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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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30.04.2008 15:28 Untergang von Merlinor
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Untergang
Da liege ich nun im Dreck dieser düsteren Gasse,
halb betäubt von dem harten Schlag.
Mein Körper brennt vom Stich seines Messers.
Ich hatte schreien wollen, flüchten
oder kämpfen wie ein verletztes Tier.
Doch blieb mir nur die Lähmung der Angst.
Nun kommt er zu mir, der Jäger zur Beute.
Ich schließe die Augen,
ergebe mich mutlos dem nahenden Tod.
Ihr Bild singt mich in die schmerzvolle Leere:
Pechschwarzes Haar über dunkelbraunen Augen.
Geschmeidiger Körper erklärt die Musik,
fast schwebend schon und so unsäglich schön.
Dann kommt sie zu mir,
zu mir vor all den starrenden Männern.
Und ich folge ihr.
Doch nun steht über mir der Schatten des Bruders.
Die Klinge zuckt in seiner Hand.
„Ey Alter, fass meine Schwester nicht an, ey!“
Höre ich ein letztes Mal ...
Weitere Werke von Merlinor:
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Manuel M. Lorenz Klammeraffe
M
Beiträge: 746
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M 01.05.2008 15:18
von Manuel M. Lorenz
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Schon von der ersten Zeile an schwebt ein leiser Hauch von Romantik
über diesen eigentlich so bedrückenden Zeilen.
Ein Gefühl das fesselt - sich aber nicht sofort fassen lässt.
(Was übrigens auch die große Stärke deines Textes ausmacht.)
Und dann in der dritten Strophe wird klar,
das hier jemand dabei ist für etwas zu sterben das stärker ist als Angst und Vernunft!
Aber bitte tu mir einen Gefallen... Streich die letzte Strophe...
Wenn sie nicht schon latent rasisstisch ist,
so töte sie doch jede Poesie...
Der Text hat seinen Höhepunkt eh längst erreicht!
Ansonsten sehr gern gelesen.
herzlichst
nicholas
Edit: Darüberhinaus würde ich mir einen Titel wünschen der weniger martialisch daher kommt...
Hier geht es doch in Wahrheit gar nicht ums Untergehen...
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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01.05.2008 17:13
von Merlinor
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Hallo Nicholas De Kant
Herzlichen Dank für Deine Anmerkungen
Diese Zerstörung der Poesie habe ich sehr bewusst als Stilmittel eingesetzt. Denn an einem gewaltsamen Tod ist meiner Meinung nach nichts poetisches.
Genau diesen Schock will ich dem Leser Vermitteln: In den ersten beiden Strophen liest er zwar von Leid und nahendem Tod. Doch letztlich kann er sich damit nicht identifizieren, sieht diesen nahenden Tod lyrisch verklärt. In der dritten wird er gar noch in die Gefilde von Liebe und Traum gehoben. Gewaltsam Sterben als etwas romantisches ...
In der vierten Strophe wird dieser Höhenflug dann gründlich zerstört: Plötzlich ist dieser Tod hässlich, unnötig und banal. Brutales Ergebnis von Dummheit und Missverständnis. So, wie jeder Tod auf der Strasse ...
Und der Leser entkommt nicht: Er muss diesen Schock durchleben, muss aus den Höhen der Poesie in die Niederungen der schnöden Realität herabsteigen. „Ey Alter, fass meine Schwester ...“ So billig kommt eine Messerstecherei nämlich in der Regel daher.
Ich hätte natürlich einen etwas ausgefalleneren Hintergrund wählen können. Doch so wird der Leser aus heiterem Himmel noch zusätzlich auf klischeehafte Vorstellungen gestossen, die in seinem eigenen Geist fest verankert sind. Fast schon reflexhaft empört er sich ... und auf einmal ist er selbst Teil der Geschichte ... Ein übles Erwachen aus poetischen Träumen.
So zumindest war das geplant.
Herzlich
Merlinor
P.S.: Mit dem Titel hast Du allerdings Recht. Mir ist auf die Schnelle einfach nichts besseres eingefallen.
