18 Jahre Schriftstellerforum!
 
Suchen
Suchabfrage:
erweiterte Suche

Login

Jetzt erhältlich! Eine Anthologie von und mit unseren Usern. Jetzt bestellen! Die erste, offizielle DSFo-Anthologie! Lyrikwerkstatt Das DSFo.de DSFopedia


Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Mein erstes Mal
Wolfsberge


 
 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
 Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  « | »  
Autor Nachricht
reise-fantasy-mix
Geschlecht:männlichErklärbär
R

Alter: 28
Beiträge: 3
Wohnort: Hamburg


R
Beitrag05.01.2013 18:27
Wolfsberge
von reise-fantasy-mix
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Diese "Kurzgeschichte" war meine erste vollständige Story. Die Idee kam mir im Flieger von Philadelphia nach San Diego vor einigen Jahren.
Naja, ohne Worte ...  Wink

Wolfsberge

Es war ein ungemütlich heißer Sommertag und der türkisfarbene Zentralsee von Kielsand war voller Badetouristen, die in den leichten Wellen Abkühlung suchten. Über dem Gewässer zogen hin und wieder Flugzeuge hinweg, die sich im Landeanflug auf den internationalen Flughafen der Hauptstadt Santo Jerana befanden und in den nächsten zwei Minuten auf der flimmernden Landebahn aufsetzen würden.
Jerk sah sich dieses Bild vom Gipfel seines spitzen Felsens aus an. Obwohl das Land Kielsand technisch weit vorangeschritten war, gab es keine Fernseher oder Radios. Stattdessen vertrieben sich die Bewohner ihre Zeit mit Gesellschaftsspielen, Baseball und Wanderungen durch das bergige Land. Jerk war ein Einzelgänger und mochte an dem ganzen Gruppenspektakel nicht teilnehmen. Er bräunte sich einfach in der Sonne oder malte Landschaften. Besonders die Wolfberge im Osten seiner kleinen Siedlung imponierten ihm. Leider durfte man dieses Gebirge nicht betreten, da es nur so von gefährlichen Wesen wimmelte. Da waren die riesigen Wolfsrudel noch das kleinere Problem. Man erzählte sich von Riesen, Drachen und überdimensionalen Tigern, die in den Wolfsbergen ihr Unwesen trieben. Wanderer, die das Gebiet durchstreifen wollten, kamen nie wieder zurück. Auch Schatzsucher, die in einer Höhle am Fischberg Gold vermuteten, wurden nie wieder gesehen.
Jerk hatte keine Angst vor Monstern, frei nach dem Motto: „So was gibt’s doch eh nicht!“, und beschloss, sich in dieser geheimnisvollen Region umzusehen. Seine Familie war sowieso ausgeflogen, und was hätte er sonst den ganzen Tag machen sollen?
Er schnappte sich einen Rucksack, stopfte ihn voll mit leckeren belegten Brötchen und verschwand zwischen den vertrockneten Sträuchern. Auf der kleinen Straße, die von Jerks Haus in Richtung Santo Jerana verschwand, sonnten sich zwei Klapperschlangen. Sie hoben nur kurz den Kopf, als der Junge an ihnen vorbeirannte, dann ruhten sie weiter. Sie kannten ihn schon sehr lange und hatten sich mit der Familie im Laufe der Zeit angefreundet. Dank den beiden blieb das Haus Ratten- und Mäusefrei. Einbrecher, und leider auch Postboten, wurden gnadenlos angeklappert und verscheucht.
Jerk hatte inzwischen die Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis erreicht und blickte auf die schroffen Gebirgszüge vor ihm. Weit entfernt heulten Wölfe, was für diese Tageszeit eigentlich nicht normal war. Der Junge bekam in diesem Moment etwas Angst, setzte aber seine Entdeckertour fort. Zwischen einigen Grasbüscheln schauten Mäuse hervor und schienen beim Anblick des Menschen wild zu tuscheln. Von den Gesprächen verstand man aber kein Wort.
Außerhalb der Siedlungen war es fast totenstill. Hier und da ertönten scharrende Geräusche und über die Hänge hallte fernes Wolfsgeheul. Aber sonst: kein Geräusch.
Jerk zog einen alten Fotoapparat aus dem Rucksack und schoss etliche Landschaftsaufnahmen, bis der Film komplett voll war. Der Junge kämpfte sich aber weiter durch das immer dichter werdende Gestrüpp. Die Hitze durchnässte seine ganze Kleidung und ließ sein strohblondes Haar aussehen, als wäre er gerade tauchen gewesen.
Hinter einer beinahe undurchdringlichen Sträucherreihe erhob sich ein goldener Tempel majestätisch in die Luft. Es war ein Gotteshaus der Ureinwohner, die vor zweitausend Jahren das Land wegen der geringen Fruchtbarkeit verlassen mussten und dieses Prachtgebäude hinterließen. Es hatte sich aber komplett erhalten und strahlte, als ob es jeden Tag poliert würde. Das gewaltige Holzportal zeigte keinerlei Anzeichen von Fäulnis oder dergleichen und war einen kleinen Spalt geöffnet. Jerk sah vorsichtig hinein. Im von außen hell beleuchteten Innenraum standen etwa zwanzig Reihen Holzbänke und ganz vorne thronte ein atemberaubender Steinaltar auf einer etwa 50cm hohen, goldbeschlagenen Bühne. Die hohen Wände der Kapelle waren mit Bildern behangen, die verschiedenste Fabelwesen wie Drachen, Zentauren, Nixen und Einhörner zeigten. Sie waren handgemalt und trugen immer die selbe Unterschrift.
Der Mensch schritt langsam bis zum Altar und bestaunte das Prachtwerk. Als er auf die Bühne treten wollte, zuckte er erschrocken zurück. Die Einhörner aus den Malereien wieherten und sprangen aus den Bildern, um durch das Hauptportal das Weite zu suchen. Während sich auch die anderen Fabelwesen aus ihren künstlerischen Darstellungen befreiten, flatterten hinter dem Altar unzählige Fledermäuse hervor und verließen den Tempel wie Geister durch die Wand. Der Lärm der galoppierenden Hufe und der schlagenden Flügel der Drachen hallte durch die Halle und wurde immer Lauter, sodass Jerks Ohren schmerzten und er sich diese unweigerlich zuhielt. Auf dem Altar bildeten umherschwebende Staubteilchen die Form eines Löwen, der, kaum zusammengesetzt, Fell bekam und ein lautes, angsterfüllendes Brüllen ausstieß. Seine Schwanzspitze schimmerte silbrig und seine Zähne blitzen hellweiß im Tageslicht. Seine tiefe Stimme ließ den Boden vibrieren: „Du hast uns befreit! Ich danke dir dafür.“ Das Tier sprang vom Altar und verließ als letzter das Haus. Kaum, dass Jerk alleine war, krachte es um ihn herum und das Prachtgebäude zerbröckelte zu großen Felsbrocken, die den Jungen verschütteten. Dann verwandelten sich die Trümmer zu Sand und er konnte sich noch rechtzeitig ausbuddeln.
Panisch rannte Jerk wie ein Blitz zu seinem Haus zurück, so schnell, dass die beiden Klapperschlangen erschrocken davon schossen. Er hechtete in sein Zimmer, verriegelte die Tür, schloss das Fenster und warf sich in sein Bett. Jetzt war er der Erste, der lebend aus den Wolfsbergen zurückkam. Lächelnd hielt er den Beweis für sein Abenteuer in der Hand: die Kamera.
Der glückliche Ausgang  seines Erlebnisses machte ihn über Nacht landesweit bekannt, ins Gebirge kehrte er aber nie wieder zurück.



