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Tagebuch als Roman?

 
 
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alineverena
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 24
Wohnort: Berlin


Beitrag12.01.2013 21:13
Tagebuch als Roman?
von alineverena
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hey Cool

Ich schreibe seit ich 14 Jahre alt bin so gut wie jeden Tag Tagebuch und frage mich, ob diese Leidenschaft - neben meiner persönlichen Entwicklung - nicht noch etwas "mehr" werden könnte...

Deshalb: Denkt ihr es wäre eine gute Idee, bestimmte Jahre meiner Entwicklung in Tagebuchform als Roman bzw. Biographie niederzuschreiben?
Ich weiß natürlich, dass meine unglücklichen Liebesgeschichten, Teenie-Eskapaden usw. keine weltbewegenden Ereignisse sind, aber könnten sie nicht gerade deshalb eine gute Identifikationsfläche für Altersgruppen zwischen 14-16, 16-18, 18-20 usw. sein?

Ich bin mir noch unsicher, aber es juckt mir in den Fingern  Twisted Evil

Würde mich über Eure Meinung freuen  Pfiffig Blinzeln


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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag12.01.2013 22:11

von G.T.
Antworten mit Zitat

Sei gegrüßt!

Das Tagebuch hat gerade im letzten Jahrhundert eine große Aufwertung als eigene literarische Gattung erfahren. Tagebücher werden längst nicht mehr nur zum eigenen Vergnügen oder der Niederschrift intimer Begebenheiten verfasst, sondern von vielen Autoren auch bewusst auf eine Öffentlichkeit hin verfasst. So gibt es zum Beispiel bekannte Tagebücher von Walter Kempowski, Victor Klemperer, Thomas Mann und vielen, vielen anderen.
Dabei diente natürlich im letzten Jahrhundert die Form Tagebuch auch dazu, die Entwicklungen in Deutschland vor, während und nach den Kriegen authentisch darzustellen.
Auf Authentizität wird beim Tagebuch ohnehin Wert gelegt, jeder Leser erwartet ja auch, in einem solchen Buch Persönliches zu finden.

An sich gibt es nichts daran auzusetzen, ein Tagebuch als Grundlage für ein literarisches Werk zu nehmen. Ich sage aber bewusst "Grundlage", denn ich denke, Tagebücher einer 14-Jährigen kann man nicht einfach so veröffentlichen. Ich weiß ja nicht, wie exzessiv du geschrieben hast, aber da wird es sicher Passagen geben, die die Öffentlichkeit nicht interessieren oder nichts angehen.
Das ist auch so eine (sehr wichtige) Sache: Wenn du eigene Tagebücher für eine Öffentlichkeit aufbereiten willst, setzt du dich und dein Seelenleben recht ungeschont knallharter Kritik aus. Das kann ganz schön nach hinten losgehen, und ich denke, es ist am Wichtigsten, eigene Grenzen zu setzen und darauf zu achten, sich mit dem Veröffentlichen der Aufzeichnungen nicht zu verletzlich zu machen.
Ich würde daher eher anraten, auf Grundlage deiner privaten Tagebücher ein Fiktionales oder einen Roman zu schreiben (wie du ja auch schon überlegst), das für die von dir angestrebte(n) Zielgruppe(n) interessant ist. Dieser Vorgang kann dir helfen, zu objektivieren, was Wesentlich und was Unwesentlich ist (denn bei zu privaten Aufzeichnungen kann man schnell in die Falle geraten, für den Leser völlig Uninteressantes en masse einzubauen), und nicht zuletzt schützt er deine Privatsphäre. Denn was du ansprichst (erste Liebe, Jugenderfahrungen etc.) sind doch sehr private und sicher auch kostbare Erfahrungen. Du schreibst ja nicht einfach Reisetagebuch, sondern führst Buch über deine Gefühle.
Genau wie du natürlich auch die Privatsphäre deiner Mitmenschen schützen musst. Wenn du ein Buch veröffentlichst, das stark auf eigene Erlebnisse zurückgeht, musst du entsprechend darauf achten, keine anderen Leute in unvorteilhafter Weise darzustellen, so dass es ihrem Ansehen schaden könnte. Auch intime Momente dürfen nicht ohne Weiteres veröffentlicht werden.
Insofern ist dein Vorhaben eine Gratwanderung: Wenn du sehr authentisch, will heißen unverfremdet, schreiben möchtest, ist es eine Gratwanderung aus juristischer und vielleicht auch aus ethischer Sicht.
Deswegen ist es der sicherere, einfacherere und vielleicht auch sinnvollere Weg, deine Erlebnisse, wie schon erwähnt, "nur" als Grundlage für ein fiktionales Tagebuch oder einen Roman zu nutzen, in dem deine Erfahrungen einfließen, aber nicht 1:1 wiedergegeben werden. Das schützt deine Mitmenschen und nicht zuletzt dich selber vor bösen Überraschungen und kann dir helfen, deinen Schreibstil zu verfeinern und deinen Erlebnisse nochmal kritisch zu reflektieren.

