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Neuentaler Stolperfallen


 
 
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag01.03.2012 10:37
Neuentaler Stolperfallen
von Zeth Jin
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Schon mal Danke fürs Lesen smile

Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott. Die Welt in schwarz-weiß. Am Ende der Straße erwartete den Sattler das Fabriktor. Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm. Er gehörte dorthin wo Leder, Faden und Nadel eins wurden. Diese Welt aus Schornsteinen, Lagerhallen und Maschinen war nichts für ihn. Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört; eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern.
Konrad Altmann wandelte weiter. Es nützte nichts; Lisa und die Kinder würden kaum von Luft und Liebe satt werden.
Zwischen den Wohnblocks erschien eine riesige Werbetafel. Sie zeigte eine Familie. Vater, Mutter und die beiden Kinder strahlten von einem Ohr zum Anderen.
„Glück durch Arbeit. Auf zur Fabrik Neuentaler. Wir stellen ein!“
Die Buchstaben fesselten Konrad Altmanns Blick. Er übersah die hervorstehende Gehwegplatte. Im nächsten Moment verhaspelten sich seine Füße und er schlug der Länge nach auf dem Bürgersteig. Das Gelächter von Kindern hallte von den Backsteinfronten der Wohnblocks. Als er sich aufrappelte, entdeckte er auf der Steinplatte neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte er sich, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.

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lady-in-black
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Beiträge: 1474
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Der goldene Käfig Extrem Süßes!


Beitrag01.03.2012 11:19

von lady-in-black
Antworten mit Zitat

Ja, wen haben wir denn da? Den Zeth Jin, wie schön ... da kann ich mich endlich mal revanchieren.  

Zitat:
Als er sich aufrappelte, entdeckte er auf der Steinplatte neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte er sich, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.


Jap, das ist meine Welt.  

Ansonsten bin ich etwas unschlüssig. Ich kenne das Berufsbild eines Sattlers nicht genug, um beurteilen zu können, ob es einen Zusammenhang mit der Fabrik und den Presshülsen gibt.
Damit hängt für mich die Botschaft mit dem Fortschritt ein wenig in der Luft. Ich weiß zwar, was gemeint ist, brauche also keinen zusätzlichen Holzhammer ... aber dennoch, irgendwie ...   Rolling Eyes

Der Text scheint mir abschließend noch nicht ganz im Gleichgewicht zu sein. Mal etwas zuviel Info, mal einen Tick zu wenig.


_________________
- Ich würde mich gerne geistig mit Dir duellieren ... aber ich sehe Du bist leider unbewaffnet.
- Nein, Stil ist nicht das Ende vom Besen.
- Ich spreche fließend ironisch, auch im sarkastischen Dialekt.
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Harald
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant

Alter: 76
Beiträge: 5104
Wohnort: Schlüchtern


Beitrag01.03.2012 11:59

von Harald
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Schön geschrieben,

der unausweichliche Weg in die Industriegesellschaft anhand einiger Schritte des Protas, der tiefsinnige Humor - irgenwo sah ich im Geist hinter einer Hausecke Kästner lächeln ...

Gerne gelesen

Harald


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Liebe Grüße vom Dichter, Denker, Taxi- Lenker

Harald

Um ein Ziel zu erreichen ist nicht der letzte Schritt ausschlaggebend, sondern der erste!
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag01.03.2012 13:50

von Zeth Jin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

@Harald

Du bringst mich in Verlegenheit, auf angenehme Art und Weise. Danke für die Blumen. smile

@Herrin der stürmischen See

Ich habe noch einmal meditiert und deine Kritik überdacht und angewendet und Voodoo gezaubert und und und...

