wird gehupt, Autos überholen mich, ich sehe keine Fahrer, sehe nur den Schein der Lichter am Straßenrand; wie Gespenster huschen sie durch meinen Wagen.

Der Klinikparkplatz ist leer. Ich lasse ihn links liegen und fahre um das Gebäude herum. Franz hat Nachtdienst, er wird die Schwestern zur Besprechung rufen. Vor dem Notausgang parke ich.
Auf dem Flur keine Menschenseele. Leise drücke ich die Klinke der Zimmertür herunter. Mutter ist wach, sie atmet in flachen, schnellen Stößen. Franz hat heute Mittag das Morphin weggelassen.
Ich greife ihre Hand.
„Mutter, erkennst du mich?“
Sie braucht einen Moment, dann nickt sie.
Wir halten uns bei den Händen, sehen uns an, ich streichele ihr Gesicht.
„Ich kann das nicht“, sage ich.
Sie versucht ein Lächeln. Ich lege ihr meinen Arm um den Nacken und drücke ihren Kopf an meinen. Sie riecht nach altem Schweiß, seit gestern Morgen waschen sie sie nicht mehr.
„Doch“, flüstert sie. „Du kannst.“
Ich richte mich auf, wische mir mit dem Handrücken übers nasse Gesicht.
„Ich habe Durst“, sagt sie kaum hörbar.
Ich reiche ihr ein Glas Wasser. Sie kann es allein nicht halten, ich helfe ihr, umfasse ihre blauen Hände. Sie trinkt wie ein Vogel. Ich stelle das Glas zurück und tupfe mit einem Papier ihren Mund und den Hals trocken. Dann ziehe ich den Schlauch aus der Braunüle und löse die Bremse der Bettrollen. Alles geht mechanisch. Ich denke nicht nach. Ich führe aus, was auszuführen ist.
Noch immer ist der Flur verlassen. Die Gummiräder quietschen auf dem Linoleumboden. Weißes Licht sticht von der Decke, es schmerzt in den Augen. Mutters Atmung ist stabiler geworden. Etwas.
Ich schiebe das Bett neben meinen Wagen und öffne die Beifahrertür.
„Ein neues Auto?“, fragt sie leise.
„Nein“, sage ich und hebe sie an. Sie ist leicht wie ein Kind. Ich setze sie auf den Sitz und lege das Deckbett über ihre Beine.
Wir fahren durch die Nacht. Mutter hat die Augen geschlossen. Sie atmet stoßweise.
Ich kenne den Weg, kenne jede Kreuzung und jedes Haus, und doch ist es so, als führe ich zum ersten Mal durch meine Stadt. Dunkle, mit Gleichgültigkeit gestrichene Betonfassaden. In den Fenstern vereinzelte Lichter, die uns wie Augen anstarren.
Immer wieder schaue ich meine Mutter an, sehe sie in Gedanken an meinem Kinderbett sitzen, sie tupft meine fiebrige Stirn mit einem Frottier. Sehe sie auf meiner Hochzeit tanzen, ausgelassen, getragen von der Leichtigkeit des Augenblicks. Später am Abend zog sie mich beiseite und schloss mich in ihre Arme, hielt mich ganz fest. Sie war glücklich. Niemand dachte an das Morgen, an Vaters Untersuchung ein paar Tage darauf.
Ich nehme ihre Hand, fahre langsamer jetzt. Sie öffnet die Augen.
„Junge, glaubst du, es stimmt, was man sagt?“
„Was meinst du, Mama?“
Sie schluckt, hustet schwach. Ich höre die flache Atmung.
„Dass man sich wiedersieht. Eines Tages.“
Fest drücke ich ihre Hand in meine.
„Ja“, sage ich. „Ja, das glaube ich.“
Sie schließt ihre Augen und legt den Kopf zurück an die Lehne. Im Vorbeiziehen der Straßenlichter glaube ich, ein Lächeln auf Mutters Lippen zu erkennen.
Im Wohnzimmer setze ich sie in ihren Sessel. Klein und verlassen wirkt sie darin, wie eine Porzellanpuppe.
Aus der Hosentasche hole ich die kleine Kapsel hervor, zitternd ziehe ich ihre beiden Enden auseinander. Das weiße Pulver fällt wie Schnee in den Saft.  
Meine Mutter nimmt Vaters Portrait vom Tisch, legt es sich in den Schoß und schaut es an. Sanft lässt sie ihre knochigen Finger über das Glas streichen. Dann lächelt sie mir zu.
Und nickt.