Ob inhaltlich deine Erfahrungen für andere interessant sein könnten, kann ich nicht beurteilen, ich hab noch nie in deinen Tagebüchern gelesen. Generell ist aber gegen die Thematik von Jugenderfahrungen nichts einzuwenden, es kommt eben auf die Umsetzung an. Fang doch einfach an, wenn's dich juckt, und stell vielleicht mal Ausschnitte ins Forum.

Gruß! Wink         G.T.
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Berni
Geschlecht:männlichExposéadler

Alter: 64
Beiträge: 2518
Wohnort: Südhessen (aus NRW zugelaufen)


Beitrag12.01.2013 23:12

von Berni
Antworten mit Zitat

Lb. Alineverena,

deine Frage lässt sich von einem Außenstehenden nicht beantworten, da wir deine Erlebnisse und die Inhalte deines Tagebuchs nicht kennen. Was hast du denn eigentlich als Antwort erwartet?
Wie G.T. schon schreibt, ist das Tagebuch grundsätzlich durchaus eine anerkannte Literaturform. Es kommt hier, wie bei jeder anderen Form, auf das Was und das Wie an.

Mehr lässt sich im Moment nicht sagen. Wie G.T. schon anregt, könntest du ja Teile hier einstellen, damit man mal eine Idee bekommt von dem, was dein Tagebuch bietet und ob es für Andere überhaupt von Interesse ist.

LG
Bernd
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alineverena
Geschlecht:weiblichGänsefüßchen

Alter: 36
Beiträge: 24
Wohnort: Berlin


Beitrag13.01.2013 00:12

von alineverena
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für Eure ausführlichen Antworten smile

Erst einmal würde ich gerne auf G.T.s Beitrag eingehen.
Du hast natürlich Recht, dass es immer eine Gradwanderung ist, ein Tagebuch ohne fiktive Elemente zu verschriften und im besten Fall zu veröffentlichen.

Generell habe ich kein Problem damit, meine Erfahrungen als Jugendliche (und auch heute noch, mit 25 ist man ja auch noch nicht soo alt) vor anderen Menschen öffentlich zu machen. Das hat nichts mit einem übertriebenen Drang nach Selbstdarstellung zu tun sondern vielmehr damit, dass ich froh bin, all die Dinge erlebt zu haben und hoffe, mit der Ausformulierung derer bei anderen jungen Menschen einen Nerv zu treffen. Ich schäme mich für nichts, denn alles, was ich bisher gemacht habe (ob gut oder nicht) diente meiner Entwicklung zu der Person, die ich heute bin. So ist das Leben, man macht Sachen, die nicht immer für alle ethisch und/oder korrekt sind und dennoch für viele nachvollziehbar.
Das beginnt bei irgendwelchen Mädchen, bei denen man als N****  verschrien ist bis hin zu einer unerfüllten Liebe, die bereits früh in Trost mit Alkohol endet. Immer durchzogen mit familiären Problemen (die mich durchaus bei Veröffentlichung in einen ethischen Konflikt bringen könnten, das ist wahr).
Ansonsten habe ich keine Angst, mein Seelenleben irgendwelcher Kritik auszusetzen, denn die Bücher handeln von der Vergangenheit und solange ich selbst weiß, wie und wohin ich mich entwickelt habe, kann mich kein böses Wort erschrecken.
Genau wie Du meinst: Ich führe Buch über meine echten Gefühle. Genau das, finde ich, fehlt oft in fiktionalen Geschichten, deswegen würde ich das Buch gerne so authentisch wie möglich halten.

