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Tippsi


 
 
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Raffaele
Schneckenpost
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Beiträge: 11



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Beitrag02.08.2021 13:29
Tippsi
von Raffaele
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Tippsi
 
Melanie – sechs Jahre alt und Einzelkind – hatte viel Zeit und Überredungskunst investiert, um ihre Eltern von der Notwendigkeit eines Haustieres zu überzeugen. Ein Pony würde es zwar nicht sein, so viel hatten ihr die Eltern vorsorglich bereits eingetrichtert, aber vielleicht ein Meerschweinchen oder ein Hämsterchen … Jedenfalls etwas Kleines, hatte die Mutter entschieden, welche sich Sorgen um die Sauberkeit und Hygiene des Hauses machte. „Du wirst sehen, das wird ihr gut tun“, hatte ihr Mann gemeint, der die Dinge gerne von der praktischen Seite her betrachtete. „Sie wird lernen müssen, Verantwortung für das Tier zu übernehmen und das kann nur positiv sein."
 
An einem Samstagnachmittag war es dann endlich so weit. Zu dritt bestiegen sie den Wagen und fuhren in die nächste Stadt, wo Melanie begierig und aufgeregt erstmals eine Kleintierhandlung betrat. Ihr Vater hatte ihr geraten, sich Zeit zu nehmen und sich erst mal ausgiebig umzusehen, bevor sie sich festlege. Also begann Melanie mit ernster Mine durch die verschiedenen Gänge des Geschäfts zu spazieren und alles aufmerksam zu inspizieren. "Was hältst du von diesem Goldfisch hier?", wollte ihre Mutter in der Aquariumecke wissen und tippte mit dem Zeigefinger auf das Glas, hinter dem ein etwas einfältig dreinschauender Fisch apathisch seine Runden abspulte. "Der ist doch niedlich, findest du nicht auch, Melanie? Und sieh nur, was für drollige Mundbewegungen er macht …" Wobei sie im Hinterkopf überlegte, wie pflegeleicht so ein Fisch doch sei: So gut wie keine Geruchsemissionen und keine Tierhaare überall in der Wohnung. "Na, was hältst du davon?" Melanie blähte nur die Backen und schnaubte geräuschvoll aus, wobei sie die Augen verdrehte. "Aber Mami, so ein Fisch kann man doch nicht streicheln. Und abends mit ins Bett nehmen und mit ihm Kuscheln erst recht nicht …" 'Mit ins Bett nehmen?! …' Das fehlte gerade noch, dachte die Mutter und sah jetzt schon lebhaft die schmutzigen Laken vor ihrem inneren Auge. Aber da sie nun mal eingewilligt hatte, und Melanie den Spass nicht verderben wollte, behielt sie diese Vorbehalte für sich und hakte sich stattdessen bei ihrem Mann ein. Gemeinsam folgten sie ihrem kleinen Mädchen zwischen Käfigen mit lärmenden Wellensittichen, Hamstern und Ratten. Wie gross sie doch schon geworden war …
 
Lange kniete Melanie vor einem Käfig mit Hundewelpen, wohlwissend, dass Hunde und Katzen elterlicherseits genauso ausgeschlossen waren wie Ponies. Begeistert steckte sie einen Finger durch den Maschendraht – ihre Mutter wollte schon einschreiten, aber ihr Mann hielt sie nur leicht am Arm fest und bedeutete ihr stumm, keine Angst zu haben – und tatsächlich begann einer der Welpen begierig Melanies Finger abzulecken, so dass sie laut Kichern musste. „Wie das kitzelt!…“ Flehendlich blickte sie zu ihrem Daddy hoch, aber der schüttelte nur bedauernd den Kopf. Resigniert und traurig riss sich also Melanie von den Hundebabies loss und wandte sich sichtlich gelangweilt mehreren Terrarien zu. Eine Schildkröte wär auch nicht schlecht, überlegte die Mutter: ein bisschen Salat, ein bisschen Wasser –  und so gut wie keine Unannehmlichkeiten … Aber Melanie schenkte den Schildkröten kaum mehr als einen flüchtigen Blick. Wär auch zu schön gewesen, dachte die Mutter. Dann, nach endlosen zwanzig Minuten, schien sich endlich eine Entscheidung abzuzeichnen …  Bei ihren Runden durch das Geschäft war Melanie immer wieder an einem Gehege mit Zwergkaninchen hängengeblieben und jedes Mal verharrte sie länger und länger vor den kleinen Nagern mit ihren zuckenden Näschen. "Der da!", rief sie plötzlich aus und deutete entschlossen auf ein weisses Kaninchen mit Schlappohren. Eine Angestellte des Ladens hatte die drei nach der ersten Begrüssung nicht weiter bedrängt, war ihnen aber dennoch unaufdringlich gefolgt. Jetzt witterte sie endlich ihre Gelegenheit. "Möchtest du ihn vielleicht einmal halten?", wollte sie von Melanie wissen und gleichzeitig geschickt mit einer Hand nach dem Tier gegriffen und es in die Arme des Mädchens gelegt. Damit war alles entschieden. Melanie strich dem Kaninchen verträumt über das weiche Fell und sah dabei so glücklich aus, dass selbst ihre Mutter davon gerührt wurde. Nachdem sie sich hatte versichern lassen, dass das Tier nicht weiter wachsen würde – höchstens noch ein ganz kleines bisschen hatte die Verkäuferin beschwichtet – war auch sie einverstanden. Ein Käfig, Heu, Futter- und Trinkgeschirr einschliesslich Trockenfutter und etliche Knabberstangen waren schnell erstanden und zufrieden machten sich die drei mit einem Familienmitglied mehr zurück auf den Heimweg.
 
