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Logan Wortedrechsler
Beiträge: 77
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19.08.2018 19:37 Science Fiction ist tot – für Agenten? von Logan
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Science Fiction ist tot im DACH-Raum – das höre und lese ich jedenfalls immer wieder.
Obschon ich wusste, das SF-Romane nicht den besten Stand haben, schrieb ich einen – war schon als Halbstarker ein Traum von mir.
Jetzt wo ich ihn langsam fertig habe und mich erstmals mit der Veröffentlichung auseinandersetze, merke ich, dass viele Verlage und scheinbar besonders Literaturagenturen keinen SF vertreten wollen. Dabei werde ich im Kino und im Netz mit SF bombardiert und es gibt ja eindeutig Fans.
Frage an euch: Ist es wirklich so schwer, SF aus unserer Region an ein Publikum zu bringen? Wie gehe ich eurer Meinung als Neuling mit meiner kleinen Dystopie da am besten vor?
Danke für eure Meinung,
Logan
_________________ "Omega: Das Erbe der Gottmaschine" von Oscar Winter. Im Hybrid Verlag erschienen.
»Ernest Hemingway hat mal geschrieben: Die Welt ist so schön, und wert, dass man um sie kämpft. Dem zweiten Teil stimme ich zu.«
William Somerset |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6367 Wohnort: USA
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19.08.2018 20:16 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von Murmel
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Logan hat Folgendes geschrieben: | Jetzt wo ich ihn langsam fertig habe und mich erstmals mit der Veröffentlichung auseinandersetze, merke ich, dass viele Verlage und scheinbar besonders Literaturagenturen keinen SF vertreten wollen. Dabei werde ich im Kino und im Netz mit SF bombardiert und es gibt ja eindeutig Fans.
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Das Problem dabei liegt im Unterschied Film und Buch. Was als Film gut läuft, und dabei geht es um Performance und visuellen Cues, muss nicht als Buch gut laufen. Desgleichen bei Fantasy. Stelle dir Avatar als Buch vor. Wäre das ein Megaseller geworden? Kaum, denn der Film lebt von den visuellen Eindrücken, die Story ist so lala.
Viele im SF Bereich veröffentlichen selbst und erreichen so ihre Zielgruppe. Da gibt es etliche Romane, die sich ordentlich verkaufen.
Es gibt einen begrenzten SF Markt, suche dir Beispiele heraus und welche Verlage das sind, und schreibe die an. Man kann auch über Kleinverlage und Konstanz zum Erfolg kommen, auch ohne Agentur.
_________________
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BlackRider Richter und Henker
B Alter: 49 Beiträge: 1474 Wohnort: ZRH
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B 19.08.2018 20:43
von BlackRider
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Es gibt auch etliche Bestseller, deren Story so lala ist. An einer ueberzeugenden Story wuerde ich den Unterschied zwischen Film und Literatur, der fraglos besteht, daher nicht festmachen wollen.
Allerdings ist SF nich ganz so tot, wie der Eingangspost nahelegt. Andreas Eschbach ist sehr bekannt und Frank Schaetzing wohl sogar der deutsche Bestseller schlechthin und beide tuemmeln sich ausgiebig in der SF. Ist halt bei keinem von beiden tiefste SF (Eschbach hat Ausnahmen, die sind es jedoch nicht, die seine Popularitaet begruenden), daher wuerde ich meinen, SF hat durchaus gute Chancen in der breiten Masse, wenn sie nicht allzutief im Genre verankert oder versumpft ist.
_________________ -https://www.youtube.com/watch?v=SnyVYk7pkII-
Leider macht Sucht auch vor Intelligenz nicht halt |
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BrianG Klammeraffe
Alter: 47 Beiträge: 714
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20.08.2018 08:28
von BrianG
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Teilweise liegt es auch an der Konditionierung der Konsumenten.
Hundert Jahre Unterhaltungs-Import aus Übersee haben eben ihre Spuren hinterlassen. Stellt euch vor: Kapitän Günther Obermüller an Bord des Raumschiffs Lorelei. Würde jemand diesen Kommandanten ernst nehmen? Bei einem Captain James T. Kirk dagegen sieht es schon anders aus. Das klingt in unseren deutssprachigen aber englisch geeichten Ohren einfach cooler.
