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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

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Beitrag31.07.2009 08:02

von MT
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Liebe Mondblume,

vielen Dank für Deine detaillierte Kommentierung. Zur "Tiefe" der Geschichte ist ja bereits Einiges gesagt worden. Da werde ich mich ransetzen. Die weiteren Punkte werde ich überarbeiten, vor allem das Ende (warum ist Marco abgehauen...)

Besten Dank.

MT
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
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Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag03.08.2009 17:52

von MT
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Moinsen,

wäre denn dieser Einstieg aus Eurer Sicht besser?:

Mansour kauerte unter einer Brücke und sah dem wabernden Nebel zu über dem Fluss. Schlick klebte am Ufer. Die Luft war moder- und uringetränkt und von irgendwoher gellte eine Schiffsirene.

Sein ganzer Leib zitterte. Kriechende Novemberkälte. Er dachte an seinen Sprung aus dem Fenster, erst wenige Stunden her. Seine Zelle hatten sie mehrfach gesichert. Kameras und eine Lichtschranke spähten sie aus. Patrouillierende Wachmänner taten beiläufig, wenn sie vorbeizogen. Doch alle staatliche Wachsamkeit hatte sie nicht bemerkt, die Stelle hinter seinem Bett. Die Stelle in der Wand, an der er seit Monaten mit dem Tafelmesser gekratzt hatte. Mansour das Messer. Seit der Tat damals nannten ihn alle so in seinem Viertel. Er wusste es von den Besuchen, die seine Leute ihm abstatteten. Sie alle waren stolz auf ihn. Auf ihn und das Geschehene, für das er saß und das für alle gerecht war.

(...)

Bedankt

MT
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Ralphie
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Beitrag03.08.2009 18:14

von Ralphie
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Was sind schwere Mörder? Wer ist er? Namen sind das A und O einer Geschichte, vor allem am Anfang.
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Fahrender Gaukler
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Beitrag03.08.2009 18:23

von Fahrender Gaukler
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Ich stimme Ralphie zu, aber das bezog sich ja noch auf die erste Fassung des Anfangs. Bei dem neuen hier wurde der Name ja gleich genannt. Passt.

Eine Anmerkung nur:

Zitat:
Mansour kauerte unter einer Brücke und sah dem wabernden Nebel zu über dem Fluss.


Merkwürdige Syntax.

Besser:
Mansour kauerte unter einer Brücke und sah dem wabernden Nebel über dem Fluss zu.

Oder noch besser:
Mansour kauerte unter einer Brücke und sah zu, wie der Nebel über den Fluss waberte.

Variante 2 macht aus dem Adjektiv das Verb, was den Satz aktiver gestaltet.

Davon abgesehen liest sich der Anfang flüssig.


Gruß,

~~Der Gaukler


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Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

(Mark Twain)
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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag03.08.2009 18:24

von EdgarAllanPoe
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"Schwere Mörder" beziehen sich wahrscheinlich auf den Grad ihrer Verbrechen: Mord aus niederen Beweggründen, Sadismus ... also kein Affekt. Etwas ungeschickt formuliert: Wie wäre es mit "gefährliche Mörder"?

_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

Life is what happens while you are busy making other plans.
- JOHN LENNON, "Beautiful Boy"

Uns gefällt Ihr Sound nicht. Gitarrengruppen sind von gestern. (Aus der Begründung der Plattenfirma Decca, die 1962 die Beatles ablehnte.)
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MT
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Beitrag03.08.2009 18:29

von MT
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Ralphie: Na, da war wohl die Altversion im Blicke.

Fahrender Gaukler:  
Zitat:
Besser:
Mansour kauerte unter einer Brücke und sah dem wabernden Nebel über dem Fluss zu.

Oder noch besser:
Mansour kauerte unter einer Brücke und sah zu, wie der Nebel über den Fluss waberte.

Für eine der beiden werd ich mich entscheiden. Merci.

EEPoe: Sind Mörder nicht immer gefährlich...

Besten Dank an Euch!!

MT
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EdgarAllanPoe
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Die Tauben
Beitrag03.08.2009 18:33

von EdgarAllanPoe
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Zitat:
EEPoe: Sind Mörder nicht immer gefährlich...


Ja, das sind sie in der Tat. Ich wollte dir an meinem Beispiel allerdings verdeutlichen, dass "schwere Mörder" ein unpassender Ausdruck für ihre Gefährlichkeit ist - wie du sicherlich bemerkt hast.
Dein neuer Anfang liest sich übrigens recht flüssig.


_________________
(...) Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber. Paul Celan

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Ralphie
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Beitrag03.08.2009 18:38

von Ralphie
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Noch besser: Mansour kauerte unter einer bruchsteinernen Bogenbrücke. Schwer atmend schaute er dem Nebel zu, der wie Fetzen über den Fluss wallte.

