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V.K.B.
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Beitrag30.05.2023 20:28

von V.K.B.
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
1. Nein. Es gibt keine Mindest-Umsatzmenge. Zumindest interessiert das beim genannten Beispiel libri keinen.
Das ist ja interessant. Hat sie da vielleicht eine Menge stark übertriebenes Zeug erzählt, um Buchmarkt und Verlagswesen möglichst krass darzustellen und ihren Vortrag damit interessanter zu machen? Kommt mir langsam tatsächlich so vor …

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Gerling
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G
Beitrag30.05.2023 20:29

von Gerling
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Ich bekomme mittlerweile den Eindruck, der Vortrag besagter Dame erfolgte nach mehreren Humpen Wein. Oder aber sie ist sehr verbittert.
Der Buchhandel wird von den großen Filialisten dominiert, nicht von den Distribuenten. Wenn das mit den hundert Büchern stimmen sollte, kommt diese Anweisung von Thalia und Co.

Das nur fünf Prozent aller veröffentlichten Bücher über 100 verkaufte Exemplare kommt, halte ich rein vom Gefühl ebenfalls für falsch.

Wenn die durchschnittliche Lebenserwartung eines Verlages drei Jahre beträgt, müssten pro Jahr hunderte von Verlagen ihre Türen dicht machen und annähernd so viele neu gegründet werden. Halte ich auch für maßlos übertrieben.


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Thomas74
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Beitrag30.05.2023 20:30

von Thomas74
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Die Konditionen kann jeder anfragen. Das ist kein Geheimnis.

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Thomas74
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Beitrag30.05.2023 20:31

von Thomas74
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Mich würde echt ihr Konsens interessieren.

Edit:
@ Gerling: Thalia fordert teilweise sogar nur Einzelexemplare an.


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V.K.B.
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Beitrag30.05.2023 21:06

von V.K.B.
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Kleinverlage sind Mist und Großverlage hintergehen Autoren, also auch Mist?
[…]
Mich würde echt ihr Konsens interessieren.
So wie ich den verstanden habe war der in etwa: Man sollte sich gut überlegen, wohin man will (also ob das freie Auswahl wäre, lol). Es könne lohnender sein, bei einem Kleinverlag eine kleine aber feste Nische zu bedienen, als bei einem Großverlag in der Masse unterzugehen. Bei einem Kleinverlag habe man auch größere Freiheiten, die man bei einem Großverlag aufgeben müsse. Ich glaub ihre generelle Empfehlung ging in Richtung engagierter mittelgroßer Verlag, damit habe sie selbst zumindest die besten Erfahrungen gemacht. Und diese sollte man am besten auf Buchmessen persönlich ansprechen, statt einfach was einzuschicken. Im Gegensatz zu Großverlagen hätten die Zeit dafür. Aber wie gesagt, kam mir auch etwas spanisch vor, dass sie halbwegs so getan hat, als habe jeder Autor freie Wahl, wo man veröffentlichen will. Sie sagte in dem Zusammenhang auch, man bräuchte auch für Großverlage höchstens Agenturen, um bessere Verträge aushandeln zu lassen, aber nicht, um da reinzukommen. Ihre Veröffentlichungen (die es gibt, wie ich skeptischerweise erstmal überprüft habe) seien auch ohne Agentur angenommen worden (ob letzteres stimmt, kann ich natürlich nicht sagen).
Vor SP hat sie stark abgeraten, weil man alle rechtliche Verantwortung selbst trägt und sich auch bei Dingen, die man nicht wissen kann (sie nannte das Beispiel, Buchtitel kommt in übersetzter Form in einem Songtext vor, den der Autor gar nicht kannte) schnell Klagen und damit Schulden im fünfstelligen Bereich einhandeln könne. Da sollte man mindestens einen Kleinverlag haben, der das abfängt und als juristische Person Konkurs anmelden kann, bevor man sich damit in die Privatinsolvenz treibt.