Besser geht schließlich immer und wenn mir jetzt noch jemand zeigt, wie ich hier eine neue Version verlinken kann, auf die Art und Weise, die ich schon in anderen Beiträgen gesehen habe, wäre ich sehr dankbar. smile
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag01.03.2012 13:55

von Zeth Jin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott. Die Welt in schwarz-weiß. Am Ende der Straße erwartete den Sattler das Fabriktor. Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm. Er gehörte dorthin, wo Leder, Faden und Nadel eins wurden. Diese Welt aus Schornsteinen, Lagerhallen und Fließbändern war nichts für ihn. Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört; eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern.
Konrad Altmann wandelte weiter. Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde keiner satt werden.
Zwischen den Wohnblocks erschien eine riesige Werbetafel. Sie zeigte eine Familie. Vater, Mutter und die beiden Kinder strahlten von einem Ohr zum Anderen.
„Glück durch Arbeit. Auf zur Fabrik Neuentaler. Wir stellen ein!“
Die Buchstaben fesselten Konrad Altmanns Blick. Er übersah die hervorstehende Gehwegplatte. Im nächsten Moment verhaspelten sich seine Füße und er schlug der Länge nach auf dem Bürgersteig. Kindergelächter hallte von den Backsteinfronten der Wohnblocks. Als er sich aufrappelte, entdeckte er auf der Steinplatte neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte Konrad Altmann, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.
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Gast







Beitrag02.03.2012 12:40

von Gast
Antworten mit Zitat

Die zweite Version ist viel besser. Ich mag dieser Art Kurzprosa sehr gern, ich werfe dir mal mein Kleinviech vor die Füße, vielleicht kannst du was damit anfangen.

Zitat:
Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott.


Schreitet der Delinquent zum Schafott? Ich weiß, das sagt man so ... aber hier passt das Bild für mich nicht.

Zitat:
Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört; eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern.


M.E. stimmt das grammatikalisch nicht. (Bin mir aber nicht sicher - denkt man sich ein "von" vor die Presshülsen stimmt es, wäre aber WWH)

m.E. wäre: "eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennte Finger" stimmiger.

Zitat:
Konrad Altmann wandelte weiter.


Wandeln gefällt mir nicht.
Zitat:

Zwischen den Wohnblocks erschien eine riesige Werbetafel


"Erschien" gefällt mir auch nicht. Das ist nicht direkt falsch, aber in der Dichte des Textes ist es mir nicht das genau richtige Wort.
Zitat:

von einem Ohr zum Anderen.


Frage an die, die sich mit RS auskennen - zum anderen, hier klein, denn es steht ja ein ungeschriebenes 'Ohr' dahinter. Oder?

Zitat:
Die Buchstaben fesselten Konrad Altmanns Blick.


Die Buchstaben? Oder besser der Schriftzug/die Schrift? Sind es wirklich die Buchstaben an sich - oder die Botschaft, die sie verkünden?
'Blick fesseln' - hrg. Gefällt mir nicht, ist mir zu ... passt nicht in den eigentlich sehr fein schlichten Text.

'verhaspeln' - unschön.
Überhaupt warum so füllig? Im nächsten Moment stolperte er. Oder Er übersah ..., stolperte und ...

Dicht, dicht, dicht. Wäre mein Gefühl bei einem solchen Text.
Zitat:

er auf der Steinplatte neben sich


neben sich? Das ist irgendwie schief. Braucht es die Ortsangabe überhaupt?


Sehr gern gelesen. Mehr!
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Harald
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant

Alter: 76
Beiträge: 5104
Wohnort: Schlüchtern


Beitrag02.03.2012 12:54

von Harald
Antworten mit Zitat

@ debruma

alle Hinweise kann/könnte man umsetzen, außer ...

Schreitet der Delinquent zum Schafott? Ich weiß, das sagt man so ... aber hier passt das Bild für mich nicht.


Es wurden jammernde und schreiende Deliquenten zum Schafott geschleift, andere schritten - wie es ganz Innen drin aussah sei dahingestellt - hoch erhobenen Hauptes oder mit gesenktem Kopf  zum Richtplatz. In meinem "Kopfkino" sehe ich einen Mann mit auf dem Rücken verschränkten Händen leicht zögerlich, aber trotzdem zielstrebig den Weg entlanggehen ...

LG

Harald


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Gast







Beitrag02.03.2012 13:20

von Gast
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Ich versuche mal, zu erklären, was mir so durchs Hirn weht:

Dieser Satz ist an sich schon i.O. Innerhalb einer KG würde ich den eher nicht anmerken.