So haben wir ein hässliches "und" und das "sah" vermieden.
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Fahrender Gaukler
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Beitrag03.08.2009 18:40

von Fahrender Gaukler
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Ralphie hat Folgendes geschrieben:
Noch besser: Mansour kauerte unter einer bruchsteinernen Bogenbrücke. Schwer atmend schaute er dem Nebel zu, der wie Fetzen über den Fluss wallte.

So haben wir ein hässliches "und" und das "sah" vermieden.


Melde: Zustimmung. Ralphie hat es einfach drauf!


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(Mark Twain)
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

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Beitrag03.08.2009 20:05

von MT
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Zitat:
Melde: Zustimmung. Ralphie hat es einfach drauf!


Oh, ja!

Bedankt.

MT
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Gast







Beitrag04.08.2009 09:28

von Gast
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Hallo MT,

und nun kommt auch noch der Bobbi. Es wurde im Grunde ja schon alles gesagt. Nur eines ist unerwähnt geblieben. Das Perspektivproblem. Mansour ist bereits ausgebrochen, als die Geschichte ihren Anfang nimmt. Somit ist alles nach dem „Nebel“ eine Rückblende. (PQP)

Grüße

Bobbi
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Marten
Reißwolf

Alter: 50
Beiträge: 1660



Beitrag04.08.2009 11:08

von Marten
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Hallo

Zitat:
Moinsen,

wäre denn dieser Einstieg aus Eurer Sicht besser?: (Nein, aber auch nicht schlechter wink )


Mansour kauerte unter einer Brücke und sah dem wabernden Nebel zu über dem Fluss. (Ralphies Version ist griffiger und kommt weniger romantisch rüber, er hockt unter ner Brücke und guckt sich den Nebel an – warum? Gefühle?; Mansour kauerte schwer atmend unter einer bruchsteinernen Bogenbrücke. Aufmerksam spähte er in den Nebel, der wie Fetzen über den Fluss wallte und ihn nur zeitweise vor den Blicken seiner Häscher verbarg. ) Schlick klebte am Ufer. (Warum, welche Aufgabe hat der Schlick? Welche Bedeutung? Beschreibe den ekelhaften feuchten Schlick, welcher sich mit beißender Kälte durch die Schuhe? Kleidung frisst. Dabei frage ich mich gerade in welchem Zustand befindet sich seine Kleidung und was wurde dort zu dieser Zeit getragen?) Die Luft war moder- und uringetränkt und von irgendwoher gellte eine Schiffsirene. (Nicht irgendwoher, nahe gefährlich nahe gellt die Sirene, der hat schiss gefunden zu werden da interessiert nicht irgendeine Sirene von irgendwoher. Lass ihn noch weiter in die Ecke kriechen um nicht gefunden zu werden, er hat angst, ja auch „schwere“ Mörder haben angst.)

Sein ganzer Leib zitterte. Kriechende Novemberkälte.(einbauen nicht einfach so stehen lassen, „Hallo kriechende Novemberkälte, wie geht es uns denn heute?“) Er dachte an seinen Sprung aus dem Fenster, erst wenige Stunden her. (Ließt sich scheiße, umstellen! Ich schlage vor die wenigen Stunden an den Anfang des Absatzes zu verschieben, das gibt dem Leser ein besseres Zeitgefühl; „nach so weniger Zeit zittert der Junge schon, muss ganz schön kalt sein“ verstehst du was ich meine? nur ein Vorschlag) Seine Zelle hatten sie mehrfach gesichert. Kameras und eine Lichtschranke spähten sie aus.  (mehrfach gesichert ist überflüssig, du gehst ja auf die Sicherheitsmaßnahmen im Einzelnen ein,  dabei würde ich die Position und Aufgaben beschreiben, Kameras blickten in die Zelle , Lichtschranken sicherten den Ausgang, als Insasse ist es NUR ein Ausgang niemals ein Eingang usw.)  Patrouillierende Wachmänner taten beiläufig, wenn sie vorbeizogen. Doch alle staatliche Wachsamkeit hatte sie nicht bemerkt, die Stelle hinter seinem Bett. Die Stelle in der Wand, an der er seit Monaten mit dem Tafelmesser gekratzt hatte.(Glaube ich nicht. Es geht ja nicht nur um die Stelle im Verborgenen sondern auch die Aktion des Kratzens, welche Anstrengungen mussten unternommen werden um all das zu verbergen? Bei dir ließt es sich als wäre es einfach auszubrechen, dann ist es auch nichts Besonderes.) Mansour das Messer. (Zu lang, nicht griffig, MesserMansour, das Messer, es kommt auf die Herkunft und das soziale Umfeld an, evtl. überdenken!) Seit der Tat damals nannten ihn alle so in seinem Viertel. Er wusste es von den Besuchen, die seine Leute ihm abstatteten. Sie alle waren stolz auf ihn. Auf ihn und das Geschehene, für das er saß und das für alle gerecht war.


Das sind nur meine persönlichen Anmerkungen, gestalte es nach deinem Geschmack! Evtl. hilft dir ja das Eine oder Andere.