Diesen Abend verbrachten Melanie und ihre Eltern kniend und lachend auf dem Wohnzimmerteppich, wo sie nicht genug von Tippsi – so hatte Melanie ihn getauft – kriegten, der in seiner drolligen Art zwischen ihnen herumhopste und sein neues Zuhase beschnupperte. Bald wurde Tippsi ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Familie. Und natürlich durfte Melanie Tippsi auch ab und zu mit ins Bett nehmen …
 
 
Herr Schmitz war ein pensionierter Gymnasiallehrer. Die letzten paar Jahre hatte er mit der Pflege seiner Frau zugebracht, die an Leukämie erkrankt war. Sie hatte Kliniken und Krankenhäuser schon immer gehasst und Schmitz hatte grossen Wert darauf gelegt, dass sie ihre letzten Tage in ihrer gewohnten Umgebung verbringen durfte. Jetzt war ihm ausser dem plötzlich vielzu grossen Haus nur noch sein Hund Nero verblieben, ein achtjähriger Dobbermannrüde. Seine Frau konnte keine Kinder kriegen und da sie beide sehr tierlieb waren, hatten sie stets Hunde um sich gehabt. Sie waren für sie so was wie ein Kinderersatz gewesen. Aber von den vielen Hunden, mit denen sie ihr Leben geteilt hatten, war jetzt nur noch Nero übrig.  Viele Leute fürchteten sich vor Nero und es kam vor, dass die die Strassenseite wechselten, wenn sie Herrn Schmitz mit Nero daherkommen sahen. Viele sahen in Nero einen Kampfhund und die negative Presse, die diese Hunde immer wieder erhielten schürte ihr Misstrauen nur um so mehr. Aber das war nur bei Leuten der Fall, die Nero nicht kannten. Alle, die sich mit dem Tier angefreundet hatten, waren einstimmig der Meinung, dass das Tier wohlerzogen war, seinem Herrn aufs Wort folgte und so friedlich und umgänglich war wie ein Schaf. Und kinderlieb war er auch. Melanie, die Tochter der Brunners, die gleich neben an wohnten, spielte mit Nero schon seit sie laufen konnte. Immer wieder zwängte sie sich durch eine Lücke in der Hecke, welche die beiden Anwesen trennten und spielte mit Nero ihr Lieblingsspiel, wobei sie Spielsachen von Nero im Garten vergrub und der Hund sie jeweils suchen und wieder ausgraben musste. Als sie voriges Jahren ein Zwergkaninchen als Haustier erhalten hatte, wollte sie es mit rüber nehmen, damit die beiden Tiere sich anfreundeten, aber Herr Mettzler hatte das keine so gute Idee gefunden. Nero mochte zwar fromm wie ein Lamm sein, aber durch seine Grösse und Stärke hätte er dem kleinen Hopser im Übermut gefährden können und Herr Schmitz hätte sich das nie verziehen, wenn dem kleinen Hasen, den Melanie so abgöttisch liebte, durch seine Schuld etwas zustossen würde.
 
An einem Sonntagnachmittag hörte Herr Schmitz wie Nero an der Haustür scharrte, was eher selten der Fall war. Neugierig öffnete er die Tür und blickte in Neros strahlende Augen. Zwischen seinen sabbernden Lefzen hielt er etwas, dass Herr Schmitz für ein verdrecktes Plüschtier hielt, bis er erkannte, dass es Tippsi war.

"Lass augenblich los!", herrschte er den Hund wütend an und gehorsam legte ihm Nero seine Beute vor die Füsse.

"Was um alles in der Welt hast du bloss getan", wetterte Herr Schmitz. Er wusste, dass die Brunners heute mit dem Auto verreisst waren, weil er ihnen morgens aus dem Küchenfenster noch nachgewunken hatte. Melanie musste Tippsi im Aussengehege auf dem Rasen gelassen haben, nur so konnte es sich Herr Schmitz erklären, wie der Hund an ihn rangekommen war. "Böser Hund! Hörst du? Ganz böser Hund!…" Nero, der anscheinend ein Lob erwartet hatte, winselte mit verständnislosen Augen. Was soll ich jetzt bloss tun, überlegte Herr Schmitz.

