18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Die Arme meines Vaters


 
 
Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6  Weiter
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 14:32

von MT
Antworten mit Zitat

Hi hobbes,

Zitat:
Ich mag Deine Vergleiche, habe ich das schon mal irgendwo erwähnt? Das Kettenkarussell - prima.
Und ich mag auch diese passende Mischung aus Dialog, Monolog, Beschreibung, Aktion, Innehalten, ...

Das freut mich wirklich sehr. Dann dürfte das richtige "Mischverhältnis" vorliegen. Fein.

Zitat:
Ich stoße mich ein bisschen an "kommt". Das ist irgendwie so nüchtern, gerade weil der Prota noch halb in der Rückblende drinsteckt.
Aber das ist jetzt echt Erbsenzählerei.

Erbesenzählerei ist gut und wichtig. Ich danke Dir dafür von Herzen!
Ich wollte es nicht zu theatralisch machen (Kälte schlägt ihm entgegen, umfängt ihn etc.), so dass mir das schlichte "kommt" eigentlich ganz gut gefällt. Ich dachte an eigene Erlebnisse: Sommer, 36 Grad, stechende Sonne, und du gehst in eine dunkle Halle. Ich finde, da kommt einem die Kälte entgegen. Nicht?

Zitat:
Weitere Erbsenzählerei: Fehlt hier nicht noch ein "hinunter" oder sowas?

Das kommt aus dem Norddeutschen (Matthias kommt aus Norddeutschland): Hier kippt man den Schnaps. Übertragen kippt man auch den Café - ohne Zusätze. So war´s jedenfalls gemeint. Embarassed


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4298

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag06.06.2012 14:56

von hobbes
Antworten mit Zitat

MT hat Folgendes geschrieben:
Ich wollte es nicht zu theatralisch machen (Kälte schlägt ihm entgegen, umfängt ihn etc.), so dass mir das schlichte "kommt" eigentlich ganz gut gefällt. Ich dachte an eigene Erlebnisse: Sommer, 36 Grad, stechende Sonne, und du gehst in eine dunkle Halle. Ich finde, da kommt einem die Kälte entgegen. Nicht?

Wie gesagt, Erbsenzählerei. Vom Ausdruck passt das schon, nur für diesen Moment hätte ich es mir, ich weiß nicht, ein bisschen weich-mystischer oder so gewünscht. Ein passendes Wort fällt mir allerdings auch nicht dazu ein. Sowas in Richtung wabern, aber das passt auch nicht. Dringen? Drängen? Passt alles nicht. Na dann.

Zitat:
Das kommt aus dem Norddeutschen (Matthias kommt aus Norddeutschland): Hier kippt man den Schnaps. Übertragen kippt man auch den Café - ohne Zusätze. So war´s jedenfalls gemeint. Embarassed
Ah. (Wer es noch nicht gemerkt hat: Ja, ich komme aus Süddeutschland smile )
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag06.06.2012 14:58

von adelbo
Antworten mit Zitat

Moin Markus, das ist eine wirklich gute Geschichte. Genau richtig temperiert geschrieben. Nicht zu viele Gefühle, trotzdem fühlt man den Protagonisten genau. (Ich hoffe du verstehst, wie ich es meine)
Von der Spannung her gut aufgebaut, man möchte immer weiter lesen. Auch die Nebenfiguren finde ich interessant gezeichnet. Wie z.B. den Notar, wobei ich mich ein klein wenig an dem Klischee gestört habe. Aber das ist eher persönlich. Nur ein paar Kleinigkeiten aus den letzten beiden Abschnitten:

Zitat:
Heute früh lag sie nicht mehr in ihrem Bett.“
„Die Frau ist über neunzig. So weit wird sie schon nicht gekommen sein.“
Hier ist mir der Gedankensprung zu groß. Von nicht mehr im Bett liegen, bis soweit wird sie….
Ich hätte im ersten Satz besser gefunden, sie ist nicht mehr da oder wir können sie nicht finden.

Danke“, sage ich und kurz darauf knackt es in der Leitung; meine Gesprächspartnerin hat aufgelegt
Warum Gesprächspartnerin, das sagt man doch nur, wenn die Person dem Leser unbekannt ist oder?
sticht die Sonne bereits aus einem (dem) wolkenlosen Himmel
Der Platz ist eingefasst in einen  Kreis aus Häuserfassaden (hier stimmt für mich vom Lesegefühl etwas nicht. Ein Platz eingefasst in einen Kreis aus Häuserfassaden??), die Fassadenzüge werden aus vier Richtungen durch kleinere Nebenstraßen unterbrochen

Ich kannte ihren Vater ein wenig. Wir sahen uns öfter beim Boule unten im Park. Wir tranken Wein zusammen und glauben sie mir: er trank nicht mehr als andere auch, oftmals trank er gar nichts
er gab es mir auch als Freund


Das Lesen viel mit persönlichem Empfinden zu tun haben muss, sieht man hieran.
Dann ist die Tür geöffnet und aus dem dunklen Hausflur kommt mir Kälte entgegen.Ich empfinde das kommt in diesem Satz gerade passend.  Hobbes meint irgendwie nüchtern, ich würde eher sagen ein hartes kommt für die Kälte.

Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
LG
adelbo


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4298

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag06.06.2012 15:00

von hobbes
Antworten mit Zitat

adelbo hat Folgendes geschrieben:
Wie z.B. den Notar, wobei ich mich ein klein wenig an dem Klischee gestört habe.

Lustig. Ich dachte beim Lesen spontan: "Der einzige Notar, den ich kenne, sieht völlig anders aus ..."
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag06.06.2012 15:05

von Jenni
Antworten mit Zitat

Schön! Am besten haben mir deine Beschreibungen gefallen, auf dem Weg des Prota zum Notar, ab den Schweinehälften ... die ganze Atmosphäre in deinen kleinen Gässchen fand ich so schön. (Ich wollte immer schon gerne mal nach Perpignan, ist grad in der Liste weiter hoch gerutscht.)

Und die Rückblende mit dem Brunnen hat mich schwer beeindruckt. Sehr schön gemacht! (Apropos, sprechen die beiden deutsch oder französisch? Für mich las sich "Der Fontaine de ..." komisch. Ist aber nicht mal ne Erbse, wenn überhaupt, dann eine Linse.)

Was ich seltsam fand: Warum hat der Notar ihm ein Foto von dem Haus geschickt? Würde man nicht eher eine Adresse angeben?

(Was ich mich schon länger frage: Wie kommt ihr alle darauf, dass man das Anredepronomen "Sie" kleinschreibt? Ich finde außerhalb des dsfo nur die Angabe dazu "immer groß". Ich lasse mich sehr gerne eines besseren belehren, wenn mir jemand bitte eine entsprechende Quelle nennt.)
LG Jenni
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
adelbo
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1830
Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag06.06.2012 15:13

von adelbo
Antworten mit Zitat

Zitat:
Lustig. Ich dachte beim Lesen spontan: "Der einzige Notar, den ich kenne, sieht völlig anders aus ..."


Ich habe noch mal nachgedacht, ich würde das Klischee rausnehmen. Ich kenne einige Notare, von denen sind die meisten eher hager.


_________________
„Das ist der ganze Jammer: Die Dummen sind so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel.“

Bertrand Russell
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gast







Beitrag06.06.2012 15:15

von Gast
Antworten mit Zitat

Markus, guten Tag!

Du forderst ausdrücklich dazu auf, weiter oben, also hier ein paar Anmerkungen ...

Du schreibst die Höflichkeitsanrede "Sie" klein, durchgehend, das solltest du korrigieren.
Nur ein Beispiel:
MT hat Folgendes geschrieben:
(...) Sie können stolz sein auf ihren Vater, vergessen sie das nie.“


Hier
 
MT hat Folgendes geschrieben:
(...)Es war nicht leicht, sie ausfindisch zu machen. Une Kaffee?“

Entweder "Un Kaffee?", und warum dann nicht gleich "Un café?" (versteht jeder) oder "Une tasse de café?" (versteht auch jeder?). Es ist halt "le café" oder "la tasse" wink

Mit dem Platz ist das auch so eine Sache. Mir fiel es nur auf, weil er mehrmals vorkommt, aber ich denke, dass damit nur ich ein Problem habe, es ist eben "une place" und wenn du den frz. Namen lässt, dann sieht die "Vermännlichung" seltsam aus, man müsste mal schauen, wie andere das gelöst haben.

Du kommst schnell voran, und hast ganz offensichtlich auf jede erdenkliche Vorhersehbarkeit schon reagiert smile ... die Kindheitserinnerung ist gut eingebaut, Kompliment.