LG Marten


_________________
Und so erkannten die Großen derer, dass was sie einst sagten, auch gegen sie verwendet werden kann!

Die einzigen Zeilen für deren Veröffentlichung ich bezahlen werde, sind die auf meinem Grabstein und selbst das werde ich nicht mehr erleben.

Life is a long way, in a short time, we are allways on the run!
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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 52
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Beitrag05.08.2009 15:54

von MT
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So, Ihr Lieben,

nur, um Euch zu zeigen, dass ich lernfähig bin - hier der überarbeitete Anfang, der m. E. jetzt bleiben kann:


Mansour kauerte unter dem Bogen einer Sandsteinbrücke. Schwer atmend schaute er dem Nebel zu, der wie Fetzen über dem Fluss hing. Die Luft war moder- und uringetränkt, und eine Schiffsirene dröhnte bedrohlich nah. Sein ganzer Leib zitterte. Novemberkälte kroch ihm unter die Haut. Er dachte an seinen Sprung aus dem Fenster, erst wenige Stunden her. Seine Zelle hatten sie ordentlich gesichert. Kameras und eine Lichtschranke spähten sie aus. Patrouillierende Wachmänner taten beiläufig, wenn sie vorbeizogen. Doch alle staatliche Obacht hatte sie nicht bemerkt, die Ecke hinter seinem Bett. Die Stelle in der Wand, an der er seit Monaten mit dem Tafelmesser gekratzt hatte. Mansour das Messer. Seit der Tat damals nannten ihn alle so in seinem Viertel. Er wusste es von den Besuchen, die seine Leute ihm abstatteten. Jeder war stolz auf ihn. Auf ihn und das Geschehene. Sie nannten es gerecht.

Danke nochmals für die vielen Anmerkungen Eurerseits!

MT
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wizenheim
Geschlecht:männlichWortedrechsler

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Beiträge: 51



Beitrag07.08.2009 23:18

von wizenheim
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hi MT
ich frage mich die ganze zeit, was du mit diesem text willst. Das langweiligste an der ganzen geschichte ist der Ausbruch aus dem gefängnis.
Du beschreibst wie er sich die Finger blutig scheuert um nach draussen zu kommen. Dies kann man vielleicht nebenbei erwähnen ist aber kaum die halbe textlänge wert. Wenn die Flucht selbst wichtig sein soll, dann schreib es auch so, beschreib die Angst erwischt zu werden. Wie er sich in fast in die hose macht vor angst, als der Wachmann auf seinem Rundgang stehen bleibt und sich umdreht, weil er irgend ein komisches Geräusch gehört hat.

Nichts für ungut.
Aber meiner Meinung nach muß das ganze genau umgekehrt sein.
Alles andere, das was du da so nebenbei erwähnst, warum er ins gefängnis mußte, wie sehr er das Mädchen geliebt hatte, wie groß der hass auf ihren mörder, der auch noch schuld an seiner strafe hat, ist viel wichtiger interessanter und spannender als der von dir, zwar mit viel text ausgestattete, aber wenig sagende ausbruch aus dem knast.

Also alles um den Ausbruch herum ist wichtiger als der Ausbruch selbst.
Seine Trauer um das Mädchen, sein in den Tag hineinleben innerhalb des knastes da sein Mädchen tod ist, welche rachegefühle er hegt, beschreibe mansour und seine gedanken.

eine frage noch was hat mansour eigentlich getan, dass die ganze Straße in voller hochachtung und Respekt, von ihm spricht?


Eins noch, ich will dir nicht ans bein pinkeln, ich bin hier selbst noch absoluter neuling, dein Text hat zumindest soviel zu bieten, dass man drüber nachdenkt, und dass du sehr viele Antworten und Reaktionen bekommen hast


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MT
Geschlecht:männlichReißwolf

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Beitrag19.08.2009 08:45

von MT
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Hallo Witzenheim,

tja, worauf will ich hinaus? Vielleicht ganz einfach nur auf ein Einzelschicksal, das so oder ähnlich ständig im Land geschieht. Schade, dass Du die Geschichte langweilig findest. Aber einen Ausbruss-Reißer lag mir bei Leibe fern. Es ist für mich gerade diese Erzählruhe, aus der die Geschichte nach meinem Geschmack Kraft (und auch Spannung) schöpft. Klar: Damit spricht man nicht jeden an. Und nein: Es muss nicht genau umgekehrt sein. Damit würde die Aussage zerstört.

Ein Letztes: Mein Bein ist nicht nass geworden.Cool

LG

MT
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wizenheim
Geschlecht:männlichWortedrechsler

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Beiträge: 51



Beitrag19.08.2009 17:08

von wizenheim
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hi
ich bin es noch einmal

scheinbar hast du mich nicht verstanden, oder wir beide reden aneinander vorbei

Meiner Meinung nach schreibt man entweder; um, dem Leser etwas mitzuteilen, dann wäre es ein Fach- oder Sachbuch; oder man schreibt eine Geschichte.

