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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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17.05.2012 14:14 Thema Depression aus der Ich-Perspektive von BlueNote
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Hallo Autoren!
Folgendes Thema hätte ich gerne einmal diskutiert bzw. es interessieren mich die Meinungen anderer Autoren. Ausgehend von einem Beitrag im Lyrikforum habe ich mir die Frage gestellt, was es dem Autor, dem Leser oder der Welt bringen soll, wenn jemand aus der Ich-Perspektive heraus seine "Depressionen" (oder die anderer) thematisiert. Dem Autor selber hilft es nichts, wenn er sich in diese "schlechten" Gedanken immer weiter verrennt, dem Leser bringt das nichts, denn entweder gruselt er sich nur ganz kurz und wendet sich wieder ab oder er wird (wenn er für Depressionen anfällig ist) nur noch weiter nach unten gezogen. Ist es interessant zu lesen, wie sich eine Depression anfühlt? Im Grunde handelt es sich hier doch um ein Krankheitsbild, das sich hauptsächlich im Kopf abspielt. Und je genauer man diese Bilder im Kopf schildert, umso besser kann man diese nachvollziehen und selber durchleben. ... und, müssen/sollen wir das?
Nun bin ich kein Psychologe, aber möglicherweise ist depressiven Menschen eher geholfen, wenn man sich als Gesprächspartner auf diese negativen Bilder gar nicht erst einlässt, sondern versucht, die entsprechenden Menschen davon abzubringt, diese überhaupt zu denken. Befriedigt es die Sensationslust von Lesern "depressiver" Gedichte, wenn sie all die selbstzerfleischenden Gedanken lesen, dient es ihnen als Abschreckung?
Ihr seht schon, dass ich solche Werke eher als schädlich empfinde. Was denkt ihr darüber?
BN
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2832
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R 17.05.2012 14:28
von Rübenach
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zunächst mal nur zwei Anmerkungen dazu:
erstens
wieso ist dir die ich-perspektive in diesem zusammenhang so wichtig?
wo liegt hier der unterschied zur du- oder einer er/sie-Perspektive?
zweitens
nehmen wir einmal an, munch hätte sein bild "der schrei" als seine beschreibung einer angststörung (seiner oder die eines/r anderen) gemalt. würde dies an dem bild etwas ändern?
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Humpenstemmer Eselsohr
Alter: 53 Beiträge: 363 Wohnort: Bremen
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17.05.2012 14:34
von Humpenstemmer
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Ich habe da auch meine Abneigungen gegen die Ich-Perspektive (hatte hier im Forum mal etwas mit Selbstmord). Da tauchte dann auch die Frage auf, warum die Ich-Perpektive stört. Der Autor meinte natürlich sich bzw. den Protagonisten mit Ich.
Aber bei der Ich-Perspektive neige ich selbst dazu, mich selbst in der Rolle zu sehen (Lies es doch mal laut vor).
_________________ Leben wir nicht alle in Scherbenländern? |
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Rübenach Exposéadler
R
Beiträge: 2832
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R 17.05.2012 14:40
von Rübenach
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Humpenstemmer hat Folgendes geschrieben: | (Lies es doch mal laut vor). |
ein kurzer hinweis, was genau ich laut vorlesen soll, würde mich entscheidend weiter bringen.
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Humpenstemmer Eselsohr
Alter: 53 Beiträge: 363 Wohnort: Bremen
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17.05.2012 14:43
von Humpenstemmer
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Einen (beliebigen) Text in der ersten Person. Das wird dann ein Monolog. Das kann man auch Aufnehmen und sich anhören.
