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Dieses Werk wurde für den kleinen Literaten nominiert Graue Hüte


 
 
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Merlinor
Geschlecht:männlichArt & Brain

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Beiträge: 8666
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Beitrag22.04.2008 15:39
Graue Hüte
von Merlinor
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hier eine kleine Kurzgeschichte von mir. Ich hoffe, sie gefällt Euch.

Graue Hüte

Graue Hüte

Allmählich näherte Ron sich der kritischen Zone.
„Reklame aus!“ Entschlossen drückte er den Knopf, der die Beleuchtung des Taxischildes zum Erlöschen brachte.

Es war fast elf Uhr nachts, die Sperrstunde auf dem Münchner Oktoberfest nahte. Hunderttausend Betrunkene würden in wenigen Augenblicken nahezu zeitgleich ihren Heimweg antreten. Die allabendliche Stampede der Rauschkugeln stand unmittelbar bevor ...

Ron war ein erfahrener Taxler. Er vermied es generell, sich um diese Uhrzeit irgendwo an einem Standplatz nahe der  Wies'n aufzustellen. An jenen war man den Betrunkenen nahezu wehrlos ausgeliefert. Ron fand, dass er seinen Anteil an sabbernden Bierleichen über die Jahre ausgekostet hatte ...

Deshalb dunkelte er seine Reklame ab und drückte zur Sicherheit die Zentralverriegelung. Ab jetzt spielte Ron „besetztes Taxi“ und suchte sich im Schutz dieser Tarnung seine Fahrgäste selber aus.

Langsam schnürte er an das Gelände heran. Durch das halb geöffnete Fenster drang eine würzige Duftmischung aus gebrannter Mandel, türkischem Honig, Grillhendl und Steckerlfisch, unterlegt vom Gestank nach Urin und Erbrochenem.

Mit jedem zurückgelegten Meter wurde der Geruch intensiver und kündigte an, dass er nun gleich auf dem Schlachtfeld eintreffen würde.
Kurz darauf befand er sich auf der Anhöhe unweit der großen Statue der Bavaria, die das Wiesengeschehen überblickte. Diese Seite der Theresienwiese bevorzugte er bei Weitem.

Er wusste aus Erfahrung, dass Besucher, die es den Abhang zur Bavaria hinauf schafften, meist nicht völlig hoffnungslos mit Bier und Schnaps zugeschüttet waren. Das Spiel konnte beginnen ...
Wie war die Lage? Dichte Menschentrauben wohin er auch schaute und tatsächlich einige noch unbesetzte Taxen auf dem hintersten Standplatz. Ron grinste: Brav mit eingeschalteten Dachzeichen ... Wie die Schäfchen auf der Schlachtbank ... Unfassbar!

Er jedenfalls würde sich hüten. Langsam zog er an ihnen vorbei und pirschte in Richtung Messeplatz. Sein lauernder Blick durchforstete die zunehmend dichter werdende Menge nach geeigneten Kandidaten. 'Zu viele graue Hüte' befand er und verzog angewidert das Gesicht.

Wer so idiotisch war, sich einen dieser albernen Wies'n-Filzhüte aufzupflanzen, brauchte seiner Meinung nach vor allem Frischluft, aber ganz sicher kein Taxi.
Diese Leute hätten sich am besten gleich eine Inschrift auf die Stirn brennen können: „Wir sind jung und sturzbesoffen! Wir werden Radau machen und viel Spaß haben mit Dir!“ Es schüttelte ihn: Graue Hüte, nein Danke!

Dann entdeckte er ihn: Gerade Haltung, bayerische Tracht von Kopf bis Fuß, Lederhose, Trachtenjanker, Wadlstrümpfe und Haferlschuh ... und kein Schlenker beim Marschieren. Ron lächelte: Sein Fahrgast ...

Er fuhr das rechte Seitenfenster hinunter und rollte langsam neben den Mann. Der wirkte im ersten Moment etwas irritiert, erkannte dann jedoch schnell die Gelegenheit, beugte den Kopf ans Fenster und fragte: „ Bist Du frei?“

Ron nickte, hielt an und entriegelte die Tür. Der Mann stieg ein, schnallte sich an und Ron gab Gas. Keinen Augenblick zu spät, denn einige Passanten hatten mitbekommen, dass er gerade einen Fahrgast aufnahm und liefen bereits auf ihn zu.

„Bring mich nach Freimann", knurrte der Mann neben ihm. Ron hob die Augenbrauen. Kein Gruß? Kein 'Bitte' oder 'Danke'? Oha! Dann zuckte er resigniert die Achseln: So war es halt, das Wiesengeschäft.

Schlimmer war, dass es nach Norden ging. Er hatte auf eine Tour nach Süden oder Westen gehofft. Nach Norden bedeutete nämlich, dass er sich als Erstes einmal einen Weg durch die brodelnden Menschenmassen am Haupteingang erkämpfen musste.

Dort unten am Brausebad war Gewalt virulent. Dort tobte der Bär! Jahr für Jahr bezahlten Dutzende Taxen ihren Versuch, das Areal zu durchfahren, mit eingeschlagenen Fensterscheiben und zerbeulten Motorhauben ...

Also schloss er die Fenster und verriegelte die Türen. Hierfür erntete er sofort einen unwirschen Protest seines Fahrgastes: „Lass die Fenster offen, ich brauch' frische Luft!“

Ron deutete nach vorne auf die Menschenmenge und sagte ruhig: „Das geht nicht. Die werden uns stürmen, wenn hier alles offen ist ... Ich mach' wieder auf, wenn wir dort durch sind.“

Als Antwort lief das Gesicht des Mannes hochrot an. Dann brüllte er: „Du sollst das Fenster aufmachen du Arschloch, ich brauch' meine Luft!“

Es dauerte eine Sekunde, bis Ron diesen Ausruf verdaut hatte. Dann trat er kräftig auf die Bremse und der Wagen kam ruckartig zum Stehen. Das A-Wort war gefallen ...

