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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm


 
 
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a_soul
Geschlecht:weiblichErklärbär
A

Alter: 31
Beiträge: 4
Wohnort: Mainz


A
Beitrag12.12.2017 09:26
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
von a_soul
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hi,
ich stelle hier mal eine Kurzgeschichte ein, die ich vor einigen Jahren für einen kleinen Wettbewerb geschrieben habe. Viel Spaß damit! smile


Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
       
„William! William, bist du da?“ Aufgebracht hämmerte der Besucher gegen die alte Eichentür, die von Holzwürmern völlig zerfressen war.
„Schon gut, schon gut, ist ja gut!“, kam es gedämpft aus dem Inneren des Hauses. Schwungvoll öffnete William die Türe. „Wirst du wohl aufhören, wie ein Wildgewordener so herumzubrüllen?“, zischte er. „Da werden sich die Weiber von nebenan nur wieder die Mäuler zerreißen.“ Misstrauisch beugte er sich nach draußen und schaute sich nach links und rechts um.
„Ach was, du hörst ja die Flöhe husten!“, murrte der Besucher und drückte sich ungeschickt an William vorbei ins Haus. Seine Stiefel hinterließen schmutzige Abdrücke auf den alten Dielen im Flur, die bei jedem Schritt laut ächzten.
„Ich habe dich nicht hereingebeten!“, zeterte William und knallte die Tür hinter sich zu. „Ständig kreuzt du hier uneingeladen auf! Ich habe wirklich Besseres zu tun, als mir wieder irgendeine deiner Geschichten anzuhören!“ Er folgte seinem Besucher ins Wohnzimmer.
„Ha! Das wirst du nicht mehr sagen, wenn du diese Geschichte gehört hast!“, erwiderte der Besucher euphorisch und ließ sich lässig in einen Sessel fallen, als wäre er zu Hause.
„Ich kann es kaum erwarten“, murmelte William und massierte sich die Schläfen. „Elizabeth!“, rief er in die Küche, „Machen Sie uns bitte einen Tee.“ Dann setzte er sich ebenfalls in einen der Sessel, die mit grünem Samt überzogen waren.
„Du hast den Boden eingesaut“, stellte William trocken fest und zeigte mit gerümpfter Nase auf die dreckigen Stiefel des Besuchers. „Und deinen schäbigen Mantel hättest du ruhig ausziehen können, bevor du dich setzt. Der besteht ja nur noch aus Flicken!“
„Äußerlichkeiten werden überbewertet!“, murrte der Besucher, während er sich mit der flachen Hand Fusseln von der Schulter fegte.
„Dennoch möchte ich, dass in meinem Haus Sauberkeit und Ordnung herrscht. Lass uns in den Garten gehen, es ist so ein schöner Tag. Außerdem kannst du draußen nichts schmutzig machen“, fügte William hinzu und erhob sich.
„Argh…“, stöhnte der Besucher und raffte sich umständlich von seinem Sessel auf. Schnellen Schrittes folgte er William in den Garten, wo unter einigen Apfelbäumen Stühle und ein kleiner Tisch hergerichtet waren.
„Nun? Wie lautet deine ach so spannende Geschichte?“, setzte William widerwillig an, während er sich in der milden Herbstsonne räkelte.
„Aaah, du willst sie also doch hören!“ Auf das Gesicht des Besuchers schlich sich ein breites Grinsen, als wäre er siegreich aus einem Kampf hervorgegangen.
„Lässt du mir denn eine Wahl?“, erwiderte William tonlos und verdrehte die Augen.
„Pff, Banause!“, knurrte der Besucher und zog eine Schnute. Elizabeth brachte Tee und Gebäck auf einem kunstvoll verzierten Tablett. Während William ruhig in seinem Tee herumrührte, stürzte sich der Besucher auf die Kekse.
„Nun? Ich höre.“
„Weischt du“, nuschelte der Besucher mit vollem Mund, „dasch wir hier unter den Bäumen schitzen, mascht die Geschischte nosch amüschanter!“
„Hm-mh!“, räusperte sich William, während er sich einige Kekskrümel, die der Besucher ihm entgegen geprustet hatte, vom Jabot schüttelte.