_________________ Leben wir nicht alle in Scherbenländern? |
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hexsaa Reißwolf
Alter: 56 Beiträge: 1826 Wohnort: im Schneckenhaus
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17.05.2012 14:43
von hexsaa
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Eine psychische Krankheit zu thematisieren, vor allem eine so weit verbreitete wie Depressionen, halte ich in der Ich Perspektive für schwierig. Wie soll das aussehen? 250 Seiten lang ich stehe auf oder auch nicht, die Welt um mich herum liegt im Dunklen und nichts hat einen Sinn und das jeden neuen Tag, bis vielleicht die Medikamente anschlagen und ich zumindest meinen Alltag bewältigen kann. Meiner Meinung nach passiert da einfach zu wenig, als dass es auf Dauer fesseln könnte. Eingebunden in eine Geschichte und aus einer anderen Perspektive heraus, kann man Depressionen sicher besser veranschaulichen.
LG
hexsaa
_________________ Ich lebe in meiner eigenen Welt.
Das ist okay, man kennt mich dort. |
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Schreibmaschine Klammeraffe
Beiträge: 529
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17.05.2012 14:48
von Schreibmaschine
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Romane, die sich mit dem Thema Depression beschäftigen, können durchaus sinnvoll sein. Depression ist eine Volkskrankheit. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder diese Erkrankung versteht.
Ein gut recherchierter Roman darüber kann durchaus eine breite Leserschaft ansprechen. Zum Beispiel Angehörige von Betroffenen, die ihre Lieben gerne verstehen würden und in Ratgebern und Sachbüchern zwar Hinweise finden, es sich aber dennoch nicht gut vorstellen können.
Mal ganz davon abgesehen sind es die menschlichen Dramen in jeglicher Form, über die die meisten lesen oder schreiben. Konflikte und Hindernisse im Leben, die überwunden werden, Krisen, die bewältigt werden, etc.
Man stelle sich Moby Dick mit einem fröhlichen Kapitän vor. Wer würde denn sowas lesen wollen? Das ganze Buch wäre sinnlos.
Dass eine Erkrankung (ob nun seelischer oder körperlicher Natur) nicht das alleinige Thema sein darf, ist natürlich klar. Aber eine Geschichte aus Sicht eines Depressiven/ einer Depressiven zu schreiben (ob nun third person oder first person) ist sicherlich nichts Schlechtes. Wer so etwas nicht lesen will, lässt es halt.
Und wer so etwas nicht schreiben will, schreibt was anderes.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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17.05.2012 15:20
von BlueNote
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... weil es gefragt wurde:
Ja, die Ich-Perspektive empfinde ich als besonders unangenehm. Ich lese das als Hilfeschrei, bei dem man dann doch nicht helfen kann.
Übrigens: Bei einem Ich-Protagonisten sehe ich mich nie selbst. Eher bei der Du- oder Wir-Form.
Dass Angehörige von Betroffenen solche Romane lesen sollen, halte ich nicht für sinnvoll. Es geht ja nicht darum, die entsprechenden Gedanken zu verstehen, sondern sie zu überwinden.
BN
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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17.05.2012 15:25
von Nina
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Ein Drama ist es, gerade für jene, die unter Depressionen oder Burnout leiden, dass Depressionen immer noch ein Tabuthema zu sein scheinen. Man spricht nicht drüber, das ganze Ding ist schambesetzt. Nur wenn es sich um einen Robert Enke handelt, wird die Welt aufmerksam und spricht über die Volkskrankheit. Danach aber wieder schweigen. Gerade deshalb ist ein Buch / ein Text, das / der Depressionen thematisiert, besonders wichtig. Damit man sich Gedanken macht. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten darüber zu schreiben, das betrifft ja alle Themen.
Vor einiger Zeit hat hier im Forum eine junge Autorin, die unter Depressionen leidet, die ersten, ich glaube es waren zwei, Kapitel ihres Romans eingestellt. Soweit ich mich erinnere, war das in der Ich-Perspektive geschrieben. Und nicht nur das - es war mitreißend, interessant und sehr gut geschrieben. Solch ein Buich kann sehr wohl helfen, diese Krankheit zu verstehen.