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KeTam
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Beitrag19.06.2012 20:34

von KeTam
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Hallo MT,

dieses Ende ist sehr "schön". In Anführungszeichen, weil der Begriff "schön" nicht recht passt. Es ist traurig, aber auch versöhnlich. Dass die Mutter das Bild ihres Mannes auf dem Schoße hat, ist Symbol für die Hoffnung auf das Leben (auch das nach dem Tod) das weiter geht.
So habe ich es empfunden.

Danke für deinen bewegenden Text.

Lg,KeTam.
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Bananenfischin
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Beitrag19.06.2012 20:54

von Bananenfischin
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Lieber MT,

ich habe die erste Version schon vor Tagen gelesen und fand sie sehr stimmig, war aber noch nicht dazu gekommen, meinen Eindruck zu hinterlassen.
Die nachfolgenden Versionen habe ich eben überflogen und finde das Ende der ersten am stärksten, wenngleich das letzte dem auch nahekommt.

Es geht mir vor allem um diesen Satz:
Zitat:
Und als ich die Kapseln öffne, werden meine Hände ruhig.

Der ist stark, weil er zeigt, dass der Sohn jetzt mit dem, was er gerade tut, im Reinen ist. Zuvor hat er funktioniert, war sich aber noch nicht sicher - jetzt hat er verstanden.

Empfehlen würde ich nur, den letzten Satz, ob nun in dieser oder einer anderen Variante, nicht mit "Und" zu beginnen. Ich weiß um den Effekt, den das auslöst, finde es aber zu viel.

Ein schwieriges Thema, von dir souverän und sensibel umgesetzt.

Liebe Grüße
Bananenfischin


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adelbo
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Beitrag19.06.2012 21:23

von adelbo
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Hallo MT,

in meinen Augen müsstest du die letzte Version nehmen. Sie ist richtig gut.
Ich stimme Bananenfischin zu, du hast dieses wirklich schwierige Thema sehr einfühlsam umgesetzt und eine eindrucksvolle Geschichte geschrieben.
LG
adelbo


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Beitrag20.06.2012 08:48

von MT
Antworten mit Zitat

KeTam hat Folgendes geschrieben:
Hallo MT,

dieses Ende ist sehr "schön". In Anführungszeichen, weil der Begriff "schön" nicht recht passt. Es ist traurig, aber auch versöhnlich. Dass die Mutter das Bild ihres Mannes auf dem Schoße hat, ist Symbol für die Hoffnung auf das Leben (auch das nach dem Tod) das weiter geht.
So habe ich es empfunden.

Danke für deinen bewegenden Text.

Lg,KeTam.

Danke, liebe KeTam. Mir bedeutet der Text auch viel.

LGMT


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Beitrag20.06.2012 08:52

von MT
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Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Lieber MT,

ich habe die erste Version schon vor Tagen gelesen und fand sie sehr stimmig, war aber noch nicht dazu gekommen, meinen Eindruck zu hinterlassen.
Die nachfolgenden Versionen habe ich eben überflogen und finde das Ende der ersten am stärksten, wenngleich das letzte dem auch nahekommt.

Es geht mir vor allem um diesen Satz:
Zitat:
Und als ich die Kapseln öffne, werden meine Hände ruhig.