Mein erster Gedanke, als ich aus dem Vortrag rausging, galt dann wieder der Machbarkeit von Guerilla-Publishing Konzepten (völlig anonyme (und damit illegale) kostenlose Veröffentlichung (ebooks über warez-Seiten, Printexemplare über Bücherkirchen und -kisten), mit freiwilliger Bezahlung über Bitcoin¹) Mr. Green
Jedenfalls ist es ihr gut gelungen, ein "I will be no part of this"-Gefühl bezüglich des deutschen Buchmarkts bei mir zu erzeugen. Wenn ich das aufgrund des ganzen rechtlichen Impressum-Vogonenkrams und "Jugendschutz"-Zensur für Erwachsene nicht eh schon hätte.
Vielleicht gibt es ja irgendwann eine freie rogue-KI, die sich zuverlässig um posthume illegale Veröffentlichung meiner Werke kümmern kann, dann kann mich jedenfalls keiner mehr wegen unbeabsichtigter Zitierung mir unbekannter Songtexte verklagen oder mir wegen §131 nicht nur die Rechner und Manuskripte, sondern auch noch den letzten Kugelschreiber beschlagnahmen.
Verdammt, ich bin gerade richtig verbittert, was Veröffentlichen anbelangt.

¹leider ist das noch nicht weit genug als Zahlungsmittel verbreitet und ich könnte auch im Forum nicht mehr mitmachen oder zumindest nicht über meine Bücher reden, sonst wäre ich als Autor ja greifbar.


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Minerva
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Beitrag30.05.2023 22:11

von Minerva
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Zitat:
Vor SP hat sie stark abgeraten, weil man alle rechtliche Verantwortung selbst trägt und sich auch bei Dingen, die man nicht wissen kann (sie nannte das Beispiel, Buchtitel kommt in übersetzter Form in einem Songtext vor, den der Autor gar nicht kannte) schnell Klagen und damit Schulden im fünfstelligen Bereich einhandeln könne.


Na ja, da habe ich ein bisschen Zweifel. Wenn also irgendwo z.B. in Lateinamerika eine Band einen Song hat, in der drei Wörter drin sind, die genau wie mein Buchtitel sind, werd ich vielleicht verklagt?

Grundsätzlich stimmt's mit dem Risiko, doch dafür gibt es eine Berufshaftpflicht für Autoren, die man abschließen kann.


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V.K.B.
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Beitrag30.05.2023 23:19

von V.K.B.
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Minerva hat Folgendes geschrieben:
Wenn also irgendwo z.B. in Lateinamerika eine Band einen Song hat, in der drei Wörter drin sind, die genau wie mein Buchtitel sind, werd ich vielleicht verklagt?
Wenn das ein Abmahnanwalt sieht, hab ich keine Zweifel, dass der sich sofort darauf stürzen wird.

Zitat:
doch dafür gibt es eine Berufshaftpflicht für Autoren, die man abschließen kann
Die greift aber bestimmt nicht bei §131, und selbst wenn, seine Rechner und Manuskripte wäre man trotzdem los. Und dieses Ding ist so schwammig formuliert und wird wie ein zufälliger Schuss in die Menge angewendet, da kann es jeden treffen, der gerne mal krasseres Zeug schreibt. Zwei Romane, die Anne Rice unter dem Pseudonym A.N. Roquelaure schrieb, sind in Deutschland auf dem Index gelandet. Wesentlich krassere Werke wie Tobias O. Meißners "Hiobs Spiel" dagegen nie, und selbst de Sades 120 Tage von Sodom ist auch frei erhältlich, also völlige Willkür, Indizierung erfolgt ja auch nur, wenn jemand einen Antrag stellt. Aber wenn es einen dann trifft, wird garantiert auch ermittelt, wenn der Autor greifbar ist – und das heißt ja, erstmal alles beschlagnahmen, was damit zu tun hat. Ich hab keine Lust, dass mir die Bullen im Morgengrauen die Wohnung ausräumen, nur weil ich mal transgressive Literature veröffentlicht habe, die irgendwem gegen den Strich ging. Aber davor schützt ein Verlag wahrscheinlich auch nicht. Ich würde mich als Schriftsteller jedenfalls nicht mehr sicher in diesem Land fühlen, wenn ich so einige meiner Werke veröffentlichen würde. Aber das ist nicht Fadenthema (oder darf man in eigenen Fäden OT gehen?)