Für Außenstehende ist es ja manchmal wie für Betroffene: es gibt keinen Einblick, man versteht nicht, was bei dieser Krankheit überhaupt geschieht. Gerade dafür ist es gut, auch diese Themen nicht auszusparen.
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Schreibmaschine Klammeraffe
Beiträge: 529
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17.05.2012 15:28
von Schreibmaschine
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@BlueNote: Ich verstehe, was du sagen willst. Aber deine Meinung hat nichts mit Schreiben zu tun. Vielmehr handelt es sich um eine generelle Vermeidungshaltung gegenüber dem Thema. Vielleicht weil du persönlich betroffen bist, vielleicht weil jemand betroffen ist, der dir nah steht. Aber das hat nichts mit einer sachlichen Auseinandersetzung zu tun.
Von Erzählungen, die nicht in der ersten oder dritten Person Singular geschrieben sind, halte ich übrigens gar nichts! Aber dies nur am Rande.
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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17.05.2012 15:40
von BlueNote
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Schön Nina, das dich zu diesem Thema äußerst. Ich wollte mich eigentlich in deinem thread zu Wort melden, aber das ging ja leider nicht (das habe ich übrigens jetzt erst bemerkt).
Du darfst meine Überlegungen jedoch nicht als Kritik an deinem Gedicht sehen, sondern ich überlege mir tatsächlich ernsthaft(!), ob das reine Schildern depressiver Gedanken nicht mehr Schaden anrichtet, als dass es nützt (=Verständnis für die Krankheit weckt). Nun kenne ich (leider) Betroffene und gerade da habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für sie keinen Sinn macht, die Gefühle und die Ausweglosigkeit immer wieder neu in Worte zu fassen, sondern dass es besser ist, sich gemeinsam Strategien zu überlegen, die von diesen Gedanken wegführen. Wenn ein Schriftsteller Depressionen zum Thema macht, dann beschäftigt er sich ja ganz intensiv damit. Aber hilft im das? Ich glaube, es schadet ihm eher.
Als Tabuthema sehe ich Depressionen übrigens nicht. Ich denke eher, dass mit dieser Thematik oft recht leichtfertig umgegangen wird.
BN
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Mr. Curiosity Exposéadler
Alter: 35 Beiträge: 2545 Wohnort: Köln
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17.05.2012 15:43
von Mr. Curiosity
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Ich muss zugeben, ich verstehe diesen ganzen Thread nicht. Könnte man dann nicht genausogut sagen, dass man keine Liebesgeschichten schreiben sollte, weil es den Liebeskummer bei manch unglücklich Verliebtem weiter schüren könnte? Könnte man nicht auch sagen, dass blutige Thriller riskant sind, da sie zur Nachahmung verleiten oder vllt. bei Opfern von Gewaltverbrechen alte Traumata wieder hervorrufen könnten?
Außerdem habe ich den Eindruck, dass du jedem Autor, der in der Ich-Perspektive über dieses Thema schreibt, Identität mit dem Erzähler unterstellst.
Ich sehe keinen Sinn darin, Depressionen als Tabu-Thema zu behandeln. Totschweigen bringt nämlich erst recht nichts, hat bei keinem unangenehmen Thema je etwas gebracht.
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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BlueNote Stimme der Vernunft
Beiträge: 7304 Wohnort: NBY
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17.05.2012 15:46
von BlueNote
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Für mich liegt der Fall bei Liebesgeschichten anders ...
Aber mich interessieren eigentlich eher eure Meinungen. Meine kenne ich ja schon.
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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17.05.2012 15:49
von Nina
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Äh, mein Gedicht thematisiert Depressionen? Es geht um Vermischung von Wirklichkeit und Traum. Da hast Du wohl was falsch verstanden.