Er wollte sichergehen, dass er sich nicht verhört hatte. Also fragte er nach: „Was haben sie da eben zu mir gesagt?“ Seine Stimme war kalt.

Der Mann sah ihm wutentbrannt in die Augen: „Du sollst das Fenster aufmachen Arschloch, und zwar schnell!“ Er legte dabei eine besondere Betonung auf das Wort 'Arschloch'.

Ron hatte schon manch heftige Diskussion mit Fahrgästen überstanden, vertrug also einiges. Aber wenn ein Fahrgast 'Arschloch' zu ihm sagte, überschritt er damit eine Grenze, die Ron vor Jahren einmal gesetzt hatte. Dieses Wort duldete er nicht! War das A-Wort einmal gefallen, erfolgte unausweichlich die Rückverwandlung des Fahrgastes in den Fußgänger. Dies war ehernes Prinzip. Hier kannte er keine Gnade.

Er sah den Mann an, deutete auf die Tür und sagte mit schneidender Stimme: „Raus! Die Fahrt endet hier!“

Er erntete einen höhnischen Blick: „Drohst Du mir, kleiner Wichser? Willst mich rausschmeißen? Du?“

„Verlassen Sie sofort meinen Wagen!“ Rons Tonfall war ruhig, aber sehr bestimmt. Er unterstrich seine Aufforderung mit einer knappen Handbewegung. „Abflug!“

Jetzt kam Leben in den Mann. Er richtete sich in seinem Sitz auf, drehte sich herum, ballte die rechte Faust und hielt sie Ron unter die Nase: „Halt die Fresse Arschloch! Gib Gas und bring mich nach Hause, sonst hau ich Dir aufs Maul!“ Eine deftige Alkoholfahne begleitete seine Worte.

Ron betrachtete zuerst die Faust vor seinen Augen und taxierte dann in Ruhe seinen Kontrahenten: Der Mann war groß und recht kräftig, die Hände knotig und das Gesicht wettergegerbt.
Ron schätzte ihn auf ungefähr vierzig Jahre. Die groben Poren auf der geröteten Nase verrieten den Gewohnheitstrinker. Der würde auch nach zehn Maß Bier noch schnurgerade laufen ...

Er seufzte und schüttelte unmerklich den Kopf. Donnerwetter! Da hatte er sich soviel Mühe gemacht, einen passablen Gast zu angeln und nun das.
Ein leiser Ärger begann sich in ihm zu regen: Der gute Mann wollte raufen?
Hmm ... Er, Ron, wollte eigentlich nicht raufen. Er hatte da eine viel bessere Idee ...

Also nickte er nur nachdenklich, sah dem Mann gerade in die Augen und meinte gedehnt: „Okay Meister, dann wollen wir mal ...“

Danach fuhr er alle Fensterscheiben herunter, entriegelte die Türen und gab Gas. Befriedigt ließ sein ahnungsloser Fahrgast sich daraufhin in den Sitz zurückfallen und blickte grimmig geradeaus. Die Faust hielt er weiterhin geballt ...

Je näher Ron dem Brausebad kam, desto dichter wurde die Menschenmenge und es ging nur noch im Schritttempo voran.  Bald drängten die Menschen Körper an Körper und Hunderte gieriger Blicke prüften, ob sein Taxi frei war.

Der Zeitpunkt  war gekommen! Ron blieb endgültig stehen. Mit kurzem Griff löste er den Gurt des Fahrgastes und warf ihn gegen die Autotür. Er hatte sich aufgerollt, ehe der Mann fähig war zu reagieren.

Dann deutete Ron mit wilden Gesten auf seinen Fahrgast und brüllte aus voller Lunge: „Der da macht Ärger! Wer ihn rausholt darf mitfahren!“

Es war ein Experiment ...
Das Ergebnis übertraf seine kühnsten Erwartungen: Nur Sekundenbruchteile nachdem er seinen Ausruf beendet hatte wurde die Beifahrertür aufgerissen und starke Fäuste packten den Mann. Sie rissen ihn hoch, drehten ihn mit dem Rücken zur Tür und zogen an.
Weitere Fäuste erschienen, ergriffen die Hüften und hoben sie hoch. Der Mann hing nun waagerecht in der Luft. Dann gab es einen kräftigen Ruck und der Körper schoss davon.

Das Letzte was Ron von seinem Fahrgast sah, waren die sich entfernenden schwarzen Schuhsohlen eines Paares bayerischer Haferlschuhe. Dann wurden auch diese von der lärmenden Menschenmenge verschluckt.

Wenige Augenblicke später flog die rechte Hintertür auf und drei kräftige junge Burschen drängelten herein. Ein Vierter schob sich durch die Vordertür und plumpste in den Beifahrersitz.
Die Burschen lachten aus vollem Halse, schlugen sich gegenseitig auf die Schultern und hampelten herum wie eine Bande junger Welpen. Alle vier hatten alberne graue Wies'n-Filzhüte auf dem Kopf.

Dann legte sich von hinten eine schwere Pranke auf Rons Schulter. Ein strahlendes Mondgesicht schob sich an sein Ohr und brüllte im Brustton der Überzeugung: „Du bist aber ein netter Taxifahrer!“

Ron strahlte zurück: „Wo soll's denn hingehen Jungs?“

„Zum Hauptbahnhof!", tönte es im Chor.

