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[Die Einen] Der Knilch

 
 
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Spheres
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Beiträge: 7
Wohnort: Kiel


Beitrag25.07.2012 00:22
[Die Einen] Der Knilch
von Spheres
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So, ich habe mir mal vorgenommen, nach und nach diese wunderbaren Übungen hier durchzugehen, um mich weiterzuentwickeln und für Neues zu öffnen. Besonders um »richtige« Charaktere habe ich bisher immer einen viel zu weiten Bogen gemacht. Für Kritik bin ich daher äußerst dankbar wink Was meint ihr, würdet ihr von der Figur »seitenlang lesen« wollen? (um mich mal auf die Übungsbeschreibung zu beziehen) Was stört euch?

---

Todryk hielt inne und verharrte für genau einen Augenblick in dieser Haltung, die seine an sich schon krummen Beinchen noch krummer erschienen ließ.

Sie grölten und selbst der Dicke am Tisch direkt vor ihm schlug sich schon mit der dicken Hand auf den fettigen Wanst, dass es nur so klatschte. Das Gesicht, das Todryk fixierte, war jedoch ein anderes: Die kantigen Züge des Mannes im Kettenhemd, der zurückgelehnt und mit verschränkten Armen auf seinem breiten Stuhl vor allen anderen saß und mit zusammengekniffenen Augen und zusammengezogenen Brauen nach wie vor alles genau beobachtete.

Todryk spitzte die feinen Lippen, pfiff nocheinmal die bekannte Melodie, während er in seinem zusammengeflickten Mäntelchen weiterhin da stand, wie eine vom Sturm halb umgeknickte Vogelscheuche und nun auch noch die Zunge herausstreckte. Und wieder prustete alles los. Der Dicke konnte sich schon garnicht mehr auf der Bank halten, war rot angelaufen und schnappte so sehr und anscheinend mit dem ganzen Körper nach Luft, dass er seinen Humpen fast schon dem Vordermann ins Genick goss. Und was war das? Hatte Todryk da eine der scharf gezeichneten Augenbrauen des Hauptmanns nach oben zucken sehen? Etwas in ihm triumphierte schon, so weit ein Todgeweihter noch triumphieren konnte.

Und als er sich nun, mit einem spitzen, genau einstudierten Schrei nach hinten in den Matsch des Platzes fallen ließ, da hörte er genau, wie die Meute nicht mehr zu halten war. Gegenstände polterten über Tische, Schuhe stampften wie besinnungslos auf dem Waldboden und aus der Menge an Jubelrufen wurde ein einziges Grunzen.

Langsam hob er den Kopf und spürte, wie ihm sofort der kalte Matsch den Rücken hinabran. Nur ein Mann sah ihn noch immer unbewegt an, doch es war ein verschmitztes Grinsen, das nun endlich über dieses eine Gesicht huschte. »Unterhaltsam«, sagte er deutlich und begann für einen Augenblick, ein Klatschen anzudeuten. Sein Blick aber schien Todryk weiter zu prüfen und in sein Innerstes vordringen zu wollen. Er hielt ihm stand.

»Männer!« rief der Mann im Kettenhemd und alles Lachen verebbte. Todryk sprang bereits gekonnt auf seine krummen Beine in den zerfetzten Hosen und breitete demonstrativ die von Matsch tropfenden Arme aus. »Was sagt ihr, verschonen wir den Knilch?« Es klang nicht nach einer Frage.

Innerlich atmete Todryk auf und erschauderte zugleich: Er hatte gerade die Stufe vom Todgeweihten zum Gefangenen erklommen.


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ReBex
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Beitrag26.07.2012 20:04

von ReBex
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Hi Spheres!

Insgesamt gefällt mir dein Text gut und würde spontant gerne mehr über diese Charaktere erfahren!
Ich habe jedoch noch kein genaues Bild von dem "Knilch" vor Augen - außer, dass er zerissene alter Kleider trägt, klein ist und mittlerweile auch voller Matsch.
Mich stören auch ein wenig die Verniedlichungen ("Beinchen", "Mäntelchen") aber das ist wohl Geschmackssache. Sie deuten zwar darauf hin, dass Todryk klein ist, doch ich denke, dass kannst du auch ohne Verniedlichungen ausdrücken
 Wink

Viele Grüße!