Er hob das wie leblos daliegende Kaninchen hoch und untersuchte es genauer: sein Fell war dreckig und voller Erde, aber nirgend waren Bissspuren oder gar Blut zu entdecken. Nero musste dem unglücklichen Tier das Genick gebrochen haben. Die arme Melanie! Es würde ihr das Herz brechen … Was sollte er jetzt um alles in der Welt bloss tun? Er überlegte kurz, dann trug er das Kaninchen einer Eingebung folgend zielstrebig ins Badezimmer und liess lauwarmes Wasser ins Waschbecken einlaufen. Er nahm das Haarschampoo, das er täglich benutzte und begann sanft und vorsichtig das Tier damit einzuseifen. Als er das Wasser schliesslich ablaufen liess blieb ein brauner Schmutzrand auf dem Weiss des Waschbeckens zurück, aber das Fell sah zumindest wieder sauber aus. Anschliessend griff er zum Haartrockner und behandelte das nasse Fell so lange, bis es sich wieder aufzurichten begann und erneut weich und kuschelig wirkte.
 
Er überzeugte sich, dass der Wagen der Brunners nicht in der Garagenauffahrt stand und zusammen mit dem bedauernswerten aber jetzt zumindest sauber und wohlriechenden Kaninchen zwängte er sich durch die Lücke in der Hecke, die Miriam immer benutzte. Nero, den er vorsorglich an die Kette gelegt hatte jaulte und scharrte mit den Pfoten weil er glaubte, sein Herrchen mache einen Spaziergang und hätte ihn vergessen. "Willst du wohl die Klappe halten, du Unglücksköter!", fauchte Herr Schmitz ihn an, hielt kurz Ausschau, ob ihn auch keiner sehe und huschte dann gebückt über den Nachbarsrasen bis zum Aussengehege, das Melanies Vater für Tippsi gezimmert hatte. Sorgfältig legte er das leblose Tier hinein und drappierte es sorgfältig so, dass es den Anschein machte, als döse Tippsi reglos vor sich hin. Dann eilte er auf dem gleichen Weg wieder zurück zum Haus. Im Wohnzimmer schob er mit schweissnassen Hände La Traviata in den CD-Player und liess sich erschöpft in seinen Obrensessel plumpsen. Nun hiess es, abwarten …
 
Er musste eingenickt sein, denn als er aus wirren Träumen hochschreckte war die Musik verstummt. Er hörte aufgeregte Stimmen, die er zunächst nicht einordnen konnte bis ihm schlagartig alles wieder deutlich vor Augen trat. Die Brunners …, dachte er. Sie müssen zurückgekehrt sein. Er sprang hoch und eilte zum Fenster. Alle drei Brunners knieten oder standen um das Kaninchengehege und redeten aufgeregt aufeinander ein. Herr Schmitz gab sich einen Ruck – Angriff ist die beste Verteidigung … – und öffnete das Fenster. Mit beiden Händen auf die Fensterbank gestützt wollte er was rüber rufen aber alles was er über die Lippen brachte war ein armseliges Quicksen. Er räusperte sich und versuchte es erneut: "Hallo! … Schon wieder zurück? …" Und als er das entsetzte Gesicht von Frau Brunner sah: "Was ist denn los? Kann ich vielleicht helfen?" Frau Brunner entfernte sich von den beiden anderen und kam mit riesigen Augen auf ihn zugelaufen. "Herr, Schmitz … das glauben Sie nicht …" "Was denn?" Herr Schmitz versuchte so unwissend wie möglich zu klingen. "Tippsi … Melanies Kaninchen …", fuhr Frau Brunner hastig fort. "Gestern morgen lag es tot in seinem Käfig …  Wahrscheinlich Herzinfarkt, sagt mein Mann … Wir haben es letzten Abend gemeinsam mit Melanie begraben …"

Begraben? Herr Schmitz fühlte einen leichten Schwächeanfall. Er dachte an die Erdklumpen im Fell des Kaninchen und an Neros dreckige Pfoten und die schmutzige Schnauze … Als hätte er was ausgebuddelt, schoss es ihm durch den Sinn … Dann strengte er sich an, seine Aufmerksamkeit wieder auf Frau Brunner zu richten, die unterdessen unentwegt weiter geredet hatte.

"Entschuldigung … was sagten Sie gerade?" "Tippsi!", antwortete Frau Brunner und das Staunen war ihr immer noch mit Grossbuchstaben ins Gesicht geschrieben. "Es ist wieder da …"

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Seth Gecko
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Beitrag02.08.2021 19:47
Re: Tippsi
von Seth Gecko
Antworten mit Zitat

Moin Raffaele,
vielen Dank dass du deine Geschichte hier teilst.