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Maunzilla
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Beitrag31.05.2023 00:57

von Maunzilla
Antworten mit Zitat

Nur weil dich jemand verklagt, heißt das noch lange nicht, daß er den Prozeß auch gewinnt. Abmahn-Aasgeier klagen in der Regel nicht, denn sie verdienen ihr Geld mit der Angst ihrer Opfer und nicht mit starrsinnigen Leuten, die sie jahrelang durch alle Instanzen verklagen müssen. Schließlich muß der Kläger die Gerichts- und Anwaltsgebühren erst einmal vorstrecken und bekommt sie erst bei einem Sieg wieder erstattet.

Verlage werden ständig gegründet und machen wieder dicht. Die meisten Verlage sind one-man-shows; Leute, die irgend einen idealistischen Traum verfolgen und dann bald merken, daß ihre Träume nur Schäume waren. Die Grenzen zwischen Hobby und Gewerbe sind oft fließend. In Zeiten von E-Book und Print-on-demand sind die Hürden sehr niedrig und auch Leute mit wenig Kapital können sich Verleger nennen und eine Handvoll Bücher machen, und ihr Geschäft vom Schreibtisch in ihrem Hobbykeller aus betreiben.

Was die Auflagen anbetrifft, so halte ich die Zahl durchaus nicht für unrealistisch. Man muß nur schauen, wie viele Neuerscheinungen jedes Jahr auf den Markt kommen.
In den letzten Jahren waren es rund 70'000 Erstauflagen. Wie viele davon stammen von bekannten Autoren und großen Verlagen, die mehrere Tausend Stück absetzen können? 3000-4000? Das wären dann schon ungefähr 5%. Aber selbst große Verlage produzieren Flops, die keiner kauft.
[Ich habe hierzu diesen etwas älteren, aber immer noch recht aufschlußreichen Artikel gefunden: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/worstseller-2006-der-gammelbuchskandal-1385455.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2]
Zitat:
„Diogenes Worstseller 2005“. Spitzenreiter ist der irische Klassiker Frank O'Connor, dessen „Meistererzählungen“ im Verlauf eines ganzen Jahres nur drei Käufer fanden. Es folgen George Orwell (8 Exemplare), William Faulkner (15), Brian Moore (46) und schließlich, auf Platz zehn, Dashiel Hammetts „Das Haus in der Turk Street“ mit 67 verkauften Exemplaren.


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nebenfluss
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Beitrag31.05.2023 02:39

von nebenfluss
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schollek hat Folgendes geschrieben:
Einmal angenommen, ich bekäme einen Vertrag von einem Publikumsverlag mit den genannten Bedingungen. Keine Sekunde wuerde ich zögern, den zu unterschreiben.
Dem Zeitgeist entsprechend ist mein Protagonist schwul. Sollte das Lektorat aber meinen, dass die sexuelle Ausrichtung kontraproduktiv für die Vermarktung sei, hätte ich kein Problem damit, das zu ändern. Es sei denn, der Inhalt würde essentiell davon abhängig sein.
Soweit zu meinem Outing als Stricherseele.

Ein Traum. Du instrumentalisierst Schwulness weil Zeitgeist, ohne Belang für den Inhalt, und der Verlag so: Nee, lass mal, mach lieber Hetero. Weil die Gay-Community sonst zum Shitstorm bläst oder so. Alberner könnte man kaum scheitern (meine Meinung).

Zum engeren Thema bin ich bei Bananenfischin, Maunzilla und pna.
Es ist halt ein weites Spektrum, Fließbandschreibe einerseits und Anwärterschaft auf Literaturpreise andererseits treffen auf entsprechend diversifizerte Lektorate. Am einen Ende die, die den Text gleich selbst umschreiben, weil der Autor zu sehr versucht, seinen Text zu retten (hat mir eine Lektorin auf der Frankfurter Buchmesse erzählt, E-Book-only-Imprint), am anderen Ende stundenlanges gemeinsames Vertiefen in die Satzmelodien. Und alle Abstufungen dazwischen.

Minimum ist für mich, dass der Autor den Änderungen zustimmen muss, auch wenn es (wegen beiderseitig mangelndem Interesse am Individualwerk oder mangelnder Augenhöhe) nur eine Formalie ist. Immerhin steht der eigene Name (oder das eigene Pseudonym) drauf, ne.


