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Deutsches Schriftstellerforum Foren-Übersicht -> Allgemeines rund um die Schriftstellerei -> Diskussionen zu Genre und Zielgruppe
Braucht jeder gute Roman eine Sexszene?

 
 
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Mumienfreund
Eselsohr


Beiträge: 327



Beitrag28.08.2021 20:30

von Mumienfreund
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BlueNote hat Folgendes geschrieben:
Merlinor, du pauschalisierst schon wieder zu viel.
Man könnte auch fragen, ob eine Sexszenen einen anspruchsvollen Roman eher bereichert oder nicht. Ich würde (inzwischen) sagen: ja! Wobei wohl auch viel davon abhängt, wie originell diese Szene ist, d.h. ob es der Autor schafft, dieser ... (besonderen) Alltäglichkeit etwas Neues abzugewinnen.


Das stimmt! Sind wie schließlich nicht alle als Autoren ständig auf der Suche nach neuen Ideen, Settings oder Plots? Wollen wir nicht alle weg von Klischees?

So halte ich es auch in meinen Romanen.
In meinem neuesten Werk (Arbeitstitel: Treffsicher, Krimi), lasse ich meinen Commissario Sergio Stanga bei seinem Ermittlungen in einem obskuren Zirkus auf die Hauptverdächtige Artistin Comtesse Cavità treffen – auf der Trapezanlage. Beide schwingen sich (durch einen dummen Zufall splitternackt) dabei an ihren Trapezen durch die Lüfte und aus der anfänglichen Befragung wird rasch etwas ganz anders, was dem Fall eine völlig neue Stoßrichtung verpasst…


Sowas wollen die heute lesen – aber nur, wenn es literarisch auch gut gemacht ist!!!
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BlueNote
Geschlecht:männlichStimme der Vernunft


Beiträge: 7304
Wohnort: NBY



Beitrag29.08.2021 05:14

von BlueNote
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Dann hoffe ich doch, die beiden stoßen nicht zu heftig aufeinander. wink Ich glaube, die Szene würde ich alleine schon deswegen lesen wollen, um zu erfahren, wie man sich zufälligerweise nackt auf dem Trapez begegnen kann. War das Trikot denn gerade in der Wäsche?
Wahrscheinlich wirst du das ohnehin mit einer ironischen Note erzählen, dann könnte es funktionieren.
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PaulaSam
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 53
Beiträge: 561
Wohnort: Regensburg


Beitrag30.08.2021 10:00

von PaulaSam
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Das fällt mir jetzt erst auf.
Dürfen bspw in Krimis Sexszenen stehen, wenn sie denn als "Krimi" bezeichnet werden? Wie verhält es sich da mit dem Jugendschutz? Und wie würden Verlage so einen Krimi einordnen? Ich dachte immer, sobald es "bildhaft" zur Sache geht, ist es automatisch dem Erotikgenre zuzuordnen, eben wegen dem Jugendschutz. Oder ist in diesem Thread mit "Sexszene" eher Romantik gemeint?

LG Sam
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Thomas74
Geschlecht:männlichExposéadler

Alter: 49
Beiträge: 2346
Wohnort: Annaburg


Beitrag30.08.2021 10:04

von Thomas74
Antworten mit Zitat

Du meinst, ein Kettensägenmassaker mit spritzenden Gedärmen ist okay, aber sobald ein Prota seinen Pillemann auspackt, ist das Seelenheil der Jugend in Gefahr?
Man kann es sich auch kompliziert machen... Rolling Eyes


_________________
Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen.
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PaulaSam
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 53
Beiträge: 561
Wohnort: Regensburg


Beitrag30.08.2021 11:24

von PaulaSam
Antworten mit Zitat

Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
Du meinst, ein Kettensägenmassaker mit spritzenden Gedärmen ist okay, aber sobald ein Prota seinen Pillemann auspackt, ist das Seelenheil der Jugend in Gefahr?
Man kann es sich auch kompliziert machen... Rolling Eyes


 Sich kaputt lachen
Nein, das meinte ich natürlich nicht. Ich dachte eher an Krimis wie die von Agatha Christi oder Bannalec. Kettensägenmassaker sind dann doch eher dem Genre Thriller oder Horror zuzuordnen. Oder irre ich mich? Ein anderes Beispiel wäre Harry Potter. Stell dir mal vor, wie dieses Werk mit Sexszenen dastehen würde. Es würde sofort zur reinen Erwachsenenliteratur avancieren, was tausende Teenager sicher sehr enttäuschend fänden. Aber ja, auch dort gibt es ziemlich brutale Darstellungen, die ein 10jähriger vielleicht auch nur schwer verkraften könnte. Aber hey, Sex ist doch was völlig anderes. Da geht es schließlich um Sittlichkeit und Moral! ohh