Ich kannte sie bereits, in stark gekürzter Variante, bloß als lang erzählten Witz.
Folgend schreibe ich dir mal zwischen den Zeilen, was mir beim Lesen so aufgefallen ist. Wenn es dir bei zukünftigen Geschichten hilft, gut. Wenn nicht, auch gut. Alle Anmerkungen stellen bloß meine eigene Meinung dar.
Los gehts:

Raffaele hat Folgendes geschrieben:
Tippsi
 
Melanie – sechs Jahre alt und Einzelkind – hatte viel Zeit und Überredungskunst investiert, um ihre Eltern von der Notwendigkeit eines Haustieres zu überzeugen. Ein Pony würde es zwar nicht sein, so viel hatten ihr die Eltern vorsorglich bereits eingetrichtert, aber vielleicht ein Meerschweinchen oder ein Hämsterchen hier würde ich einfach nur "Hamster" verwenden, die sind schon mMn schon niedlich genug … Jedenfalls etwas Kleines, hatte die Mutter entschieden, welche sich Sorgen um die Sauberkeit und Hygiene des Hauses machte. „Du wirst sehen, das wird ihr gut tun“, hatte ihr Mann gemeint, der die Dinge gerne von der praktischen Seite her betrachtete. „Sie wird lernen müssen, Verantwortung für das Tier zu übernehmen und das kann nur positiv sein."
 
An einem Samstagnachmittag war es dann endlich so weit. Zu dritt bestiegen sie den Wagen und fuhren sie in die nächste Stadt, wo Melanie begierig und aufgeregt erstmals eine Kleintierhandlung betrat. Ihr Vater hatte ihr geraten, sich Zeit zu nehmen und sich erst mal ausgiebig umzusehen, bevor sie sich Wiederholung festlege. Also begann Melanie mit ernster Miene durch die verschiedenen Gänge des Geschäfts zu spazieren und alles aufmerksam zu inspizieren. "Was hältst du von diesem Goldfisch hier?", wollte ihre Mutter in der Aquariumecke wissen und tippte mit dem Zeigefinger auf das Glas, hinter dem ein etwas einfältig dreinschauender Fisch apathisch seine Runden abspulte drehte. "Der ist doch niedlich, findest du nicht auch, Melanie? Und sieh nur, was für drollige Mundbewegungen er macht …" Wobei sie im Hinterkopf überlegte, wie pflegeleicht so ein Fisch doch sei: So gut wie keine Geruchsemissionen würde sie wirklich das Wort "Geruchsemissionen" denken? "so gut wie kein Geruch" klingt mMn passender und keine Tierhaare überall in der Wohnung. "Na, was hältst du davon?" Melanie blähte nur die Backen und schnaubte geräuschvoll aus, wobei sie die Augen verdrehte. "Aber Mami, so einen Fisch kann man doch nicht streicheln. Und abends mit ins Bett nehmen und mit ihm Kuscheln erst recht nicht …" 'Mit ins Bett nehmen?! …' Das fehlte gerade noch, dachte die Mutter und sah jetzt schon lebhaft die schmutzigen Laken vor ihrem inneren Auge. Aber da sie nun mal eingewilligt hatte, und Melanie den Spass nicht verderben wollte, behielt sie diese Vorbehalte für sich und hakte sich stattdessen bei ihrem Mann ein. Gemeinsam folgten sie ihrem kleinen Mädchen zwischen Käfigen mit lärmenden Wellensittichen, Hamstern und Ratten. Wie gross sie doch schon geworden war …
 
Lange kniete Melanie vor einem Käfig mit Hundewelpen, wohlwissend, dass Hunde und Katzen elterlicherseits genauso ausgeschlossen waren wie Ponies. Begeistert steckte sie einen Finger durch den Maschendraht – ihre Mutter wollte schon einschreiten, aber ihr Mann hielt sie nur leicht am Arm fest und bedeutete ihr stumm, keine Angst zu haben – und tatsächlich begann einer der Welpen begierig Melanies Finger abzulecken, so dass sie laut Kichern musste. „Wie das kitzelt!…“ Flehendlich blickte sie zu ihrem Daddy Vater hoch, aber der schüttelte nur bedauernd den Kopf. Resigniert und traurig riss sich also Melanie von den Hundebabies loss und wandte sich sichtlich gelangweilt mehreren Terrarien zu. Eine Schildkröte wär auch nicht schlecht, überlegte die Mutter: ein bisschen Salat, ein bisschen Wasser –  und so gut wie keine Unannehmlichkeiten … Aber Melanie schenkte den Schildkröten kaum mehr als einen flüchtigen Blick. Wär auch zu schön gewesen, dachte die Mutter. Dann, nach endlosen zwanzig Minuten, schien sich endlich eine Entscheidung abzuzeichnen …  Bei ihren Runden durch das Geschäft war Melanie immer wieder an einem Gehege mit Zwergkaninchen hängengeblieben und jedes Mal verharrte sie länger und länger vor den kleinen Nagern mit ihren zuckenden Näschen. "Der da!", rief sie plötzlich aus und deutete entschlossen auf ein weisses Kaninchen mit Schlappohren. Eine Angestellte des Ladens hatte die drei nach der ersten Begrüssung nicht weiter bedrängt, war ihnen aber dennoch unaufdringlich gefolgt. Jetzt witterte sie endlich ihre Gelegenheit. "Möchtest du ihn vielleicht einmal halten?", wollte sie von Melanie wissen und gleichzeitig geschickt mit einer Hand nach dem Tier gegriffen und es in die Arme des Mädchens gelegt., griff gleichzeitig geschickt mit einer Hand nach dem Tier und legte es in die Arme des Mädchens. Damit war alles entschieden. Melanie strich dem Kaninchen verträumt über das weiche Fell und sah dabei so glücklich aus, dass selbst ihre Mutter davon gerührt wurde. Nachdem sie sich hatte versichern lassen, dass das Tier nicht weiter wachsen würde – höchstens noch ein ganz kleines bisschen hatte die Verkäuferin beschwichtet beschwichtigt – war auch sie einverstanden. Ein Käfig, Heu, Futter- und Trinkgeschirr einschliesslich Trockenfutter und etliche Knabberstangen waren schnell erstanden und zufrieden machten sich die drei mit einem Familienmitglied mehr zurück auf den Heimweg.
 