Ich verstehe Dein Problem nicht wirklich. Wenn ich mich über Depressionen informieren wollen würde, da würde ich doch nicht in einem Lyrikforum lesen? Es ist ja nett von Dir, dass Du Betroffenen helfen möchtest. Es gibt da zahlreiche Bücher. Frag doch einfach in einem Buchladen bei Dir in der Nähe.
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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Nina Dichterin
Beiträge: 5012 Wohnort: Berlin
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17.05.2012 15:50
von Nina
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Mr. Curiosity hat Folgendes geschrieben: | Ich muss zugeben, ich verstehe diesen ganzen Thread nicht. Könnte man dann nicht genausogut sagen, dass man keine Liebesgeschichten schreiben sollte, weil es den Liebeskummer bei manch unglücklich Verliebtem weiter schüren könnte? Könnte man nicht auch sagen, dass blutige Thriller riskant sind, da sie zur Nachahmung verleiten oder vllt. bei Opfern von Gewaltverbrechen alte Traumata wieder hervorrufen könnten?
Außerdem habe ich den Eindruck, dass du jedem Autor, der in der Ich-Perspektive über dieses Thema schreibt, Identität mit dem Erzähler unterstellst.
Ich sehe keinen Sinn darin, Depressionen als Tabu-Thema zu behandeln. Totschweigen bringt nämlich erst recht nichts, hat bei keinem unangenehmen Thema je etwas gebracht. |
Ja, das waren auch meine Gedanken hierzu. (s.o.)
_________________ Liebe tut der Seele gut. |
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kskreativ Märchenerzähler
K Alter: 59 Beiträge: 2232 Wohnort: Ezy sur Eure, France
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K 17.05.2012 15:51
von kskreativ
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Zitat: | Nun kenne ich (leider) Betroffene und gerade da habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für sie keinen Sinn macht, die Gefühle und die Ausweglosigkeit immer wieder neu in Worte zu fassen, sondern dass es besser ist, sich gemeinsam Strategien zu überlegen, die von diesen Gedanken wegführen. Wenn ein Schriftsteller Depressionen zum Thema macht, dann beschäftigt er sich ja ganz intensiv damit. Aber hilft im das? Ich glaube, es schadet ihm eher. |
Findest du? Ich gehöre zu den Betroffenen und kann nur sagen, dass das sich mit Beschäftigen durchaus hilft. Vor allem das Schreiben. Ich muss es ja nicht veröffentlichen, was ich auch nicht tue. Aber es ist eine große Hilfe für mich gewesen, es nieder zu schreiben. Vorher hatte ich nie die Zeit und die Muße dazu, hab es nur immer in mich reingefressen. Bis es mich fast umgebracht hätte. Die Perspektive ist dabei ziemlich unwichtig.
LG, Karin
_________________ C'est la vie. oder: Du würdest dich wundern, was man so alles überleben kann. |
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Mr. Curiosity Exposéadler
Alter: 35 Beiträge: 2545 Wohnort: Köln
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17.05.2012 16:01
von Mr. Curiosity
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kskreativ hat Folgendes geschrieben: | Zitat: | Nun kenne ich (leider) Betroffene und gerade da habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für sie keinen Sinn macht, die Gefühle und die Ausweglosigkeit immer wieder neu in Worte zu fassen, sondern dass es besser ist, sich gemeinsam Strategien zu überlegen, die von diesen Gedanken wegführen. Wenn ein Schriftsteller Depressionen zum Thema macht, dann beschäftigt er sich ja ganz intensiv damit. Aber hilft im das? Ich glaube, es schadet ihm eher. |
Findest du? Ich gehöre zu den Betroffenen und kann nur sagen, dass das sich mit Beschäftigen durchaus hilft. Vor allem das Schreiben. Ich muss es ja nicht veröffentlichen, was ich auch nicht tue. Aber es ist eine große Hilfe für mich gewesen, es nieder zu schreiben. Vorher hatte ich nie die Zeit und die Muße dazu, hab es nur immer in mich reingefressen. Bis es mich fast umgebracht hätte. Die Perspektive ist dabei ziemlich unwichtig.
