|
|
Autor |
Nachricht |
Istvan Horck-Uedo Gänsefüßchen
I Alter: 51 Beiträge: 39 Wohnort: Frankfurt
|
I 16.05.2009 13:42 Budapest Nyugati - Erste Seite, zweiter Anlauf. Besser? von Istvan Horck-Uedo
|
|
|
...habe versucht, ein bisschen deutlicher zu werden, vielleicht versteht man jetzt sogar das eine oder andere ohne den Klappentext...
Und es sind jetzt genau genommen fast zwei Seiten. Wenn ein Buch so anfinge, würdet Ihr weiterlesen?
Danke im Voraus an alle, die sich die Mühe machen, es zu lesen und/oder zu kommentieren!
Lieben Gruß,
I.
1
Ich schaue auf die Uhr. Bald werden sie das Schiff besteigen. Es ist Zeit, mir mein Leben zurückzuholen.
Ich schalte das Notebook ein und höre dem Lüfter und der Festplatte beim Hochfahren zu. Als der Bildschirm den Tisch und meine Hände fahl erleuchtet, schaue ich über seinen Rand hinweg aus dem Fenster in die Nacht, bis mich die Begrüßungsmelodie des Computers zurückruft. Ich atme durch, dann starte ich das Textprogramm. Habe ich Angst?
Der Cursor blinkt. Mein Leben zurückholen. Als würde es in einer Ecke warten wie eine Jacke, die ich wieder anziehen kann. Ich werde meine Gründe gehabt haben, als ich vor drei Jahren beschlossen haben muss, es zu vergessen, und wenn ich drei Jahre lang den Verlust nicht bemerkt habe, scheine ich es gründlich vergessen zu haben. Selbst wenn ich es finde, werde ich es kaum mehr führen können.
Mein Blick streift die Karte, die in dem schwachen Bildschirmlicht neben dem Computer auf dem Tisch liegt, die Einladung nach Harlesiel, an die Nordsee, zu deiner Seebestattung, Anna. Ich denke an letzten Mittwoch, als ich im Büro die Radiomeldung über deinen Freitod hörte und mir klar wurde, dass ich dich gekannt hatte und dass folglich mit meinen Erinnerungen, in denen du nicht vorkamst, etwas nicht stimmte.
Die Kollegen sahen mich an, Licht fiel durch die Fenster. Ich wusste nicht, warum ich plötzlich fror oder warum ich plötzlich stand. Ich wollte mich bewegen und konnte es nicht; erst als jemand aufhörte zu sprechen und eine leise Musik begann, bemerkte ich, dass ich dem Radio zugehört hatte. Ich wusste nicht, was gesagt worden war, aber die Musik war ein getragenes Stück, ich kannte es, ohne zu wissen woher, und ich begann zu zittern. Mit einem Mal konnte ich es nicht mehr ertragen, nicht das Radio und nicht das Büro. Unsicher ging ich zum Ausgang, wie um die Richtung auszuprobieren. Die Kollegen schauten, als wüssten sie mehr als ich, als wüssten sie bereits, dass ich nicht zurückkehren würde.
An der Haltestelle dann hörte ich zum ersten Mal bewusst deinen Namen, Anna, gesprochen in ein Telefon, hast du gehört, sie soll, auch deinen Namen schien ich zu kennen, ich konnte ihn noch nicht deiner Person zuordnen, noch nicht irgendeiner Person, ich wusste weder, wie du aussahst, noch sonst etwas über dich, da war nur dieses Gefühl, etwas nicht zu wissen, das ich wissen sollte.
Ich kniff die Augen zusammen, stellte mich ein paar Meter weiter und stieg durch eine andere Tür ein, aber in der Bahn ging es weiter. Überall dein Name, überall der eurer Band, du warst das Tagesgespräch. Ich saß auf der gepolsterten Plastikbank und wollte die Hände auf die Ohren pressen. Ich wusste, dass ich dich gekannt hatte, nicht als Fan, nicht aus den Medien, sondern persönlich. Und ich hatte keine einzige Erinnerung an dich.
Das Zittern kam wieder und wurde so stark, dass ich an der nächsten Haltestelle ausstieg. Es war zwei Haltestellen zu früh, ich lief nach Hause, es war ...
Weitere Werke von Istvan Horck-Uedo:
_________________
|
|
Nach oben |
|
|
Mercedes de Bonaventura Metonymia
Alter: 40 Beiträge: 1254 Wohnort: Graz
|
16.05.2009 16:56
von Mercedes de Bonaventura
|
|
|
Im Vergleich zum 1. Versuch ist es besser, aber…
Es ist sicher nicht der passende Beginn.
(ich bin nicht neugierig geworden, nicht neugierig auf mehr…)
Soll ich dir was verraten?
(und das ist nur MEINE eigenartige Ansicht)
Was deinen Text für mich unsympathisch gemacht hat, ist das verstörende Bild unter deinem Namen.
