Eden

[Tisssop]

Hol mich raus aus dieser Hölle!
Blut fließt von den Wänden
Kranke Engel sterben im Fleisch
Ihre Flügel brennen
Leben für eine Sekunde
In einer versunkenen Schublade
Bei der Stirn aus Wassermurmeln
Der Tag zerfällt zu Augenblicken
Während du am Zaun wartest
Ein rotes Scheinen im Nacken
Sehr geehrt und sehr erniedrigt
Schlage mich mit deinen Flügeln!

Der dicke Finger auf deinen Lippen
Dein Speichel ist seidenfarben
Die Engel sind in roter Nacht genesen
In den Grachten olivgrüner Gewässer
Sternenbemalte Fußnägel
Nachts watscheln die Höllenengel
Mit Diskussionen beschäftigt
Hüte mich in deinen Flügeln

Führe mich ins Paradies von Eden
Die Himmelsmauer durchbrechen
Rückseite des Bluts
Im Schrei entstand ich; Stille wurde ich
Vergänglichkeit ist gut für die Nacht
Mauern und Kerker sind Träume
Ich weiß davon nichts
Nachts weckst du mich
Duftend nach den Pflanzen in Eden
Die Schlange wird zum Riesen

[dyfso]

Die Atmosphäre ist meiner Meinung nach gut gelungen. Zwar hatte ich beim ersten Lesen einige Schwierigkeiten, aber nun verstehe ich, was der Autor ausdrücken möchte. Die Form ist ungereimt, und das Thema – eine Reise nach Eden, das Paradies – ist meiner Ansicht nach klar erkennbar. Ein Engel holt das lyrische Ich ab und führt es aus der normalen Welt ins Paradies. Die normale Welt, wie wir sie kennen, scheint gerade am Untergehen zu sein.

Das lyrische Ich gibt sich dem Engel hin, der es dann nach Eden führt. Im Eden angekommen, entledigt sich das Ich seines alten Lebens und gibt sich dem Paradies hin, wie es im Gedicht heißt: „Mauern und Kerker sind Träume.“ Das Leben des lyrischen Ichs verlief wohl nicht wirklich gut, wie der Anfang des Gedichts vermuten lässt: „Hol mich raus aus dieser Hölle“, womit vermutlich das Leben des lyrischen Ichs gemeint ist.

Fragen bleiben bei einigen Versen wie „Bei der Stirn aus Wassermurmeln“, „Sternbemalte Fußnägel“, „Mit Diskussionen beschäftigt“. Diese beschreiben zwar die Atmosphäre ein wenig, aber ich frage mich immer noch, was eine Stirn aus Wassermurmeln ist oder worüber diskutiert wird. Die sternbemalten Fußnägel erschließen sich mir auch nicht ganz – dienen sie nur der Beschreibung des Aussehens des Engels?

Das Gedicht wirkt auf mich wie ein kleines Durcheinander. Es wird vermutlich ein Untergang beschrieben, aber manchmal schweift die Handlung ab. Für mich fühlt es sich so an, als ob die Dramatik im Gedicht kurzzeitig verloren geht und dann wieder aufgegriffen wird. Die Verse 1-6 sind zum Beispiel sehr dramatisch, während Vers 7 wie ein Fels in der Brandung wirkt, um dann in den Versen 8-12 wieder eine dramatische Handlung aufzubauen. Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn man in einer Strophe mit einer Handlung abschließt oder wenn die Handlung kurz zum Höhepunkt kommt und dann wieder abnimmt. Die Abnahme der dramatischen Handlung verläuft zumindest für mich zu schnell und nimmt einen wichtigen Teil des Gedichts ein, da ich nicht mehr genau weiß, wie die momentane Handlung ist.

Das ist lediglich meine Meinung. Ich bin ein absoluter Laie in der Lyrik, aber so hat das Gedicht jedenfalls auf mich gewirkt. Trotzdem ist es gelungen.

LG dyfso

[Tisssop]

Hallo dyfso,

auf all deine Fragen gebe ich dir nur eine Antwort: Das ich nichts weiß.

Ich untersuche und analysiere meine Gedichte nicht; sie fließen durch mich in Wörtern auf die Welt. Nicht weniger. Und auch nicht mehr.

Viele Grüße
Max