„Nun denn, lass mich etwas weiter ausholen: Heute Vormittag war ich in der Universitätsbibliothek, um mir John Wallis Buch zur Bewegungslehre auszuleihen und in Ruhe Roberts Brief zu lesen. Als ich gerade wieder gehen wollte, traf ich auf unseren guten alten Freund Michael Stewart. Bloß, dass es keine gewöhnliche Begegnung war! Mir fiel sofort auf, dass er stark schwitzte und merkwürdig blass war. Zudem war er so in Gedanken, dass er mich kaum bemerkte und nur sehr kurz im Vorbeigehen grüßte. Sein eigenartiges Verhalten war mir äußerst suspekt und ich hielt mich absichtlich noch etwas länger in der Bibliothek auf, um ihn - unauffällig natürlich - beobachten zu können. Und dann hab ich tatsächlich gesehen, wie er…“ Der Besucher legte eine dramatische Pause ein.
„Ja? Wie er was? Sag schon!“, drängte William. Seine Pupillen waren vor Spannung geweitet und er hatte sich gierig nach mehr Informationen über den Gartentisch zu dem Besucher hinüber gebeugt.
„…wie er genießt hat. Und da wurde mir klar, dass er wohl eine Erkältung haben muss und er deshalb so schwitzte und es ihm an Aufmerksamkeit für seine Umwelt mangelte.“ Mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht verschränkte der Besucher die Arme hinter dem Kopf und lachte leise in sich hinein.
William fiel genervt in seinen Stuhl zurück. „Ist das dein Ernst? Das war deine Wahnsinns-Geschichte?“
„Nein, natürlich nicht, wofür hältst du mich? Damit wollte ich dich nur ein wenig aufziehen! Aber meine eigentliche Geschichte schließt direkt an diese hier an. Nachdem also das Rätsel um das mysteriöse Verhalten Stewarts geklärt war, ging ich zurück nach Hause. Ob des schönen Wetters beschloss ich, den Tag in einem nahegelegenen öffentlichen Garten im Schatten einiger Bäume zu genießen. Und wie ich nun so da saß und über Gott und die Welt philosophierte - glaub es oder glaub es nicht - fiel mir tatsächlich ein Apfel direkt auf den Kopf! Ist das zu fassen? Und siehst du die Beule an meinem Kopf?“ Der Besucher drehte William den Rücken zu und deutete mit seinem Zeigefinger auf seinen Hinterkopf.
„Ähhh“, machte William, „faszinierend.“
„Na na na, Moment, das ist ja noch nicht alles. Denn weißt du, welcher Gedanke mir kam, als mich dieser Apfel traf? Warum, in Gottes Namen, fällt er nach unten und nicht nach oben? Oder nach rechts oder links? Oder diagonal? Und ich meine nicht nur den Apfel, sondern sämtliche Dinge, die auf unserer Welt existieren. Sie alle fallen nach unten, Richtung Boden, ich habe es mit allen Gegenständen, die mir in die Finger gekommen sind, ausprobiert. Und während ich so unter den Bäumen saß und darüber sinnierte, kam mir mit einem Mal eine bahnbrechende Idee: Stichwort Anziehungskraft! Ja, ich bin mir sicher: Die Erde zieht andere Gegenstände an, wie ein riesiger Magnet. Ich nenne dieses Phänomen: Gravitation! Und, was sagst du? Genial, oder? Ich meine, ich werde natürlich erst noch einige Experimente dazu anstellen müssen, aber so an und für sich…“ Der Besucher schaute William erwartungsvoll an.
„Also, mein lieber Newton, ich bin ja Einiges von dir gewohnt, aber das…“, William schüttelte den Kopf, „Gravitation, das klingt nun doch sehr an den Haaren herbeigezogen!“
„Ha! Du wirst schon noch sehen! Ich werde beweisen, dass es so etwas wie die Gravitation gibt!“ Mit wilden, euphorischen Gesten fuchtelte Newton vor Williams Gesicht umher. „Und stell dir nur mal vor, der Apfel wäre auch nur ein paar Zentimeter weiter vom Stamm entfernt hinunter gefallen! Dann hätte er mich nicht getroffen und ich wäre niemals zu dieser Erkenntnis gelangt! Ist das nicht unglaublich?“
„Ja, und zwar so unglaublich, dass es eigentlich schon wieder unmöglich ist. Isaac, bist du dir sicher, dass du diese Apfelgeschichte nicht geträumt hast? Weißt du eigentlich, wie unwahrscheinlich es ist, dass man, wenn man unter einem Baum sitzt, von einem herunterfallenden Apfel getroff- AU!!!“ William fuhr erschrocken zusammen und fasste sich an den Kopf. „Was um Himmels Willen war das denn?“, schrie er entsetzt und starrte auf den Apfel, der zuerst auf seinen Kopf und dann in seinen Schoß gefallen war.
Isaac Newton schaute ihn einen Moment lang verdutzt an und brach dann in schallendes Gelächter aus. „Das, mein Freund, war die Gravitation!“

© November 2011

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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag12.12.2017 11:31