Will denn überhaupt jemand die Abenteuer eines Kapitän Obermüller sehen oder lesen?
_________________ Aus dem Chaos sprach die Stimme: "Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen."
Und ich lächelte und war froh.
Und es kam schlimmer. |
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geomorph Leseratte
Alter: 45 Beiträge: 104 Wohnort: Dublin
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20.08.2018 09:13 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von geomorph
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Logan hat Folgendes geschrieben: | Science Fiction ist tot im DACH-Raum – das höre und lese ich jedenfalls immer wieder.
Obschon ich wusste, das SF-Romane nicht den besten Stand haben, schrieb ich einen – war schon als Halbstarker ein Traum von mir. |
Keine Ahnung ob es tot ist, doch gerade dieses Jahr habe ich einen SF Roman von Marc-Uwe Kling gelesen (Qualityland), welchen ich absolut super fand.
Gleich im Anschluss hab ich die SF Buchreihe "Die Welten der Skiir" begonnen und bin hellauf begeistert! Selten war ich so gepackt von der Geschichte. Der Schriftsteller hier ist auch recht potent, was die Menge an Büchern betrifft. Ich weiß, das ist zwangsläufig kein Garant für gute SciFi, doch hat er mich echt positiv überrascht. Und das Schöne ist, er (er)findet auch nichtenglische Namen, welche nicht lächerlich klingen.
Auch möchte ich auf die Perry Rodan Serie verweisen, welche ja sehr umfangreich und einfach nicht totzukriegen ist.
_________________ .:das Leben ist eines der Härtesten:. |
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Arcularius Eselsohr
A
Beiträge: 202
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A 20.08.2018 10:31
von Arcularius
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BrianG hat Folgendes geschrieben: | Teilweise liegt es auch an der Konditionierung der Konsumenten.
Hundert Jahre Unterhaltungs-Import aus Übersee haben eben ihre Spuren hinterlassen. Stellt euch vor: Kapitän Günther Obermüller an Bord des Raumschiffs Lorelei. Würde jemand diesen Kommandanten ernst nehmen? Bei einem Captain James T. Kirk dagegen sieht es schon anders aus. Das klingt in unseren deutssprachigen aber englisch geeichten Ohren einfach cooler.
Will denn überhaupt jemand die Abenteuer eines Kapitän Obermüller sehen oder lesen? |
Hab grade nochmal bei Raumpatrouille Orion geguckt: Der Name des Kommandanten ist tatsächlich englisch, die Namen der restlichen Besatzungsmitglieder relativ international.
Konditionierung würde ich es nicht gleich nennen, aber der von dir genannte Einfluss lässt sich nicht verleugnen:
- Der englischsprachige Markt ist wesentlich größer, daher kommen natürlich von dort viele Übersetzungen, egal ob Buch oder Film.
- Verlage setzen auf Nummer sicher: Experimente werden oft nur gewagt, wenn sich ein Buch schon auf dem englischen Markt gut verkauft und man gleich mit einem Nebula-Award oder Ähnlichem werben kann.
- Umgekehrt haben es deutschsprachige Autorinnen und Autoren schwer am englischen Markt: Die Konkurrenz ist einfach wahnsinnig hoch. Ein Bestseller im DACH-Raum ist im englischen Sprachraum vielleicht nur Mittelfeld, wenn überhaupt.
Gestern habe ich zufällig in einem Podcast gehört, dass auch in den Niederlanden originär niederländische SciFi und Fantasy keinen leichten Stand hat bei den klassischen Verlagen. Deshalb läuft wohl ein großer Teil über Selfpublishing.
Aus meiner Sicht sind SF und die Phantastik allgemein nicht unbedingt tot im DACH-Raum. Grade die größeren Verlage trauen sich aber nichts und setzten lieber auf altbekannte Rezepte (wirtschaftlich auch nachvollziehbar). Aus meiner Sicht würden sich Experimente lohnen, auch wenn es Captain Obermüller vielleicht trotzdem nicht ins fertige Buch oder den fertigen Film schaffen würde. Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Organisation / Gemeinschaft / Plattform, die der entsprechenden Literatur abseits der bekannten Wege Gehör verschaffen kann? Das Verlagswesen wird sich aus meiner Sicht noch weiter ändern, mal sehen, was die Zukunft (sic!) bringt.