Der ist stark, weil er zeigt, dass der Sohn jetzt mit dem, was er gerade tut, im Reinen ist. Zuvor hat er funktioniert, war sich aber noch nicht sicher - jetzt hat er verstanden.

Empfehlen würde ich nur, den letzten Satz, ob nun in dieser oder einer anderen Variante, nicht mit "Und" zu beginnen. Ich weiß um den Effekt, den das auslöst, finde es aber zu viel.

Ein schwieriges Thema, von dir souverän und sensibel umgesetzt.

Liebe Grüße
Bananenfischin

Hi, Bananin,

wenn Du wüsstest, wie sehr ich mit mir wegen des "Und" als Beginn des letzten Satzes gehadert habe... Ich werde das Stück ein wenig abhängen lassen und in zwei, drei Wochen noch einmal auf Stimmung lesen. Mal sehen, vielleicht kommt´s dann weg.

Themen dieser Art sind immer eine Gratwanderung. Das Risiko zum Kitsch ist groß. Umso mehr freue ich mich, wenn Du meine Umsetzung als souverän und sensibel empfindest.

Vielen Dank an Dich.

LGMT


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Beitrag20.06.2012 08:53

von MT
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adelbo hat Folgendes geschrieben:
Hallo MT,

in meinen Augen müsstest du die letzte Version nehmen. Sie ist richtig gut.
Ich stimme Bananenfischin zu, du hast dieses wirklich schwierige Thema sehr einfühlsam umgesetzt und eine eindrucksvolle Geschichte geschrieben.
LG
adelbo

Liebe adelbo,

auch an Dich ein dickes Dankeschön! Es freut mich, wenn der Text auch bei Dir als ein einfühlsamer angekommen ist. Darauf kommt es an.

LGMT


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Siegfried Lenz
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Klaus
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Beitrag20.06.2012 13:41

von Klaus
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Hallo MT,
ein auch mich berührender Text, dessen Thematik du behutsam und gefühlvoll umgesetzt hast. Am Ende tauchen unwillkürlich die Fragen auf: Wie wird das bei meinen Eltern sein, wie wird das bei mir sein? Oder wie war das damals, bei meiner Mutter, meinem Vater?
Ich glaube, wir Menschen beschäftigen uns viel zu wenig mit diesem Thema. Das Sterben und der Tod sind Teile unseres Lebens und gehören genauso dazu, wie Freude, Spaß, Ärger und Wut. Vielleicht liegt es daran, das wir bis zu einem gewissen Grad zwar den Zeitpunkt und die Art des Sterbens beeinflussen, den Tod zwar aufhalten, aber am Ende nicht verhindern können.
Nun, je älter wir werden, umso mehr beschäftigen wir uns damit. Mir geht es jedenfalls so. Wie heißt es so schön: Die Einschläge kommen immer dichter.
Was mich im Nachhinein an deinem Text etwas irritierte:
wo waren die anderen, Frau und Enkelkinder, als es ans Abschiednehmen ging? Nur eine Sache zwischen Mutter und Sohn? Geschah das vielleicht schon vorher? Fragen über Fragen, und ich komme nicht umhin, sie mir zu stellen und nach Antworten zu suchen.
Ich mag diese gefühlvollen und zugleich fordernden Texte. Das hast du gut drauf.
Gruß
von
Klaus
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Beitrag20.06.2012 13:57