Ron nickte. Dann nahm er mit einer ruhigen Bewegung die Hand von seiner Schulter, fuhr die Fenster hoch, verriegelte die Türen und rollte vorsichtig an. Er war zufrieden: Während der ganzen Aktion hatte er noch nicht einmal seinen Sicherheitsgurt ablegen müssen.  Er fand graue Hüte plötzlich ausgesprochen praktisch ...

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Gast







Beitrag23.04.2008 12:17

von Gast
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Ah, da sind sie, die grauen Hüte auf dem Oktoberfest. Smile Bevor ich Deine Geschichte gelesen hatte, sind sie mir gar nicht so aufgefallen, obwohl es wirklich dort von ihnen wimmelt.

Rons Entwicklung vom Vermeider der grauen Hüte zum Nutzer ist wirklich gut geschildert. Man hat das Gefühl, er wird sich demnächst vielleicht auch einen kaufen. Wink Auf jeden Fall finde ich die Message des Textes gut, nämlich daß man nicht immer vom Äußeren auf die Sympathie schließen kann oder auch nur auf die Moral. Das schon mal gar nicht. Ist ein richtiger Aufruf zur Toleranz, Dein Text. Obwohl ich nicht glaube, daß Ron demnächst nur "graue Hüte" befördern wird. Als erfahrener Taxifahrer wird er wohl auch weiterhin versuchen, sich seine Gäste auszusuchen. Während des Oktoberfestes allerdings nicht betrunkene Fahrgäste zu bekommen, ist wohl aussichtslos.

Vielleicht sollten die Taxler mal anregen, daß jeder so einen "Alkoholmesser" zu tragen hat, wenn er ein Taxi will. Ab so und so viel Promille wird er nicht mehr mitgenommen. Wink

Liebe Grüße
Angela
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MosesBob
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Beitrag24.04.2008 14:45
Re: Graue Hüte
von MosesBob
Antworten mit Zitat

Hallo Merlinor!

Mir gefällt dein leichter Humor, und dein Schreibstil ist wunderbar einfach – keine Haken, keine Ösen, kein Grat, an dem man hängenbleibt. Die Geschichte lässt sich sehr flüssig lesen, und genau so soll es ja auch sein. Der Trumpf dieser Story ist der, dass man als Leser zu Beginn nicht weiß, worauf alles hinausläuft. Ich hätte mich auch mit der Rolle eines Schaulustigen begnügen können, der die Besoffenen beobachtet: Jeder, der sich schon mal zurückgezogen und Betrunkene beobachtet hat, anstatt tief in sich hineinzugrummeln, weil man selber nicht trinkt oder nicht trinken darf, weiß um den Reichtum an Blödsinnigkeiten und heiteren Intermezzi, der einem dann zu begegnen vermag. Es ist mal was anderes, als selber immer derjenige zu sein, der am Boden liegt und kaum noch geradeaus sprechen kann … aber ich komme vom Thema ab.

Obwohl ich noch nie auf der Wies´n war – noch nicht Laughing – erlaube ich mir zu sagen, dass du die Atmosphäre sehr gut eingefangen hast. Mit wenigen Worten viel erreicht. Ich hatte ein klares Bild vor Augen – ob es nun das Bild der Wies´n war oder das eines lokalen Schützenfestes, mag jemand anders beurteilen. Ich habe mich an dem Bild jedenfalls köstlich amüsiert.

„Es war ein Experiment …“ – die Stelle gefällt mir am besten. Ich hatte angenommen, dass Ron seinen bärbeißigen Gast unfreiwillig gegen eine Horde nicht minder unangenehmer Gäste eintauscht; Not gegen Elend sozusagen. So gesehen hast du ein versöhnliches Ende bevorzugt, wo ich nochmal einen obendrauf gesetzt hätte:

Zitat:
Ron strahlte zurück: „Wo soll's denn hingehen Jungs?“

„Zum Hauptbahnhof, du Arschloch!“ tönte es im Chor.


Warst du mal Taxifahrer?

Beste Grüße,

Martin


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P.D.
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Beitrag24.04.2008 15:04

von P.D.
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Schöne Geschichte. Ich musste richtig lachen. Ich hätte mir am Ende die selbe Pointe gewünscht, wie MosesBob schon schrieb. Ich habe dass regelrecht erwartet!


„Wo soll's denn hingehen Jungs?“

„Zum Hauptbahnhof, du Arschloch!“ tönte es im Chor.


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Albert Einstein
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yt
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Beitrag24.04.2008 15:07
Re: Graue Hüte
von yt
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MosesBob hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Ron strahlte zurück: „Wo soll's denn hingehen Jungs?“

„Zum Hauptbahnhof, du Arschloch!“ tönte es im Chor.


Warst du mal Taxifahrer?

Beste Grüße,

Martin


Ne, da muss ich mal heftigst widersprechen!
Das geht mal gar nicht. Wenn dann (ähnliches wie):

Zitat:
Ron strahlte zurück: „Wo soll's denn hingehen Jungs?“

„Das Arschloch will zum Hauptbahnhof“, platzt es aus dem Beifahrer heraus
und deutet dabei auf seinen klobigen Kollegen der dabei ist sich in den Aschenbecher zu übergeben.


Also eigentlich sollten sie denn doch schon recht nett sein,
damit die Geschichte noch funktioniert,
und zu Fremden sagt man nicht Arschloch, auch nicht nach 3 Maß.