Dass der Notar so mit sich reden lässt ... er denkt wohl an seine eigene Tochter, sonst hätte er sich derlei Unverschämtheit nicht so gefallen lassen, oder?
Dadurch, dass du anfänglich den frz. Akzent einbaust, wissen wir, dass M. le Notaire hier deutsch spricht, seine Wortwahl ist überaus sicher und auch bei einem Franzosen, der sehr gut deutsch spricht, würde mich ein solcher Satz aufhorchen lassen:
MT hat Folgendes geschrieben:
Ich hielt sie am Arm fest und als sie sich loszureißen versuchte, schlug ich erneut zu. Ich prügelte sie windelweich, bis sie am Boden lag und wimmerte.
Mein Vorschlag: kürzere Sätze, Worte wie "windelweich" vermeiden. Ist nur meine Meinung, gell? smile

Falls mir noch etwas auffällt, komm ich wieder,
einen Gruss von
Anja
Nach oben
hobbes
Geschlecht:weiblichTretbootliteratin & Verkaufsgenie

Moderatorin

Beiträge: 4298

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
Podcast-Sonderpreis


Beitrag06.06.2012 15:46

von hobbes
Antworten mit Zitat

adelbo hat Folgendes geschrieben:
Ich kenne einige Notare, von denen sind die meisten eher hager.

Genau! Meiner auch smile
Aber mir gefällt der Klischeesatz (inkl. Klischee), vor allem der letzte Teil:
Zitat:
... mit einem Grinsen auf den Lippen, von dem man nie genau weiß, wo es seinen Ursprung hat.

  Daumen hoch
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 16:06

von MT
Antworten mit Zitat

@ hobbes & adelbo

Ich kenne  im besten Wortsinne eigentlich nur "satte" Notare, arrivierte, wie ich neulich mit anhören musste (begleitet vom Lachen der Herren drumherum Rolling Eyes ). Der eine hat dies, der andere jenes Klischee vor Augen. Da kann man´s nicht allen recht machen... Ich denke nochmal drüber nach.

Danke Euch!!

@ Jenni
Zitat:
Und die Rückblende mit dem Brunnen hat mich schwer beeindruckt. Sehr schön gemacht!

Dankesehr! Das freut und motiviert.

Sie sprechen schon deutsch, der Notar mit Akzent. Dazu sogleich (auch in beantwortung zu Lorraine).

Tja, und dann das Bild. Klar, das ist ungewöhnlich. Ich dachte mir aber: Der Notar hat eine ehrenvolle Aufgabe für den Vater übernommen, in Folge hat er Schwierigkeiten, den Sohn in Deutschland ausfindig zu machen. Er will auf Nummer sicher gehen, dass der Sohn, wenn er denn die Post bekommt, den Notar auch auf jeden Fall findet. So jedenfalls die Intention...

Und dann die Kleinschreibung... Das Thema ist alt. "Du", "Dich", "Ihr", "Sie". Oder doch alles klein??? Ich weiß von Verlagsvertretern, dass Kleinschreibung gewünscht wird... Ich weiß es auch nicht. Mit Großschreibung fühle ich mich wohler... Ich stell´s wohl um!

Danke Dir!

LGMT


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag06.06.2012 16:10

von Jenni
Antworten mit Zitat

Der einzige Notar, den ich kenne, ist noch Assessor. Man sieht aber schon, dass er später mal deinem Klischee (den Satz hatte ich ganz überlesen) entsprechen wird. Diesen entrückten Blick kann er auch schon ganz gut.  Laughing
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 16:18

von MT
Antworten mit Zitat

Lorraine hat Folgendes geschrieben:
Markus, guten Tag!

Du forderst ausdrücklich dazu auf, weiter oben, also hier ein paar Anmerkungen ...

Du schreibst die Höflichkeitsanrede "Sie" klein, durchgehend, das solltest du korrigieren.
Nur ein Beispiel:
MT hat Folgendes geschrieben:
(...) Sie können stolz sein auf ihren Vater, vergessen sie das nie.“


Hier
 
MT hat Folgendes geschrieben:
(...)Es war nicht leicht, sie ausfindisch zu machen. Une Kaffee?“

Entweder "Un Kaffee?", und warum dann nicht gleich "Un café?" (versteht jeder) oder "Une tasse de café?" (versteht auch jeder?). Es ist halt "le café" oder "la tasse" wink

Mit dem Platz ist das auch so eine Sache. Mir fiel es nur auf, weil er mehrmals vorkommt, aber ich denke, dass damit nur ich ein Problem habe, es ist eben "une place" und wenn du den frz. Namen lässt, dann sieht die "Vermännlichung" seltsam aus, man müsste mal schauen, wie andere das gelöst haben.

Du kommst schnell voran, und hast ganz offensichtlich auf jede erdenkliche Vorhersehbarkeit schon reagiert smile ... die Kindheitserinnerung ist gut eingebaut, Kompliment.