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo a_soul,

im Kern hast Du eine schöne Geschichte eingestellt! Sie überrascht, als sich der penetrante, ungepflegte Störenfried als Isaac Newton entpuppt, Du gehst ganz schön respektlos mit dem großen Philosophen der Mathematik um wink
Die Rechtschreibung ist gut, die Geschichte hat auch den richtig Umfang, denke ich, und Du hast die kleine Anekdote ordentlich ausgebaut.
Was mir nicht so sehr gefiel, war, dass mir die beiden Männer ein bisschen hyperaktiv vorkamen. Oft machen sie zwei Dinge zugleich, besonders wenn sie sprechen: Man murrt und drückt sich ins Haus, man zetert und knallt Türen,  man murmelt und massiert die Schläfen. Wenn sie dann doch mal nur eine Tätigkeit machen, dann mit großen Gesten oder Vehemenz: schwungvoll, euphorisch, schnellen Schritts, siegreich aus dem Kampf. Du verwendest starke Verben wie „hämmern“, „zerfressen“, „ächzen“, aber Du schmückst sie noch zusätzlich aus, indem sie „aufgebracht hämmern“, etwas „völlig zerfressen“ ist und etwas „laut ächzt“. Ich denke, die Mehrzahl aller Substantive hat ein Adjektiv, die meisten Sätze ein illustrierendes Adverb. Vor meinem Inneren Augen sind die beiden Männer ganz schön durch die Gegend gesprungen, haben grimassiert und theatralisch gestikuliert. Das kann jetzt an mir und meinem inneren Augen liegen Rolling Eyes wink, aber lies es nochmal danach durch, vielleicht verstehst Du, wie mir das so ergehen konnte wink
Für eine historische Anekdote hast Du viel herausgeholt, Du hast eine (zu?) lebhafte, humorvoll angehauchte Geschichte draus gemacht! Noch ein bisschen Feinschliff, ein bisschen mehr kannst Du da noch rauskitzeln.

Liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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a_soul
Geschlecht:weiblichErklärbär
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Alter: 31
Beiträge: 4
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A
Beitrag12.12.2017 12:00

von a_soul
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Super, vielen Dank für das Feedback!
Ich sehe total, was Du meinst. lol2
Die Geschichte ist ja schon von 2011, ich glaub mein Stil hat sich etwas von den Adjektiven wegbewegt. Ist ja auch ein häufiger Anfängerfehler. ^^
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag12.12.2017 12:06

von Selanna
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Gern geschehen Smile

Aber warum hast Du dann die Geschichte nicht vor dem Einstellen verbessert, wenn Du schon wusstest, dass Du Deinen Stil verbessert hast? Shocked


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IQ Dino
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I
Beitrag12.12.2017 12:43

von IQ Dino
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nennen wir es ...

gespannt neugierige erwartungsvolle Faulheit? smile
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a_soul
Geschlecht:weiblichErklärbär
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A
Beitrag12.12.2017 14:46

von a_soul
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Selanna hat Folgendes geschrieben:
Gern geschehen Smile

Aber warum hast Du dann die Geschichte nicht vor dem Einstellen verbessert, wenn Du schon wusstest, dass Du Deinen Stil verbessert hast? Shocked


Ne, das wusste ich ja eben nicht. Als ich deine Kritik gelesen hab, ist mir das mit den Adjektiven erst aufgefallen. Ich hab das vorher beim durchlesen nicht als so störend und zu viel wahrgenommen. Deshalb meinte ich ja, dass ich glaube, dass sich mein Stil geändert hat. wink
Da müsste ich mal in meine aktuellen Texte noxhmal reingucken. ^^
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Selanna
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Beitrag12.12.2017 15:37

von Selanna
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Hallo a_soul,

wenn es Dich inzwischen selbst stört, lohnt es sicher, in Deine alten Texte reinzusehen oder diesen hier noch einmal zu überarbeiten.
Wie gesagt: gern geschehen Smile

Viel Erfolg und liebe Grüße
Selanna


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Kaffeetante0606
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Alter: 40
Beiträge: 24
Wohnort: Deutschland


Beitrag12.12.2017 19:37

von Kaffeetante0606
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Hallo a_soul,

ja, ich schon wieder.

Also die Geschichte finde ich total amüsant und mir gefällt das mit den Adjektiven. So kann man sich die Situationen gut vorstellen. Dazumal du ja auch passende Adjektive gefunden hast.

Ich musste jedenfalls sehr schmunzeln und es hat mir richtig Spaß gemacht, deine KG zu lesen.

Vielen Dank hierfür,

Kaffeetante0606
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a_soul
Geschlecht:weiblichErklärbär
A

Alter: 31
Beiträge: 4
Wohnort: Mainz


A
Beitrag13.12.2017 09:52

von a_soul
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Hey,
vielen Danke für das Lob. smile

Freut mich, dass es Dir gefallen hat. smile

LG!
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