LG Sam
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FaithinClouds
Geschlecht:weiblichLeseratte
F


Beiträge: 158
Wohnort: Südlich vom Norden


F
Beitrag30.08.2021 13:36

von FaithinClouds
Antworten mit Zitat

Thomas74 hat Folgendes geschrieben:
ein Kettensägenmassaker mit spritzenden Gedärmen ist okay, aber sobald ein Prota seinen Pillemann auspackt, ist das Seelenheil der Jugend in Gefahr?


Wenn Kettensägen und Pillemänner zusammenkommen, bietet das aber auch eine ganz neue Form von Suspense 😳

EDIT: Kettensägen und Pillemänner wäre auch ein guter Name für eine Punkband
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Gast







Beitrag30.08.2021 13:46

von Gast
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[quote="PaulaSam"]
Thomas74 hat Folgendes geschrieben:


 Ein anderes Beispiel wäre Harry Potter. Stell dir mal vor, wie dieses Werk mit Sexszenen dastehen würde.



Ich bin mir absolut sicher, dass es irgendwo da draußen jede Menge spinoffs von HP mit Sexszenen drin gibt (da gibt es ja jede Menge denkbare Konfigurationen für jede sexuelle Vorliebe Wink ).

Die Frage ist natürlich, ob das "Original" dadurch wirklich an Qualität gewinnen (oder gar erst dadurch "gut") werden würde. Lt. der Frage im Titel dieses threads geht es doch genau darum?...
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Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

Alter: 72
Beiträge: 8667
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Beitrag30.08.2021 16:06

von Merlinor
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Hm ...

Ich stelle mir gerade den alten Mann aus "der alte Mann und das Meer" vor, wie er Sex mit einer Meerjungfrau hat.
Da hat der alte Hemingway eine gute Möglichkeit ausgelassen, sein Werk noch "besser" zu machen ... Twisted Evil
Oder aber er onaniert dem Marlin über die Schanzflosse, nachdem er ihn besiegt hat.
Sex "schonungslos" und dreckig darzustellen, ist heutzutage ja schon fast "Pflicht", wenn man einen Literaturpreis gewinnen will.
Nicht böse sein bitte, aber ich habe derbe Vorurteile gegen einiges von dem, was das deutsche Feuilleton literarisch so vehement hochjauchzt.
Vieles davon ist gerade mal passabel geschrieben und ansonsten geprägt von reiner Effekthascherei.


LG Merlinor


_________________
„Ich bin fromm geworden, weil ich zu Ende gedacht habe und nicht mehr weiter denken konnte.
Als Physiker sage ich Ihnen nach meinen Erforschungen des Atoms:
Es gibt keine Materie an sich, Geist ist der Urgrund der Materie.“

MAX PLANCK (1858-1947), Mailand, 1942
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PaulaSam
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

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Beitrag31.08.2021 11:04

von PaulaSam
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Genau so fühlt es sich für mich an, wenn ein Autor glaubt, Sexszenen würden sein Werk aufwerten können, Merlinor. Als Effekthascherei. Wozu braucht er die, wenn sein Werk wirklich gut ist? Und warum sollte jeder Autor sich darauf einlassen, auf Teufel komm raus die ordinären Wünschen einer Leserschaft zu befriedigen, die wahrscheinlich noch nie einen wirklich guten Roman gelesen hat. Züchten wir uns da nicht eine Leserschaft heran, denen der Wert eines Romans , der mehr als nur unterhalten kann, gar nicht begreifen? Es mag ja sein, dass ich mit meiner Meinung zu konservativ festgefahren bin und ungerechterweise zu viel von einem Roman erwarte. Aber stehe ich damit sowohl als Autorin als auch als Leserin wirklich allein? Wenn ja, wäre eine Entwicklung der Literatur hin zur bloßen "Spaßware" tatsächlich erstrebenswert.