Von der gesetzlichen Seite her habe ich keine Bedenken, da ich weder richtige Namen nennen noch Leute so beschreiben würde, dass man erkennt, wer gemeint ist.

Vor der fiktionalen Umsetzung habe ich aus folgenden Gründen etwas Angst:
Erstens weiß ich nicht genau, wie ich all meine Erlebnisse so umschreiben soll, sodass sie zwar einerseits verfremdet sind und dennoch noch "meine" Sicht der Dinge an den Mann bringen. Natürlich schreibe ich schon sehr viele Geschichten, die biographische Erlebnisse beinhalten, aber die Verschriftung kompletter Tagebücher ist noch einmal etwas ganz anderes als nur etwas, das ich erlebt habe, irgendwo einzubauen.
Muss ich bei einer fiktionalen Ausarbeitung ebenfalls den Aufbau eines Dramas einhalten? Das stelle ich mir beinahe unmöglich vor, ohne das "Chaos" des Lebens so niederzuschreiben, wie es eben spielt.

@Bernd:
Ich frage mich, ob es bereits Literatur in Tagebuchform gibt, die sich speziell an Jugendliche wendet. Jugendliche, die einfach nur ähnliche Dinge (am besten auch in einer ähnlichen Sprache) lesen wollen, wie sie die Welt in dieser Phase ebenfalls erleben. Außerhalb von facebook. Ich habe keine Ahnung, ob so etwas ein Publikum finden würde. Es gibt tausende Filme über Teenies und ihre erste große Liebe usw. usf., aber gibt es auch authentische Tagebücher darüber?
Es gäbe Themen, die jedermann erlebt hat, aber eben aus meiner Sicht der Dinge. So wie es bei einem guten Roman nicht unbedingt darauf ankommt, dass das Thema besonders neuartig ist, sondern die Personen - gut und realistisch beschrieben - mehr oder weniger alltägliche Situationen interessant machen.
Wisst ihr was ich meine? Embarassed

Ich kann in den nächsten Tagen gerne Ausschnitte ins Forum stellen, bin mir aber nicht sicher, ob diese repräsentativ für das komplette Buch wären?


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G.T.
Geschlecht:männlichKlammeraffe
G

Alter: 38
Beiträge: 674



G
Beitrag13.01.2013 15:14

von G.T.
Antworten mit Zitat

Deine Selbstsicherheit bezüglich der Kritikfähigkeit ist lobenswert, aber auch bedenklich. Überschätz nicht den Stachel der Öffentlichkeit. Selbst Dinge, für die man sich nicht schämt, können von Unbekannten sehr unterschiedlich ausgelegt werden und wenn bestimmte Interpretationen über deine eigenen Ansichten Überhand gewinnen, brauchst du schon ein dickes Fell, das nicht an dich ranzulassen.
Aber das muss natürlich jeder für sich wissen, da will ich dir auch nicht reinreden.

Deshalb gehe ich vor allem auf deine Vorgehensweise ein.
Zitat:
die Verschriftung kompletter Tagebücher ist noch einmal etwas ganz anderes