von MT
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Klaus hat Folgendes geschrieben:
Hallo MT,
ein auch mich berührender Text, dessen Thematik du behutsam und gefühlvoll umgesetzt hast. Am Ende tauchen unwillkürlich die Fragen auf: Wie wird das bei meinen Eltern sein, wie wird das bei mir sein? Oder wie war das damals, bei meiner Mutter, meinem Vater?
Ich glaube, wir Menschen beschäftigen uns viel zu wenig mit diesem Thema. Das Sterben und der Tod sind Teile unseres Lebens und gehören genauso dazu, wie Freude, Spaß, Ärger und Wut. Vielleicht liegt es daran, das wir bis zu einem gewissen Grad zwar den Zeitpunkt und die Art des Sterbens beeinflussen, den Tod zwar aufhalten, aber am Ende nicht verhindern können.
Nun, je älter wir werden, umso mehr beschäftigen wir uns damit. Mir geht es jedenfalls so. Wie heißt es so schön: Die Einschläge kommen immer dichter.
Was mich im Nachhinein an deinem Text etwas irritierte:
wo waren die anderen, Frau und Enkelkinder, als es ans Abschiednehmen ging? Nur eine Sache zwischen Mutter und Sohn? Geschah das vielleicht schon vorher? Fragen über Fragen, und ich komme nicht umhin, sie mir zu stellen und nach Antworten zu suchen.
Ich mag diese gefühlvollen und zugleich fordernden Texte. Das hast du gut drauf.
Gruß
von
Klaus

Hallo Klaus,

vielen Dank für Dein Lob!

Ja, wir setzen uns viel zu wenig mit dem Sterben und seinen Begleiterscheinungen auseinander. Es ist im Alltag, wenn es uns gut geht, so schön einfach, diese Gedanken/Sorgen/Ängste beiseite zu schieben. Irgendwann aber ist es so weit. Und dann steht man da...

Wo die anderen waren? Ich weiß es nicht. M.E. kommt es für diesen Text auch nicht auf die Beantwortung der Frage an. Vielleicht (wahrscheinlich) haben sie sich bereits vorher von Schwiegermutter und Oma verabschiedet. Vielleicht wollte der Sohn (als Vater und Ehemann) auch nicht, dass seine Familie bei der Sterbehilfe, die er leistet, anwesend ist. Ich kann es nicht sagen.
Hier jetzt, in den letzten Minuten, ist das nur noch eine Sache zwischen Mutter und Sohn. Das wollte ich zeigen, diese Enge des Verhältnisses zwischen zwei sich unmittelbar nahestehenden Menschen. Wie handelt der Sohn und was fühlt er...

Liebe Grüße

Markus


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Beitrag03.07.2012 10:14

von MT
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Mit etwas Abstand habe ich das Ende modifiziert.


(...)

Meine Mutter nimmt Vaters Portrait vom Tisch, legt es sich in den Schoß und schaut es an. Sanft lässt sie ihre knochigen Finger darüber streichen. Dann lächelt sie mir zu.
Als ich ihr das Glas reiche, ist meine Hand ganz ruhig.


Danke nochmals an Euch alle, die Ihr mir hier geholfen habt!

LGMT


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Beitrag03.07.2012 11:53

von Bananenfischin
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Du hast es noch weiter reduziert, trotzdem oder gerade deshalb kann es wirken. Gefällt mir gut so, ich würde sogar das "ganz" noch weglassen - Geschmacksache.
Daumen hoch


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adelbo
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Beitrag03.07.2012 18:11

von adelbo
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Ich meine auch, das Ende ist sehr gut und stimme Bananenfischin zu. Ohne "ganz" ist es für mich perfekt.

_________________
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Bertrand Russell
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Beitrag09.07.2012 08:56

von MT
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Bananenfischin hat Folgendes geschrieben:
Du hast es noch weiter reduziert, trotzdem oder gerade deshalb kann es wirken. Gefällt mir gut so, ich würde sogar das "ganz" noch weglassen - Geschmacksache.
Daumen hoch


adelbo hat Folgendes geschrieben:
Ich meine auch, das Ende ist sehr gut und stimme Bananenfischin zu. Ohne "ganz" ist es für mich perfekt.


Liebe Bananenfischin,
liebe adelbo,

habt Dank für Eure Kommentare. Das "ganz" ist schon gestrichen, Ihr habt Recht.

LGMT


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Beitrag13.09.2012 07:14

von MT
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Moin zusammen!

Habe das Stück mal vertont. Wer mag...

LGMT

P.S. Besten Dank an Boro!!


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