Rebex


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Spheres
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Alter: 38
Beiträge: 7
Wohnort: Kiel


Beitrag27.07.2012 09:35

von Spheres
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Hallo ReBex,

danke für Deine Hinweise!

ReBex hat Folgendes geschrieben:
Ich habe jedoch noch kein genaues Bild von dem "Knilch" vor Augen

Ok, zur Kenntnis genommen wink mit diesem Thema hadere ich momentan noch ziemlich... es kommt mir schnell »beliebig« vor, Charakteren bestimmte äußere Eigenschaften zu geben, die nicht gerade Schlüsseleigenschaften darstellen, an denen man sie (innerhalb des Textes) klar erkennen kann. Hmm, hast Du da einen Tip für mich? Ich glaube, mir geht es vorallem um die Herangehensweise: also für sich »herauszufinden«, warum der und der Charakter jetzt z.B. blaue Augen hat (und nicht grüne oder blaue) und braune Haare (und nicht blonde oder schwarze). Oder muss man sich an einem bestimmten Punkt einfach entscheiden und das dann eben konsequent beibehalten? Man kann ja als Autor vielleicht auch nicht _alles_ erklären wollen/müssen bzw. mit Bedeutung aufladen...

ReBex hat Folgendes geschrieben:
Mich stören auch ein wenig die Verniedlichungen

Interessanter Punkt, das war mir garnicht so aufgefallen. Vielleicht werde ich das noch ändern. Ich glaube es kommt daher, dass ich die letzten Jahre eher Sachen geschrieben habe, bei denen der Erzähler (und damit auch seine Interpretation bzw. Wertung der Welt und der Charaktere) eine zentrale Rolle spielte - aber hier soll es mir ja darum gehen, mehr dem Leser zu überlassen.


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ReBex
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Beiträge: 32
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Beitrag27.07.2012 22:18

von ReBex
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Hallo!

Also, um mir eine Charaktere besser vorstellen zu können, brauche ich nicht unbedingt Haar- und Augenfarbe. Doch mit verschiedenen Adjektiven / Beschreibungen zum Charakter oder bestimmten Eigenschaften kannst du ebenfalls ein besseres Bild erschaffen, da ist die Haarfarbe dann egal (es sei denn, sie hat etwas über den Charakter auszusagen)

Vielleicht ist Todryks Haut sonnengebrannt von der harten Arbeit auf den Feldern?
Seine Züge verhärtet durch jahrelange Unterdrückung? (Was einen ersten Eindruck übers Alter zulässt)
Sind seine Bewegungen fahrig, weil er so nervös und ängstlich ist, oder ganz ruhig und bewusst, da er in sich selbst ruht?
Das sind jetzt nur einige Anregungen und passen wahrscheinlich rein gar nicht zu Todryk, aber Ergänzungen in diese Richtung kann ich mir vorstellen, um ein besseres Bild zu erhalten  Cool Und darum geht es in deinem Text ja

Ich hoffe, das war jetzt soweit verständlich lol2

Viele Grüße,

Rebex Wink


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Deichgraf
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Beitrag29.07.2012 17:47

von Deichgraf
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Kann man "innerlich" aufatmen?
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Spheres
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Beitrag01.08.2012 16:16

von Spheres
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Ich habe mal versucht, eure Anregungen mit einfließen zu lassen. Hmm, ein wenig habe ich gerade das Gefühl, dass die Situation des Textes vielleicht nicht die Ideale Grundlage für eine effiziente Charakterbeschreibung ist, weil es ja gewissermaßen auf die Erkenntnis hinausläuft, dass der Hauptcharakter zunächst einmal ein guter Schauspieler (im weitesten Sinne) ist und sich dahinter noch so einiges verbirgt, was hier nicht auftaucht. Naja, ich versuche mal, das beste draus zu machen... wink

---

Todryk hielt inne und verharrte für genau einen Augenblick in dieser einen Haltung, die seine an sich schon krummen Beine noch krummer erscheinen ließ.