Obwohl die 'wie' Verknüpfung für mich eine ganz greifbares Bild geben muss.
Ähm ...  Rolling Eyes

Er säuft wie ein Esel. Er tanzt wie ein Bär.

Er schreitet entlang! wie ein Delinquent zum Schafott - habe ich Delinquent direkt ' entlang schreiten' Kopf? Habe ich nicht eher hängende Schultern, gesenktes Haupt? Schlurfen, Zögern.

Jetzt sind das so Feinkrümelkäsefeinheiten und nicht zuletzt Leser/innenbefindlichkeiten über die man unmöglich allen Ernstes streiten kann. Wie gesagt, in einer KG würde ich den Satz kaum anmerken.

Hier aber - Kurzprosa. Da zählt jede Winzigkeit. Gerade der erste Satz muss (in meiner Welt, versteht sich - kuck mal Mrs Firefly ich übe) einschlagen, direkt unter den Pelz des Lesers.

Deswegen hier die Anmerkung, dass mir da noch etwas fehlt. Lösungen sind da viele denkbar und ebenso kann einem der Satz auch genügen. Aber mir tut/tat er dies eben nicht. Bin halt schleckrig, macht man nichts dran lol2
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The Brain
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Alter: 65
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Wohnort: Over the rainbow


Beitrag02.03.2012 13:27

von The Brain
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Hallo Zenth Jin,

hier malein paar Anmerkungen von mir zu deinem recht gelungenem Text:


Zeth Jin hat Folgendes geschrieben:
Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott. Die Welt in schwarz-weiß.  Braucht es das? Ich weiß es nicht ... Am Ende der Straße erwartete den Sattler das Fabriktor. Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm. Er gehörte dorthin, wo Leder, Faden und Nadel eins wurden. Diese Welt aus Schornsteinen, Lagerhallen und Fließbändern war nichts für ihn. Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten Mein Vorschlag: Viele Geschichten hatte er gehört. Von ... von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört; eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern.
Konrad Altmann wandelte weiter. Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde keiner satt werden.
Zwischen den Wohnblocks erschien eine riesige Werbetafel. Sie zeigte eine Familie. Vater, Mutter und die beiden Kinder strahlten von einem Ohr zum Anderen.
„Glück durch Arbeit. Auf zur Fabrik Neuentaler. Wir stellen ein!“
Die Buchstaben fesselten Konrad Altmanns Blick. Er übersah die hervorstehende Gehwegplatte. Im nächsten Moment verhaspelten sich seine Füße und er schlug der Länge nach auf dem Bürgersteig. Kindergelächter hallte von den Backsteinfronten der Wohnblocks. Als er sich aufrappelte, entdeckte er auf der Steinplatte neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte Konrad Altmann, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.


Zum Bild mit dem Schafott kann ich nur sagen, dass es für mich sehr schlüssig ist. Die gesetzten Schritte widerwillig, aber unausweichlich auf das Ziel gerichtet.

Liebe Grüße

Brain


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Dinge wahrzunehmen,
der Keim der Intelligenz

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Die Kindheit endet nicht mit dem Erwachsenwerden.
Sie begleitet dich durch all deine Lebenstage.

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Doch sie weisen dich geheim
In dich selbst zurück.

(Hermann Hesse)
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Zeth Jin
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Beitrag02.03.2012 14:27

von Zeth Jin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

So Freunde der Sonne smile

Vielen Dank für den Input.

@debruma

Gott sei Dank ist es nur Kleinvieh und keine Rinderherde. smile

@Harald

Ich mag dein Kopfkino. Ich denke wir beide haben eine sehr ähnliche Interpretationsweise.