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Thomas74
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Beitrag31.05.2023 06:22

von Thomas74
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nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Am einen Ende die, die den Text gleich selbst umschreiben, weil der Autor zu sehr versucht, seinen Text zu retten (hat mir eine Lektorin auf der Frankfurter Buchmesse erzählt, E-Book-only-Imprint),


Ha! Da isser doch, der Beweis, dass so etwas öfter vorkommt. wink
Das Threadthema dürfte damit verifiziert und geklärt sein. Verstecken


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Minerva
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Beitrag31.05.2023 08:46

von Minerva
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V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Die greift aber bestimmt nicht bei §131, und selbst wenn, seine Rechner und Manuskripte wäre man trotzdem los.

Und was ist mit all den detailliert beschriebenen Thrillern, z.B. auf Amazon?
Ne, also bei Büchern ist die Hürde weeeesentlich höher, als bei Darstellungen in Bildern/Filmen oder PC-Spielen, wo unsere Jugendschützer auch heute noch Unsinn veranstalten, wie bspw. 10 Jahre lang "Dead Island" zu indizieren, nach 10 Jahren ist es dann plötzlich OK, aber das ähnliche, 10 Jahre später erschienene, "Dying Light" nicht, das ist immer noch auf dem Index.

Aber grundsätzlich gilt: Es findet keine Zensur statt. Und vor allem keine Beschlagnahmungen von PCs oder Manuskripten. Das bezieht sich wirklich maximal auf Werke, die gegen das Strafrecht verstoßen (NS-Verherrlichung, Kinderpor., etc.).

V.K.B. hat Folgendes geschrieben:
Ich hab keine Lust, dass mir die Bullen im Morgengrauen die Wohnung ausräumen, nur weil ich mal transgressive Literature veröffentlicht habe, die irgendwem gegen den Strich ging.

Ich glaube, du machst dir zu viele Sorgen. Solange du nicht eben Genanntes schreibst. Schau dir mal an, was Verlage wie Festa extrem oder Redrum anbieten z.B.
Anne Rice ist schon lange her, heute gehört BDSM quasi zum guten Ton, dank E.L. James' "50 Shades of Grey".
Es geht meist nicht um den Inhalt, sondern um das Zugänglichmachen an Unter-18-Jährige. Scheint aber z.B. für Amazon kein Problem. Bei Büchern wird das eh alles nicht so eng gesehen.

Maunzilla hat Folgendes geschrieben:

Nur weil dich jemand verklagt, heißt das noch lange nicht, daß er den Prozeß auch gewinnt. Abmahn-Aasgeier klagen in der Regel nicht, denn sie verdienen ihr Geld mit der Angst ihrer Opfer und nicht mit starrsinnigen Leuten, die sie jahrelang durch alle Instanzen verklagen müssen. Schließlich muß der Kläger die Gerichts- und Anwaltsgebühren erst einmal vorstrecken und bekommt sie erst bei einem Sieg wieder erstattet.


Ganz genau!

nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Ein Traum. Du instrumentalisierst Schwulness weil Zeitgeist, ohne Belang für den Inhalt, und der Verlag so: Nee, lass mal, mach lieber Hetero. Weil die Gay-Community sonst zum Shitstorm bläst oder so. Alberner könnte man kaum scheitern (meine Meinung).


Ich glaube eher, es ist so: Seitdem Wokeness außer Kontrolle geraten ist und zu Quoten, vor allem bei sämtlichen Streamingdiensten, geführt hat, und wir wissen, dass Kunst nicht von moralischer oder politischer Einmischung profitiert, sind die Leute zunehmend genervt. Deswegen wird alles kritisch oder mit Wut betrachtet, was von der bekannten "Norm" abweicht (weiß, Mann, hetero, nicht-behindert usw.).
Das geht auch mir als tolerantem Mensch so. Wenn ich noch einen einzigen Film sehen muss, in dem ich Untertitel lesen muss, weil schon wieder ein Charakter taubstumm ist, flippe ich aus. Dieses Jahr waren es schon 3 - das ist doch nicht im Sinne der Repräsentation. Warum nicht mal jemand, der blind ist oder im Rollstuhl sitzt? Nein, es muss immer das für den Zuschauer Nervigste sein, und obendrauf zwingt man noch Passagen in Originalsprache auf, wofür dann noch mehr Untertitel gebraucht werden. Wenn ich lesen will, hol ich mir ein Buch.
Insofern kann ich den Ärger verstehen, selbst ich bin schon vergrault worden.