LG Sam
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sphinx
Wortedrechsler


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Wohnort: Moloch in whom I sit lonely! (Ginsberg)


Beitrag06.09.2021 12:36

von sphinx
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Merlinor hat Folgendes geschrieben:

Sex "schonungslos" und dreckig darzustellen, ist heutzutage ja schon fast "Pflicht", wenn man einen Literaturpreis gewinnen will.
Nicht böse sein bitte, aber ich habe derbe Vorurteile gegen einiges von dem, was das deutsche Feuilleton literarisch so vehement hochjauchzt.
Vieles davon ist gerade mal passabel geschrieben und ansonsten geprägt von reiner Effekthascherei.


LG Merlinor


Effekthascherei ist das eine, Sex-Darstellungen etwas anderes und damit nicht identisch. Was Literaturpreise angeht, so scheint mir die Behauptung falsch oder mindestens begründungsbedürftig. Die beiden letzten Bachmannpreisträgerinnen haben, z.B., wenn ich mich recht entsinne, keine speziell sexhaltigen Texte geschrieben; andere Preise habe ich grade nicht auch dem Schirm.


Davon abgesehen & zum Threadthema:
Ich halte die Frage in dieser Form nicht für sinnvoll. Kein Sujet der Welt gehört abstrakt "unbedingt in ein Buch" oder gehört "nicht da rein". Mir fallen aber sofort Bücher ein, die Sexszenen auf unsinnige, weil der Geschichte und der sonstigen Machart der Geschichte widersprechende Weise auslassen (z.B. Harry Potter). Ich sehe das indes nicht darin begründet, dass die Protagonisten vermutlich irgendwie Sex haben und dann muss das (also Thema und Szene) drin sein. Nein; der Text könnte auch so geschrieben sein, dass einem das Sexleben der Protagonisten nicht speziell interessiert, weil der Fokus woanders liegt. Bei Harry Potter ist das aber nicht der Fall, hier wird in pseudorealistischem "Hihi-wir-sind-alle-klischeepubertär" geschwelgt, daraus wird dann aber nicht die Konsequenz gezogen, und darum sind die geschilderten Nicht-Sex-Szenen unehrlich und nicht gut.


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sphinx
Wortedrechsler


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Beitrag06.09.2021 12:40

von sphinx
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PaulaSam hat Folgendes geschrieben:
Genau so fühlt es sich für mich an, wenn ein Autor glaubt, Sexszenen würden sein Werk aufwerten können, Merlinor. Als Effekthascherei. Wozu braucht er die, wenn sein Werk wirklich gut ist? Und warum sollte jeder Autor sich darauf einlassen, auf Teufel komm raus die ordinären Wünschen einer Leserschaft zu befriedigen, die wahrscheinlich noch nie einen wirklich guten Roman gelesen hat. Züchten wir uns da nicht eine Leserschaft heran, denen der Wert eines Romans , der mehr als nur unterhalten kann, gar nicht begreifen? Es mag ja sein, dass ich mit meiner Meinung zu konservativ festgefahren bin und ungerechterweise zu viel von einem Roman erwarte. Aber stehe ich damit sowohl als Autorin als auch als Leserin wirklich allein? Wenn ja, wäre eine Entwicklung der Literatur hin zur bloßen "Spaßware" tatsächlich erstrebenswert.

LG Sam



Ob ein Werk Sexszenen enthält ist das eine, ob es gefälliges Konsumgut ist, etwas ganz anderes. Das treffendeste, was mir dazu einfällt, ist nach wie vor Adorno/Horkheimers Satz, »Kunstwerke sind asketisch und schamlos, Kulturindustrie ist pornografisch
und prüde.«
Natürlich gibt es unzählige Sexszenen, die schlecht in diesem Sinne sind - gefällig, nicht-verstörend, bloß-seicht usw. Es gibt aber auch unzählige Nicht-Sexszenen, die auf diese Weise pornographisch sind, und sehr viele Sexszenen in Texten, die das nicht sind.


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Willebroer
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Beitrag06.09.2021 12:41

von Willebroer
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sphinx hat Folgendes geschrieben:

Bei Harry Potter ist das aber nicht der Fall, hier wird in pseudorealistischem "Hihi-wir-sind-alle-klischeepubertär" geschwelgt, daraus wird dann aber nicht die Konsequenz gezogen, und darum sind die geschilderten Nicht-Sex-Szenen unehrlich und nicht gut.


