Highheels und Hammelblut

[zwima]

Hi,
na dann mal los. Viel Spaß mit diesen kleinen Text von mir.
LG!
Zwima

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High-Heels und Hammelblut
Von Mädchenträumen in Dagestan


Die Stiefel waren kniehoch, die Absätze 12 Zentimeter. Dralle Beine steckten in einer Röhre mit Leopardenmuster. Lange Haare, dank Wasserstoffperoxydbehandlung nicht etwa blond, sondern in einen hellen Orangeton, rahmten ein Gesicht mit ausdrucksstarken, mandelförmigen Augen. Aminat, 21 Jahre, studierte Englisch und Deutsch an der Linguistischen Fakultät der Universität Dagestan und hatte neben einem für westliche Maßstäbe gewöhnungsbedürftigen Modestil jede Menge Träume. Sie wollte es wie die Frauen in Deutschland machen, die sie während ihres Au-Pair-Aufenthalts kennengerlernt hatte: einen Beruf erlernen, ihre Meinung sagen und sich eines Tages aus Liebe für einen Mann entscheiden. Der Weg, den sich ihr Vater für sie ausgesucht hatte, sah anders aus.

Farid Ramazan hatte nur wiederwillig zugelassen, dass seine Jüngste für ein Jahr nach Deutschland ging. Dann erzählte Aminat ihm, dass sie sich in München um die Kinder ihrer Gastfamilie kümmern würde. Das war gut, es würde sie schließlich auf ihre Zukunft als Mutter vorbereiten. Und so gab er ihr als einzigen Rat fürs Leben im fremden Land mit auf den Weg, niemals ein christliches Gotteshaus zu betreten und ließ sie ziehen.  

365 Tage war das her. Als die junge Frau nach zweitägiger Heimreise in Mahatschkala, der Hauptstadt von Dagestan, ankam, hatte sie nicht nur jede Menge Geschenke für ihre Familie im Gepäck, sondern auch einen konkreten Plan: Studium beenden, die Hochzeit ihrer älteren Schwester abwarten und dann selbst schnellst möglich einen Ehemann auftreiben. Gut aussehen sollte er und vor allem das Gemüt eines Schafs haben. Dann würde es ihn bestimmt nicht stören, wenn sie nicht gleich schwanger würde, sondern erst einmal arbeiten und weiterhin kein Blatt vor den Mund nähme. Wie sich das mit dem Wunsch nach Liebe vereinbaren ließe, wusste sie nicht. Aber manchmal ging es eben nicht ohne Kompromiss. Die ersten Tage im neuen Semester beäugten sie ihre alten Freundinnen skeptisch. Doch schon bald tanzten sie wieder in den Pausen zwischen den Vorlesungen zum Sound von Shakiras „Whenever, Wherever“ und fachsimpelten über den Po von J-Lo.

2 Jahre und 4 Monate später

Aminat strahlt. Die Haare, jetzt in ihrem natürlichen Schwarz, sind in kunstvollen Flechten zu einem losen Knoten gesteckt und mit Strasssteinen geschmückt. Das Kleid ist schwer von den vielen Schichten Spitze.  Der Ausschnitt betont die Brust, die ein wenig zu üppig ist, um den Eindruck von Unschuld zu unterstützen, den das Weiß ihrer Robe erwecken soll. In ihrem Strumpfband steckt eine kleine Phiole Hammelblut, die ihre Cousine Mariam ihr besorgt hat. Aminats Gastmutter in Deutschland hatte ihr erzählt, dass nicht alle Frauen beim ersten Mal bluten und sicher ist sicher. Traditionelle Rhythmen wechseln sich mit modernen Grooves ab, so dass für jeden der 187 Gäste das Richtige dabei ist. Zu einer Hochzeit gehört Tanz, darin sind sich alle einig. Die Cousins aus den Dörfern, die Kommilitoninnen aus der Uni, die Tanten, Onkel, ja sogar Aminats kleiner Neffe. Und auch Farid Ramazan kann sein Glück kaum fassen. Endlich ist also auch seine Jüngste, Aminat, die immer aus der Rolle tanzen wollte unter der Haube. Ansor, dem Bräutigam ist ein bisschen schwindelig. Ob es vom süßen Wein kommt, oder von den Gesprächen, die um ihn rum schwirren, weiß er nicht. Er ist so viele Worte nicht gewohnt. Gedanken über die Ehe hat er sich kaum gemacht. Und wenn, dann gingen sie nie weiter, als bis zur Hochzeitsnacht.  Die steht nun endlich unmittelbar bevor. Das untrügliche Zeichen dafür ist der traditionelle Hochzeitsruf, mit dem die Gäste die Jungvermählten auffordern, sich ins Brautzimmer zurückzuziehen. Bei dem Gedanken, was ihr jetzt bevor steht, wird Aminat nervös. Da nimmt Ansor ihre Hand und wispert etwas in ihre Richtung. Sie kann die Worte  nicht verstehen. Zu laut tönen die Rufe ihrer Gäste. Im Wirrwarr aus Stimmen klingt es fast wie „määh“.

[Rockerboss]

Sehr schöne Geschiche mit "Happy End".