LG, Karin |
Kann ich auch bestätigen.
Wozu gäbe es außerdem therapeutisches Schreiben, wenn es unnütz wäre?
_________________
"Wenn du Schriftsteller sein willst, dann sag, dass du der Beste bist ...
Aber nicht, solange es mich gibt, kapiert?! Es sei denn, du willst das draußen austragen."
(Ernest Hemingway in "Midnight in Paris") |
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hexsaa Reißwolf
Alter: 56 Beiträge: 1826 Wohnort: im Schneckenhaus
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17.05.2012 16:11
von hexsaa
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Nina hat geschrieben:
Zitat: | Vor einiger Zeit hat hier im Forum eine junge Autorin, die unter Depressionen leidet, die ersten, ich glaube es waren zwei, Kapitel ihres Romans eingestellt. Soweit ich mich erinnere, war das in der Ich-Perspektive geschrieben. Und nicht nur das - es war mitreißend, interessant und sehr gut geschrieben. Nur wenn es sich um einen Robert Enke handelt, wird die Welt aufmerksam |
Aus einer sachlichen Distanz heraus, gelingt es vielleicht, das Thema in interessante Worte zu verpacken. Ich sehe jedoch immer die Gefahr, dass es so rüberkommt, als würde jemand in Selbstmitleid versinken (was ja durchaus okay ist), seinen Weltschmerz zu Papier bringt und dann erwartet, dass es alle Welt interessiert. Oder dass es weniger Verständnis als vielmehr Sensationslust weckt.
BlueNote hat geschrieben:
Zitat: | Nun kenne ich (leider) Betroffene und gerade da habe ich die Erfahrung gemacht, dass es für sie keinen Sinn macht, die Gefühle und die Ausweglosigkeit immer wieder neu in Worte zu fassen, sondern dass es besser ist, sich gemeinsam Strategien zu überlegen, die von diesen Gedanken wegführen. |
Bevor es heißt, dass ich keine Ahnung habe, wie es ist, unter Depressionen zu leiden, oute ich mich mal indem ich zugebe, jahrelang unter eben solchen gelitten zu haben. Die Psychologen raten üblicherweise nicht dazu, sich immer wieder in seinem Elend zu suhlen, sondern entwickeln, neben der medikamentösen Behandlung, gemeinsam mit dem Patienten Strategien zur Alltagsbewältigung und zur Vermeidung eines Rückfalls. Ob es sinnvoll ist, im Nachhinein darüber zu schreiben oder ein Buch darüber zu lesen, nur um an die eigene dunkle Zeit erinnert zu werden, mag dahingestellt sein.
LG
hexsaa
_________________ Ich lebe in meiner eigenen Welt.
Das ist okay, man kennt mich dort. |
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Gast
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17.05.2012 16:20
von Gast
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... eine Sache vorweg: Ninas Gedicht thematisiert nie und nimmer Depression.
Was bringt es dem Autor/dem Leser? Depression zu thematisieren aus dem 'ICH'?
Es gibt sicherlich 'Schreibwerk', das in erster Linie etwas oder jemanden was bringen soll - es gibt aber genauso Texte, die erzählt werden, weil sie da sind.
Depressionen und Schreiben - allein aus dem Kopf kann ich locker zehn Großmeister nennen, deren Werk von der Depression geprägt war. Aber das meinst du wahrscheinlich nicht BN, du meinst Werke, die 'depressive Gedanken' enthalten, aus ihnen bestehen oder sie zum zentralen Thema machen? Samt Ich?
Erstens: es gibt eine Menge schlechter Texte auf der Welt - und gerade hochemotionale Texte haben ihre Tücken. Das gilt aber nicht allein für die Traurigkeit - sondern ebenso für die Liebe, den Hass, die Wut und die (z.B. politische) Empörung.