Mit netten Grüßen,
yt
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P.D.
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Beitrag24.04.2008 15:13

von P.D.
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Warum sollen die nett sein? Die neuen Mitfahrer und der Taxifahrer haben doch nur die Not zur Tugend gemacht. Die Neuen können genauso Arschlöcher sein...  Laughing

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Gast







Beitrag24.04.2008 15:32

von Gast
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Dann wäre es aber eine recht banale Geschichte und nicht mehr nett. Gerade daß die Geschichte eben so sympathisch endet, ist ja das schöne an ihr. Gruselige Enden gibt es genug, aber mal zu sagen, daß es auch nette Menschen gibt, zumindest zeitweise Wink , das ist ja fast schon verboten. Nein, sympathische Menschen sind mir als Protagonisten erheblich lieber. Unangenehme Menschen gibt es in der Realität schon genug.

Aber ich glaube sowieso nicht, daß Du die Geschichte in dieser Hinsicht ändern wirst, Merlinor, oder? Wink
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yt
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Beitrag24.04.2008 15:32

von yt
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P.D. hat Folgendes geschrieben:
Warum sollen die nett sein? Die neuen Mitfahrer und der Taxifahrer haben doch nur die Not zur Tugend gemacht. Die Neuen können genauso Arschlöcher sein...  Laughing


Nu versau mal einem fiktivem Taxifahrer nicht seine hypothetische Fahrt am Oktoberfest, wo er doch grad erst ein erdachtes Sackgesicht losgeworden ist. Wie kann man sich nur solche gemeinheiten ausdenken.


Mit gespielter Empörung,
yt
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P.D.
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Beitrag24.04.2008 15:39

von P.D.
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Shocked Bin geschockt ... auch wenn ich ein Schreiberassi bin.

P.D.  Laughing



P.S. Richtig guter Humor muss gemein sein!  Cool


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Merlinor
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Beitrag24.04.2008 23:45

von Merlinor
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Hallo Ihr

Zuerst einmal vielen herzlichen Dank für Eure Kommentare.
Hmm... Als ich das von MosesBob vorgeschlagene Ende las, musste ich mich erstmal kringeln vor Lachen. Stimmt, das wäre ein Brüller ... Auf die Idee war ich überhaupt nicht gekommen.

Allerdings werde ich es bei dem versöhnlichen Ende belassen: Ich mag eigentlich recht gerne Geschichten, die einen „guten“ Ausgang nehmen. Na ja, ganz gut eben auch wieder nicht, denn in der Haut des ach so siegessicheren Fahrgasts möchte ich nicht stecken. Muss eine böse Überraschung gewesen sein ... Und es ist mir schon wichtig zu zeigen, dass der abgebrühte Ron selbst voller Vorurteile steckt – eben gegen Träger von albernen grauen Wiesenhüten. Vorurteile, die sich so nicht halten lassen, wie die jungen Burschen beweisen. Deswegen scheint mir dieses Ende stimmiger.

MosesBob hat Folgendes geschrieben:
Mir gefällt dein leichter Humor, und dein Schreibstil ist wunderbar einfach – keine Haken, keine Ösen, kein Grat, an dem man hängenbleibt.


Über diese Aussage freue ich mich ganz besonders: Ich hatte eine alte Version des Textes bereits einmal in einem anderen Forum gepostet. In der hier vorliegenden Version habe ich versucht, all die Anregungen einzuarbeiten, die ich dort bekommen hatte. Ergebnis: Der jetzige Text ist um fast 500 Worte kürzer und auch so einiges Andere habe ich geglättet und überarbeitet.
Da freut es mich natürlich zu hören, dass meine Schreibe nun einigermaßen flüssig zu lesen ist. Man selbst hat diesbezüglich ja nicht den rechten Abstand. Für mich holpert immer jeder Satz, den ich zu Papier bringe.

Aber Zuspruch ist nicht alles: Die Anmerkungen damals haben mir sehr dabei geholfen, den Text zu schleifen und deswegen poste ich nun die verbesserte Version. Seid kritisch und sagt mir, was ich noch verbessern könnte! Wo sind Längen oder Unschärfen? Hakt der Plot? MosesBob hat gesagt, er könne die Stimmung nachvollziehen. Es freut mich, wenn mir mit wenigen Worten gelungen ist, die rüberzubringen.
Aber vielleicht findet Ihr ja noch das Eine oder Andere ...

Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor
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MosesBob
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Beiträge: 18339

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Beitrag25.04.2008 06:58

von MosesBob
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Moin-Moin!

Merlinor hat Folgendes geschrieben:
Seid kritisch und sagt mir, was ich noch verbessern könnte! Wo sind Längen oder Unschärfen? Hakt der Plot? MosesBob hat gesagt, er könne die Stimmung nachvollziehen. Es freut mich, wenn mir mit wenigen Worten gelungen ist, die rüberzubringen.
Aber vielleicht findet Ihr ja noch das Eine oder Andere ...

Ansonsten bin ich ja nicht gerade zimperlich, aber hier finde ich wirklich nichts. Allerdings hast du mich jetzt neugierig gemacht ... poste doch mal die alte Version! Laughing

Beste Grüße über den dampfenden Kaffeebecherrand hinweg,

Martin


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Epos65
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Beitrag25.04.2008 13:26

von Epos65
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Hallo Melinor!

Unfassbar, wie du aus einer nichtssagenden Angelegenheit, wie einer Taxifahrt, eine spannende Geschichte zauberst!
Du läßt uns in die Gedanken deines Protagonisten schauen und entwirfst vor uns eine aufregende Welt, in der alles mögliche passieren kann, wenn man die falsche Entscheidung trifft.
Der Dialog in deiner KG ist stimmig und beleuchtet die Charaktere deiner Hauptfiguren, ohne dass du in langamtiges Erklären verfallen musst.