@Brain

Ich verstehe deine Kritik an sich nicht, denn beide Punkte, sind sehr wichtig für das Verständnis.
Die Welt in schwarz-weiß, ist ein Wink auf die Zeit in der das ganze spielt.
Die Bekannten am Stammtisch, haben ihn dem Job besorgt, zumindest ihn drauf aufmerksam gemacht.
Außerdem wird es Zeth Jin geschrieben, ohne n. Razz


Ich muss los. Hat mich allerdings nicht davon abgehalten noch ein wenig dran rumzutüffteln. Ich habe die neue Version noch mal editiert.
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag02.03.2012 14:28

von Zeth Jin
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Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott. Die Welt in schwarz-weiß. Am Ende der Straße erwartete den Sattler das Fabriktor. Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm. Er gehörte dorthin, wo Leder, Faden und Nadel eins wurden. Diese Welt aus Schornsteinen, Lagerhallen und Fließbändern war nichts für ihn. Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört, eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern.
Konrad Altmann wandelte weiter. Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde keiner satt werden.
Zwischen den Wohnblocks tauchte eine riesige Werbetafel auf. Sie zeigte eine Familie. Vater, Mutter und die beiden Kinder strahlten von einem Ohr zum Anderen.
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Das Bild bannte Konrad Altmanns Augen. Er übersah die hervorstehende Gehwegplatte. Im nächsten Moment verhaspelten sich seine Füße und er schlug der Länge nach auf dem Bürgersteig. Kindergelächter hallte von den Backsteinfronten der Wohnblocks. Als er sich aufrappelte, entdeckte er neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte Konrad Altmann, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.
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The Brain
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Wohnort: Over the rainbow


Beitrag02.03.2012 14:50

von The Brain
Antworten mit Zitat

Oh, hoppla,

da war ich wieder großzügig mit den Buchstaben. Sorry!

Kritik? Nein nicht wirklich, nur Vorschläge den Text zu konzentrieren. Ist und bleibt dein Text. Was und wieviel du von deinen Lesern annimmst bleibt einzig dir überlassen.

Die zweite Version hat mir -  wieder nur meine persönliche Lesart - besser gefallen.


Liebe Grüße

Brain


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Malaga
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Beiträge: 826



Beitrag04.03.2012 12:26

von Malaga
Antworten mit Zitat

Hallo Zeth Jin,
mir hat es auch gefallen, als Szene aus dem Beginn der Industrialisierung.
Darstellung eines historisch-gesellschaftlichen Zustandes gut verknüpft mit dem Subjektiven, v.a der "Schneidezahn" und das "Stolpern über den Fortschritt" gefällt mir.
Der Titel hat mich zunächst in eine andere Richtung denken lassen, habe die Stolpersteine auf den Straßen zur Erinnerung an Judenpogrome erwartet.

Zu den Erbsen nur soviel "...wandelte..." finde ich unpassend, hat für mich etwas Spazierendes, Zielloses, aber hier ist das Gehen ja sehr zielgerichtet.
Grüße von
Malaga
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Zeth Jin
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Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag04.03.2012 12:30

von Zeth Jin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

"wandelte" ist in der Tat unpassend. Ich hab den Satz in der aktuellsten Version einfach weggelassen, da es, meiner Meinung ohne besser funktioniert. Wenn man wandeln durch ein anderes "gehen" ersetzt, kommt es so rüber als ob der gute Mann eine Pause einlegt, was er aber nicht tut. Und schreiten fällt raus, aufgrund von Wiederholung.

Danke für die Blumen smile
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Zeth Jin
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 39
Beiträge: 141



Beitrag04.03.2012 12:31

von Zeth Jin
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Konrad Altmann schritt die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott. Die Welt in schwarz-weiß. Am Ende der Straße erwartete den Sattler das Fabriktor. Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm. Er gehörte dorthin, wo Leder, Faden und Nadel eins wurden. Diese Welt aus Schornsteinen, Lagerhallen und Fließbändern war nichts für ihn. Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört, eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern. Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde keiner satt werden.
Zwischen den Wohnblocks tauchte eine riesige Werbetafel auf. Sie zeigte eine Familie. Vater, Mutter und die beiden Kinder strahlten von einem Ohr zum Anderen.
„Glück durch Arbeit. Auf zur Fabrik Neuentaler. Wir stellen ein!“
Das Bild bannte Konrad Altmanns Augen. Er übersah die hervorstehende Gehwegplatte. Im nächsten Moment verhaspelten sich seine Füße und er schlug der Länge nach auf dem Bürgersteig. Kindergelächter hallte von den Backsteinfronten der Wohnblocks. Als er sich aufrappelte, entdeckte er neben sich das Stück eines Schneidezahns. Offenbar, dachte Konrad Altmann, war er nicht der Erste, der über den Fortschritt gestolpert war.
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag04.03.2012 12:37