Eine Geschichte ein Gedicht oder einen Roman schreibt meiner Meinung nach um dem Leser etwas zu geben.
Etwas mit dem er in eine andere Welt flüchten kann, sich in andere Personen hineinversetzen kann, sich mit dem Protagonisten identifizieren kann. Etwas zum überdenken.

Man schreibt doch kein allerwelts zeug nur damit da ein paar buchstaben hintereinander aufgereit sind.


Ein Roman sollte meiner Meinung nach den Leser in seinen Bann ziehen, und zwar so sehr, dass er; wenn er zum beispiel eine liebesszene lesen würde, derart erregt ist, das er/sie das buch aus der Hand legt und sofort mit seinem Partner schlafen möchte;
oder wenn etwas schreckliches passiert, dann soll der Leser/in schockiert sein.
Oder, wenn man eine ekelige Szene beschreibt, dann; so meine ich; sollte man es so plastisch beschreiben, dass der/die Leser/in das Gefühl kotzen zu müssen, und aufregendes soll bei dem Leser/in fast eine herzinfarkt verursachen.

Wenn man dem Leser eine Geschichte oder einen Roman übergibt, bzw. er kauft ihn wie auch immer, dann sollte der Leser, dadurch etwas gewinnen und bekommen.

Mit deiner Version stiehlst du deinem Leser jedoch nur die Zeit.

Deine grundsätzliche Idee ist in Ordnung. Den gesamten Text würde ich wohl als Vorlage, als Inhaltsangabe, oder als Grundaufbau für eine Geschichte akzeptieren.

Aber, du kannst dies doch nicht ernsthaft als vollständiges Werk betrachten wollen.

Das ganze liest bisher so flach, ohne Emuzionen, einfach nur langweilig.

Also, was ich dir sagen will ist, dass du so meine ich zumindest, das Zeug dazu hättest, die Geschichte aus zu arbeiten, und Leben hineinzubringen.

Nur so wie jetzt, ist der aktuelle text  reine Zeitverschwendung. Für Dich, und für die, die ihn lesen sollen.


Also, tu mir den Gefallen und arbeite ihn aus.


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Bananenfischin
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Silberne Harfe



Beitrag19.08.2009 18:57

von Bananenfischin
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Hallo MT,

habe den neuen Anfang erst jetzt entdeckt. Gefällt mir gut, und ich bin gespannt auf die restliche Überarbeitung.  Very Happy


@wizenheim:
Ich denke, MT hat dich schon verstanden. Aber du schreibst doch selbst "meiner Meinung nach ..." Und das ist es eben: Deine Meinung. Mehr nicht. Der Autor ist doch nicht verpflichtet, sich unseren Vorschlägen anzuschließen und schon gar nicht, uns einen Gefallen zu tun. Vermessen finde ich es zu behaupten, das Lesen sei für alle Zeitverschwendung. Wenn das für dich so war, okay. Für mich zum Beispiel gilt das nicht.


Liebe Grüße
Bananenfischin


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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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MT
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Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag19.08.2009 23:08

von MT
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Moin zusammen,

@bananenfischin: Ich versuche morgen (Donnerstag) vor meiner Abreise in den Urlaub noch den überarbeiteten Text einzustellen. Ich habe - nach den ganzen Rauf-und-Runter-Kritiken - ehrlich gesagt gar nicht mehr damit gerechnet, dass irgendjemand tatsächlich noch daran interessiert ist. Umso mehr: Tausend Dank für Dein Interesse!! Laughing

@Wizenheim: Schade, dass ich Dich nicht erreichen konnte. Das geschieht eben, wenn es nicht geradeaus geht. Was ich allerdings in hohem Maße bedauerlich finde, ist Deine Art der Kritik. Ich stimme bananenfischin zu: Du verwechselst (objektive) Kritik mit (subjektivem) Geschmack. Das ist gefährlich (vor allem hier im Forum...). Das Ergebnis ist, dass ich mit Deiner Kritik nichts anfangen kann. Und das kann wohl auch nicht von Dir gewollt sein.

MT
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MT
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Beitrag20.08.2009 10:30

von MT
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So, hier nun die vollständig überarbeitete Fassung. Habe auch den Inhalt etwas umgestrickt und zugleich einen neuen Titel gewählt.

Tausend Dank an Euch Exclamation


Glaubensfragen

Mansour ist schweißgebadet. Er hockt auf dem Boden seiner Zelle. Schnell, stoßweise atmet er ein und aus. Rinnsale laufen ihm von der Stirn, das Salz der Poren beißt in den Augen. Er hat es lange aufgegeben, die Nächte zu zählen, die ihm solche Kraft, solche Ausdauer abverlangen. Solchen Mut.

Sein Raum ist ordentlich gesichert. Kameras und eine Lichtschranke spähen ihn aus. Patrouillierende Wachmänner wollen beiläufig wirken, wenn sie durch den Türschlitz lugen. Doch alle staatliche Gewalt hat sie nicht bemerkt, die Ecke hinter seinem Bett. Die Stelle an der Wand, an der er seit Monaten mit dem Tafelmesser kratzt. Wenn seine Leute wüssten, was er hier treibt. Vielleicht würden sie ihn wieder respektieren. Drei Jahre liegt der Vorfall jetzt zurück. Drei Jahre ohne Ehre. Er weiß: Die wird er nie wieder erlangen. Doch darum geht es ihm nicht.