Diesen Abend verbrachten Melanie und ihre Eltern kniend und lachend auf dem Wohnzimmerteppich, wo sie nicht genug von Tippsi – so hatte Melanie ihn getauft – kriegten, der in seiner drolligen Art zwischen ihnen herumhopste und sein neues Zuhase beschnupperte. Bald wurde Tippsi ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Familie. Und natürlich durfte Melanie Tippsi auch ab und zu mit ins Bett nehmen …
 
 
Herr Schmitz war ein pensionierter Gymnasiallehrer. Die letzten paar Jahre hatte er mit der Pflege seiner Frau zugebracht, die an Leukämie erkrankt war. Sie hatte Kliniken und Krankenhäuser schon immer gehasst und Schmitz hatte grossen Wert darauf gelegt, dass sie ihre letzten Tage in ihrer gewohnten Umgebung verbringen durfte. Jetzt war ihm ausser dem plötzlich vielzu grossen Haus nur noch sein Hund Nero verblieben, ein achtjähriger Dobbermannrüde. Seine Frau konnte keine Kinder kriegen und da sie beide sehr tierlieb waren, hatten sie stets Hunde um sich gehabt. Sie waren für sie so was wie ein Kinderersatz gewesen. Aber von den vielen Hunden, mit denen sie ihr Leben geteilt hatten, war jetzt nur noch Nero übrig.  Viele Leute fürchteten sich vor Nero und es kam vor, dass die die Strassenseite wechselten, wenn sie Herrn Schmitz mit Nero daherkommen sahen. Viele sahen in Nero einen Kampfhund und die negative Presse, die diese Hunde immer wieder erhielten schürte ihr Misstrauen nur um so mehr. Aber das war nur bei Leuten der Fall, die Nero nicht kannten. Alle, die sich mit dem Tier angefreundet hatten, waren einstimmig der Meinung, dass das Tier wohlerzogen war, seinem Herrn aufs Wort folgte und so friedlich und umgänglich war wie ein Schaf. Und kinderlieb war er auch. Melanie, die Tochter der Brunners, die gleich neben an wohnten, spielte mit Nero schon seit sie laufen konnte. Immer wieder zwängte sie sich durch eine Lücke in der Hecke, welche die beiden Anwesen trennten und spielte mit Nero ihr Lieblingsspiel, wobei sie Spielsachen von Nero im Garten vergrub und der Hund sie jeweils suchen und wieder ausgraben musste. Als sie voriges Jahren ein Zwergkaninchen als Haustier erhalten hatte, wollte sie es mit rüber nehmen, damit die beiden Tiere sich anfreundeten, aber Herr Mettzler Wer ist denn Herr Mettzler? Bisher haben wir Familie Brunner und Herrn Schmitz, aber der Mettzler haut mich völlig raus... hatte das für keine so gute Idee gefunden. Nero mochte zwar fromm wie ein Lamm sein, aber durch seine Grösse und Stärke hätte er dem kleinen Hopser im Übermut gefährden können und Herr Schmitz hätte sich das nie verziehen, wenn dem kleinen Hasen, den Melanie so abgöttisch liebte, durch seine Schuld etwas zustossen würde.
 
An einem Sonntagnachmittag hörte Herr Schmitz wie Nero an der Haustür scharrte, was eher selten der Fall war. Neugierig öffnete er die Tür und blickte in Neros strahlende Augen. Zwischen seinen sabbernden Lefzen hielt er etwas, dass Herr Schmitz für ein verdrecktes Plüschtier hielt, bis er erkannte, dass es Tippsi war.

"Lass augenblich los!", herrschte er den Hund wütend an und gehorsam legte ihm Nero seine Beute vor die Füsse.

"Was um alles in der Welt hast du bloss getan", wetterte Herr Schmitz. Er wusste, dass die Brunners heute mit dem Auto verreisst waren, weil er ihnen morgens aus dem Küchenfenster noch nachgewunken hatte. Melanie musste Tippsi im Aussengehege auf dem Rasen gelassen haben, nur so konnte es sich Herr Schmitz erklären, wie der Hund an ihn rangekommen war. "Böser Hund! Hörst du? Ganz böser Hund!…" Nero, der anscheinend ein Lob erwartet hatte, winselte mit verständnislosen Augen. Was soll ich jetzt bloss tun, überlegte Herr Schmitz.