Sie grölten und selbst der Dicke am Tisch direkt vor ihm schlug sich schon mit der Hand auf den fettigen Wanst, dass es nur so klatschte. Das Gesicht, das Todryk aus seinen tief liegenden Augen fixierte, war jedoch ein anderes: Die kantigen Züge des Mannes im Kettenhemd, der zurückgelehnt und mit verschränkten Armen auf seinem breiten Stuhl vor allen anderen saß und mit zusammengekniffenen Augen und zusammengezogenen Brauen nach wie vor alles genau beobachtete.

Todryk spitzte die feinen Lippen, pfiff nocheinmal die bekannte Melodie, während er in seinem aus verschiedenfarbigen Fetzen zusammengeflickten Mantel weiterhin da stand, wie eine vom Sturm halb umgeknickte Vogelscheuche und nun auch noch die Zunge herausstreckte. Und wieder prustete alles los. Der Dicke konnte sich schon garnicht mehr auf der Bank halten, war rot angelaufen und schnappte so sehr und anscheinend mit dem ganzen Körper nach Luft, dass er seinen Humpen fast schon dem Vordermann ins Genick goss. Und was war das? Hatte Todryk da eine der scharf gezeichneten Augenbrauen des Hauptmanns nach oben zucken sehen? Etwas in ihm triumphierte fast schon, so weit ein Todgeweihter noch triumphieren konnte.

Und als er sich nun mit einem spitzen, genau einstudierten Schrei nach hinten in den Matsch des Platzes fallen ließ, da hörte er genau, wie die Meute nicht mehr zu halten war. Gegenstände polterten über Tische, Schuhe stampften wie besinnungslos auf dem Waldboden und aus der Menge an Jubelrufen wurde ein einziges Grunzen.

Langsam hob er den kraushaarigen Kopf und spürte, wie ihm sofort der kalte Matsch den Rücken hinabran. Er ließ seine im Dunkel liegenden Augen über die Anwesenden wandern. Nur ein Mann sah ihn noch immer unbewegt an, doch es war ein verschmitztes Grinsen, das nun endlich über dieses eine Gesicht huschte. »Unterhaltsam«, sagte er deutlich und begann für einen Augenblick, ein Klatschen anzudeuten. Sein Blick aber schien Todryk in jeder seiner Bewegungen zu prüfen und in sein Innerstes vordringen zu wollen, das sich hinter den vielen Furchen und Narben verbarg. Er hielt ihm stand.

»Männer!« rief der Mann im Kettenhemd und alles Lachen verebbte. Todryk sprang bereits gekonnt auf seine krummen Beine, um welche die zerfetzten Hosen schlackerten, und breitete demonstrativ die dürren und von Matsch tropfenden Arme aus.
»Was sagt ihr, verschonen wir den Knilch?« Es klang nicht nach einer Frage.

Hinter seinem gekonnten närrischen Grinsen verbarg Todryk eine Spur von Erleichterung – und erschauderte zugleich: Er hatte soeben die Stufe vom Todgeweihten zum Gefangenen erklommen.


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Beitrag02.08.2012 20:39

von ReBex
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Hi Spheres,

also - was soll ich sagen - eigentlich hat sich nicht viel im Text geändert. Ich habe zwar ein besseres Bild von Todryk vor Augen, aber das kann auch daran liegen, dass ich deinen Text nun mehrmals gelesen habe?

Mir gefällt der Schreibstil besser, abermir fehlt noch ein wenig mehr Charakter.
Außer, dass Todryk närrisch (und natürlich im Moment ängstlich) ist, weiß der Leser noch nicht viel von ihm. Mir gefällt die Charaktervorstellung insgesamt, doch mit ein wenig mehr Infos kannst du das wahrscheinlich noch aufpimpen  Wink

Viele Grüße, Rebex


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