_________________
"Um die Welt zu reisen ist fast so, als würde man ein Buch vollschreiben. Mit jedem neu entdecktem Land füllt sich ein weiteres Kapitel."
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Skype Name
appo
Leseratte


Beiträge: 111
Wohnort: Bremen


Beitrag05.01.2013 23:59

von appo
Antworten mit Zitat

Hallo Reise-fantasy-mix,

du bist neu im Forum. Ich bin zwar auch noch nicht lange da, aber ich sage trotzdem erst einmal Herzlich Willkommen!

Ich habe deine Story in einem Rutsch durchgelesen und fand sie durchaus interessant. Du hast, dafür dass es deine erste KG ist, einen flüssigen Stil mit gutem Ausdruck und einer, und das hat mir gut gefallen und mich bei der Stange gehalten, sehr bildhafte Sprache. Ein gutes Show-don´t tell, wie wir Schreiberlinge sagen.
Den Spannungsbogen der Geschichte könntest du noch etwas straffen. Du brauchst am Anfang recht lang, um die Szenerie und die Gefahren zu erklären und den Protagonisten losgehen zu lassen. Da würde ich schneller auf den Punkt kommen.
Das Spannende an der Story ist ja, was der Junge in den Wäldern erlebt. Nachdem du verraten hast, dass haufenweise Leute verschollen gegangen sind, habe ich mit großen Gefahren und Monstern o.ä. gerechnet. Von der Szene im Tempel war ich deshalb etwas enttäuscht. Ich hätte mir mehr Action erwartet, mehr Konflikt. Die beiden Klapperschlangen, die als Türwächter fungieren, fand ich witzig.
Für einen Erstling eine gute Story, mit der ich mich gern beschäftigt habe.

lg
appo
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
reise-fantasy-mix
Geschlecht:männlichErklärbär
R

Alter: 28
Beiträge: 3
Wohnort: Hamburg


R
Beitrag06.01.2013 00:33

von reise-fantasy-mix
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo appo.

Danke für deine ehrliche Kritik.

Zitat:
Den Spannungsbogen der Geschichte könntest du noch etwas straffen.


Das mit dem Spannungsbogen ist tatsächlich eines meiner großen Probleme beim Schreiben. Das liegt wohl daran, dass ich erst einmal in Schwung kommen muss. Ich rätsel bei meinem aktuellen Projekt auch schon lange darüber, wie ich den Anfang spannender gestalten könnte, ohne die eigentliche Handlung stark zu kürzen.

Zitat:
Von der Szene im Tempel war ich deshalb etwas enttäuscht.


Stimmt, die ist echt etwas ... zu kurz gekommen, um es mal so zu sagen. Ich werde das bei Gelegenheit weiter ausarbeiten und dann hier noch einmal veröffentlichen.

Zitat:
Für einen Erstling eine gute Story, mit der ich mich gern beschäftigt habe.


Das freut mich! Danke, dass du dir die Zeit genommen hast.

LG


_________________
"Um die Welt zu reisen ist fast so, als würde man ein Buch vollschreiben. Mit jedem neu entdecktem Land füllt sich ein weiteres Kapitel."
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Skype Name
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Seite 1 von 1

Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Antiquariat -> Mein erstes Mal
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst Deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht teilnehmen.
In diesem Forum darfst Du keine Ereignisse posten
Du kannst Dateien in diesem Forum nicht posten
Du kannst Dateien in diesem Forum herunterladen
 Foren-Übersicht Gehe zu:  

EmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlungEmpfehlung

von Nicki

von Terhoven

von MShadow

von Tiefgang

von EdgarAllanPoe

von Ralphie

von MoL

von Nordlicht

von Jocelyn

von Rufina

Impressum Datenschutz Marketing AGBs Links
Du hast noch keinen Account? Klicke hier um Dich jetzt kostenlos zu registrieren!