Er hob das wie leblos daliegende Kaninchen hoch und untersuchte es genauer: sein Fell war dreckig und voller Erde, aber nirgend waren Bissspuren oder gar Blut zu entdecken. Nero musste dem unglücklichen Tier das Genick gebrochen haben. Die arme Melanie! Es würde ihr das Herz brechen … Was sollte er jetzt um alles in der Welt bloss tun? Er überlegte kurz, dann trug er das Kaninchen einer Eingebung folgend zielstrebig ins Badezimmer und liess lauwarmes Wasser ins Waschbecken einlaufen. Er nahm das Haarschampoo, das er täglich benutzte und begann sanft und vorsichtig das Tier damit einzuseifen. Als er das Wasser schliesslich ablaufen liess blieb ein brauner Schmutzrand auf dem Weiss des Waschbeckens zurück, aber das Fell sah zumindest wieder sauber aus. Anschliessend griff er zum Haartrockner und behandelte das nasse Fell so lange, bis es sich wieder aufzurichten begann und erneut weich und kuschelig wirkte.
 
Er überzeugte sich, dass der Wagen der Brunners nicht in der Garagenauffahrt stand und zusammen mit dem bedauernswerten aber jetzt zumindest sauber und wohlriechenden Kaninchen zwängte er sich durch die Lücke in der Hecke, die Miriam immer benutzte. Nero, den er vorsorglich an die Kette gelegt hatte jaulte und scharrte mit den Pfoten weil er glaubte, sein Herrchen mache einen Spaziergang und hätte ihn vergessen. "Willst du wohl die Klappe halten, du Unglücksköter!", fauchte Herr Schmitz ihn an, diese Reaktion passt mMn irgendwie nicht. Eben noch hast du erzählt, dass Nero lammfromm und gut erzogen ist, dass Herr Schmitz schon immer tierlieb war und der Dobermann das Letzte, was ihm blieb. Da halte ich diese Reaktion für unglaubwürdig hielt kurz Ausschau, ob ihn auch keiner sehe und huschte dann gebückt über den Nachbarsrasen bis zum Aussengehege, das Melanies Vater für Tippsi gezimmert hatte. Sorgfältig legte er das leblose Tier hinein und drappierte es sorgfältig so, dass es den Anschein machte, als döse Tippsi reglos vor sich hin. Dann eilte er auf dem gleichen Weg wieder zurück zum Haus. Im Wohnzimmer schob er mit schweissnassen Hände La Traviata in den CD-Player und liess sich erschöpft in seinen Obrensessel plumpsen. Nun hiess es, abwarten …
 
Er musste eingenickt sein, denn als er aus wirren Träumen hochschreckte war die Musik verstummt. Er hörte aufgeregte Stimmen, die er zunächst nicht einordnen konnte bis ihm schlagartig alles wieder deutlich vor Augen trat. Die Brunners …, dachte er. Sie müssen zurückgekehrt sein. Er sprang hoch und eilte zum Fenster. Alle drei Brunners knieten oder standen um das Kaninchengehege und redeten aufgeregt aufeinander ein. Herr Schmitz gab sich einen Ruck – Angriff ist die beste Verteidigung … – und öffnete das Fenster. Mit beiden Händen auf die Fensterbank gestützt wollte er was rüber rufen aber alles was er über die Lippen brachte war ein armseliges Quicksen. Er räusperte sich und versuchte es erneut: "Hallo! … Schon wieder zurück? …" Und als er das entsetzte Gesicht von Frau Brunner sah: "Was ist denn los? Kann ich vielleicht helfen?" Frau Brunner entfernte sich von den beiden anderen und kam mit riesigen Augen auf ihn zugelaufen. "Herr, Schmitz … das glauben Sie nicht …" "Was denn?" Herr Schmitz versuchte so unwissend wie möglich zu klingen. "Tippsi … Melanies Kaninchen …", fuhr Frau Brunner hastig fort. "Gestern morgen lag es tot in seinem Käfig …  Wahrscheinlich Herzinfarkt, sagt mein Mann … Wir haben es letzten Abend gemeinsam mit Melanie begraben …"

Begraben? Herr Schmitz fühlte einen leichten Schwächeanfall. Er dachte an die Erdklumpen im Fell des Kaninchen und an Neros dreckige Pfoten und die schmutzige Schnauze … Als hätte er was ausgebuddelt, schoss es ihm durch den Sinn … Dann strengte er sich an, seine Aufmerksamkeit wieder auf Frau Brunner zu richten, die unterdessen unentwegt weiter geredet hatte.

"Entschuldigung … was sagten Sie gerade?" "Tippsi!", antwortete Frau Brunner und das Staunen war ihr immer noch mit Grossbuchstaben ins Gesicht geschrieben. "Es ist wieder da …"


Ich mag deinen Schreibstil, die Geschichte liest sich flüssig und man kann der Handlung gut folgen. Da ich die Auflösung schon kannte, wurde ich vom "Twist" nicht überrascht. Generell könntest du vielleicht am Ende noch feilen, ab dem Zeitpunkt, wenn die Brunners wiederkommen. Da fehlt mir am Ende ein wenig der Drive.