Und trotzdem hast du das alles gelesen?
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PaulaSam
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Beitrag06.09.2021 13:37

von PaulaSam
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sphinx hat Folgendes geschrieben:
Ob ein Werk Sexszenen enthält ist das eine, ob es gefälliges Konsumgut ist, etwas ganz anderes. Das treffendeste, was mir dazu einfällt, ist nach wie vor Adorno/Horkheimers Satz, »Kunstwerke sind asketisch und schamlos, Kulturindustrie ist pornografisch
und prüde.«
Natürlich gibt es unzählige Sexszenen, die schlecht in diesem Sinne sind - gefällig, nicht-verstörend, bloß-seicht usw. Es gibt aber auch unzählige Nicht-Sexszenen, die auf diese Weise pornographisch sind, und sehr viele Sexszenen in Texten, die das nicht sind.


Und warum sind sie es nicht? Weil sie nicht in die Geschichte passen? Schlecht geschrieben sind? Mechanisch "reingebastelt" wirken? Oder weil sie nicht asketisch oder schamlos genug sind? Andererseits, der Leser bestimmt, was gelesen wird. Vielleicht will er ja pornografisch prüde Kulturiendustrie. Autoren, die möglichst viel gelesen werden wollen, haben die dann noch eine andere Wahl, als sich dem Mainstream zu unterwerfen? Gleichsam fördert "Unterwerfung" wiederum den Mainstream, was zu noch groteskeren Auswüchsen führen kann.  Wie lange ein Autor dieses Spiel mitspielen will, kann nur er selbst entscheiden.

Dennoch gibt es auch für mich Werke, die sehr wohl gute Sexszenen enthalten und wo sie auch passen. Leider aber nach meinem Gefühl viel zu wenige. Ich denke da gerade an "Bridgerton", eine Filmserie, deren Erfolg hauptsächlich den Sexszenen zuzuschreiben ist.  Ohne diese wäre die Handlung nämlich nicht viel mehr, als das, was Jane Austin in "Stolz und Vorurteil" geschrieben hat. Nur dass hier der historische Kontext so sehr verbogen wurde, dass der Bezug zur echten Realität und damit eine irgendwie geartete mögliche Botschaft gänzlich verloren geht. Da nützen auch noch so schamlose und realistische Sexszenen nichts mehr, zumal sie das nicht einmal waren.

LG Sam
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Bildersturm
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Beitrag09.09.2021 14:27

von Bildersturm
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PaulaSam hat Folgendes geschrieben:
Ich denke da gerade an "Bridgerton", eine Filmserie, deren Erfolg hauptsächlich den Sexszenen zuzuschreiben ist.  Ohne diese wäre die Handlung nämlich nicht viel mehr, als das, was Jane Austin in "Stolz und Vorurteil" geschrieben hat.


Im Fall von "Bridgerton" ist das ja nun auch eine Frage der Vorlage. Die ganze "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn basiert nun mal auf dem angloamerikanischen Trend der "steamy histo romance" - das ist ein eigenes Genre mit hunderten von Titeln bzw. ganzen Buchserien, nochmal ganz spezifisch unter dem Banner der "Regency Romance", die halt zeitlich einen engeren Rahmen setzt. Regency Romances sind auf die Zielgruppe zugeschnitten, folgen relativ strikten Tropen (oder sind mittlerweile ihre eigenen Tropen) und verbinden den anhaltenden Nostalgiefaktor der Jane-Austen-Bücher mit der New-Adult-Sensibilität der Zielgruppe. Da ist der Sex recht essentiell.

Die Verfilmung wurde zusätzlich durch den Netflix-Algorithmus gejagt, um auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen, entsprechend gecastet und mit dem passenden Soundtrack unterlegt. Mit dem "Gossip Girl"-Ansatz erwischt man dann noch die letzten Twentysomethings, die mit Regency nichts am Hut hatten, und voilá - fertig ist der Streaminghit. Sexszenen rauszulassen hätte hier so oder so nicht zur Diskussion gestanden.
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Willebroer
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Beitrag09.09.2021 14:32

von Willebroer
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Bildersturm hat Folgendes geschrieben:

Im Fall von "Bridgerton" ist das ja nun auch eine Frage der Vorlage. Die ganze "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn basiert nun mal auf dem angloamerikanischen Trend der "steamy histo romance" - das ist ein eigenes Genre mit hunderten von Titeln bzw. ganzen Buchserien, nochmal ganz spezifisch unter dem Banner der "Regency Romance", die halt zeitlich einen engeren Rahmen setzt. Regency Romances sind auf die Zielgruppe zugeschnitten, folgen relativ strikten Tropen (oder sind mittlerweile ihre eigenen Tropen) und verbinden den anhaltenden Nostalgiefaktor der Jane-Austen-Bücher mit der New-Adult-Sensibilität der Zielgruppe. Da ist der Sex recht essentiell.