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BrianG Klammeraffe
Alter: 47 Beiträge: 714
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20.08.2018 12:23
von BrianG
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Nicht Captain, sondern Kapitän Obermüller, bitte.
Dass deutschsprachige Phantastik-Autoren ins Selfpublishing gedrängt werden, ist nur eine Seite der Medaille. Die andere sind die - und ich bleibe bei dem Begriff - konditionierten Konsumenten. Die tollste SP-Story bringt nichts, wenn sie potentielle Leser alleine dadurch abschreckt, weil sie mit einem Wiener Raumschiff-Kommandanten nichts anfangen können: "Heeast, dea Aussairdische is owa a Gfrastsackl. Leutnant Havlicek, schiassn's erm ane mit da Laserpuffn ume." (An dieser Stelle will ich auf die Übertreibung als Stilmittel hinweisen, aber die Botschaft sollte klar sein).
Bei der Gelegenheit fällt mir auch die deutsche Version des PC-Spiels Baldur's Gate ein, bei dem die - in Spielerkreisen berüchtigten - sächselnden Ritter vorkamen.
_________________ Aus dem Chaos sprach die Stimme: "Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen."
Und ich lächelte und war froh.
Und es kam schlimmer. |
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BrianG Klammeraffe
Alter: 47 Beiträge: 714
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20.08.2018 12:25
von BrianG
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Ergänzung: Worauf ich eigentlich hinauswill: als DACH-Autor bist du gezwungen, in den phantastischen Genres die Angelsachsen zu kopieren.
_________________ Aus dem Chaos sprach die Stimme: "Lächle und sei froh, es könnte schlimmer kommen."
Und ich lächelte und war froh.
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Magpie Reißwolf
Alter: 48 Beiträge: 1250 Wohnort: NRW
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20.08.2018 13:43
von Magpie
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BrianG hat Folgendes geschrieben: | Die tollste SP-Story bringt nichts, wenn sie potentielle Leser alleine dadurch abschreckt, weil sie mit einem Wiener Raumschiff-Kommandanten nichts anfangen können: "Heeast, dea Aussairdische is owa a Gfrastsackl. Leutnant Havlicek, schiassn's erm ane mit da Laserpuffn ume."
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DAS würde ich sofort lesen wollen!!
Mich persönlich schrecken mittlerweile (Pseudo-)Amerikanische Bücher eher ab. Englischsprachige Autoren lese ich lieber im Original (aber auch da tue ich mir schwer, echte Qualität zu finden) und wenn deutsche Autoren versuchen, den Schauplatz in die USA zu legen, nur weil sie meinen, englische Namen klingen "cooler", aber selbst keine Ahnung von dem Land haben, dann schreckt es eher ab.
Ich selbst finde such überhaupt nicht, dass diese Namen schöner oder attraktiver klingen, im Gegenteil, die werden bis zum Stengel ausgelutscht.
Eine Geschichte mit Max Mustermann kann durchaus interessanter sein als John Smith und englische Namen machen eine schlechte Geschichte nicht besser.
Aber vielleicht verliert ein Land auch einfach seinen Zauber, wenn man dort mal gelebt hat. Denn auch in den USA wird nur mit Wasser gekocht
Aber zurück zum Thema: ich finde es schade, dass dieses weitläufige Feld der SF noch immer nur als "Space Opera" gesehen wird. Dabei haben doch George Orwell und Jules Verne bereits gezeigt, dass man gerade bei Zukunftsgeschichten mehr Philisophie und Warnungen einbauen kann als bei anderen Genres.
Dystopien sind oft bei Büchern wesentlich unterhaltsamer und besser, weil sie eben nicht von den Bildern leben, sondern von ihrer Aussage. Im Gegensatz zu Hard-SF und Space Operas.
