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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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27.08.2009 12:02
von MosesBob
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So isses.
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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splaQ Schneckenpost
S
Beiträge: 14
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S 27.08.2009 12:56
von splaQ
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Nur Paranoia oder eine handfeste Psychose?
Ich hatte den Text jedenfalls so verstanden, dass die Stimmen, die er dauernd tuscheln hört, bei "jedem Anschlag der schreibmaschiene" usw., sich nur in seinem Kopf abspielen.
Für dieses Textthema fände ich den gewählten Erzählstil dann auch eher suboptimal. Ausufernde Erzählungen sind durchaus passend und spiegeln die ausufernden, wirren Gedankengänge derart kranker Menschen meiner Meinung nach gut wieder. Jedoch finden sich teilweise Wortwiederholungen oder ungeschickte Formulierungen in dem Text, die einen aus dem Lesefluss herausfischen, bswp:
Zitat: | Herr Goldstein benötigte kaum noch Pferd oder Kutscher, denn das Gefährt kannte den Weg von allein. Führerlos trieb es den Weg zurück. |
Hauptkritikpunkt ist meines Erachtens (und das ist vielleicht eine Geschmacksfrage - wobei ich mir da nicht sicher bin) die Deskriptivität deines Schreibstils hier. Gerade bei so einem Thema. Menschen mit diesen psychischen Problemen leben in einem Käfig aus Angst, den sie sich gegen ihren Willen selbst gebaut haben und nicht mehr einreißen können. Gibt, soweit ich das sehe, kaum Menschen die mehr Angst haben, als diese. Ängste, die ihnen teilweise schon beim gewöhnlichen Gang zum Supermarkt den Magen schmerzhaft umdrehen.
Davon ist in deiner Kurzgeschichte aber nichts zu finden. Für Herrn Goldstein schwierige Situationen werden zwar beschrieben:
Zitat: | Obwohl sein Ärger anstieg, tat er es immer gleich, wenn er das Haus verließ. Vor der Haustüre lauschte er noch einen Augenblick dem Klingeln der Glocke, dann blickte er in alle Richtungen. Waren viele Spaziergänger unterwegs, zog er den Kragen des Mantels über seine Wangen, den Hut drückte er tief über die Stirn, damit ihn niemand sehen konnte.
Die Pflastersteine bereiteten ihm Kopfzerbrechen. Was, wenn er fiele? Im nächsten Moment wären die Taschen leer; der feste Schlag auf den Hinterkopf hätte ihn bewusstlos zu Boden gleiten lassen.
So hob er also die Beine an und sprang bald von Stein zu Stein, bis er am Ende der Gasse den Platz untersuchte. |
Aber sie werden nicht mitgefühlt. Das (wahnwitzige) Problem wird genauso sachlich aufgeworfen, wie es wie gelöst wird.
Man könnte in den Pflasterrillen stoplpern - Das könnte jemand ausnutzen um einen niederzuschlagen - Deshalb hüpft man von Stein zu Stein - fertig.
Vielleicht wolltest du es mit Absicht so nüchtern darstellen, um das Absurde des ganzen noch zu unterstreichen. Allerdings ist ja der ganze Text so deskriptiv.
Mir fehlt hier einfach das Gefühl, dass dem Leser das Schicksal des Herrn Goldstein erst greifbar machen würde.
Besonders gefallen hat mir aber, wie Goldstein sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der ganzen Stadt wähnt (oder fürchtet)
Zitat: | Es hätte ihn nicht verwundert, würden bereits die Zeitungen berichten: „Herr Goldstein soeben in die Straßenbahn gestiegen.“ |
Da musste ich schmunzeln
Alles in allem war es recht interessant zu lesen
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Alogius Kinnbeber
Alter: 47 Beiträge: 3206
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27.08.2009 13:10
von Alogius
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Hi,
wie Menschen mit solchen Ängsten leben (NICHT wie sie sich fühlen, denn das können wir nur erahnen!), ist mir bekannt. Habe eine Weile in der Psychiatrie gearbeitet, dort sind mir einige Menschen begegnet, die an ihrer Umgebung und auch in sich selbst, beschönigend gesagt, gescheitert sind. Mir ist also klar, dass ein Text in diesem Stil dem so niemals gerecht werden kann.
Das ist aber auch nicht mein Ansinnen, nicht mein Anspruch.
Die deskriptive Weise, wie Goldsteins Leben umrissen wird, die Sachlichkeit, der befremdliche leise Humor und die kalte Feststellung am Ende, dass es kein Ende oder keine Veränderung gibt, sind einzig der Grundgedanke des Textes. Er soll nicht belehren, er soll nicht en detail aufzeigen, wie eine Psychose verläuft oder ausschaut.
Einzig die Tatsache, dass -in diesem Fall jetzt- es keinen Ausweg gibt, ist wichtig (hier).
Natürlich hätte ich extrem ausufern können, Ellipsen einbringen, Gedankenfetzen, wirre innere Monologe aufschreiben können. Da aber dem Text hier nicht daran gelegen ist, weil die Sichtweise auf Goldsteins Störung nur "leise" und einfacher dargestellt sein soll, um letztlich auch den finalen Stillstand (der ein Kreis ist) zu dokumentieren, kann ein anderes Herangehen sicher die oben genannten Aspekte enthalten - hier aber sehe ich das problematisch.
Wären seine eigenen Gedanken Hauptthema bzw. Intention meines Textes, könnte ich den Bedenken also zustimmen.
So leider nicht.
Danke
Gruß
Tom
_________________ Aus einem Traum:
Entsetzter Gartenzwerg: Es gibt immer noch ein nullteres Fußballfeld. Wir werden viele Evolutionen verpassen.
Busfahrer: Tröste dich. Mit etwas Glück sehen wir den Tentakel des Yankeespielers, wie er den Ereignishorizont des Schwarzen Loches verlässt. |
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