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Fahrender Gaukler Grundgütiger
Alter: 40 Beiträge: 2697 Wohnort: Irgendwo in meinem Geiste
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01.05.2008 17:19
von Fahrender Gaukler
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Wieso rassistisch? Gibt genug Deutsche, die so reden.
Sonderlich anfreunden kann ich mich mit dieser Strophe aber auch nicht wirklich.
Ansonsten jedoch ein guter Text, Alter ey.
Gruß,
~~Der Gaukler
_________________ Trenne dich nicht von deinen Illusionen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.
(Mark Twain) |
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Manuel M. Lorenz Klammeraffe
M
Beiträge: 746
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M 01.05.2008 17:35
von Manuel M. Lorenz
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Danke für die Erklärungen. Ich verstehe deinen Ansatz!
Ich persönlich glaube aber das man das wirkliche Grauen eines Mordes oder einer ähnlichen Gewalttat
einfach nicht mit Sprache einfangen kann und genau deshalb würde ich das auch gar nicht erst versuchen.
Es gibt andere Möglichkeiten dieses Gefühl der Ausweglosigkeit zu erzeugen ohne die Tat lyrisch zu doppeln.
In meinen Augen hast du das bis zur dritten Strophe auch absolut erreicht.
fg nick
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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01.05.2008 21:57
von Merlinor
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Nein, das wirkliche Grauen eines Mordes kann man mit Worten nicht einfangen, da hast Du Recht. Das wollte ich auch nicht versuchen.
Ich wollte durch diesen Bruch erreichen, dass der Leser sich bewusst wird, dass es einen „verklärten“ gewaltsamen Tod nicht gibt, indem ich ihn mit sich selbst und einer bewusst unschönen Realität konfrontiere.
Natürlich mag er die letzte Strophe nicht, aber vielleicht sieht er nach dieser kleinen Ernüchterung manches ein wenig anders als vorher.
Ich weiß natürlich nicht, ob dies gelungen ist. Es ist halt ein Versuch ... Vielleicht sollte ich wirklich darüber nachdenken, den Text nach der dritten Strophe enden zu lassen. Wenn ich auch zugeben muss, dass ich ihn darauf angelegt hatte, eben diesen „Schock“ zu erzielen.
Herzlich
Merlinor
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Manuel M. Lorenz Klammeraffe
M
Beiträge: 746
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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03.05.2008 03:40
von Merlinor
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Hallo Nicholas De Kant
Nein! Ich will die beiden Gedichte nicht ... es soll nur Eines geben!
Ich habe jetzt darüber geschlafen und gegrübelt. Am Ende kam ich zum Ergebnis, dass ich das Ganze, so wie es ist, behalten möchte.
Ja, mir ist klar, dass dieses Gedicht davon nicht beliebt werden wird.
Doch nur dafür, dass der lyrische Schöngeist sich aus der Realität träumen mag, will ich die böse Essenz dieses Textes nicht aufgeben.
Ein solcher Tod ist hässlich, dumm, unnötig und brutal. Er hat natürlich eine wichtige romantische Komponente. Aber er gewinnt daraus keine Hoffnung. Deshalb das Ende.
Und der Leser soll dies spüren, soll sich mit seinem Ekel, seiner Furcht und den eigenen Vorurteilen konfrontiert fühlen.
Es ist ein Experiment: Aber nur so glaube ich, dass dieser Text etwas bewirken kann ...
Schönheit macht nur Sinn, wenn sie mit Wahrheit verbunden ist.
Ich habe solche Tode gesehen: Sie waren mit Träumen verbunden, schön auf ihre Art, doch dumm, banal und unnütz bei näherer Betrachtung.
Der Text wird bleiben, wie er ist ...
Herzlich
Merlinor
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Angy Gänsefüßchen
Alter: 34 Beiträge: 16 Wohnort: Österreich/Langen bei Bregenz
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03.05.2008 12:08 Re: Untergang von Angy
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Merlinor hat Folgendes geschrieben: | Untergang
Da liege ich nun im Dreck dieser düsteren Gasse,
halb betäubt von dem harten Schlag.
Mein Körper brennt vom Stich seines Messers.