Sich nicht allein um das eigene Fühlen zu drehen (und darüber zu sabbeln) - sondern den Leser fühlen zu lassen. Das ist die Kunst und das ist das Können, und das haben nur wenige. Ein Reisebericht schreibt sich anders und leichter verdaulich, als Worte aus dem Mahlstrom der Depression.
Persönliche Texte sind oftmals schlecht - wenn der Autor nur für sich selbst schreibt (und eine akute Depression ist immer mit einer gewissen Ich-Bezogenheit verbunden), dann bringt der Text dem Leser selten etwas.
Das liegt aber nicht am Thema - sondern am Autor.
Das Thema selbst, der innere Abgrund, ist ein starkes - solches Erleben in Worte zu bringen, die tragen, 'bringt' vieles. Information ist da für mich nicht mal die wesentliche Seite. Depression, Traurigkeit, Verzweiflung ist menschlich, vielleicht menschlicher als das uns allen verodente Lächeln. Die Klumisierung der Welt, No-Problem-Generation, immer funktional, immer gut drauf ... da Worte gegen zu setzen, die den inneren Abgründen Berechtigung einräumen und sichtbar zu machen, dass die Einsamkeit der Depression nur eine scheinbare ist ...
Kurz Depression ist eine Seite des Mensch sein.
Was bringt es davon zu erzählen?
Hä? Blöde Frage BN.
Erzählen ist doch nichts anderes als Mensch sein in Worte zu bringen ... Was bringt es zu erzählen? Naja, wissen wir doch alle: Geld, Reichtum und ununterbrochenen Applaus
(Mein Haustierpost hattest du damals glatt ignoriert, mal kucken, ob dir mein Depripost besser gefällt )
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hexsaa Reißwolf
Alter: 56 Beiträge: 1826 Wohnort: im Schneckenhaus
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17.05.2012 16:20
von hexsaa
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Mr. Curiosity hat geschrieben:
Zitat: | Wozu gäbe es außerdem therapeutisches Schreiben, wenn es unnütz wäre? |
Dagegen ist rein gar nichts einzuwenden - doch ich dachte, die Diskussion dreht sich um schreiben, um zu veröffentlichen. Anscheinend habe ich da was falsch verstanden.
LG
hexsaa
_________________ Ich lebe in meiner eigenen Welt.
Das ist okay, man kennt mich dort. |
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Zitkalasa Reißwolf
Z
Beiträge: 1088
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Z 17.05.2012 16:43
von Zitkalasa
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Ich versteh das nicht. Wenn jemand ein Buch über Depressionen nicht nur schreiben, sondern auch veröffentlichen will, muss es (oder auch, was ganz gut wäre: sollte es) doch nicht nur um den depressiven Alltag gehen?
Ich würde so ein Buch eher wie eine "Heldenreise" aufziehen. Vll. damit beginnen wie jemand schon sehr tief drin steckt, vll. sogar mit einem Suizidversuch (der dann vereitelt) beginnen, hier und da ein paar Rückblenden wie es zu der Krankheit gekommen sein könnte -- aber vorallem würde es in der Geschichte darum gehen, wie eine solche Erkrankung therapiert wird, wenn sie denn therapiert wird. In Deutschland muss man ja erst in den Brunnen fallen und kurz vorm Ersaufen sein bevor einem (als Kassenpatient) geholfen wird. Vll. wäre es so einer Geschichte gedient, wenn es um mehrere Kranke gehen würde. Gibt ja schließlich nicht nur eine Art mit der Krankheit umzugehen (allen voran die Betroffen selbst; bis man sich eingesteht, krank zu sein ...) und daraus folgend auch nicht nur eine Art zu therapieren (vll. eben auch gar nicht, um zu zeigen, wo Ignoranz seitens des Umfelds wie der Medizin hinführen kann ...).