Hab es zugedeckt und deine Zeilen noch einmal gelesen.
Aber zu spät.
Es hat sich in meine Netzhaut eingebrannt und deinen (sicher ausbauungsfähigen) Text vergiftet.
(Wer hätte das gedacht: Käte ist oberflächlich. Piep-Piep-Bla- Bla)
Trotzdem: es nimmt mir die Lesefreude!
Wie heißt es so schön: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“
Käte
|
|
Nach oben |
|
|
Istvan Horck-Uedo Gänsefüßchen
I Alter: 51 Beiträge: 39 Wohnort: Frankfurt
|
|
Nach oben |
|
|
schreibmalwieder Wortedrechsler
S
Beiträge: 60
|
S 17.05.2009 18:22
von schreibmalwieder
|
|
|
Hallo Istvan Horck-Uedo,
spannendes Setting, finde ich. Und ich kann mir auch vorstellen, den ganzen Roman dazu zu lesen, weil ich solche Geschichten von luziden Träumen und Identitätsrekonstruktionen prinzipiell spannend finde. Ich kann mit Deinem Avatar nicht viel anfangen, aber er stört mich auch nicht.
Viel mehr kollidiert mein Lesefluss mit dem Tempus auf der ersten Seite. Da sind Futur, Präsens, Imperfekt und Plusquamperfekt. Die Zeit für die Rückblende in einer Präsenserzählung ist jedoch das Perfekt und das fehlt hier leider ganz.
Zitat: | Ich denke an letzten Mittwoch, als ich im Büro die Radiomeldung über deinen Freitod hörte und mir klar wurde, dass ich dich gekannt hatte und dass folglich mit meinen Erinnerungen, in denen du nicht vorkamst, etwas nicht stimmte. |
Diese Rückblende ("Radiomeldung hörte") in der Rückblende ("dich gekannt hatte") zusammen mit dem Bezug auf das Handlungs-heute ("Ich denke") illustriert das ganz gut. Wobei, nebenbei bemerkt, die Konstruktion auch mit korrekten Tempi nicht unbedingt eleganter werden dürfte - kannst Du das zerlegen und klarer ausdrücken? Die Entdeckung, dass da ein Fehler in den eigenen Erinnerungen sein muss, ist ja durchaus ein starker Konflikt. Ich finde, das kann die Schlüsselstelle der ersten Seite und Ausgangspunkt für eine spannende Suche nach der Vergangenheit für Protagonisten und Leser werden.
Zitat: | An der Haltestelle dann hörte ich zum ersten Mal bewusst deinen Namen, Anna, gesprochen in ein Telefon, hast du gehört, sie soll, auch deinen Namen schien ich zu kennen, ich konnte ihn noch nicht deiner Person zuordnen, noch nicht irgendeiner Person, ich wusste weder, wie du aussahst, noch sonst etwas über dich, da war nur dieses Gefühl, etwas nicht zu wissen, das ich wissen sollte. |
Ganz großes Fragezeichen - habe keinen Schimmer, was mir dieses Nebensatzungeheuer sagen soll.
Würde mich freuen, noch eine Fassung zu lesen!
Karl
|
|
Nach oben |
|
|
Istvan Horck-Uedo Gänsefüßchen
I Alter: 51 Beiträge: 39 Wohnort: Frankfurt
|
I 17.05.2009 21:13
von Istvan Horck-Uedo
|
|
|
Also, als erstes mal (ich weiß schon wieder nicht, ob das hier die richtige Stelle ist): Ich finde dieses Forum echt hilfreich. Ich hab das Gefühl, hier in Tagen mehr zu lernen als in aller jahrelangen Einzelgänger-Wurstelei zuvor. Vielen Dank an alle Beteiligten! Ich werde gleich auch noch selbst einen Text kommentieren, jawoll!
Und dann habe ich mal das Bild gelöscht. Ich war ja erst bei Twitter, und wenn man da kein Bild hat, zeigen die so ein komisches, und da dachte ich, das wäre hier vielleicht auch so, und hab schnell in irgendeiner Bildsuchmaschine "face" eingegeben und das gefundene Babygesicht bisschen grün übermalt, naja, besonders schön fand ich es auch nicht. Wer es noch sehen will, bei Twitter steht es (vorerst) noch.
Jetzt aber zu Dir, Karl. Vielen Dank erstmal für die freundlichen Worte!
Du sagst, solche Geschichten von luziden Träumen und Identitätsrekonstruktionen findest Du spannend. Mit "luziden Träumen" meinst Du "Vanilla Sky" und seinen spanischen Vorgänger, oder? Und kennst Du noch andere Geschichten in der Richtung? Würde mich sehr interessieren, wie der Stoff ansonsten behandelt wird.
