[Reizwortgeschichte] Rummelplatz

[Geranium]

Der Übung halber geschrieben:
Rummelplatz (Behelfstitel)

Zuckerwatte, Riesending, Hau-den-Lukas und Riesenrad drängten sich am Bürowagen. Autoskooter, Kettenkarussell und Hütchenspieler kamen aus Richtung der Privatbereiche angerannt. Der Rummel war seit zwei Stunden geschlossen, die Buden aufgeräumt und dicht gemacht.
Die Betreiber hätten längst in den Federn liegen sollen, doch Anastasias Schreie, ihr Trommeln und Rütteln an der Tür des Bauwagens, hatten sie aus ihren Schlafräumen getrieben.

Bernhard Schuller, von allen nur Zuckerwatte genannt, weil er damit sein Geld verdiente, hielt Anastasia in den Armen. Sie sträubte sich gegen seinen Griff, heulte, schluchzte und kreischte; teils abwechselnd, teils gleichzeitig.
Riesending stocherte mit einem Taschenmesser am Türschloss herum. Sein Name war eigentlich Viktor Brochnitz. Er verkaufte auf der Kirmes extra große Bratwürste mit Spezialsauce.
Mit der linken Hand rüttelte er an der Türklinke, mit der Rechten fummelte er am Schlüsselloch, und mit den Ellbogen versuchte er sich Jan Peters und Mirko Fendrich, ihres Zeichens Besitzer von Hau-den-Lukas und Riesenrad, vom Leib zu halten.
Sie quetschten sich näher heran, um Riesendings Fortschritte am Türschloss erkennen zu können. „Du musst mehr schräg dran gehen!“ sagte Riesenrad. „Wir könnten es mit Graphit probieren!“ meinte Hau-den-Lukas. „Quatsch,“ meldete sich Kettenkarussel. „Graphit ist für eingefrorene Schlösser!“

„Scheiß egal! Macht endlich die verdammte Tür auf!“ brüllte Anastasia. Sie krümmte sich unter Zuckerwattes Griff.

„Macht mal Platz!“ Autoskooter schob die Männer beiseite. Mit entschlossenem Griff setzte er ein Brecheisen in Höhe des Schließbleches an und stemmte sich dagegen. Es krachte, knackte, und das Holz zersplitterte am Türrahmen. Autoskooter stieß mit roher Gewalt in die entstandene Lücke und zog kräftig an der Tür.
Das Reißen in seiner Schulter ignorierte er. Eine Muskelzerrung hatte er sich bei seiner Arbeit schon häufiger zugezogen. „Halleluja.“ Entfuhr es Jan Peters, als die Tür aufging, und sie ins Innere sehen konnten. Anastasia riss sich los und stolperte die drei Stufen hoch in den Bauwagen. Sie erstarrte, hielt sich die Hände vor den Mund.

Im Chefsessel hinter dem Schreibtisch saß oder besser lag der Rummelplatzchef. Vor ihm ein leeres Glas, eine halbvolle Flasche Whiskey, eine leere Schachtel Schlaftabletten und der teure Porzellanschwan, den Anastasia ihm am letzten Hochzeitstag geschenkt hatte.
Zuckerwatte schob sich vorsichtig an Anastasia vorbei in den Bauwagen. Er griff nach dem Schreiben, das auf dem Schreibtisch lag. „Ein Vollstreckungsbescheid.“ Er drehte sich zu Anastasia um. „Wir sind pleite?“
 Sie alle kamen aus traditionsreichen Schaustellerfamilien. Andere Menschen zu unterhalten, sie ihren Alltag für ein paar Stunden vergessen zu lassen, war ihnen in die Wiege gelegt worden. Es war wie ein besonderes Gen, das sie alle verband.  Anastasia starrte den leblosen Körper ihres Mannes an. „Er wollte euch nicht beunruhigen.“ sagte sie.

[*Katja*]

Hallo Geranium,

ich konnte den Text flüssig in einem Rutsch lesen, Übung gelungen, Reizwörter gut untergebracht  

Kleinigkeiten:

„Graphit ist für eingefrorene Schlösser!“
Die Aussage verstehe ich nicht.

Das Reißen in seiner Schulter ignorierte er.
Ein ganzer Kerl   

Anastasia starrte den leblosen Körper ihres Mannes an. „Er wollte euch nicht beunruhigen.“ sagte sie.
Daher bringt er sich lieber um? Schließlich ist eine Beerdigung kostspielig.

Liebe Grüße
Katja

[Geranium]

[Frau Ella]

Hallo Geranium, witzige Idee, die Betreiber der Fahrgeschäfte und Freßbuden nach ihrer Profession zu benenen. Die ganze Geschichte kommt flüssig und lebendig herüber, liest sich in einem weg.

Ein paar Sachen sind mir aufgefallen, die verbessert werden könnten, vermutlich nichts, was Dir bei einer gründlichen Überarbeitung nicht selber auffallen würde.

Ich würde die Anfangssätze vertauschen, um ohne erste Verwirrung in die Geschichte einzuführen. z.B. so:

[*Katja*]