Unermüdlich bearbeitet er die feuchten Tonklinker des Altbaus und den lehmigen Mörtel mit der stumpfen Klinge. Ikbal, die ihm damals versprochen war, hat es ihm zugesteckt eines Tages im Gästeraum. Sie hat ihn umarmt und das Metall in Mansours Hosentasche gleiten lassen. Mit aufgerissenen Augen sah er sie an und küsste sie unversehens, küsste sie so lange, bis der Wachmann ihre Münder voneinander trennte. Danach ist Ikbal nie wieder gekommen.

Wenn das Messer an der Mauer nagt, am Weg in die Freiheit, dann kämpft David gegen Goliath. Die Hände schmerzen nur noch selten. Sie sind trainiert, sind Marathonläufer geworden in den unzähligen Nachtschichten.
Vorsicht. Im Gang: Ein Geräusch? Mansour starrt zur Tür. Geht der Schlitz auf? Nein, er hat Glück. Alles still.

Irgendwann, es war während der Mahlzeiten, erfuhr er vom Nebengebäude, dem alten Trakt der Staatsanwälte, die umgezogen waren in neue Büros. Er hörte, wie sich die anderen am Tisch, Deutsche zumeist, über Fluchtwege besprachen. Die Salpeterausblühungen am Mauerwerk verbuchten sie als Vorteil, so wie das Alter des Alarmsystems. Mansour hörte zu und speicherte ab. Er aß mit gesenktem Kopf. Er wusste, die anderen am Tisch glaubten von ihm, er verstehe ihre Sprache nicht. Selten redete er ein Wort, und wenn die anderen ihn herausforderten, mit versteckten Boxhieben oder Kniffen reizten, leistete er keine Gegenwehr. Er ließ sie gewähren und lächelte, mit seinen Gedanken unentwegt bei Ikbals Messer.

Die verwaisten Räume liegen hinter seiner Zelle, hinter seinem Kopf. Er beginnt immer in der Nacht, und am Tag schiebt er das alte Holzbett davor. Das Loch, gut einen halben Meter breit, hat inzwischen bröselnd an Tiefe gewonnen, Stunde für Stunde, Monat für Monat. Die Schuttkrümel lässt er in seinen Hosentaschen verschwinden und verteilt sie am folgenden Tag beim Hofgang unter den Büschen. Wie immer unterbricht er sich auch diesmal beim Kratzen, setzt sich zu Boden und versucht, mit dem Fuß einen Durchbruch zu erzwingen. Er liegt auf dem Rücken und tritt mit dem rechten Bein tief hinein in die Öffnung. Plötzlich lösen sich vereinzelte Brocken. Wenige Millimeter zuerst, sie sind hartnäckig. Doch schon lässt Mansour weitere Tritte folgen, sein Herz galoppiert in der Brust. Unablässig stößt er jetzt hinein in die Höhle. Getrieben von einer Hast, die er schon vergessen glaubte, tritt er wieder und wieder zu, unterbricht sich, hustet in seine Armbeuge, atmet durch, stampft weiter. Und als er schon nicht mehr daran glaubt, als er sich schon weitere Nächte Arbeit verordnet hat, fällt der erste Stein. Mansour kann es nicht fassen. Ist er wirklich durch? Seine weit aufgerissenen Augen, die Atmung, rasend wie nach dem Boxtraining. Er blickt durch die Öffnung, sein Körper umhüllt von Gänsehaut. Als er begreift, was soeben geschieht, richtet er sich auf, schnappt seine Jacke und schlängelt sich durch den Tunnel. Im verlassenen Büro eines Staatsanwalts öffnet er das Fenster, spring auf die Wiese, zwei Stockwerke hinab und rennt davon.

Bald erreicht er die Trasse der Straßenbahn. Die läuft er jetzt entlang. Seine Oberschenkel brennen, sie kennen keine Landstrecke mehr. Unter dem Bogen einer Sandsteinbrücke zwingt er sich zu einer Pause. Schwer atmend schaut er dem Nebel zu, der wie Fetzen über dem Fluss hängt. Die Luft ist moder- und uringetränkt hier unten. Eine Schiffsirene dröhnt in der Nähe. Sein ganzer Leib zittert. Novemberkälte kriecht unter die Haut. In seiner Hand betrachtet er das Messer, seinen Schlüssel. Er umschlingt ihn mit der Faust, bis die Knöchel weiß werden. Es ist bereits hell, schüchterne Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch dunkle Wolkenberge. Mansours Blicke sichern nach allen Seiten, vielleicht sucht man ihn schon, hat schon seine Grabung entdeckt.