Alles Liebe
Tina


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Übertreibung ist der Übergang vom Leben zur Kunst.
G.K. Chesterton
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silvie111
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Wohnort: Tübingen


Beitrag25.04.2008 14:40

von silvie111
Antworten mit Zitat

Hallo Merlinor,

deine Schreibe lässt sich flüssig lesen, sie gefällt mir. Ein sehr schöner Lesefluss. Angenehm. Dafür ein Kompliment.
Jetzt zu ein paar Details:

Zitat:
Die allabendliche Stampede der Rauschkugeln

"Stampede" gefällt mir gut! "Rauschkugeln" weniger. Sind denn alle so fett, dass sie Kugeln wären?

Zitat:
Langsam schnürte er an das Gelände heran

"schnürte" passt nicht

Zitat:
mit eingeschalteten Dachzeichen

da komm ich beim Lesefluss ein wenig raus

Folgende Pünktchen find ich teils nicht so gut, teils überflüssig:

Zitat:
... Wie die Schäfchen auf der Schlachtbank ... Unfassbar!

Ron lächelte: Sein Fahrgast ...

Fensterscheiben und zerbeulten Motorhauben ...

wenn hier alles offen ist ...

Das A-Wort war gefallen ...

zehn Maß Bier noch schnurgerade laufen ...

Die Faust hielt er weiterhin geballt ...

Es war ein Experiment ...

graue Hüte plötzlich ausgesprochen praktisch...


Wenn du sie wegmachst, bekommt die Gechichte mehr Prägnanz.

Zitat:
wenn hier alles offen ist ... Ich mach' wieder auf, wenn wir dort durch sind.“

2 X eine Form von "sein" liest sich nicht so schön

Zitat:
kam ruckartig zum stehen.

zum Stehen

Zitat:
Was haben sie da

Sie

Zitat:
aufmachen Arschloch

aufmachen, Arschloch

Zitat:
Halt die Fresse Arschloch

Fresse, Arschloch

Zitat:
und nun das.

und nun das!

Zitat:
Mit kurzem Griff löste er den Gurt des Fahrgastes und warf ihn gegen die Autotür.

ich dachte immer, der Fahrgast sitzt hinten?
Zitat:

ergriffen die Hüften

welche Hüften? Das "die" würd ich etwas präzisieren oder umschreiben

Zitat:
Das letzte was Ron

letzte, was

LG,

silvie


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Wer ein langes Buch schreibt, hatte keine Zeit ein kurzes zu schreiben
(Die Stadt der träumenden Bücher)
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sleepless_lives
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Beitrag25.04.2008 15:29
Re: Graue Hüte
von sleepless_lives
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Hallo Merlinor,
MosesBob hat Folgendes geschrieben:

Zitat:
Ron strahlte zurück: „Wo soll's denn hingehen Jungs?“
„Zum Hauptbahnhof, du Arschloch!“ tönte es im Chor.



ich würde mir das Ende wie es MosesBob vorgeschlagen hat, ernsthaft überlegen (wenn er dir vorher versichert, dich nicht wegen Urheberrechtsverletzung zu verklagen  Wink ). Ich hatte beim ersten Lesen vor ein paar Wochen auch schon angenommen, dass der Taxler vom Regen in die Traufe kommt und sah mich schon bestätigt, als die ultrakurze Fahrt zum Hauptbahnhof gewünscht wurde. Da steht er ja sofort wieder an der Wiesn.

Ich versteh, worauf du mit der Geschichte hinaus willst, aber das bleibt mit dem 'negativen' Ende erhalten. Man sollte nicht nach dem Aussehen urteilen (obwohl das ja im Fall der grauen Hüte sehr limitiert ist, weil es eigentlich mehr Verhalten ist als Aussehen). Aber man sollte auch nicht nach dem Verhalten urteilen, ohne es genauer unter die Lupe zu nehmen. Und die Burschen hatten ja nicht, die Absicht dem Taxifahrer zu helfen, sondern nur ein Taxi zu kriegen. Die hätten wahrscheinlich auch ein altes Mütterchen aus dem Taxi geholt, wenn der Taxler sie los werden wollte, da sie nur bis zur Hackerbrücke gefahren zu werden wünscht. Insofern passt MosesBobs Ende sehr schön.

Ach ja, noch was, bei allem Mitleid für die Taxler, auf der anderen Seite kann man als Taxler wirklich gut Kohle machen während der Wiesn, wenn man es richtig anstellt, laut Auskunft eines Freundes von mir, der da Künstler, sehr viel Taxifahrer gefahren ist.

Grüße,

- sleepless_lives


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Es sollte endlich Klarheit darüber bestehen, dass es uns nicht zukommt, Wirklichkeit zu liefern, sondern Anspielungen auf ein Denkbares zu erfinden, das nicht dargestellt werden kann. (Jean-François Lyotard)

If you had a million Shakespeares, could they write like a monkey? (Steven Wright)
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Merlinor
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Beitrag25.04.2008 20:32

von Merlinor
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Hallo Ihr alle

Vielen herzlichen Dank für Eure Kommentare.   smile extra


MosesBob: Wenn Du nichts auszusetzen findest, dann geht mir das natürlich runter wie Öl.