Das ist wahr, aber darum wirst du, so ich denke, ohnehin nicht herumkommen. Du kannst sicher nicht einfach dein Tagebuch nehmen, schöne Einträge zusammenstellen und veröffentlichen. Ohne dein Tagebuch zu kennen, vermute ich, dass das eine recht uninteressante Publikation wäre. Denn dein Publikum kennt dich, respektive die Erzählerin, ja nicht. Es ist ein großer Unterschied, ob du für dich oder für andere schreibst.
Gerade auch was das Gefühlsleben angeht! Du möchtest ja, dass es nachvollziehbar für junge Leser ist, was du gefühlt hast. Aber auch junge Leser sind bereits literarisch sozialisiert, an bestimmte Formen gewöhnt und brauchen bestimmte Informationen und Strukturen, die es ihnen nicht zuletzt erleichtern, das Gefühlsleben der Erzählerin nachzuvollziehen. Denen einfach nur ein Tagebuch hinzuhalten würde wohl nicht viel bringen. Denn du dürftest auch sprachlich eine Entwicklung durchgemacht haben während der Jahre. Die sichtbar zu lassen ist sicher vorteilhaft, aber unbedarfte Einträge einer jungen Pubertierenden (wenn ich das mal so platt sagen darf) können auch schnell langweilen.
Zumindest muss es stark überarbeitet werden (vermute ich). Immer wieder die Frage: Wie habe ich es gemeint und wie könnte es ankommen? Du willst ja möglichst viele Leser erreichen, und da muss der Spagat zwischen eigenen Gefühlen und deren Darstellung in der Öffentlichkeit gemacht werden.

Da kann ich jetzt noch viel spekulieren, aber es macht nach wie vor natürlich wenig Sinn ohne eine Textgrundlage. Stell was rein! Ob das repräsentativ stehen kann, ist dabei erstmal zweitrangig. In einem Buch sollte jedes Kapitel für sich überzeugen können und nicht nur im Kontext. Sprachlich kann man dazu auf jeden Fall schon etwas sagen.
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eqvis
Geschlecht:weiblichWortedrechsler


Beiträge: 62
Wohnort: Tübingen


Beitrag06.03.2013 23:51
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von eqvis
Antworten mit Zitat

Hallo alineverena,

ich habe zwar kein Tagebuch über Jahre geschrieben, aber mir geht es gerade ähnlich.

Ich schreibe sehr oft um für mich selbst Klarheit zu schaffen. D.h. ich setze mich gerne schriftlich mit meinen Gefühlen und Gedanken auseinander. Dabei komme ich immer wieder auf andere Sichtweisen oder ich verstehe mich selbst plötzlich besser oder aber ich habe eine Erkenntnis!

Ich mag mein Schreibstiel und habe für kurze Ausschnitte bisher immer wieder positive Meinungen gehört. Mein Problem mit dem Thema ist tatsächlich: was mache ich mit den Dingen die meine Mutter (be)treffen? Könnte es sie verletzen? Will ich das? Will ich wirklich diese sehr intimen Dinge veröffentlichen?
Auf der anderen Seite kenne ich einige sehr persönliche Geschichten aus Büchern, die mir geholfen haben Verständnis für mich und für Andere zu gewinnen. Es scheint mir auch gerade in Mode zu sein. Da gibt es den Autisten mit seiner Art die Welt zu sehen. Die Erfahrungen einer Frau mit Schizophrenie. Oder die Geschichte einer Familie mit einem krebskranken Kind...

Yalom sagt, dass ein fundamentales Element in Gruppentherapie die "Universalität" sei. Was so viel heißt wie: Zu sehen, dass andere die gleichen Probleme haben wie ich, relativiert es.

Und dann ist da noch die Frage: warum schreibe ich eigentlich? Und ich glaube, dass jeder der schreibt auch irgendwo den Wunsch sich mit-zu-teilen. Und vielleicht zum Teil auch aus dem unerfüllten Bedürfnis von den eigenen Eltern wirklich gehört zu werden. Ein sehr wichtiger Aspekt für mich ist hierbei, dass ich zu dem was ich tue, sage, denke, schreibe immer mehr stehen kann.

Ich finde meine Art zu schreiben sehr ehrlich und authentisch und direkt... ich würde es tatsächlich lesen. Ich habe mir auch überlegt was für Leser ich erreichen möchte und was ich gerne lese und es passt für mich irgendwie alles zusammen. Mein Problem ist gerade die Struktur, der rote (P)Faden usw.

Also, ich sage Dir jetzt was ich mir eigentlich auch selbst sage: ich gehe das Risiko ein für meinen Wunsch Verantwortung zu übernehmen und das bedeutet an meine Projekt weiter zu arbeiten.