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Magpie Reißwolf
Alter: 48 Beiträge: 1250 Wohnort: NRW
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20.08.2018 13:50
von Magpie
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P.S. Mein "Die Verschwörung des Raben" spielt z.B. im Deutschland (und den Niederlanden) der Zukunft und ich denke nicht, dass die Namen oder Personen der Qualität einen Abbruch tun. Im Gegenteil, mit Schauplatz in den USA wäre die Geschichte definitiv schlechter (ist natürlich auch auf die Politik und geografische Lage Europas ausgerichtet).
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Logan Wortedrechsler
Beiträge: 77
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20.08.2018 16:19 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von Logan
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Murmel hat Folgendes geschrieben: | Das Problem dabei liegt im Unterschied Film und Buch. Was als Film gut läuft, und dabei geht es um Performance und visuellen Cues, muss nicht als Buch gut laufen. Desgleichen bei Fantasy. Stelle dir Avatar als Buch vor. Wäre das ein Megaseller geworden? Kaum, denn der Film lebt von den visuellen Eindrücken, die Story ist so lala.
Viele im SF Bereich veröffentlichen selbst und erreichen so ihre Zielgruppe. Da gibt es etliche Romane, die sich ordentlich verkaufen.
Es gibt einen begrenzten SF Markt, suche dir Beispiele heraus und welche Verlage das sind, und schreibe die an. Man kann auch über Kleinverlage und Konstanz zum Erfolg kommen, auch ohne Agentur. |
Ich stimme nicht ganz zu; gerade wenn ich an jüngste Ami-Streifen wie Blade Runner, Passengers, Ready Player One oder Arrival denke – viele haben/würden ausgezeichnet als Romane funktionieren. Denkt auch an die vielen Star Wars, Star Craft Romane die es gab.
Das im September auf TOR veröffentlichte Essay von Olaf Kemmler: "Über die Situation der Science Fiction in Deutschland" finde ich dazu auch interessant er schreibt: Zitat: | Hinter vorgehaltener Hand fragt man sich, ob jetzt wieder die SF das nächste große Ding sein könnte. Die Vorzeichen sind gut. Nachdem zunächst der große Publikumsverlag Piper eine neue SF-Reihe ins Leben gerufen hat, gibt es jüngst auch im Fischer Verlag ein neues Imprint für Science Fiction, und dahinter steht niemand Geringeres als Tor Books, der bestimmt bedeutendste SF-Verlag der Welt. Autoren, die mit Fantasy Bestseller geschrieben haben wie Markus Heitz oder Kai Meyer, wenden sich dem Weltall zu. |
Aber zurück zum Kern des Pudels: Dann war meine Einschätzung, dass SF Autoren am besten mit Kleinverlagen und Selfpublishing arbeiten nicht falsch – oder hat jemand andere Erfahrungen gemacht?
_________________ "Omega: Das Erbe der Gottmaschine" von Oscar Winter. Im Hybrid Verlag erschienen.
»Ernest Hemingway hat mal geschrieben: Die Welt ist so schön, und wert, dass man um sie kämpft. Dem zweiten Teil stimme ich zu.«
William Somerset |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6367 Wohnort: USA
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20.08.2018 17:10 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von Murmel
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Logan hat Folgendes geschrieben: | Ich stimme nicht ganz zu; gerade wenn ich an jüngste Ami-Streifen wie Blade Runner, Passengers, Ready Player One oder Arrival denke – viele haben/würden ausgezeichnet als Romane funktionieren. Denkt auch an die vielen Star Wars, Star Craft Romane die es gab. |
Von Blade Runner weiß ich es nicht, aber Star Wars und Star Trek haben ihren Ursprung im Film, die Bücher kamen nachher.
Um die Frage Buch oder Film ging es mir aber nicht, sondern nur um die Frage, wieso ein Genre als Buch dormant sein kann, während es im Film ganz offensichtlich lebt. Im Gegenteil, das Überleben des Genres durch den Film ist hilfreich und sollte auf längere Sicht das Buch stützen.
Alle Genres durchleben Ups and Downs. Die Downs werden vor allem durch die gnadenlose Überflutung des Genres bewirkt. Der Tsunami der historischen Liebesromane (Mittelalter, vor allem sexuell aktive Heldin, meist mindere Qualität) hat das Genre Histo regelrecht ertränkt, das war 2010, und jetzt erst taucht es wieder auf. Gefördert durch tapfere Autoren und Verlage, die durchgehalten haben. Daher sehe ich ein Comeback von SF und freue mich darauf.