Aber ich hab sie gerne gelesen und bin auf weitere deiner Geschichten gespannt.
Beste Grüße
Seth


_________________
Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.
Friedrich Dürrenmatt
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Raffaele
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Beitrag03.08.2021 12:33

von Raffaele
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Hallo, Seth

Das freut mich ungemein, wie genau du meine Geschichte gelesen hast. Deine Anmerkungen und Verbesserungen finde ich sehr hilfreich und stimme dir in fast allen Punkten zu. Manchmal werde ich es halt leid, länger an einer Geschichte rumzufeilen.

Dass du die eigentliche Handlung  bereits kanntest erstaunt mich nicht, da es sich um eine sogenannte „urban legend“ handelt. Also eine dieser Geschichten, die von Mund zu Mund gehen und keiner kann sagen, wo sie ihren Ursprung haben.

Werde mir jetzt gleich einige deiner Texte zu Gemüte führen, freu mich schon.

Also, vielen Dank für das sorgfältige Lesen und deine hilfreichen Kommentare. Ich schötze das wirklich sehr.

Liebe Grüsse

Raffele
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Natalie2210
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Beitrag03.08.2021 14:43

von Natalie2210
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Hallo Raffaele,

ich habe deine Geschichte auch gerne gelesen. Ich kannte sie noch nicht. Diese "urban legend" kam mir noch nie unter.


Folgendes ist mir aufgefallen:

Zitat:
Diesen Abend verbrachten Melanie und ihre Eltern kniend und lachend auf dem Wohnzimmerteppich, wo sie nicht genug von Tippsi – so hatte Melanie ihn getauft – kriegten, der in seiner drolligen Art zwischen ihnen herumhopste und sein neues Zuhase beschnupperte. Bald wurde Tippsi ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Familie. Und natürlich durfte Melanie Tippsi auch ab und zu mit ins Bett nehmen …


Diesen Absatz würde ich etwas länger ausgestalten. Zeigen, wie sie spielen, nicht nur beschreiben, dass sie es tun.

Die Charakterisierung von Herrn Schmitz ist mir dafür deutlich zu lange. Wichtig ist doch nur, dass er einen Hund hat. Ob seine Frau noch da ist, dass sie keine Kinder hatten => das empfinde ich als unwesentlich für die Geschichte an sich. Die Infos haben mich aus dem Lesefluss geworfen und ich habe mich gefragt, warum das da jetzt überhaupt stand.

lg,
Natalie
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Lona21
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Beitrag03.08.2021 22:51

von Lona21
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Für mich war das Ende unerwartet, da ich es noch nicht kannte!

Ich bin über ein paar Kleinigkeiten gestolpert wie das Wort "Geruchsemissionen", was irgendwie nicht passt und die "ss"-Schreibung ist noch fehlerhaft.

Ansonsten hätte ich noch eine Sache zu bemängeln: Da Literatur ja von mehr oder weniger vielen Menschen gelesen wird, trägt man mit dem, was man schreibt, zum Verhalten der Menschen bei. Und heutzutage sollte man ja wissen, dass man zwie Kaninchen holen muss, nicht nur eins.
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Raffaele
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Beitrag05.08.2021 13:11

von Raffaele
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Hallo, Natalie2210

herzlichen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, meine Geschichte zu lesen. Auch deine Anmerkungen erscheinen mir sehr sinnvoll und sollte ich die Geschichte mal überarbeiten, würde ich einiges davon einfliessen lassen (beziehungsweise kürzen). Aber momentan bin ich froh, die Geschichte einigermassen zu Ende gebracht zu haben und verspüre zur Zeit wenig Lust, mich noch länger damit zu befassen. Wenn ich zu lange an einem Thema arbeite werde ich dessen mit der Zeit Überdrüssig. Vielleicht kennst du das ja auch.

Nochmals vielen Dank fürs Lesen und deine hilfreichen Anmerkungen …

Liebe Grüsse

Raffaele
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Raffaele
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Beitrag05.08.2021 14:06

von Raffaele
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Hallo, Lona21

schön, dass du dir Zeit genommen hast, meine Geschichte nicht nur zu lesen, sonder auch zu kommentieren. „Geruchsemissionen“ ist wirklich eine schlechte Wortwahl, da kann ich dir nur zustimmen.

Was die fehlerhafte „ss“-Schreibung anbelangt … Meinst du damit das Fehlen des sogenannten Eszett (oder auch „scharfes S“ genannt), welches durch folgenden Buchstaben dargestellt wird: „ß“? Falls ja, musst du wissen, dass diese Sonderform des „s“ hier in der Schweiz, wo ich wohne, nicht existiert. In der Schweiz benutzen wir bloss ein „s“ oder Doppel-ss, sonst nichts. Dass dies für einen deutschstämmigen Leser ungewohnt ist, kann ich gut nachvollziehen.

