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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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21.02.2024 18:07
von Thomas74
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Auch dir vielen Dank für deine Einschätzung. Der Thread wurde zwar inzwischen vom Raum-Zeit-Kontinuum überrollt, sprich, ich habe es anders gelöst, aber trotzdem finde ich deine Anmerkungen hilfreich. Wie schon geschrieben, meine Prota verwendet teils Begriffe, die zwar heute abgegriffen wirken, aber damals durchaus zur geläufigen Alltagssprache gehörten. Auch in heute verstaubt wirkender Schreibweise.
(Beispiel: Sie redet vom Telephon oder vom Rundfunkempfänger, benutzt im Bad die Brause oder das Klosett, oder hat im Ausweis eine Photographie.
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Hugin_Hrabnaz (N)Ich-Erzähler
Alter: 48 Beiträge: 248 Wohnort: Ulm
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21.02.2024 20:47
von Hugin_Hrabnaz
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Der Thread poppte irgendwie in der Liste "ähnliche Themen" auf, und ich hab nicht geschaut, von wann der letzte Beitrag war. Ist aber grundsätzlich ein spannendes Thema, das ich in ähnlicher Form ja auch mal angerissen habe, als ich in den Raum gestellt habe, in einem protogermanischen, vorchristlichen Setting auch in der Erzählsprache weitgehend auf Latinismen, Graekismen usw... zu verzichten. Ich könnte auch nie "Storys" oder "Heavyness" schreiben, weil ich das nicht packe, da den englischen Plural bzw. das englische Kompositum zu verhunzen. Das muss "Stories" und "Heaviness" sein.
Was mir bei der neuen Rechtschreibung richtig schwer fällt, ist es, das schnelle Schluss-"ß" durch "ss" zu ersetzen, weil es einfach die sprachhistorische Abkunft der Schreibregel aus der Ligatur aus langem-S und Schluss-S "ſs" verkennt. Auch, dass das Adjektiv "rauh" um sein "h" beraubt wurde, schmerzt mich körperlich, weil ich finde, dass man dieses aspirierte, gehauchte "h" durchaus hören kann, wenn man das Wort mystisch inszeniert. Die Verwandtschaft zu "Rauch" ist ja auch da, wie man etwa an den "Rauhnächten" ablesen kann.
Natürlich bin ich da auch nicht 100% konsequent, und gebe manchmal dem Mainstream nach bzw. habe auch nicht alle etymologischen Zusammenhänge immer auf dem Schirm, aber mir gefällt es, wenn man derlei Dinge aus der Sprachgeschichte im Kopf behält und, so es sinnvoll ist, auch in seine Texte mit einfließen lässt. Das belebt die Varianz. Da habe ich einfach eine sehr ausgeprägte Marotte für derlei Dinge. Nicht, weil ich zwingend altertümelnd klingen möchte, die Wahrnehmung aber durchaus hinnehme, wenn sie deswegen jemand hat. Bei mir sind das eher linguistische und etymologische Steckenpferde, die ich da reite. So schreibe ich selber auch in normalen, journalistischen oder geschäftlichen Texten gerne Telephon, Photograph, Graphik, Delphin und so weiter immer mit "ph", weil ich es schön finde, den griechischen Ursprung der Wörter an der Orthographie ablesen zu können.
Aber ich hab auch in der siebten und achten Klasse damals mein Deutschheft komplett in Sütterlin geschrieben, bzw. einem persönlichen Mix aus Sütterlin und deutscher Kurrent. Die Lehrerin hat mich lediglich darum gebeten, das in der Klassenarbeit nicht zu tun, weil sie es nicht lesen könne. Ich war entsetzt aber folgsam. Für die eigene Handschrift habe ich daraus Dinge wie das "z" mit Unterlänge mitgenommen, oder "F" in einem Zug zu schreiben.
Mag man ein bisschen bekloppt finden, aber damit komme ich klar.
Was das Espenlaub angeht:
Ich finde das Bild noch schöner, wenn es nicht nur heißt "Sie zitterte wie Espenlaub.", sondern ausführlicher, "Sie zitterte wie Espenlaub im Wind.", denn es illustriert, dass man sich nicht nur im Floskelhandbuch bedient hat, sondern auch über das Bild nachgedacht hat.
Finde deine Herangehensweise gerade im historischen Roman daher absolut sinnvoll.
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Jojojo Wortedrechsler
J
Beiträge: 55
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J 21.02.2024 21:11
von Jojojo
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Hugin_Hrabnaz hat Folgendes geschrieben: |
Was das Espenlaub angeht:
Ich finde das Bild noch schöner, wenn es nicht nur heißt "Sie zitterte wie Espenlaub.", sondern ausführlicher, "Sie zitterte wie Espenlaub im Wind.", denn es illustriert, dass man sich nicht nur im Floskelhandbuch bedient hat, sondern auch über das Bild nachgedacht hat.
Finde deine Herangehensweise gerade im historischen Roman daher absolut sinnvoll. |
Nee, das geht eben nicht, weil man nicht weiß, wie genau sich Espenblätter im Wind bewegen. Bei manchen heißen Espen auch Zitterpappeln und dann ist die Verwirrung komplett. Ich bin keine Freundin von Vergleichen, wenn die Umschreibung schon zu lange bekannt ist und keinen Chic mehr hat. Warum überhaupt vergleichen. „Sie zitterte seit fünf Minuten und es schien kein Ende nehmen zu wollen.“ „Sie zitterte so sehr, ihr üppiger Schmuck klirrte leise zum Klappern ihrer Zähne.“
_________________ Jojojo |
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Hugin_Hrabnaz (N)Ich-Erzähler
Alter: 48 Beiträge: 248 Wohnort: Ulm
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21.02.2024 21:48
von Hugin_Hrabnaz
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Jojojo hat Folgendes geschrieben: | Hugin_Hrabnaz hat Folgendes geschrieben: |
Was das Espenlaub angeht:
Ich finde das Bild noch schöner, wenn es nicht nur heißt "Sie zitterte wie Espenlaub.", sondern ausführlicher, "Sie zitterte wie Espenlaub im Wind.", denn es illustriert, dass man sich nicht nur im Floskelhandbuch bedient hat, sondern auch über das Bild nachgedacht hat.
Finde deine Herangehensweise gerade im historischen Roman daher absolut sinnvoll. |
Nee, das geht eben nicht, weil man nicht weiß, wie genau sich Espenblätter im Wind bewegen. Bei manchen heißen Espen auch Zitterpappeln und dann ist die Verwirrung komplett. Ich bin keine Freundin von Vergleichen, wenn die Umschreibung schon zu lange bekannt ist und keinen Chic mehr hat. Warum überhaupt vergleichen. „Sie zitterte seit fünf Minuten und es schien kein Ende nehmen zu wollen.“ „Sie zitterte so sehr, ihr üppiger Schmuck klirrte leise zum Klappern ihrer Zähne.“ |
Man kann sich ja auch botanisch weiterbilden, falls man noch in der bedauernswerten Position verharren sollte, aber nicht wollte, noch nie eine Espe gesehen zu haben.
Das betrifft jetzt nur mich und ist nicht auf jeden übertragbar, aber ich finde deine beiden Vorschläge jedenfalls weder ästhetischer noch anschaulicher als den mit dem Espenlaub, sondern umständlich und erzwungen "show", aber gut, ist dann wohl Geschmackssache.
Jeder wie er mag. Meine Antwort zielte darauf, zu zeigen, dass es Leser gibt, die derartige Bilder gerne haben, wenn sie - wie oben ausführlich geschrieben - sparsam und mit Bedacht verwendet werden. Mehr nicht.
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