Den ganzen alten Text möchte ich hier nicht einstellen. Das wäre etwas viel. Ich zeige Dir an Hand einiger Beispiele, welcher Art die Korrekturen waren. Zuerst einmal hatte ich einiges zu ausführlich und langatmig beschrieben. Ein besonders drastisches Beispiel findet sich hier:

Alter Text hat Folgendes geschrieben:
Er seufzte und schüttelte unmerklich den Kopf. Donnerwetter! Da hatte er sich soviel Mühe gemacht, einen passablen Gast zu angeln und nun das! Ein leiser Ärger begann sich in ihm zu regen.
Ron führte in seinem Taxi schon lange keine Waffe mehr mit sich – kein Tränengas, keinen Elektroschocker und keinen Schlagstock. Waffen, so hatte er einmal herausgefunden, gewährten eine trügerische Sicherheit. Sie verleiteten zu Leichtsinn und verhinderten so, dass man einer kritischen Situation klaren Geistes begegnete.
Er hatte andere Optionen: Er konnte beispielsweise versuchen, mit dem Mann zu reden. Doch diese Möglichkeit verwarf er sofort: Zuviel Alkohol leuchtete aus den Augen seines Gegenübers. In dieses dumpfe Hirn war kein Verstand zu bringen.
Er konnte auch über Funk Kollegen um Beistand bitten. Dafür aber erschien ihm die Situation längst nicht dramatisch genug.
Oder er konnte in Ruhe den Zündschlüssel abziehen, aussteigen, um den Wagen gehen, den Mann am Kragen packen und ihn herauszerren.
Dies funktionierte in aller Regel recht gut. Der Mann fühlte sich nur stark, solange er sich auf gleicher Augenhöhe mit ihm befand. Diese Selbstsicherheit würde aber dramatisch leiden, sobald er sich, sitzend und durch das Fahrzeug eingeengt, plötzlich einem entschlossenen Gegner gegenübersah, der von oben auf ihn herabblickte.
Allerdings würde dieser hier kämpfen. Dessen war Ron sich sicher. Er konnte ihn zwar herausbekommen, würde sich dabei aber vermutlich ein paar Beulen einfangen. Auf Beulen hatte er  aber keine rechte Lust. Nein, auf ein Räufchen würde er sich diesmal nicht einlassen! Er hatte eine viel bessere Idee...
Also nickte er nur nachdenklich, sah dem Mann gerade in die Augen und meinte gedehnt: „Okay Meister, dann wollen wir mal...“


Kannst Dir ja vorstellen, warum ich das gestrichen habe. Das sind halt einfach nur überflüssige Überlegungen und Beschreibungen, welche die Geschichte überhaupt nicht voranbringen.

Anderes war einfach umständlich Formuliert:

Alter Text hat Folgendes geschrieben:
„Reklame aus!“ ermahnte er sich selbst und drückte entschlossen den Knopf, der die Beleuchtung des Taxischildes auf dem Dach seines Wagens zum Erlöschen brachte.


Jetzt: „Reklame aus!“ Entschlossen drückte er den Knopf, der die Beleuchtung des Taxischildes zum Erlöschen brachte. Kürzer ist manchmal besser, denke ich.

Oder solche Kleinigkeiten:

Alter Text hat Folgendes geschrieben:
Ron nickte, hielt an und entriegelte die Tür. Kurz darauf saß der Mann angeschnallt neben ihm auf dem Beifahrersitz und er gab Gas. Keinen Augenblick zu spät, denn einige Passanten hatten mitbekommen, dass er gerade einen Fahrgast aufnahm und liefen bereits auf ihn zu.


Jetzt: Ron nickte, hielt an und entriegelte die Tür. Der Mann stieg ein, schnallte sich an und Ron gab Gas. Keinen Augenblick zu spät, ...

Auf diese Art habe ich nahezu 500 überflüssige Worte weggebraten. Ich selbst finde mittlerweile auch nichts mehr, was ich noch verändern wollte. Aber bekanntlich sehen unbefangene fremde Augen meistens mehr.

Ach, zu Deiner Frage: Ja, ich habe ein Taxi. Allerdings weiß ich nicht, wie lange noch. Der wirtschaftliche Aufschwung, von dem ich täglich in der Zeitung lese, fährt leider nicht mit mir. Den hätte ich gerne als Stammkunden ...


Epos65: Hmm... habe ich da gerade etwas von „Lob, das runter geht wie Öl“ geschrieben. Danke Tina. Kann gar nicht genug davon kriegen ...  angel


silvie111: Tausend Dank für Deine gründliche Durchsicht des Textes. Da laust mich doch der Affe ... Ich hatte gedacht, ich hätte den Text gründlich überarbeitet und Du zeigst mir Komma- und Rechtschreibfehler am laufenden Band. *schäm*  Embarassed

Ja, das Wort „Rauschkugeln“ ist wohl nicht ganz glücklich gewählt. Er „schnürt“ habe ich gewählt, um ihn mit einem pirschenden Fuchs zu vergleichen. Hmm... dachte, das geht so.

Die „eingeschalteten Dachzeichen“ machen den Unterschied zu Ron aus: Ron versucht, nicht auf sich aufmerksam zu machen, damit er sich seine Fahrgäste selbst aussuchen kann. Die armen „Schäfchen“ stellen sich auf einen Standplatz direkt neben der Wies'n und machen mit dem Licht ihrer Dachzeichen auch noch auf sich aufmerksam. Also können sie von jedem beliebigen Betrunkenen geentert werden.

Ja, die Pünktchen ... Ist wohl eine Sucht von mir. Muss mir das mal abgewöhnen. Ist aber gar nicht einfach ...

Nein, Fahrgäste in deutschen Taxis sitzen mal vorne, mal hinten, ganz nach Belieben. Im „Stadtgeschäft“ setzen sie sich üblicherweise nach vorne. Geschäftsleute am Flughafen bevorzugen es, hinten zu sitzen.

seine Hüften“ wäre besser, ja.


sleepless_lives: Ich weiß, dieses Ende ist verführerisch, zumal es ja kein Ende ist. Jetzt wäre Ron nämlich in der Pflicht, auch diese vier Burschen aus dem Wagen zu befördern. Wie gesagt: War das A-Wort einmal gefallen, gab es für ihn kein Zurück. Dies war sein ehernes Prinzip.