Es gibt natürlich auch erfolgreiche Ausnahmen, nämlich dann, wenn die Geschichten noch Geschichten sind und großartig erzählt, während das darin angesiedelte Personal ganz natürlich divers ist. Siehe "The last of us" https://www.imdb.com/title/tt3581920/ mit einer Bewertung von 8,8/10 - wobei auch dort noch mal unnötig eine Schippe draufgehauen wurde im Vergleich zum orginalen PC-Spiel.
Oder so war nach meiner Meinung das "Blutbuch", welches den Deutschen Buchpreis gewonnen hat, ein ziemlich guter Roman, der von der Sprache, Geschichte und dem Gesamtwerk her meinen Horizont erweitert hat.
Nichtsdestotrotz schalte ich weg, wenn eine Serie mit diversem Personal aufwartet, aber die Figuren doof und unsympathisch sind und die Geschichte langweilig oder wirr (und diese Produktionen nehmen zu). Das Gleiche würde für Romane gelten.
Es gibt einfach einen Unterschied zwischen einem künstlerisch entstandenem Produkt und einem zur Erfüllung von Quoten erschaffenem.

So denke ich, wäre das im Eingangsthread genannte Buch vor 5 Jahren noch durchgegangen, jetzt fürchtet man sich vor Boykott und Shitstorm, und zwar nicht von den Woken, sondern von den Anti-Woken (wobei natürlich inzwischen beides möglich wäre).
Aber der Autorin vorzuwerfen, es wäre Instrumentalisierung, ist zu kurz gegriffen - denn das weißt du gar nicht. Es gibt nun mal heterosexuelle Frauen, die sich in ihren Romanfiguren lieber mit homosexuellen Männern identifizieren, und umgekehrt (Mal ganz zu schweigen von homosexuellen Autoren selbst). Auch ein Teil von Kunstfreiheit.

Ist das dann eigentlich woke oder anti-woke, wenn sie das nicht mehr dürfen?


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pna
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Paterson
Beitrag31.05.2023 09:33

von pna
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schollek hat Folgendes geschrieben:
Einmal angenommen, ich bekäme einen Vertrag von einem Publikumsverlag mit den genannten Bedingungen. Keine Sekunde wuerde ich zögern, den zu unterschreiben.
Dem Zeitgeist entsprechend ist mein Protagonist schwul. Sollte das Lektorat aber meinen, dass die sexuelle Ausrichtung kontraproduktiv für die Vermarktung sei, hätte ich kein Problem damit, das zu ändern. Es sei denn, der Inhalt würde essentiell davon abhängig sein.
Soweit zu meinem Outing als Stricherseele.


Ein Schriftsteller, der Bedeutung hat, formt den Zeitgeist und folgt ihm nicht. Das mal dazu. Dann: Wenn die Sexualität Deines Protagonisten für das Verständnis und die Handlung des Romans so beliebig ist, dass man sie so oder so auslegen oder festlegen kann, wozu sie dann überhaupt noch erwähnen?

In einem guten Roman steht nichts drin, das für den Roman nicht von Bedeutung ist. Thematisierst Du also die Sexualität Deines Protagonisten, dann wird das doch sicher aus gutem Grund geschehen und nicht nur, um was weiß ich, woke oder zeitgeistig zu sein?
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schollek
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Beitrag31.05.2023 10:47

von schollek
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Also zunächst einmal erwähne Ich die sexuelle Ausrichtung meines Protagonisten überhaupt nicht. Im fiktiven Fall, ich hätte es doch getan und der Lektor würde mich bitten, dies aus markttechnischen Gründen zu ändern, hatte ich kein Problem damit. Darum ging es doch im Eingagsthread, oder?
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Willebroer
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Beitrag31.05.2023 10:50

von Willebroer
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pna hat Folgendes geschrieben:

Ein Schriftsteller, der Bedeutung hat, formt den Zeitgeist und folgt ihm nicht. Das mal dazu. Dann: Wenn die Sexualität Deines Protagonisten für das Verständnis und die Handlung des Romans so beliebig ist, dass man sie so oder so auslegen oder festlegen kann, wozu sie dann überhaupt noch erwähnen?