_________________
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preusse Reißwolf
Beiträge: 1292 Wohnort: Bayern
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21.08.2018 14:43 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von preusse
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Murmel hat Folgendes geschrieben: |
Der Tsunami der historischen Liebesromane (Mittelalter, vor allem sexuell aktive Heldin, meist mindere Qualität) hat das Genre Histo regelrecht ertränkt, das war 2010, und jetzt erst taucht es wieder auf. Gefördert durch tapfere Autoren und Verlage, die durchgehalten haben. |
Mir fehlt hier der "gefällt mir" Button, deshalb mache ich es so.
_________________ Das Herz des Löwen, 06/2011
Das Blut des Löwen, 11/2012
Die Pranken des Löwen, 03/2014
Das Banner des Löwen, 11/2015
Der Pirat - ein Francis-Drake-Roman, 07/2016
Der Herr der Bogenschützen, 08/2017
Der Sohn des Löwen, 03/2019
Der Herzog von Aquitanien, 11/2019
Die geteilten Jahre, 09/2019
Der englische Löwe, 12/2020
Sie nannten ihn Cid, 11/2021
Jack Bannister - Herr der Karibik, 11/2022 |
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kioto Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 442 Wohnort: Rendsburg
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21.08.2018 21:33
von kioto
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Hallo Logan,
Mit dieser Frage plage ich mich schon seit einigen Jahren, seit ich auf die Idee kam, selber SF Geschichten zu schreiben. Ich habe seit meiner Kindheit massenweise SF konsumiert. angefangen mit Perry Rhodan (aus meiner heutigen Sicht Schund, weil besonders die Romane bis 300 militaristisch und rassistisch waren), über Terra Nova, Astra und sonstigem Pulp, dann Taschenbücher von Heyne und Co. Surkamp mit seiner Phantastischen Reihe zeigte mir dan den Weg zu bessere SF und Phantastik.
Qualität habe ich erst bei Stanislav Lem und einigen russischen Autoren gefunden. Die aus USA sind häufig auch zu militaristisch. Dass Qualität im deutschsprachigen Raum so rar ist, liegt m.M. daran, dass hier scharf zwischen Literatur und Belletristik getrennt wird. Kein Autor, der Literatur, also Bücher mit "Wert" schreiben will, wird sich die Finger an Belletristik oder gar SF verbrennen, er würde zum Paria in der deutschen Literaturszene. Allenfalls als "arroganten" Ausrutscher wie Bodo Kirchhoff mit "Schundroman", ein durchaus mittelmäßiger Krimi.
In den USA ist das weniger ausgeprägt, da kommt auch SF zu Preisen und Empfehlungen durch etablierte Kritiker und gute Autoren verirren sich manchmal in diese Genre. Importe sind für Verlage sicherer, als das Risiko mit einheimischen Autoren einzugehen.
Ein zweites Argument hat Lem selber gebracht. Der moderne Mensch sieht Technik immer häufiger als lästig oder gar als Bedrohung, weshalb SF nicht so auf von Technik begeisterte Leser stößt wie zu Zeiten von Jules Verne.
_________________ Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.
Gruß, Werner am NO-Kanal |
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Logan Wortedrechsler
Beiträge: 77
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23.08.2018 17:52
von Logan
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Du beschreibst einen klaren Fall von schlechtem Image. Das ist schade, ich wusste nicht, dass es so schlecht um den lokalen SF steht.
Ein Konzern würde jetzt einfach seinen Namen wechseln und warten bis die Konsumenten nachziehen – ich hoffe, dass das hier nicht der Fall sein wird.