Dass der Notar so mit sich reden lässt ... er denkt wohl an seine eigene Tochter, sonst hätte er sich derlei Unverschämtheit nicht so gefallen lassen, oder?
Dadurch, dass du anfänglich den frz. Akzent einbaust, wissen wir, dass M. le Notaire hier deutsch spricht, seine Wortwahl ist überaus sicher und auch bei einem Franzosen, der sehr gut deutsch spricht, würde mich ein solcher Satz aufhorchen lassen:
MT hat Folgendes geschrieben:
Ich hielt sie am Arm fest und als sie sich loszureißen versuchte, schlug ich erneut zu. Ich prügelte sie windelweich, bis sie am Boden lag und wimmerte.
Mein Vorschlag: kürzere Sätze, Worte wie "windelweich" vermeiden. Ist nur meine Meinung, gell? smile

Falls mir noch etwas auffällt, komm ich wieder,
einen Gruss von
Anja

Hi, Anja,

in Dir habe ich Gott sei Dank jemanden, der mein - nicht vorhandenes - Französisch korrigiert! Laughing Wunderbar, vielen Dank! Ich nehme "Un café". wink

Die Vermischung bei der "Vermännlichung" hingegen halte ich ehrlich gesagt für problemlos. Ich habe jetzt leider kein konkretes Beispiel zur Hand, weiß aber, dass das regelmäßig so gemacht wird.

Der Notar lässt sich m. E. aus zweierlei Gründen den Ton gefallen: Erstens, weil er dem Vater (den er offenbar mochte und schätzte) einen Gefallen tut, eine ehrbare Verpflichtung übernommen hat. Und zweitens - Du hast es selbst ausgesprochen - weil er an seine Tochter denkt. Durch sie und die Geschichte mit ihr ist er milder geworden. So meine Intention.

Die Franzosen in Filmen (also, dann, wenn sie sich als Franzosen mit Deutschen auf deutsch unterhalten) sprechen zumeist lediglich mit Akzent, ansonsten (sehr) gutes Deutsch. Sicher, das entspricht nicht unbedingt der Realität, dürfte aber dem Umstand geschuldet sein, dass man sie irgendwie - leserverständlich - miteinander sprechen lassen muss.

Auch hier kenne ich Beispiele, in denen es so gemacht wurde, dass die ersten gesprochenen Sätze mit Akzent eingeleitet werden, während später dieser Akzent nur noch (sehr) sparsam eingeflochten wird (wie Dialekte auch).

Dennoch: Deine Idee, die Sätze zu kürzen und auf eher "besondere" Wörter ("wimmernd") zu verzichten, halte ich für eine sehr gute. ich schaue mal.

Und ja: Komm bitte jederzeit gern wieder vorbei und schreib mir Deine Überlegungen ins Gesangbuch!

Danke Dir!

LGMT


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 16:19

von MT
Antworten mit Zitat

Jenni hat Folgendes geschrieben:
Der einzige Notar, den ich kenne, ist noch Assessor. Man sieht aber schon, dass er später mal deinem Klischee (den Satz hatte ich ganz überlesen) entsprechen wird. Diesen entrückten Blick kann er auch schon ganz gut.  Laughing

 lol Siehste. Sag ich doch!


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 16:35

von MT
Antworten mit Zitat

adelbo hat Folgendes geschrieben:
Moin Markus, das ist eine wirklich gute Geschichte. Genau richtig temperiert geschrieben. Nicht zu viele Gefühle, trotzdem fühlt man den Protagonisten genau. (Ich hoffe du verstehst, wie ich es meine)
Von der Spannung her gut aufgebaut, man möchte immer weiter lesen. Auch die Nebenfiguren finde ich interessant gezeichnet. Wie z.B. den Notar, wobei ich mich ein klein wenig an dem Klischee gestört habe. Aber das ist eher persönlich. Nur ein paar Kleinigkeiten aus den letzten beiden Abschnitten:

Zitat:
Heute früh lag sie nicht mehr in ihrem Bett.“
„Die Frau ist über neunzig. So weit wird sie schon nicht gekommen sein.“
Hier ist mir der Gedankensprung zu groß. Von nicht mehr im Bett liegen, bis soweit wird sie….
Ich hätte im ersten Satz besser gefunden, sie ist nicht mehr da oder wir können sie nicht finden.

Danke“, sage ich und kurz darauf knackt es in der Leitung; meine Gesprächspartnerin hat aufgelegt
Warum Gesprächspartnerin, das sagt man doch nur, wenn die Person dem Leser unbekannt ist oder?
sticht die Sonne bereits aus einem (dem) wolkenlosen Himmel
Der Platz ist eingefasst in einen  Kreis aus Häuserfassaden (hier stimmt für mich vom Lesegefühl etwas nicht. Ein Platz eingefasst in einen Kreis aus Häuserfassaden??), die Fassadenzüge werden aus vier Richtungen durch kleinere Nebenstraßen unterbrochen

Ich kannte ihren Vater ein wenig. Wir sahen uns öfter beim Boule unten im Park. Wir tranken Wein zusammen und glauben sie mir: er trank nicht mehr als andere auch, oftmals trank er gar nichts
er gab es mir auch als Freund


Das Lesen viel mit persönlichem Empfinden zu tun haben muss, sieht man hieran.
Dann ist die Tür geöffnet und aus dem dunklen Hausflur kommt mir Kälte entgegen.Ich empfinde das kommt in diesem Satz gerade passend.  Hobbes meint irgendwie nüchtern, ich würde eher sagen ein hartes kommt für die Kälte.

Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
LG
adelbo

Hi adelbo,

vielen Dank für Dein Lob! Das tut gut und gibt Auftrieb.

Der Gedankensprung... Hm, ich weiß nicht. Ich wollte darauf hinaus: Matthias ist (mit der Zeit) sehr distanziert gegenüber seiner Großmutter geworden. Aus der Nachricht, sie lag heute früh nicht mehr in ihrem Bett, kann man m. E. schließen, dass sie (gänzlich) fort ist, dass man sie nicht mehr auffindet. So reagiert er mit: So weit wird sie mit ihren alten Knochen schon nicht gekommen sein. Finde ich eigentlich nicht zu weit...

"Gesprächspartnerin" - Ein Wort, mit dem ich die Distanziertheit der beiden zueinander herausstellen wollte. Natürlich weiß er, wer sie ist, kennt sie ggf. sogar beim Namen. Dennoch wählt er den Abstand, indem er sie "austauschbar" umschreibt.

Sprachrhythmisch finde ich "aus einem wolkenlosen Himmel" besser als "aus dem wolkenlosen Himmel". Meinste nicht?

Über die Häuserfassaden werde ich noch einmal brüten. Irgendetwas (was es genau ist, kann ich noch nicht sagen) stört mich da auch, hast recht.

Danke Dir sehr für Deine Detailarbeit. Schön, wenn Du dranbleibst!

LGMT

EDIT:
Zitat:

Nicht zu viele Gefühle, trotzdem fühlt man den Protagonisten genau. (Ich hoffe du verstehst, wie ich es meine)

Ja, ich denke ich verstehe... Schön, wenn Du es so siehst!


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Nicki
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 68
Beiträge: 3611
Wohnort: Mönchengladbach
Ei 10


Beitrag06.06.2012 16:51

von Nicki
Antworten mit Zitat

Zitat:
Der Platz ist eingefasst in einen Kreis aus Häuserfassaden, die Fassadenzüge werden aus vier Richtungen durch kleinere Nebenstraßen unterbrochen, die jedoch ihrerseits nicht miteinander verbunden sind;

Ich habe mir diesen Platz wie ein altes Wagenrad vorgestellt, vielleicht kann man auch mit einem Vergleich arbeiten. In meinem Kopf hat er jedenfalls schon eine Form angenommen.


_________________
MfG
Nicki

"Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist." Henry Ford
"Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt." A.Einstein


*Sommerblues* September 2017 Eisermann Verlag
*Trommelfeuer* November 2017 Eisermann Verlag
*Silvesterliebe* 30. November 2018 Eisermann Verlag
*Gestohlene Jahre* Work in Progress
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag06.06.2012 16:59

von Jenni
Antworten mit Zitat

MT hat Folgendes geschrieben:
Und dann die Kleinschreibung... Das Thema ist alt. "Du", "Dich", "Ihr", "Sie". Oder doch alles klein??? Ich weiß von Verlagsvertretern, dass Kleinschreibung gewünscht wird... Ich weiß es auch nicht. Mit Großschreibung fühle ich mich wohler... Ich stell´s wohl um!


Nach den Quellen, die ich im Internet gefunden habe (also nicht weiß, ob man sich zu 100% drauf verlassen kann): "du/ihr" inkl. Deklinationen klein, in Briefen optional groß. Aber eben "Sie" inkl. Deklinationen IMMER groß.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Gast







Beitrag06.06.2012 17:02

von Gast
Antworten mit Zitat

Nochmals hierzu:

MT hat Folgendes geschrieben:
Und dann die Kleinschreibung... Das Thema ist alt. "Du", "Dich", "Ihr", "Sie". Oder doch alles klein??? Ich weiß von Verlagsvertretern, dass Kleinschreibung gewünscht wird... Ich weiß es auch nicht. Mit Großschreibung fühle ich mich wohler... Ich stell´s wohl um!