Nein, irgend etwas stemmt sich in mir dagegen, es darauf hinauslaufen zu lassen.
Und ja, man kann während der Wies'n als Taxler gut verdienen. Aber es ist brutal ...


Nochmal vielen Dank für Eure Mühe ...

Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor
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MosesBob
Geschlecht:männlichGehirn²

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Beitrag26.04.2008 06:48

von MosesBob
Antworten mit Zitat

Moinsen!

Heidewitzka, da hat sich von Damals zu Heute aber ganz schön was geändert. Unkomplizierter, freier und unbeschwerter schreibst du jetzt. „Reklame aus!“ ermahnte er sich selbst und drückte entschlossen den Knopf, der die Beleuchtung des Taxischildes auf dem Dach seines Wagens zum Erlöschen brachte. - Allein, was du aus diesem Satz gemacht hast, zeigt, dass es sich lohnt, mit der Heckenschere und einem vollendenden Skalpellschnitt chirurgische Eingriffe vorzunehmen. Durch die Kompression auf das Wesentliche geht dem Satz nicht das Geringste verloren, ganz im Gegenteil.

Merlinor hat Folgendes geschrieben:
Er konnte auch über Funk Kollegen um Beistand bitten.

Interessehalber: Du als alter Taxifahrer - habt ihr einen "Kodex", mit dem ihr untereinander um Beistand bittet? Ich meine, wenn ein potentieller Prügelknabe direkt neben dir sitzt, wirst du ja nicht offen um Beistand ersuchen können.

Beste Grüße,

Martin


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(Laotse)
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wysiwyg
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Beitrag26.04.2008 10:18

von wysiwyg
Antworten mit Zitat

Lieber Merlinor,

ich habe Deine Geschichte schon vor einigen Tagen gelesen und diese war mit ein Grund warum ich dringend hier was sagen wollte.

Waren diese Mitfahrer eine reale Sache? Aber ich würde fast wetten. Der Rest Deines Textes erweckt unser überschaubares, körperflüssigkeitenstarkes Fest zu Früh *angst*

Ein Taxler hatte mir an anderer Stelle ganz ähnliche Geschichten erzählt; erst war ich etwas beleidigt, weil ich vor einigen Jahren auswärtigen Wiesn-Besuch hatte, der zwar ohne Hüte aber im Trupp und schwer wankend ein Taxi benötigt hatte - und natürlich keines gekriegt hat. Mein Verständnis für Euch Fahrer ist aber ebenso stark ausgeprägt.

Ein Glück, dass ich direkt an der Wiesn wohne. (Wobei Glück? über diesen Umstand könnte ich auch eine widerwärtige, haarsträubende Beschreibung liefern.)

Klar und flüssig und mit gesundem Humor. Und nicht nur weil ich befangen bin. Und ein anderes Ende hätte ich nicht gewollt. Auch wenn mir das A-Wort am Ende noch mal gefallen hätte - ich hätte es nicht 'verkraftet' wenn diese Jungs Dein Taxi hätten verlassen müssen. In aller Konsequenz und Gerechtigkeit.

wysiwyg


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Mahri Frabo
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M

Alter: 65
Beiträge: 2
Wohnort: Münsterland


M
Beitrag26.04.2008 10:23

von Mahri Frabo
Antworten mit Zitat

Hallo,
meine erster gelesener Text in DSFo, mein erster "Verriss"!
Gute Situationskomik, treffend beschrieben. Ein großer Teil der Methaphern hat mir gut gefallen, "Rauschkugeln" und "schnürte" wären dann die Ausnahmen von dieser Regel.
Ich habe mich gut unterhalten gefühlt.  Laughing
LG Mahri


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Epos65
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Alter: 58
Beiträge: 62
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Beitrag26.04.2008 11:09

von Epos65
Antworten mit Zitat

Sehr verehrter Hoher Rat, verehrte Geschworene, liebe anwesende Abstinenzler und Promilleverehrer!

Ich, aufgerufen, um der hier angeklagten Rauschkugel den gerichtlichen Beistand zu geben, bitte um ihr Gehör:

Es geht, wie klar aus der Anklage hervorgeht um den "Betrunkener Mensch - humanus saufius"

Meist etwas rundlich - der Bierbauch gibt ihm diese Form und daher die Bezeichnung Rauschkugel.

Treibt sich gerne in Kneipen herum, welche aus Sicherheitsgründen zwischen Türe und Strasse max. 1 Stufe haben. Kommuniziert gerne mit Straßenlaternen, Kanaldeckeln oder Hydranten auf dem vermeintlichen Heimweg von oben beschriebener Lokalität.

Seine musikalische Begabung entfaltet sich aus der Magengrube über die Speiseröhre, durch freilassen von Lufteinschlüssen (rülpsen). Dank mangelnder Traktionsfähigkeit, kann es passieren, dass er kugelt. Kugeln kommt übrigens aus der Südkoreanischen Übersetzung für Fortbewegung des Ochsen und Rausch kommt vom Oktoberfest. Das Oktoberfest ist ein Brauch, der von den älteren Weißrussen überliefert wurde und steht daher in direkter Verbindung zur Rauschkugel und somit wiederum zum Ochsen.

An dieser Stelle müssen auch die Alpen erwähnt werden, da eine Kugel bekanntlich nur Talwärts rollen kann. Rauschkugeln treiben sich also auch in Almhütten herum, dadurch kommt eine indirekte Verbindung zwischen Almhütten und Oktoberfest zustande. Die Rauschkugel ist der Schnapsdrossel ähnlich.

Nach dieser langatmigen Erklärung bitte ich sie, den Angeklagten freizusprechen, damit er in Ruhe in Merlinors Geschichte weiter kugeln kann und nicht durch Löschen im Cyberspace auf ewig verloren geht!