Ich habe, nach dem Input hier im Forum, eine kleine Liste mit mittleren bis kleineren SF Verlagen zusammengesucht, die ich mir näher ansehen werde. Vielleicht hilft es (Liste ohne feste Reihenfolge):
Feder und Schwert
Basilisk
Cross Cult
Amrun
Emmerich
Golkonda
Papierverzehrer
Eridanus
Hybrid Verlag
Atlantis
Wurdack
Blitz
p-machinery
Atlantis
_________________ "Omega: Das Erbe der Gottmaschine" von Oscar Winter. Im Hybrid Verlag erschienen.
»Ernest Hemingway hat mal geschrieben: Die Welt ist so schön, und wert, dass man um sie kämpft. Dem zweiten Teil stimme ich zu.«
William Somerset |
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kioto Eselsohr
Alter: 71 Beiträge: 442 Wohnort: Rendsburg
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23.08.2018 19:18
von kioto
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Hallo Logan,
Das mit dem schlechten Image ist mein Eindruck, nachdem ich mich intensive im Internet umgesehen hatte. Wäre ja schön, wenn sich jemand findet, der mir widerspricht.
_________________ Stanislav Lem: Literatur versucht, gewöhnliche Dinge ungewöhnlich zu beschreiben, man erfährt fast alles über fast nichts.
Phantastik beschreibt ungewöhnliche Dinge (leider m.M.) meist gewöhnlich, man erfährt fast nicht über fast alles.
Gruß, Werner am NO-Kanal |
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Tape Dispenser Eselsohr
T
Beiträge: 272
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T 23.08.2018 23:46
von Tape Dispenser
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Deutscher SF hat meiner Meinung nach innerhalb Deutschlands schon immer einen schweren Stand, da die meisten Gelegenheits SF-Leser mit Perry Rhodan in Kontakt gekommen sind. Diese Leser sind in der Regel männlich und überwiegend über fünfzig und sterben langsam aus. Die wöchentliche Auflage dürfte bei rund 50 - 80.000 liegen, was zwar beachtlich ist, bedingt durch die Länge der Serie Neueinsteigern aber schwerfällt. Ich habe mich irgendwann man in jungen Jahren durch rund 100 Hefte gekämpft, bin aber der Meinung, dass mir weder der Schreibstil der meisten Autoren, noch das sogenannte "Perryversum" zusagt. Zahlreiche Autoren oder Gastautoren dieser Serie haben aber oft auch "normale" SF geschrieben, die aber weder sprachlich noch durch originelle Ideen ausgezeichnet haben.
Erfolgreicher SF aus Deutsch gelingt heutzutage nur, wenn SF drin ist, das Buch aber nicht als SF vermarktet wird: Als Beispiel können hier Frank Schätzing (Der Schwarm) oder Andreas Eschbach (Das Jesus Video) dienen.
Ansonsten gilt gerade im deutschsprachigen Raum die Devise: Die Leute wollen lieber eine spannende Geschichte lesen, die am Orten spielt, die sie nicht kennen. Wie viele Schnulzenromane deutscher Romane spielen irgendwo in Italien, Frankreich oder der Karibik, obwohl anzunehmen ist, dass der oder die Autorin diese Orte nur aus dem Urlaub kennt. Ein Raumschiffkapitän aus Müritz an der Knatter klingt, dank jahrzehntelanger Hollywood Konditionierung und der Tatsache, dass Trump tatsächlich Präsident ist eben nicht so glaubwürdig, wie Commander Jeff Space, der die Weltraummollusken vor der Küste Kaliforniens wegblastert. Den Amis ist eben alles zuzutrauen
In den USA ist der Markt sicherlich viel größer, obwohl auch dort SF nicht mehr so den Stellenwert zu haben scheint. Eigentlich lese ich gerne SF, aber bei den Neuveröffentlichungen gibt es auch dort weniger zu entdecken, beziehungsweise, es wird weniger übersetzt.
Kleine Verlage oder Self Publishing sind sicherlich zu empfehlen. Die Leserschaft für SF war schon immer begrenzt. Die großen Verlage bringen in der Regel nur Lizenzausgaben aus dem Ausland.
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Pütchen Weltenbummler
Moderatorin
Beiträge: 10312 NaNoWriMo: 40788 Wohnort: Im Ländle
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24.08.2018 02:24
von Pütchen
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@Logan: Ich denke, Dystopien sind nach wie vor gefragt (vor allem bei den Lesern).
Du hast ja selbst schon eine Liste an Verlagen gefunden - ich würde diese abklappern. Genres sind immer so tot, wie man sie sterben lässt.