In einem guten Roman steht nichts drin, das für den Roman nicht von Bedeutung ist. Thematisierst Du also die Sexualität Deines Protagonisten, dann wird das doch sicher aus gutem Grund geschehen und nicht nur, um was weiß ich, woke oder zeitgeistig zu sein?


Das sind alles so schöne Floskeln, die jeder auch für sich nach Belieben auslegen kann.
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nebenfluss
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Beitrag31.05.2023 11:56

von nebenfluss
Antworten mit Zitat

Minerva hat Folgendes geschrieben:


nebenfluss hat Folgendes geschrieben:
Ein Traum. Du instrumentalisierst Schwulness weil Zeitgeist, ohne Belang für den Inhalt, und der Verlag so: Nee, lass mal, mach lieber Hetero. Weil die Gay-Community sonst zum Shitstorm bläst oder so. Alberner könnte man kaum scheitern (meine Meinung).


Ich glaube eher, es ist so: Seitdem Wokeness außer Kontrolle geraten ist und zu Quoten, vor allem bei sämtlichen Streamingdiensten, geführt hat, und wir wissen, dass Kunst nicht von moralischer oder politischer Einmischung profitiert, sind die Leute zunehmend genervt. [...]

(Hervorhebung von mir)
Wenn das langsam Konsens wird, ist mein "Traum" ja in Erfüllung gegangen. Wobei ich nicht sagen würde, dass gute Kunst prinzipiell nicht moralisch oder politisch sein kann. Wenn man einer ernsthaften Agenda folgt und nicht einem vermeintlichen Zeitgeist.
Zitat:

Aber der Autorin vorzuwerfen, es wäre Instrumentalisierung, ist zu kurz gegriffen - denn das weißt du gar nicht. Es gibt nun mal heterosexuelle Frauen, die sich in ihren Romanfiguren lieber mit homosexuellen Männern identifizieren, und umgekehrt (Mal ganz zu schweigen von homosexuellen Autoren selbst). Auch ein Teil von Kunstfreiheit.

Auch hier haben wir keinen Dissenz. Nur passt das, was du hier schreibst, m. E. nicht zu scholleks Beispiel. Da wurde der Zeitgeist angeführt, nicht die eigene Sexualität oder die Erreichung einer bestimmten Zielgruppe. Sarkastisch gesagt: Autor weiß nicht, ob Queer-, PoC- oder Behindertenquote gerade schon erfüllt ist und bappt deshalb einfach einen Aufkleber auf den Prota, der sich rückstandsfrei wieder abziehen lässt. Homo, hetero, schwarz, weiß, grün, adipös, bulimiekrank, soll sich's der Verlag doch aussuchen. Ich bezweifle (wie du), dass dies die Art von Repräsentation ist, die sich die entsprechenden Communities wünschen.

Minerva hat Folgendes geschrieben:
Ist das dann eigentlich woke oder anti-woke, wenn sie das nicht mehr dürfen?

Von mir aus darf jeder alles, was niemandem schadet usw.
Im Wortsinn kann man es aber natürlich auch als woke verstehen, sich gegen übertriebene Wokeness auszusprechen.


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nebenfluss
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Beitrag31.05.2023 12:10

von nebenfluss
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schollek hat Folgendes geschrieben:
Also zunächst einmal erwähne Ich die sexuelle Ausrichtung meines Protagonisten überhaupt nicht. Im fiktiven Fall, ich hätte es doch getan und der Lektor würde mich bitten, dies aus markttechnischen Gründen zu ändern, hatte ich kein Problem damit. Darum ging es doch im Eingagsthread, oder?

So hatte ich es auch verstanden, als fiktives Beispiel. Wenn allerdings die sexuelle Ausrichtung nicht erwähnt wird, verstehe ich nicht, was der Verlag ändern wollen sollte. *
Im Eingangsthread ging es immerhin um einen Liebes- oder Erotikroman. Wie V.K.B. schrieb, ist die Orientierung da doch wohl wesentlich. Eine der wenigen Dinge, die mir als Hetero-Mann ferner liegen als einen Hetero-Porno zu lesen: Einen Schwulen-Porno zu lesen.

* EDIT: Gestrichen, Zitat zu ungenau gelesen, sorry.


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