Du meinst, das sind Beispiele für gute Romane (nach denen der Thread-Titel fragt)?
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Bildersturm
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Beitrag09.09.2021 14:45

von Bildersturm
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Willebroer hat Folgendes geschrieben:

Du meinst, das sind Beispiele für gute Romane (nach denen der Thread-Titel fragt)?


Nö, eher im Gegenteil. Aber ich habe das Beispiel ja auch nicht gebracht.
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PaulaSam
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Beitrag11.09.2021 09:41

von PaulaSam
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Bildersturm hat Folgendes geschrieben:
Im Fall von "Bridgerton" ist das ja nun auch eine Frage der Vorlage. Die ganze "Bridgerton"-Reihe von Julia Quinn basiert nun mal auf dem angloamerikanischen Trend der "steamy histo romance" - das ist ein eigenes Genre mit hunderten von Titeln bzw. ganzen Buchserien, nochmal ganz spezifisch unter dem Banner der "Regency Romance", die halt zeitlich einen engeren Rahmen setzt. Regency Romances sind auf die Zielgruppe zugeschnitten, folgen relativ strikten Tropen (oder sind mittlerweile ihre eigenen Tropen) und verbinden den anhaltenden Nostalgiefaktor der Jane-Austen-Bücher mit der New-Adult-Sensibilität der Zielgruppe. Da ist der Sex recht essentiell.

Die Verfilmung wurde zusätzlich durch den Netflix-Algorithmus gejagt, um auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu kommen, entsprechend gecastet und mit dem passenden Soundtrack unterlegt. Mit dem "Gossip Girl"-Ansatz erwischt man dann noch die letzten Twentysomethings, die mit Regency nichts am Hut hatten, und voilá - fertig ist der Streaminghit. Sexszenen rauszulassen hätte hier so oder so nicht zur Diskussion gestanden.


Tja, und damit wären wir endgültig bei der Versklavung durch Mainstream und Kommerz angekommen. Bald gibt es nur noch Bücher und Filme, die nach seelenlosen Algorithmen verfasst wurden, damit die Kasse auch stimmt. Und nein, gäbe es dieses Sklavendiktat nicht, wären auch bei "Bridgerton" keinesfalls Sexszenen nötig gewesen. Aber hey, der Kunde mag das, also immer rein damit. Und um wenigstens den Anschein von Wert zu vermitteln, wird dann eben ein geisteskranker König mit einer Dunkelhäutigen verheiratet und die Sklaverei afroamerikanischer Bürger abgeschafft. Juchai! Wenn da nur nicht die Versklavung der eigenen Ehefrauen und Töchter wären. Aber historisch gesehen waren die damals ja sowieso ganz heiß auf sowas. Und um das zu untermauern, müssen sie eben pubertär umherrammeln und in apokalyptische Verzweiflung fallen, wenn sie nicht ihre gottgegebene Aufgabe erfüllen und einen Erben gebären. Oder sie stürzen gleich ins Unglück, weil sie ein durch wahre Liebe entstandenes Kind unter dem Herzen tragen. Da ist Frau doch überglücklich, wenn sie dem Armenhaus entgeht, weil sie für einen Wildfremden lebenslang die Matratze spielen darf.

Sorry, aber da wird mir einfach nur schlecht. Da frage ich mich wirklich, ob man da wirklich noch von irgendeiner New-Adult-Sensibilität sprechen kann. Ist es wirklich das, was Zielgruppen wollen? Oder galt es hier nur, ihre sadistische Sensationslust zu bedienen?

Wenn das die Zukunft unserer Literatur sein soll, werde ich da definitiv nicht mitspielen. Dann schreibe ich lieber nie wieder ein Buch.
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sphinx
Wortedrechsler


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Wohnort: Moloch in whom I sit lonely! (Ginsberg)


Beitrag26.09.2021 12:52

von sphinx
Antworten mit Zitat

Willebroer hat Folgendes geschrieben:
sphinx hat Folgendes geschrieben:

Bei Harry Potter ist das aber nicht der Fall, hier wird in pseudorealistischem "Hihi-wir-sind-alle-klischeepubertär" geschwelgt, daraus wird dann aber nicht die Konsequenz gezogen, und darum sind die geschilderten Nicht-Sex-Szenen unehrlich und nicht gut.