Sobald ich etwas Zeit habe, werde ich gerne eine von deinen Geschichten lesen. Freu mich schon …

Nochmals vielen Dank und liebe Grüsse

Raffaele
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Grim
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Beiträge: 280



Beitrag11.08.2021 21:26

von Grim
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Ich fand es auch angenehm zu lesen. Der erste Teil wird durch den Konflikt Eltern-Kind bzw. möglichst tolles, großes Haustier vs. die praktischen Folgen humorvoll aufgelockert und ist für mich nachvollziehbar. Beim zweiten ist hat man schon das Gefühl, dass da eine komische Situation entsteht, aber das macht es auch interessant. Ich hätte darauf getippt, dass es ein anderes Kaninchen war.

Die erste Anmerkung setze ich in Klammern, weil ich mir selber nicht ganz sicher bin, ob das so stimmt. Du kannst sie dir ja trotzdem durchlesen und dir deine Gedanken dazu machen.
( Ein wenig war ich am Anfang von der Erzählperspektive verwirrt. Du schreibst überwiegend auktorial, wechselst aber hin und wieder doch die Erzählstimme. Das Hämsterchen würde ich eher Melanie zuordnen, (Wie gross sie doch schon geworden war...) der Mutter. Und schließlich "Herr Schmitz gab sich einen Ruck – Angriff ist die beste Verteidigung … – und öffnete das Fenster." von Herr Schmitz. Hat jetzt nicht arg gestört, aber ganz am Anfang bin ich gestolpert.)


Ein paar Formulierungen klingen seltsam, aber die hat Seth schon angestrichen. Ich schließe mich da an. Ich (persönlich) würde auch kürzen, was doppelt gemoppelt ist oder aus dem Kontext klar wird. z.B. hier:
„Sie wird lernen müssen, Verantwortung für das Tier zu übernehmen und das kann nur positiv sein."
"Lass augenblich los!", herrschte er den Hund wütend an

Abgesehen davon gibst du ab und zu Infos, bei denen ich nicht weiß, wozu du sie erwähnst. z.B. hier:
 Er nahm das Haarschampoo, das er täglich benutzte und begann sanft und vorsichtig das Tier damit einzuseifen.
Sie hatte Kliniken und Krankenhäuser schon immer gehasst und Schmitz hatte grossen Wert darauf gelegt, dass sie ihre letzten Tage in ihrer gewohnten Umgebung verbringen durfte.
Viele sahen in Nero einen Kampfhund und die negative Presse, die diese Hunde immer wieder erhielten schürte ihr Misstrauen nur um so mehr. Dass Nero gefährlich aussieht, sagst du schon im Satz zuvor.


Die Charaktere Vater Mutter Kind fand ich gut, kurz und für die Geschichte bzw. das kleine Tochter-Eltern-Hin-und-her passend. Herr Schmitz dagegen verstehe ich nicht. Du opferst Lesefluss, um schnell seine Eckdaten darzulegen, was ok wäre, wenn sie es denn wert wären. Du stellst ihn als Kinder-und Tierlieben Menschen dar, und eröffnest damit Potential für eine Beziehung Melanie & Kaninchen + Herr Schmitz & Nero. Deswegen lässt er sie im Garten mit seinem Hund spielen, er gewinnt das Kind lieb und es wird plausibel, dass es ihn mitnimmt, als er ihr heißgeliebtes Kaninchen findet. Jetzt würde ich eine Handlung erwarten, die dem Charakter entspricht, der konstruiert wurde. Ein kinder-und tierlieber Mann, der sich um andere (seine kranke Frau) kümmert, der also nur das Beste für andere will. Vielleicht kauft er heimlich ein neues Kaninchen, oder er behauptet, es wäre nur weggelaufen.
Was er aber tut, ist nichts davon, er versucht nur, die Schuld von sich selbst (bzw. dem Hund) loszulösen. Dieser egoistische/ feige Charakterzughätte mMn. schon irgendwo vorbereitet werden müssen. Bzw. verstehe ich das mit der kranken Frau dann nicht, was wolltest du damit sagen?


Noch eine Anmerkung:
Er überzeugte sich, dass der Wagen der Brunners nicht in der Garagenauffahrt stand und zusammen mit dem bedauernswerten aber jetzt zumindest sauber und wohlriechenden Kaninchen
Es wird nicht erwähnt, dass es davor nicht wohlriechend war.
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Raffaele
Schneckenpost
R


Beiträge: 11



R
Beitrag17.08.2021 15:04

von Raffaele
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Hallo, Grim

deine Überlegungen und Anmerkungen sind wirklich sehr aufschlussreich und in den meisten Fällen kann ich dir nur zustimmen. Schön, wenn sich jemand die Zeit nimmt, einen fremden Text so ausführlich und kenntnisreich zu kommentieren. Ich persönlich kann jedenfalls nur davon profitieren und deine Zeilen sind für mich ein grosser Ansporn, weil sie mir zeigen, auf was ich in Zukunft mehr achten sollte. Vielen Dank!

Liebe Grüsse

Raffaele
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