Denn wenn Dir Dein Werk nicht am Herzen liegt, dann wird es auch Andere dort nicht erreichen. Und wenn es Dir am Herzen liegt, dann machst Du Dich verwundbar, egal ob es fiktiv ist oder nicht. Es ist immer ein Risiko sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Und dann wäre da noch die Möglichkeit mit Pseudonym zu Veröffentlichen.


Viele Grüße,
Eqvis (Mayra)


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Gruß,
Eqvis

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Fjodor
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1485



Beitrag07.03.2013 12:33

von Fjodor
Antworten mit Zitat

@alineverena: mir fällt auf, dass viele Neuautoren, meist im Bereich Self-Publishing oder bei Dienstleistern und DKZV veröffentlicht, mit „autobiografischen Romanen“ anfangen. Man erkennt dann bei vielen schon in der Inhaltsangabe, dass man weder Fisch noch Fleisch serviert bekommt. Was zu Papier gebracht wurde, kann durchaus seinen Wert haben, ist für unbeteiligtes Publikum aber oft nicht gerade ein wirklich gesuchter Lesestoff.

Du reflektierst die Frage und holst Meinungen ein. Das ist schon mal gut. Du siehst mögliche Probleme – und läßt zudem erkennen, dass zwischen Dir und dem behandelten Stoff auch schon eine gewisse Distanz besteht – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass  nicht typische schwer verdauliche „Verarbeitungsliteratur“ entsteht.

Wenn Du allerdings schon von der Romanform sprichst: was hindert Dich daran, Deine Erfahrungen, Gefühle, Erlebnisse, in eine fiktive Geschichte einzubringen. Du hast dann alle Freiheiten, inklusiv der Freiheit, Bausteine aus der Realität zu bringen. Erlebte Dinge, die beinahe 1:1 in eine romanhafte Erzählung passen, kannst Du viel unbefangener und unbesorgter verwenden, wenn sie als Teil einer Geschichte in einem völlig neuen Zusammenhang stehen.

Natürlich hat die Literaturgeschichte schon großartige biographische Literatur hervorgebracht, aber überwiegend sind die Lieblingsbücher der meisten Leserinnen und Leser doch großartig erdachte und erzählte Geschichten mit charismatischen Figuren, die durch Erzählkunst zu einem Eigenleben erweckt werden.

Fabulieren braucht nicht weniger Mut und Abgeklärtheit als das Nacherzählen einer wahren Geschichte; man muss verkraften, dass die Leser Erzähler und Protagonist miteinander identifizieren, sich fragen, wo der Erzähler diese und jene Erfahrung wohl gesammelt hat oder welche geheimen Wünsche wohl durchschimmern. Wenn man die Furcht vor Missverständnissen abgelegt hat und  unbefangen  die Funktionalität und die Plausibilität der Story und der Figuren in den Mittelpunkt rücken kann, ist die Chance gut, dass man einen guten Roman hinbekommt.

Letztlich kann Dir aber kein Außenstehender die Entscheidung abnehmen. Wenn man sich am Falschen versucht, merkt man es zum Glück oft schnell daran, dass einen einfach die Lust am Weiterschreiben verlässt.

Schon die Fertigstellung eines umfangreichen Manuskripts ist eine Leistung, an der mancher scheitert. Wenn Du es mit einem biografischen Roman schaffst, Du aber hinterher von einem ehrlichen Kritiker gesagt bekommst, dass Deine Geschichte fürs breite Publikum uninteressant ist, hättest Du trotzdem einen Schritt vorwärts getan. Statt so etwas dann auf jeden Fall zu publizieren, ist ein Neuling möglicherweise besser beraten, mit der gewonnenen Erfahrung was anderes anzufangen oder das Manuskript weiterzuentwickeln. Das erste Mitteilungsbedürfnis kann man ja dadurch stillen, dass man per Print on Demand ein paar Büchlein für den Interessentenkreis aus dem eigenen Umfeld macht. Viel weiter bringen es viele „Veröffentlichungen“ auch nicht.

Ich wünsch Dir erstmal gute Gedanken bei der Entscheidung und Freude beim Schreiben.

LG, F.
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