Und trotzdem hast du das alles gelesen?


Ja, klar; wieso nicht?
Ich hab schon viele schlechte/problematische Bücher gelesen - und abgesehen davon sind es Bücher, die mit einer routinierten und beim ersten Lesen schein-funktionierenden Spannung arbeiten, die sich erst dann als unhaltbar erweist, wenn man das Buch kennt und von hinten nach vorn betrachtet. Aber Rowling hat in den Potter-Romanen ein etwas mechanisches, aber funktionierendes Krimi-Talent.
(Weswegen ich es sehr seltsam finde, dass zumindest ihr einer Krimi, den ich angefangen, aber dann abgebrochen habe) so komplett öde war. Was immer ich den Potter-Romanen vorwerfe, öde sind sie nicht (nicht beim ersten Lesen).


PaulaSam hat Folgendes geschrieben:
sphinx hat Folgendes geschrieben:
Ob ein Werk Sexszenen enthält ist das eine, ob es gefälliges Konsumgut ist, etwas ganz anderes. Das treffendeste, was mir dazu einfällt, ist nach wie vor Adorno/Horkheimers Satz, »Kunstwerke sind asketisch und schamlos, Kulturindustrie ist pornografisch
und prüde.«
Natürlich gibt es unzählige Sexszenen, die schlecht in diesem Sinne sind - gefällig, nicht-verstörend, bloß-seicht usw. Es gibt aber auch unzählige Nicht-Sexszenen, die auf diese Weise pornographisch sind, und sehr viele Sexszenen in Texten, die das nicht sind.


Und warum sind sie es nicht? Weil sie nicht in die Geschichte passen? Schlecht geschrieben sind? Mechanisch "reingebastelt" wirken? Oder weil sie nicht asketisch oder schamlos genug sind? Andererseits, der Leser bestimmt, was gelesen wird. Vielleicht will er ja pornografisch prüde Kulturiendustrie. Autoren, die möglichst viel gelesen werden wollen, haben die dann noch eine andere Wahl, als sich dem Mainstream zu unterwerfen?


Was der Leser "will", ist Resultat sowohl der konkreten (einengenden, auslaugenden, bewusstseins-verhindernden usw.) Bedingungen, unter denen er lebt, also auch des Angebots an Texten, Filmen usw., mit denen er gefüttert wird.


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PaulaSam
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Beitrag02.10.2021 12:43

von PaulaSam
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Genau das meinte ich. Aber zumindest eines davon können Autoren ein Stück weit steuern, glaube ich.

LG Sam
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Sprechwölkchen
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Beitrag23.03.2022 11:34

von Sprechwölkchen
Antworten mit Zitat

Ich persönlich lese (und höre) sehr viele Liebesromane.
Finde ich Sexszenen in den Erzählungen gut? Definitiv ja!

Trotzdem würde ich nicht pauschal sagen, dass ich eine Liebesszene in einer Geschichte zwingend erwarte...

Aktuell habe ich zwei komplett fertige Liebesromane, die ich hoffentlich irgendwann veröffentlichen darf. Zielgruppe sind Frauen ab 25 aufwärts.
In dem einem Roman gibt es zwei Sexszenen. Meine Testleserinnen fanden sie heiß, anregend, aber überhaupt nicht billig oder übertrieben. Meiner Meinung nach hätte definitiv etwas in der Geschichte gefehlt, wenn ich keine Sexszene eingebaut hätte.

Bei dem anderen Liebesroman finden die weibliche und die männliche Hauptperson erst ganz zum Schluss der Geschichte zu einander. Die Erzählung endet quasi mit dem ersten Kuss. Ich habe mich bewusst gegen eine Sexszene entschieden, weil es für meinen Geschmack einfach zu gezwungen gewirkt hätte. In dem Fall war es schlichtweg unnötig eine detaillierte Bettszene hinten dran zu setzen.


Mein Fazit: Sexszene gerne her damit, aber bitte nicht gezwungen, weil mein meint, sowas gehört zu einem guten Roman dazu.
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PaulaSam
Geschlecht:weiblichKlammeraffe

Alter: 53
Beiträge: 561
Wohnort: Regensburg


Beitrag23.03.2022 13:51

von PaulaSam
Antworten mit Zitat

Sprechwölkchen hat Folgendes geschrieben:
Ich persönlich lese (und höre) sehr viele Liebesromane.
Finde ich Sexszenen in den Erzählungen gut? Definitiv ja!