Er richtet sich auf, läuft zur nächsten Haltestelle und nimmt Linie elf. Er steigt hinten ein. Immer wieder schaut er zurück, dreht sich nach links, nach rechts. Er prüft Gesichter, befürchtet Verfolger. Aktentaschen wischen an ihm vorbei und weiße Hemden mit Krawatten. Büroalltag beginnt. Am Bahnhof sucht er eine Anschlussverbindung und fährt drei Stationen. Beim Aussteigen rempelt ihn eine alte Frau an, Mansour weicht zur Seite. Sie ist sehr dick, diese Frau, und trägt unzählige Plastiktüten mit sich herum. Der Gestank, den sie verbreitet, schnürt die Kehle zu.

Mansour lässt einige Blocks hinter sich und läuft zum alten Fabrikgelände. Die Betonruine stand schon damals leer, als die Tat geschah. Die Fensterscheiben eingeschmissen, die Wände mit Graffiti beschmiert wie die Mauer, die vor langer Zeit die Stadt in zwei Teile trennte. Mansour bleibt stehen. Zwei Tauben klatschen plötzlich aus einem der Gebäude und schießen in die Wolken. Von Fern klingt Hundegebell herüber. Mansours Blickte kreisen umher. Die Luft ist erfüllt von zerschmortem Gummi, von kalter Asche und er glaubt, noch immer das warme Blut spüren zu können an seinen Händen. Magensäure steigt in ihm auf und brennt in der Kehle. Unweigerlich muss er an seinen Jambia denken, seinen Krummdolch, das Geschenk seines Vaters. Alte Familientradition.
Mansour starrt zu Boden. Hier ist es geschehen, genau an dieser Stelle. Der Ort legt ihm einen Strick um den Hals und zieht an. Hitze steigt ihm ins Gesicht. Die Zeit hat die Spuren der Tat fortgespült. Hier kniete er dereinst, beugte sich über das Mädchen, das zusammengesunken war mit dem Jambia in der Bauchhöhle, mit der Familientradition. Jetzt sieht Mansour die Bilder von damals wieder deutlich: Die Kerle, die um ihn herum standen, getrennt in zwei Lager. Fein säuberlich getrennt, mit deutscher Gründlichkeit. Kahlgeschorene Köpfe, hochgeschnürte Stiefel. Gegenüber die Freunde, den gleichen Hass in den Augen. Ein Hass, der über Generationen gereift ist und der sich ausgebreitet hat unter ihnen und ihren ewigen Gegnern wie ein Virus. Mansour erinnert sich an die Blicke aus blauen wie aus braunen Augen. Sie alle zeigten, dass man einen Entschluss gefasst hatte, einen stillschweigenden, verbotenen Pakt eingegangen war. Er lautete: Lasst uns abhauen. Und alle hauten ab. Bis auf Mansour, der dem Mädchen den Dolch aus dem Bauch zog und der die Wunde zudrückte mit seinem Halstuch. Die junge Frau starb noch am Unfallort. Mit der Hand schloss Mansour die geschminkten Augenlider. Dann traf auch schon die Polizei ein und nahm ihn, der blutverschmiert war, mit. Zu sieben Jahren wurde er verurteilt. Der Anwalt, den sie ihm von Amts wegen gestellt hatten, sprach von Angemessenheit.
Mansour kneift sich in die Nasenwurzel, er schüttelt den Kopf, die Erinnerung soll verschwinden. Ein einziges Ziel, sein Ziel vor Augen setzt er sich wieder in Bewegung.

Es gibt ihn noch, den großen Elektronikmarkt. Mansour spielt Kunde, lächelt beim Hineingehen die beiden Herren in Uniform an. Privates Wachpersonal, Pitbulls in mausgrau. Mansour muss nicht lange suchen, um zu finden, was er braucht. Er nimmt das Diktiergerät vom Regal, packt es aus und lässt den Karton auf die Erde fallen. Ein sanfter Tritt befördert ihn unter die Auslage. Zwei Gänge weiter zieht er noch ein Päckchen Batterien von der Stange und verstaut es ebenfalls in der Jackentasche. Als er die Kasse passiert wünscht er der Frau hinterm Tresen einen angenehmen Tag. Gelangweilt schaut sie auf und wünscht dasselbe.