von BlueNote
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Hallo ZJ,

... nun, es wird zwar gleich im ersten Satz gesagt, dass der Delinquent zum Schafott gehen würde, aber so recht abnehmen mag ich es der kurzen Geschichte nicht. Ich denke, dass man eine solche Problematik nicht in so wenigen Sätzen umreißen kann. Der Schluss mit dem Schneidezahn wirkt dann auch etwas ärmlich.

BN
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seitenlinie
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Beiträge: 1829

Pokapro 2015


Beitrag04.03.2012 13:50

von seitenlinie
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Dein Text ist reizvoll. Er könnte im Mittelteil noch etwas feinsinniger / pointierter sein. Die Pointe ist vom Feinsten.

Ein paar kritische Anmerkungen:

Konrad Altmann schritt schlich die Plattenchaussee entlang, wie ein Delinquent zum Schafott.
Eine Chaussee war ursprünglich gepflastert (heute auch asphaltiert), Plattenbelag passt hier nicht.
Beim Gehweg ist das o.k.

Die Welt in schwarz-weiß.
Der unvollständige Satz bringt m.E. keinen echten Effekt. Zumal nicht klar wird, ob Konrad Altmann
die Welt schwarz-weiß sieht, was dem Inhalt eher schaden würde.

Die Arbeiterwohnheime links und rechts des Weges spotteten ihm.
Verspotteten ihn oder spotteten seiner.

Von Bekannten am Stammtisch hatte er Geschichten von Akkordarbeit und Arbeitsunfällen gehört,
von eintausend Presshülsen pro Tag und abgetrennten Fingern. Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde
keiner satt werden.

„Es nützte nichts“ ist etwas diffus. Bezieht sich das auf die Kollegen oder auf seine Entscheidung?

Gruß,
Carsten
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BlueNote
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Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag04.03.2012 14:02

von BlueNote
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Zitat:

Die Pointe ist vom Feinsten.

 Shocked
Ich kann mir nicht einmal vorstellen, dass man das Stück eines Schneidezahns auf der Straße überhaupt als solches erkennt. Und dann auch noch: "über" den Fortschritt stolpern. Das ist schon arg platt!

Tsts ... Was sind das nur für seltsame Kurz-Texte und Kritiken in letzter Zeit.

anonym
(Schade, dass man Kritiken nicht Inkognito abgeben kann wink )
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adelbo
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Wohnort: Im heiligen Hafen


Beitrag04.03.2012 16:33

von adelbo
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Hallo Zeth Jin,

mir gefällt dein Text.
Ich mag die Sprache sehr, sehe die Szene und kann den Emfindungen des Sattlers folgen.

Zitat:
Es nützte nichts, von Luft und Liebe würde
keiner satt werden.
„Es nützte nichts“ ist etwas diffus. Bezieht sich das auf die Kollegen oder auf seine Entscheidung?


Ich empfinde es als umfassend, es nützte nichts, bedeutet, es gibt keine Alternative, ich habe nur diese Wahl. Für mein Leseemfinden passt es.

Gerne gelesen.
adelbo


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Zeth Jin
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Beitrag05.03.2012 10:40

von Zeth Jin
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Guten Morgen

@BN: Danke dass du meinen Erguss gelesen hast. Was soll ich denn deiner Meinerung nach von deiner Kritik mitnehmen?

@adelbo: Danke für dein Lob.

Allen noch einen schönen ersten Kaffee an diesem Montag lol2
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gold
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Beitrag08.03.2012 16:48
Stolpersteine
von gold
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hallo Zeth Jin,

gibt es eine fortsetzung? Bin schon gespannt!

Lg Gold
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gold
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DSFo-Sponsor


Beitrag08.03.2012 16:50
Neuensteiner Stolperfallen
von gold
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ach sorry, es sind die stolperfallen...
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