Das "Du" oder "du" als Anrede in Briefen hat mit der Höflichkeitsform in der direkten Rede nur bedingt zu tun, hier hat sich nichts geändert.

http://www.duden.de/rechtschreibregeln/gross-und-kleinschreibung#K83

siehe Regel #84 (zum Vergleich # 83, darüber)

Beste Grüsse,
Anja


*edit* sorry, Jenni, zeitgleich smile
Nach oben
Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag06.06.2012 17:35

von Jenni
Antworten mit Zitat

Gar nicht sorry: Danke Dir! Im Duden habe ich diese Regel nämlich nicht finden können, und darauf kann man sich zumindest mal verlassen. smile
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 18:35

von MT
Antworten mit Zitat

Nicki hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Der Platz ist eingefasst in einen Kreis aus Häuserfassaden, die Fassadenzüge werden aus vier Richtungen durch kleinere Nebenstraßen unterbrochen, die jedoch ihrerseits nicht miteinander verbunden sind;

Ich habe mir diesen Platz wie ein altes Wagenrad vorgestellt, vielleicht kann man auch mit einem Vergleich arbeiten. In meinem Kopf hat er jedenfalls schon eine Form angenommen.

Hi Nicki,

das Bild mit dem Wagenrad ist klasse! Und gekauft! Danke Dir!

LGMT


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag06.06.2012 18:37

von MT
Antworten mit Zitat

@ Lorraine & Jenni,

Ihr seid klasse! Meine "Sies" etc. werden groß!

Merci.

LGMT


_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
Beiträge: 1090
Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag07.06.2012 15:31

von MT
Antworten mit Zitat

Für alle, die noch mögen...

4.