Es ist spät am Abend, als er die vier Männer aus seinem Gebüsch im Stadtpark endlich sieht. Sie gehen auf der anderen Straßenseite. Er kennt sie alle. Und auch der eine ist dabei, der, auf den es Mansour abgesehen hat. Marco heißt er. Seinen Namen hat er sich vertikal an die linke Halsseite tätowieren lassen. Die Vier schlendern mit Überheblichkeit gegenüber Jedermann. Wer ihnen entgegenkommt, hat auszuweichen, hat die Straße freizugeben, die ihnen gehört. Vorsichtig, in gebückter Haltung, nimmt Mansour ihre Verfolgung auf. Im Schutz der Bäume und der Dunkelheit heftet er sich an ihre Fersen, bis die Gruppe der Männer sich irgendwann auflöst und Marco allein ist und kurz darauf auch schon einen der Blocks betritt. Noch bevor die Tür hinter ihm ins Schloss fällt, steckt Mansour einen Fuß dazwischen, hört Schritte auf der Treppe nach oben steigen und bald darauf ein Türschloss knacken. Die Luft ist rein, Mansour schleicht in den Hausflur und kriecht unter den Treppenvorsprung gegenüber dem Eingang. Die automatische Beleuchtung erlischt. Er lauert. Hin und wieder springt das Licht an, Menschen gehen ein oder aus. Sind Springerstiefel darunter? Sein Puls vibriert, wenn Mansour sich mit dem Kopf aus der Deckung wagt. Sein Rivale lässt auf sich warten. Stunden ziehen dahin wie zäher Kaugummi. Am Himmel steigt allmählich die Sonne empor. Mansour stemmt sich eben gegen die tonnenschwere Last seiner Augenlider, als er plötzlich aufschreckt: Marco kommt die Treppe herunter und kontrolliert seinen Briefkasten. Er steht gute zwei Meter von Mansour entfernt, dessen Blick sich sofort festbeißt an der Tätowierung. Einer Raubkatze gleich springt Mansour auf den anderen zu und nimmt ihn hinterrücks in den Würgegriff. Mit der anderen Hand packt er Marcos linkes Handgelenk, dreht es nach hinten und drückt es zwischen die Schulterblätter. Marco schreit auf. Er versucht sich zu drehen und mit dem Ellenbogen den Körper seines Angreifers zu treffen, sich aus der würgenden Armbeuge zu befreien. Doch es gelingt nicht. Mansour lässt Kräfte wirken, gegen die der Überwältigte nichts ausrichten kann; blitzschnell zieht er ihn zur Kellertreppe, zerrt ihn hinab und reißt ihn in dem dunklen Gewölbe zu Boden.

„Lass verdammt noch mal meinen Arm los“ schreit Marco.
„Hör auf zu Brüllen, Scheißkerl.“ Mansour gibt den Arm frei, zieht dafür aber seinen Würgegriff an.
„Was willst du, Knoblauchfresser, mich erwürgen?“
„Ja, vielleicht. Vielleicht will ich dich erwürgen. Vielleicht will ich dich aber auch einfach nur abstechen und verbluten lassen, wie ein geschlachtetes Schwein.“
„Seit wann bist du draußen?“ Marcos Stimme klingt verzerrt, der Arm um seinen Hals presst auf den Kehlkopf.
„Ich bin nicht draußen.“
„Was?“, fragt Marco.
„Ich habe nur etwas zu erledigen.“
„Und was willst du von mir?“
Mansour greift in seine Jackentasche. Er holt das Tafelmesser hervor, das er seinem Vordermann präsentiert.
„Was zum Teufel soll das?“ Marco scheint tatsächlich beeindruckt. Mansours Befürchtung, das könnte nicht so sein, war unbegründet. Er nimmt das Messer zurück, holt mit derselben Hand jetzt das Diktiergerät hervor, drückt den Aufnahmeknopf. Dann setzt er dem anderen die Klinge an die Nieren und verursacht ein Zucken bei ihm.
„Wie ist dein Name?“ Mansour spricht leise.
„Sag mal bist du bescheuert?“
Mansour drückt die Klinge in die Daunenjacke
„Schon gut. Ich, ich heiße Marco Brandt.“
„Dein Alter und deine Anschrift.“
„Was soll der Schwachsinn?“
„Alter und Anschrift sage ich!“ Mansour flüstert.
Der andere erteilt die Auskunft und er beantwortet auch viele Fragen, die Mansour jetzt folgen lässt. Ein lang geplanter Katalog wird abgearbeitet. Immer, wenn Marco stockt, zuckt die Klinge unter seinen Rippen auf und er gehorcht. Als Mansour gehört hat, was gehört werden musste, verstaut er das Messer in seiner Tasche und nimmt auch das Diktiergerät an sich. Zum Abschied reißt er noch einmal seinen Würgegriff an und schleudert Marco zur Seite, der sich gekrümmt auf dem Boden wälzt.
„Damals hat man sich erzählt, du wolltest aussteigen.“ Mansour steht schon mit einem Bein auf der Treppe.
„So, was du nicht sagst“, Marco lacht bitter auf. „Vielleicht stimmt es ja, was man sich erzählt hat damals. Ja, vielleicht wollte ich aussteigen. Aber dann bist bekanntlich du Arschloch dazwischen gekommen.“
„Es ist nie zu spät.“ Mansour dreht sich um und verschwindet.

Am selben Tag, einige Stunden später, wacht der Pförtner am Haupttor des Gefängnisses durch das Schrillen der Eingangsklingel auf. In seinem Monitor sieht er einen Mann vor der Sicherheitstür stehen.
„Was wollen Sie?, fragt der Pförtner durch die Sprechanlage.
„Ich bin hier zu Hause“, sagt der Mann.  