Also, was ich sagen will: Wenn man eine Geschichte schreibt, dessen Thema eine Krankheit ist, dann beschreibt man nicht nur den Leidensweg, sondern eben die Therapie von der Krankheit.
debruma hat Folgendes geschrieben: | Sich nicht allein um das eigene Fühlen zu drehen (und darüber zu sabbeln) - sondern den Leser fühlen zu lassen. Das ist die Kunst und das ist das Können, und das haben nur wenige. Ein Reisebericht schreibt sich anders und leichter verdaulich, als Worte aus dem Mahlstrom der Depression. |
*unterschreibt*
BlueNote hat Folgendes geschrieben: | Dass Angehörige von Betroffenen solche Romane lesen sollen, halte ich nicht für sinnvoll. |
Na, dann schau dich mal im Forum um: Jmd. kommt, spricht davon, dass er eine Schreibblockade hat und zig andere Autoren ziehen nach und erzählen, dass sie das auch kennen, wie sie sich in so einem Fall verhalten. Wenn du Glück hast, findest du dazwischen sogar welche, die erzählen, wie sie die Blockade glöst haben, aber das ist eher selten. Oft geht es auch einfach nur darum jmd. zu finden, der einen versteht, der ganau weiß, was man gerade "durchleidet". Wenn der andere dann noch einen Ausweg aus dem Dilemma kennt, ist das doch wie ein Sechser im Lotto.
Wenn es um Depressionen geht, denke ich, dass die wenigsten Betroffenen sich tatsächlich ernsthaft mit dem Thema auseinander gesetzt haben, dass sie einordnen können, sie sind depressiv -- aber vorallem geht es ja auch um das Umfeld dieser Menschen und wie hilflos sie manchmal sind, wenn man da so einen störrischen Fall hat, der überhaupt nichts einsieht. Ich wünschte mir, es gäbe einen Ratgeber für das Umfeld von Kranken, der nicht nur die Symptome auflistet, sondern auch vermittelt wie es in so einem Kranken aussieht und warum er nicht in der Lage sein kann, die eigene Erkrankung zu erkennen und anzunehmen. Und ich wünschte, es gäbe Romane, in den öfter depressive Charaktere auftauchen und als solche auch gekennzeichnet werden (oder andere psychisch Kranke), um dieses Tabu-Verhalten um diese Krankheit(en) zu nehmen.
_________________ "Heutigentags sagen und schreiben viele Gelehrte mehr als sie wissen. In den alten Zeiten wussten einige mehr als sie schrieben." Matthias Claudius
"Hieve-ho, thieves and beggars, never shall we die" PotC - aWE |
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KeTam Ungeduld
Alter: 49 Beiträge: 4947
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17.05.2012 16:51
von KeTam
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hexsaa hat Folgendes geschrieben: | Meiner Meinung nach passiert da einfach zu wenig, als dass es auf Dauer fesseln könnte. Eingebunden in eine Geschichte und aus einer anderen Perspektive heraus, kann man Depressionen sicher besser veranschaulichen. |
Hallo hexsaa,
ich finde gerade in diesem Bereich hat eine Erzählung aus der Ich-Perspektive ihre Berechtigung.
So ist das Erlebte direkter, tritt näher an den Leser heran.
Dass sowas dann nicht massentauglich ist, ist klar.
Mann bekommt, bildhaft gesprochen, in diesem Fall eben kein weiches Weißbrot serviert, sondern wird gezwungen auch mal kantigen Schotter zu schlucken.
Das tut weh, aber wenn man sich darauf einlässt, kann man einen sehr direkten Blick in eine menschliche Seele werfen.
Ich interessiere mich sehr für Psychologie und gerade auch für die Abgründe.
Denn diese Abgründe sind nur das Extrem normaler Empfindungen.
Ich habe, vor allem früher viele solcher Berichte gelesen und empfand es nie als langweilig.
Lg, KeTam.
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