[quote] Die Zeit für die Rückblende in einer Präsenserzählung ist jedoch das Perfekt und das fehlt hier leider ganz. [/quote]
Mein Lehrer hat immer gesagt, Perfekt und Imperfekt sind auf derselben "Zeitstufe", also gleich lange her, ist das dann nicht egal? Aber eleganter formulieren lässt sich die Sache bestimmt trotzdem.
[quote]An der Haltestelle dann hörte ich zum ersten Mal bewusst deinen Namen, Anna, gesprochen in ein Telefon, hast du gehört, sie soll, auch deinen Namen schien ich zu kennen, ich konnte ihn noch nicht deiner Person zuordnen, noch nicht irgendeiner Person, ich wusste weder, wie du aussahst, noch sonst etwas über dich, da war nur dieses Gefühl, etwas nicht zu wissen, das ich wissen sollte.
Ganz großes Fragezeichen - habe keinen Schimmer, was mir dieses Nebensatzungeheuer sagen soll.[/quote]
Okay, okay, ich mach mich dran.
[quote]Würde mich freuen, noch eine Fassung zu lesen![/quote]
Ich mach eine. Ich hab auch schon die eine oder andere Idee. Wird aber bestimmt wieder ein, zwei Tage dauern. Einstweilen nochmal Tausend Dank!
Lieben Gruß,
I.
_________________
|
|
Nach oben |
|
|
Istvan Horck-Uedo Gänsefüßchen
I Alter: 51 Beiträge: 39 Wohnort: Frankfurt
|
|
Nach oben |
|
|
schreibmalwieder Wortedrechsler
S
Beiträge: 60
|
S 17.05.2009 21:53
von schreibmalwieder
|
|
|
Ja, luzide Träume schränkt das Feld in der Tat ein. Ich musste selbst nachschauen, um wieder auf den Titel des anderen Films zu kommen: Vergiß' mein nicht. Für mich zählt aber auch der Film Memento in diese Richtung, auch wenn es hier nur um Vergessen (und eine Krankheit) geht, oder "Code to Zero" von Ken Follet (wenn auch nicht sein bestes). Und auch wenn in der Erzählung zur Matrix-Trilogie die Action (und etwas abgedrehte Esoterik) überwiegt, ist der Anblick der eingesargten Menschen, die an die Matrix angeschlossen sind, auch ein schönes Spiel mit der Bedeutung von Erinnerungen und Empfindungen.
Das, was mir daran gefällt ist die Offenheit für Konflikte, die das Thema mit sich bringt - irgendwann kommt es ja zwangsläufig zur Kollision mit einer "empirischen" Realität, die dann mehr oder weniger zu den Träumen passt.
Was die Zeitstufen angeht. Perfekt und Imperfekt sind in dem Sinne auf der gleichen Stufe, als dass sie die Vergangenheit beschreiben. Wenn Du allerdings eine Erzählung im "historischen Präsens" beginnst, dann bezieht sich die Rückblende auf vergangene Elemente mit einer Bedeutung für die aktuelle Geschichte - damit ist hier m.E. der Perfekt notwendig.
Nicht grammatisch argumentiert wirkt das Präteritum auf mich in der Geschichte, als würde der Protagonist die Stimme wechseln und seine eigene Geschichte erzählen. Ich versuche mich mal "zeitlich" an dem (Ab)Satz.
Ich denke an letzten Mittwoch, als ich im Büro die Radiomeldung über deinen Freitod gehört habe und mir klar geworden ist, dass ich dich kenne. Mir ist so kalt geworden, ich musste aufstehen und nach draußen, nichts hat mich noch im Büro gehalten. Haben mich die Kollegen angesehen? Haben sie gesprochen? Mir mir? Das Radio hat wieder Musik gespielt, ein getragenes Stück, doch ich habe es nicht mehr ertragen. Seitdem habe ich es gewusst: Meine Erinnerungen, in denen du nicht vorkommst, sind falsch.
Mmmmh...So oder ähnlich - vielleicht taugt es Dir ja als Vorlage oder Inspiration. Jetzt ist die Rückblende einigermaßen komplett und die Information, dass die Erinnerungen "falsch" sind, auch zeitlich wieder in die Gegenwart gerettet. Ich beginne aber auch zu verstehen, was die Tücken dieser Erzählzeit sind - dafür klingt es recht direkt. Was auch daran liegt, dass ich jetzt mit Fragen und kürzeren Sätzen einige der Zeitprobleme umgegangen habe. Hoffe ich Bin aber gespannt, wie es in Deinen Worten weitergeht.
VG Karl
|
|
Nach oben |
|
|
Istvan Horck-Uedo Gänsefüßchen
I Alter: 51 Beiträge: 39 Wohnort: Frankfurt
|
|
Nach oben |
|
|
|
|
Seite 1 von 1 |
|
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen. In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten Du kannst Dateien in diesem Forum nicht herunterladen
|
Empfehlung | Buch | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung | Buch | Empfehlung | Empfehlung | Empfehlung |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|