Der Pförtner stutzt, blickt jetzt genauer auf den Bildschirm und löst sofort Alarm aus. Mansour lässt sich von den Wachen abführen.
Sie haben eine neue Zelle für ihn vorgesehen. Er legt sich auf die Pritsche und starrt an die graue Decke. Wieder denkt er an damals, als er versuchte, sich den Jambia zurückzuholen, den Marco ihm in der Schlägerei entrissen hatte. Alles schrie und prügelte aufeinander ein. Blutende Nasen, zerfetzte Jacken, geschwollene Augen. Fäuste flogen, Klingen blitzten auf und suchten ihre Ziele. Baseballschläger pfiffen durch die Luft, und Schuhe mit Stahlkappen hielten den Asphalt sauber. Mansour hatte seinen Gegner im Schwitzkasten und langte mit seiner freien Hand nach der des anderen, nach Marcos Pranke, die den Dolch führte. Von der Seite sah Mansour seinem Gegner in die Augen. Wut, Trauer, Verzweiflung lagen darin. Die vor Starrheit zitternde Iris verriet einen Auftrag: Hier musste eine Schande gesühnt werden. Marco schrie unentwegt: „Das wirst Du büßen, Du Scheißkerl. Büßen wirst Du es.“ Im Gemenge drehte sich plötzlich das Mädchen zu ihnen um, eine junge Frau mit schwarzem Haar. Sie versuchte, die beiden Männer voneinander zu trennen, den Kampf zu beenden. Doch sie geriet ins Straucheln, verlor die Kontrolle über ihre Bewegungen, stolperte. Ihre Arme suchten Halt. Halt bei Mansour, der die Nacht zuvor mit ihr verbracht hatte. Vielleicht auch Halt bei Marco, den sie gepeinigt hatte bis auf den tiefsten Grund seiner Seele. Und genau in diesem Moment konnte sich Marco aus der Umklammerung befreien, riss sich fort und schnellte nach vorn – der stürzenden Frau entgegen. Der Krummdolch zischte durch ihre grüne Jacke und blieb in ihrem Bauch stecken. Blut tropfte auf ihre hochgeschnürten Stiefel. Mit aufgerissenen Augen starrte sie Marco an, blickte dann zu dem Dolch in ihrem Bauch und ertastete ihn. Doch die Kräfte verließen sie und schon sackte sie auf die Knie. Alles wurde still. Alles Schlagen, Treten, Würgen stoppte abrupt, fror ein. Versteinert stand Marco da und sagte kein Wort. Sein Mund war offen. Seine Lippen zitterten. Doch sie brachten keinen Ton hervor. Mansour stieß ihn zur Seite und stürzte hinab zu der Frau. Behutsam griff er ihren Nacken und legte sie auf den Boden. Er umfasste den Dolch und zog die Klinge aus dem Körper. Die Frau schrie auf. Mansour schaute in die Runde.
„Los, holt Hilfe“, schrie er. Niemand reagierte.
„Was ist? Macht schon! Holt einen Arzt!“ Doch alle sahen sich nur schweigend an.

Durch das Fenster seiner neuen Zelle lächelt die Sonne. Mansour verschränkt die Arme hinter seinem Kopf, er sieht den ziehenden Wolken am Himmel nach. Leise Tränen fallen auf den Boden. Morgen wird er einen Anwalt bitten Haftprüfung zu beantragen. Einen anderen Anwalt als damals.

Etwa zur selben Zeit fordern zwei Polizisten einen jungen Mann auf, sie aufs Revier zu begleiten. Er trägt einen kahlgeschorenen Kopf und eine vertikale Namenstätowierung am Hals. Er ist allein in seiner Wohnung und leistet keinen Widerstand. Im Vernehmungsraum spielen sie ihm das Band eines Diktiergeräts vor und fragen, ob die Angaben von ihm stammten. Das bejaht der Mann und sagt, er habe eine Aussage zu machen. Eine Aussage zum Vorfall auf dem alten Fabrikgelände vor drei Jahren. Eine Aussage zum Tod seiner Verlobten.
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wizenheim
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Beiträge: 51



Beitrag20.08.2009 21:47

von wizenheim
Antworten mit Zitat

meinen glückwunsch
du hast begriffen was ich meinte Very Happy

So macht es schön, ihn zu lesen.

Mir sind da noch ein paar Kleinigkeiten aufgefallen.
An wenigen Stellen finde ich es zu dick aufgetragen. An Stelle mußt du es noch näher erklären.

Leider habe ich heute abend keine Zeit mehr, um auf die einzelnen Textstellen ein zu gehen.

Ich werde dies aber nachholen.

Vielen Dank für deine Arbeit


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MT
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Wohnort: Im Süden (Niedersachsens)


Beitrag21.08.2009 09:28

von MT
Antworten mit Zitat

Wizenheim Shocked

Ich glaub´s nicht. Dir hat´s tatsächlich gefallen? Dann hab ich wohl wirklich was begriffen... Vielen Dank, dass Du den Text noch einmal gelesen hast. Ich bin gespannt auf Deine Detailkritik.

MT
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