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Das da beschreibt meine jetztiges Gefühl. wie es inmir aussieht. passt perfekt
nun zu deinem Gedicht/ Text
es hat mich sehr bewegt und es gefällt mir sehr gut
_________________ ein teil neuestes Gedicht von mir:
Aus und Vorbei
Wie das Schiff im meer,
ist unsere liebe versunken
tief hinab, ins leere, schwarzes nichts
keine seele kann sie retten,
ich kann sie nicht finden
in dieses nichts. die sie mir
gestohlen hat. |
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Gast
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04.05.2008 15:56
von Gast
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Schon interessant. Als ich meine "Grünen Augen" schrieb, hätte ich nie gedacht, daß so etwas daraus werden könnte. Daran, daß das willenlose Folgen einen Mord hervorrufen könnte.
Ich finde es gut, wie Du das verarbeitet hast, auch wenn die Augen jetzt nicht mehr grün sind. Es ist interessant, wozu eine doch eher harmlose Geschichte andere in Gedanken inspiriert. Natürlich auch ausgehend von dem Jäger am Anfang, der die Brutalität vorgibt, die tanzende Frau in der Mitte ist ja sozusagen nur ein Aufatmen, und zum Schluß kehrt es wieder zum Tod zurück. Was wieder einmal ein Beweis dafür ist, wie verführerisch der Tod daherkommen kann.
Ich bin sehr beeindruckt.
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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04.05.2008 18:53
von Merlinor
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Hallo Angela
Ich hatte damals versucht, drei der Textchen zu der „3 Satz-Übung“ auf ihre „Essenz“ hin zu kondensieren.
Also eben keine „Geschichte“ mit möglichst langen „Schachtelsätzen“ aus den Themen zu machen, sondern sie so weit wie möglich zu reduzieren.
Dann lagen die Ergebnisse in einem Ordner und guckten mich vorwurfsvoll an.
Also habe ich die zugrunde liegenden Ideen zu einem Gedicht verwurstelt.
Na ja, eigentlich nur zwei davon, denn vom Text „Klausur“ war nur der Gedanke der „schmerzvollen Leere“ verwendbar.
(Eine Pausenglocke am Ende des Gedichts hätte ja schlecht gepasst ... )
Eigentlich wollte ich dieses Gedicht ja in der „Underground-Werkstatt“ posten, als Antwort auf eine dort geführte seltsame Diskussion.
Aber dann kam ich zum Ergebnis, dass „Underground“ nicht mein Thema ist.
Ich mag es einfach, Sachen auf ein Minimum zu reduzieren und dann mit ihnen zu spielen.
Herzlich
Merlinor
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Konklavius Gänsefüßchen
K Alter: 74 Beiträge: 17 Wohnort: 86971 Peiting
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K 04.05.2008 19:41 Finde es wirklich gut! von Konklavius
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Mal ganz im Ernst. Das ist gekonnt. Es haut rein kommt rüber.
Erinnert mich entfernt auch an den größten Franzosen nach Villon, nämlich Boris Vian.
Kann wirklich auch als eindrucksvolle Milieusituation gelesen werden.
Einfach grauslig gut. Wo bist denn in Bayern?
Konklavius
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Merlinor Art & Brain
Alter: 72 Beiträge: 8658 Wohnort: Bayern
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05.05.2008 00:12
von Merlinor
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Hallo Konklavius
Ups...
Danke, aber mit den grossen Franzosen solltest Du mich nicht vergleichen. Die haben schon Bessere als mich.
Hmm... wie Du dabei gerade auf Vian kommst? Ich kenne keine Gedichte von ihm, nur Prosa und Stücke. (Offensichtlich eine Bildungslücke meinerseits)
Aber die Sartre Generation hatte schon was. Ich mag allerdings auch sehr gerne die „alten“ Franzosen ...
„Nach Villon“? Dem mittelalterlichen Barden? Hab leider nie etwas von ihm gelesen ... und finde auch nicht, wen du sonst meinen könntest.
Wie auch immer: Da sehe ich schon wichtigere und größere Franzosen als diese Beiden.
Ich lebe in einem kleinen Dorf östlich von München, nahe Moosburg an der Isar.
Und danke für Dein Lob auf jeden Fall: Das geht natürlich runter wie Öl ...
Herzlich
Merlinor
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