Trotzdem würde ich nicht pauschal sagen, dass ich eine Liebesszene in einer Geschichte zwingend erwarte...

Aktuell habe ich zwei komplett fertige Liebesromane, die ich hoffentlich irgendwann veröffentlichen darf. Zielgruppe sind Frauen ab 25 aufwärts.
In dem einem Roman gibt es zwei Sexszenen. Meine Testleserinnen fanden sie heiß, anregend, aber überhaupt nicht billig oder übertrieben. Meiner Meinung nach hätte definitiv etwas in der Geschichte gefehlt, wenn ich keine Sexszene eingebaut hätte.

Bei dem anderen Liebesroman finden die weibliche und die männliche Hauptperson erst ganz zum Schluss der Geschichte zu einander. Die Erzählung endet quasi mit dem ersten Kuss. Ich habe mich bewusst gegen eine Sexszene entschieden, weil es für meinen Geschmack einfach zu gezwungen gewirkt hätte. In dem Fall war es schlichtweg unnötig eine detaillierte Bettszene hinten dran zu setzen.


Mein Fazit: Sexszene gerne her damit, aber bitte nicht gezwungen, weil mein meint, sowas gehört zu einem guten Roman dazu.


Du sprichst mir aus der Seele. Eine Sexszene macht nur dann Sinn, wenn sie für die Handlung wichtig ist, sie voranbringt oder bremst, die Handlung stützt, reflektiert oder torpediert. Kurz gesagt, sie muss einen Sinn haben, der über den Grad der Unterhaltung (oder Erregung) hinausgeht und mit der Handlung auf irgendeine Weise verknüpft sein. Aber dann könnte sie fast in jedem Genre stehen, wenn auch nicht in gleicher Ausführlichkeit.

LG Sam
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jackwulff
Gänsefüßchen
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Beiträge: 18



J
Beitrag29.05.2022 17:06

von jackwulff
Antworten mit Zitat

PaulaSam hat Folgendes geschrieben:
Sprechwölkchen hat Folgendes geschrieben:
Ich persönlich lese (und höre) sehr viele Liebesromane.
Finde ich Sexszenen in den Erzählungen gut? Definitiv ja!

Trotzdem würde ich nicht pauschal sagen, dass ich eine Liebesszene in einer Geschichte zwingend erwarte...

Aktuell habe ich zwei komplett fertige Liebesromane, die ich hoffentlich irgendwann veröffentlichen darf. Zielgruppe sind Frauen ab 25 aufwärts.
In dem einem Roman gibt es zwei Sexszenen. Meine Testleserinnen fanden sie heiß, anregend, aber überhaupt nicht billig oder übertrieben. Meiner Meinung nach hätte definitiv etwas in der Geschichte gefehlt, wenn ich keine Sexszene eingebaut hätte.

Bei dem anderen Liebesroman finden die weibliche und die männliche Hauptperson erst ganz zum Schluss der Geschichte zu einander. Die Erzählung endet quasi mit dem ersten Kuss. Ich habe mich bewusst gegen eine Sexszene entschieden, weil es für meinen Geschmack einfach zu gezwungen gewirkt hätte. In dem Fall war es schlichtweg unnötig eine detaillierte Bettszene hinten dran zu setzen.


Mein Fazit: Sexszene gerne her damit, aber bitte nicht gezwungen, weil mein meint, sowas gehört zu einem guten Roman dazu.


Du sprichst mir aus der Seele. Eine Sexszene macht nur dann Sinn, wenn sie für die Handlung wichtig ist, sie voranbringt oder bremst, die Handlung stützt, reflektiert oder torpediert. Kurz gesagt, sie muss einen Sinn haben, der über den Grad der Unterhaltung (oder Erregung) hinausgeht und mit der Handlung auf irgendeine Weise verknüpft sein. Aber dann könnte sie fast in jedem Genre stehen, wenn auch nicht in gleicher Ausführlichkeit.

LG Sam


Aber wäre die Andeutung einer Affäre nicht viel interessanter für einen Leser, als die plumpe Beschreibung dieser? Würde nicht schon ein Blick mehr sagen können?
Ich halte es bei dem Thema mit der "Handlung in den Kopf des Lesers auslagern"-Fraktion.
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