Der kleine, weiße Suzuki-Jeep ohne Dach war der einzige Wagen, der mich beim Autoverleiher angelacht hat. An ihm ist fast alles kaputt, was man sich vorstellen kann. Die Fahrertür klemmt, die Windschutzscheibe hat einen Riss, die Sitze sehen aus, als hätte ein Hund seine Wut daran ausgelassen. Ich habe den Wagen dennoch genommen. Er ist billig.
Die Route National No. 914 Richtung Süden führt durch die Berge, durch die Ostausläufer der Pyrenäen. Serpentinen, enge Kurven, manchmal fallen die Klippen neben mir hundert Meter in die Tiefe. Der Blick ist frei aufs Mittelmeer. Unten an den Stränden kleine Buchten, Badetücher und Menschen, die in der Sonne schmoren. Manchmal kommt mir ein Auto entgegen. Der Fahrtwind bringt etwas Abkühlung unter einem wolkenlosen Himmel.
Wohin ich fahre, weiß ich nicht. Vielleicht weg von der Holzkiste, die neben mir auf dem Sitz liegt. Ich habe es noch nicht übers Herz gebracht sie zu öffnen. Dazu muss ich allein sein, niemand soll mich dabei sehen. Ich will mich ungestört dem nähern, was mein Vater für mich vorgesehen hat.
Ich habe Angst.
Am ehemaligen Grenzübergang zwischen Frankreich und Spanien, mitten in den Bergen, trete ich auf die Bremse, fahre links ran und steige aus. Ein Wachhäuschen aus Sandstein ist eingefallen und mit Graffiti verschmiert. Es steht da wie eine welke Blume, die den Kopf hängen lässt.
Dahinter verwaiste Gebäude, die noch immer gespenstische Autorität atmen. Ich kenne diesen Ort. Ich sehe Männer in Uniformen, sie haben den Wagen, auf dessen Rückbank ich sitze, angehalten. Einer von ihnen trägt ein Maschinengewehr vor der Brust. Mein Vater steigt aus. Da ist noch jemand im Auto. Ja, eine Frau. Auf dem Beifahrersitz. Ihre Haare sind ungewöhnlich kurz geschnitten, fast zu einer Glatze. Mein Vater überreicht einem der Männer irgendwelche Papiere. Der sieht die Unterlagen genau durch, scheint alles genau zu lesen und sieht zwischendrin meinem Vater immer wieder grimmig ins Gesicht. Die Frau auf dem Beifahrersitz atmet angestrengt, es klingt, als habe sie Schmerzen. Der Mann gibt meinem Vater die Papiere zurück und geht um den Wagen herum. Die Frau kurbelt die Fensterscheibe herunter und begrüßt ihn freundlich, von angestrengtem Atem keine Spur mehr. Sie unterhalten sich in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Irgendwann nickt der Mann meinem Vater zu. Der setzt sich wieder ans Steuer und fährt ab, kurz darauf bricht die Frau in Tränen aus.
Ich stehe vor einer der verfallenen Baracken, die Fenster eingeschlagen, die Türen zerbrochen. Vorsichtig setze ich einen Schritt hinein, es stinkt nach Urin.
Warum kann ich mich an diesen Ort erinnern? An den Wagen, an die Frau mit den viel zu kurzen Haaren?
Ich steige zurück in mein Auto, starte den Motor und trete aufs Gas. Im Radio spielen sie ein Stück von U2, den Lautstärkeregler drehe ich bis zum Anschlag.
Der erste Ort nach der Grenze ist auf der spanischen Seite Portbou, ein kleines, verschlafenes Fischernest mit Sportboothafen und ein paar Cafés direkt am Strand. Ich sitze unter einem Sonnenschirm und grabe mit den Füßen im heißen Sand, ein großes Glas Wasser und einen Espresso vor mir auf dem Tisch. So sehr ich mich bemühe, innerlich zur Ruhe zu kommen, so sehr kann ich den Blick nicht von der Holzkiste lassen, die ich auf den Stuhl neben mir gelegt habe.
Mein Vater hat mich im Stich gelassen, als ich ein kleiner Bengel war. Ich war ihm ein Klotz am Bein, Großmutter hat mir oft davon erzählt. Noch am selben Tag, als meine Mutter gestorben war, hat er Großmutter angerufen und gesagt, sie solle mich nach Deutschland holen, er könne mit mir nichts anfangen. Sie weigerte sich, sagte, ein Kind gehöre zu den Eltern, doch er ließ nicht locker. Ganze vier Jahre hat er mich durchgeschleppt, hat gesoffen dabei und von der Hand in den Mund gelebt. Als Großmutter an meinem vierten Geburtstag nach Frankreich gereist kam und sah, wie es um mich stand, konnte sie nicht mehr anders und nahm mich mit.
Ich kann mich an all diese Ereignisse nicht mehr erinnern, diese ersten Jahre meines Lebens sind wie ausradiert, ein Loch wie auf einer ausgebrannten Landkarte. Warum hat mein Vater so gehandelt damals? Was war er für ein Mensch, der sein Kind absteift wie ein altes Unterhemd, der es wegwirft wie ein Stück Müll?
Und jetzt soll er noch jahrelang gelebt haben. Soll Boule gespielt und nicht getrunken haben. Warum hat er nicht ein einziges Mal Kontakt zu mir gesucht? Nur ein einziges Mal. Ich wäre ihm doch nicht zur Last gefallen, ich habe doch längst mein eigenes Leben. Ich hätte ihn nur einmal gern wiedersehen wollen. Einmal den Mann anfassen, der auf meinen Fotografien so sehr erblasst ist mit der Zeit.
Als die Kellnerin an meinen Tisch kommt, ein junges Mädchen mit braungebrannten Armen und langen, schwarzen Haaren, in die der Seewind greift, bestelle ich einen doppelten Veterano, den sie kurz darauf mit einem Lächeln serviert. Ich schwenke das Glas und betrachte die schlierige Flüssigkeit vor blauem Himmel. Dann schließe ich die Augen und trinke. Sofort verteilt sich die Wärme des Alkohols im Magen.
Eine schäbige, alte Holzkiste. Das passt zu meinem Alten! Vermacht mir irgendwelchen Scheiß und nimmt dazu eine lausige Weinkiste. Vielleicht war´s besser, dass wir uns nie wirklich kennen gelernt haben! So ist aus mir wenigstens halbwegs etwas geworden. Weißt du was, mein lieber Herr Vater? Ich schmeiße das Teil weg! Ich will nicht wissen, was drin ist! Ich will gar nichts von dir wissen! Ich habe meine Welt und du hattest deine! Warum belassen wir es nicht dabei? Du hast schon einmal mein Leben auf links gedreht, warum sollte ich jetzt, da ich es bewusst wahrnehmen kann, noch einmal geschehen lassen? Warum? Sag´s mir! Warum, zum Teufen? Konntest du mich nicht in Ruhe lassen, wie du es mehr als zwanzig Jahre getan hast? Was ist jetzt so anders, dass du deinen Sohn wieder entdeckst? Aufgekeimte Vatergefühle? Ein schlechtes Gewissen? Mir ist es egal, verstehst du? Scheißegal! Ich will nichts von dir und du sollst nichts von mir wollen. Hau ab! Hau ab! Hau ab!
In diesem Augenblick reiße ich die Holzkiste an mich. Sie ist mit Siegellack verschlossen. Ich bekomme den Deckel nicht auf. Aus meiner Hosentasche fummele ich den Autoschlüssel und stochere mit ihm an der Versiegelung herum. Bis es einen Knacks gibt und der Verschluss aufspringt.
Behutsam stelle ich die offene Kiste auf meine Oberschenkel. Meine Atmung beruhigt sich.
Briefe. Ein Bild. Ein Taschenmesser. Ein Schlüssel. Die Briefe, ich zähle sechs Stück, stecken in Kuverts, auf denen mein Name steht. Mit Füllfederhalter geschrieben, eine betonte, eine kräftige und geschwungene Handschrift. Die Umschläge sind von eins bis sechs mit arabischen Ziffern durchnummeriert.
Auf dem Bild stehen mein Vater und ich an einem Esstisch, ich habe diesen Esstisch schon einmal gesehen. Es ist ein großer Holztisch mit unzähligen Einkerbungen und Weinrändern auf der Oberfläche. Darauf befinden sich Pakete, die in Geschenkpapier eingeschlagen sind. Als ich das Foto umdrehe, lese ich auf der Rückseite: Matthias´ vierter Geburtstag, 20.Juni 1986. Auf dem Bild lacht mein Vater, aber ich meine zu erkennen, dass er traurig ist. Das Lachen ist einer Situation geschuldet, es kommt nicht von selbst. Ist das nicht eigenartig, dass man so etwas zu erkennen glaubt? Bei einem Menschen, den man im Grunde überhaupt nicht kennt?
Ich lege das Bild zurück und nehme den Brief mit der Nummer eins in die Hand. Er ist nicht zugeklebt. Bevor ich die Blätter herausnehme, stelle ich die Kiste zurück auf den Stuhl neben mir. Dann schlage ich die erste Seite auf:

„Hallo Matthias,

ich bin es, Dein Vater.

(...)"

« Was vorher geschah1234567Wie es weitergeht »



_________________
Das Schicksal verzichtet oft auf Kommentare, es begnügt sich damit, zuzuschlagen.

Siegfried Lenz
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Rheinsberg
Geschlecht:weiblichécrivaine émigrée

Alter: 64
Beiträge: 2251
NaNoWriMo: 35000
Wohnort: Amman
Bronzenes Messer


Beitrag07.06.2012 17:16

von Rheinsberg
Antworten mit Zitat

Und ob ich noch mag, das Buch ist gekauft.
Sobald mein neuer Lappi ungefaeht tut, was ich will, setze ich mich auch eingehender mit dem Text auseinander. Jetzt gerade wollte ich nur noch weiterlesen. Die Grenzgeschichte laesst mich gruebeln. Ging die Fahrt von F nach E oder von E nach F in der Francozeit?


_________________
"Write what should not be forgotten…" Isabel Allende

"Books are written with blood, tears, laughter and kisses. " - Isabel Allende

"Die größte Gefahr ist die Selbstzensur. Dass ich Texte zu bestimmten Themen gar nicht schreibe, weil ich ahnen kann, welche Reaktionen sie hervorrufen." - Ingrid Brodnig
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen Skype Name
Gast







Beitrag07.06.2012 18:55

von Gast
Antworten mit Zitat

Natürlich habe ich mich auch gefragt, wer oder was ist die Frau, die so kurz geschnittenes Haar hat? Häftling? Ist sie krank? Fragen über Fragen, aber Franco starb 1975, dann Transition, Putschversuch der Guardia Civil 1981 ... Prota ist 1983 geboren, es muss also etwas anderes im Spiel sein ...
Fragen aufwerfen ist gut smile

Ich muss mir die "innere Tirade" gegen den Vater noch mal genauer anschauen, seltsamerweise habe ich (noch vom Anfang) ein Bild von Matthias, das mit seiner Art nicht (mehr) übereinstimmt.

Bis später,
Anja
Nach oben
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 5 von 6 Gehe zu Seite Zurück  1, 2, 3, 4, 5, 6  Weiter

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Prosa -> Werkstatt
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  


Ähnliche Beiträge
Thema Autor Forum Antworten Verfasst am
Keine neuen Beiträge Rezensionen
,,Die Ärztin“- ein Theaterstück m...
von Oneeyedpirate
Oneeyedpirate Rezensionen 0 19.04.2024 22:53 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Feedback
Zieh die Flügel aus!
von Tisssop
Tisssop Feedback 2 15.04.2024 20:39 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Rezensionen
"Die Ärztin"-ein Theaters...
von writersblockandtea
writersblockandtea Rezensionen 0 08.04.2024 13:59 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Genre, Stil, Technik, Sprache ...
Wie kommt die Langeweile in die Prosa...
von Nina
Nina Genre, Stil, Technik, Sprache ... 29 06.04.2024 10:15 Letzten Beitrag anzeigen
Keine neuen Beiträge Roter Teppich & Check-In
Hallo in die Runde
von Tinaschreibt
Tinaschreibt Roter Teppich & Check-In 1 01.04.2024 14:25 Letzten Beitrag anzeigen

BuchEmpfehlungBuchBuchBuchBuchEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungBuch

von jon

von Bawali

von V.K.B.

von Valerie J. Long

von Jana2

von Raven1303

von Uenff

von Lapidar

von V.K.B.

von Flar

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!