Es sind ja nicht nur Kleinverlage, auch Droemer Knaur hat mit Natalja Schmidt 2015 die Sparten "SciFi" und "Fantasy" wieder ausgebaut *hier*
Wenn dir das Projekt am Herzen liegt, schmeiß die Flinte nicht ins Korn, bevor du den Versuch gewagt hast. Ich wünsche dir viel Erfolg!
_________________ ****************************************************************
"Die Menschen bauen zu viele Mauern und zu wenig Brücken."
(Isaac Newton, 1642-1726)
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Unstern Klammeraffe
Beiträge: 732 Wohnort: Leonding (Österreich)
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24.08.2018 20:08
von Unstern
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Natürlich ist es schwer mit SF - das gilt aber eben besonders für das Massenpublikum. Und das ist ja das, was einen Agenten interessiert. Was aber eine Möglichkeit ist: SF nicht als solche zu verkaufen. Oft ist etwas an und für sich SF, aber am Buch außen steht z.B. "Thriller". Oder es wird als humorvoll verkauft - oder einfach nur "Belletristik", fertig, aus. Aber als Label steht oft nicht SF drauf.
Dann ist es noch mal schwer, als neuer Autor bei einer Agentur zu punkten. Die müssen ja den Autor voll aufbauen und auch wenn das Manuskript gut ist, wird natürlich auch überlegt, ob der Autor nachproduzieren kann - und zwar ohne dass es gleich zehn Jahre dauert.
Aber es gibt immer zwei Seiten. Dadurch gibt es auch einen harten Kern von Fans, die ganz genau schauen, was an SF so rauskommt und die teils sogar halbwegs vollständig die Neuerscheinungen auf dem Gebiet lesen wollen. Die in ihren Foren unterwegs sind (ich würde sagen, es gibt ca. zwei größere für hauptsächlich SF und natürlich noch viele kleinere und solche für Phantastik allgemein), Vereinsmeierei betreiben und vor allem ganz versessen drauf sind, einander bei Conventions zu treffen. Dadurch kann man natürlich auch mehr oder weniger nützliche Kontakte knüpfen. Wobei auch das im deutschsprachigen Raum nicht ganz so leicht ist, weil die Veranstaltungen halt klein bleiben (und die riesigen Comiccons sind wieder ganz anders) und es auch eine striktere Trennung zwischen "ernsthafter Arbeit" und Vergnügen gibt. - In anderen Länder kennt das Kontakteknüpfen auch für Veröffentlichungsdeal eher mal bei einem gemeinsamen Besäufnis.
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V.K.B. [Error C7: not in list]
Alter: 51 Beiträge: 6159 Wohnort: Nullraum
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26.08.2018 05:31 Re: Science Fiction ist tot – für Agenten? von V.K.B.
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Murmel hat Folgendes geschrieben: | Von Blade Runner weiß ich es nicht | Um diese kleine Bildungslücke zu schließen: Das Buch hier heißt "Do Androids Dream of Electric Sheep", war zuerst da und ist von Philip K. Dick, einem der SF-Großmeister. Wobei sich der Film nur recht lose am Buch orientiert (jedenfalls das Original, das Remake habe ich noch nicht gesehen).
Und oh ja, eine neue SciFi-Welle wäre toll. Zumal ich zwei Romane in der Mache habe.
_________________ Hang the cosmic muse!
Oh changelings, thou art so very wrong. T’is not banality that brings us downe. It's fantasy that kills … |
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Murmel Schlichter und Stänker
Alter: 68 Beiträge: 6367 Wohnort: USA
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26.08.2018 15:37
von Murmel
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Übrigens, in USA steht sehr wohl das Label SciFi drauf und beim Buchhändler gibt es auch volle Regale dafür. SciFi ist nicht tot, in USA jedenfalls beileibe nicht.
@V.K.B: Danke für das Schließen der Bildungslücke!
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Gast
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06.11.2018 18:57
von Gast
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Ich glaube auch nicht, dass das Genre untergeht. Es gibt hierfür auch jedes Jahr seine Plätze in Großverlagen und man muss diese nur einfach finden und bekommen. Da ist es bestimmt gut, wenn man Agenturen sucht, die viel dahingehend vermittelt haben.
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