Ein letzter Aufruf! Gnade für bayrische Ausdrücke! Bayrische Schreiber vereinigt euch!

Vielen Dank, für ihre Aufmerksamkeit und ich bitte um ein wohlwollendes Urteil, Eurer Gnaden!


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Fahrender Gaukler
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Beitrag26.04.2008 14:07

von Fahrender Gaukler
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So, hallo Merlinor.

Ich kann eigentlich nur wiederholen, was andere bereits gesagt haben. Es liest sich angenehm flüssig und schafft es, mir detaillierte Bilder in den Kopf zu pflanzen. Mag zum Teil aber auch daran liegen, dass meine Familie ein Taxiunternehmen besitzt, daher sind mir derlei Geschichten durchaus bekannt. Wink

Aber trotzdem, oder vielleicht auch gerade deshalb, hätte ich das Ende, das  MosesBob vorgeschlagen hat, ebenfalls besser gefunden. Da steckt mehr Witz dahinter und die Moral von der G'schicht wäre nicht verloren gegangen.

Ich persönlich stehe eigentlich eher kritisch zu Kürzungen von Textstellen, die die Geschichte nicht vorantreiben, denn zu 99,9% sind sie zumindest der Atmosphäre dienlich. In diesem Fall aber, bei einer Kurzgeschichte, war deine Entscheidung goldrichtig.

Alles in allem eine klasse Geschichte, hat Spaß gemacht. smile


Gruß,

~~Der Gaukler


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Merlinor
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Beitrag26.04.2008 19:38

von Merlinor
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo Ihr alle

Nochmals vielen herzlichen Dank für Eure Anmerkungen.

MosesBob: Ja, abspecken und auf den Punkt bringen hatte der Text dringend nötig. Deswegen war ich auch sehr dankbar, darauf hingewiesen worden zu sein. Ich neige nämlich dazu, sehr ausführlich zu beschreiben, was für eine Kurzgeschichte eher nicht förderlich ist.

Zu Deiner Frage nach dem Funk: Wenn eine akute Bedrohungssituation besteht, dann ist es eher besser, den Hilferuf an die Kollegen offen abzusetzen. In manchen Fällen schreckt das einen Gewalttäter ab. Allerdings ist der Taxler in solchen Situationen doch immer zuerst einmal auf sich selbst gestellt. Zumindest bis die Kollegen eintreffen, muss er die Krise selbst händeln. Ein erfahrener Taxler benötigt diesen Ruf deshalb eigentlich kaum.

Es gibt auch eine codierte Form: Mittels dieser macht man die Zentrale diskret darauf aufmerksam, dass man einen Fahrgast aufgenommen hat, den man für potentiell gefährlich hält. In diesem Fall erkundigt sich die Zentrale dann ebenfalls diskret, aber wiederholt, bei dem betroffenen Fahrer nach dessen jeweiligen Standort und sorgt gegebenenfalls dafür, dass unbesetzte Kollegen dessen Wagen diskret im Auge behalten, um nötigenfalls eingreifen zu können. Aber auch hier gilt: letztlich muss immer zuerst der betroffene Fahrer alleine mit der Situation klarkommen.


Wysiwyg: Na, wenn Du direkt neben der Wies'n lebst, kennst Du den Rummel ja zur Genüge. Dann weißt Du sicher auch, dass direkt nach Wiesenschluss oftmals einfach zu wenig Taxis zur Verfügung stehen. Kein Wunder wenn plötzlich zigtausende Menschen, ob betrunken oder nicht, gleichzeitig ein Taxi haben wollen. Und natürlich kein Wunder, wenn erfahrene Taxler dann versuchen, sich eventuellen Ärger möglichst zu ersparen.


MahriFrabo: Lob geht bei mir bekanntlich runter wie Öl.   angel  Danke  angel dafür


Epos65: Nach dieser eloquenten Verteidigung bleibt mir gar nichts anderes übrig, als die „Rauschkugel“ zum festen Bestandteil des Textes zu machen, ob sie nun gefällt oder nicht.
Es lebe die „Rauschkugel“! Ist doch eh ein viel liebenwerteres Wort als etwa „Betrunkener“ oder „Suffkopf“.

Dein Text ist phantastisch. Noch zwei, drei Rahmensätzchen, und Du hast eine ganz eigenständige kleine Satire.   Buch   Wirklich lustig: Gratuliere! Unbedingt behalten ...


Fahrender Gaukler: Wenn Du aus einer Taxi-Familie kommst, dann kennst Du derartige Storys ja.  Freut mich sehr, dass auch Dir die Geschichte gefallen hat.   smile  Ja, das Ende: Aber überleg mal, was passieren würde, wenn Ron die vier jetzt auch gleich wieder rausschmeißen müsste. Sicher, es ist ein Brüller ...

Na ja, und bei Kurzgeschichten liegt die Würze halt in der Kürze. Bei meiner oftmals viel zu ausladenden Art, zu schreiben, musste ich einfach hart zulangen und kürzen, kürzen, kürzen ...


Herzlich  Very Happy  Very Happy  Very Happy

Merlinor
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Fahrender Gaukler
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Beitrag26.04.2008 19:43

von Fahrender Gaukler
Antworten mit Zitat

Och, so weit müsstest du die Situation gar nicht aufklären.

"Zum Hauptbahnhof, du Arschloch!" und Ende. Wie's ab da weiter geht, kann man ruhig der Fantasie des Lesers überlassen. Aber wenn du's partout nicht ändern willst, ist das auch in Ordnung, und schmälert den Humor der Geschichte auch nicht.


Gruß,

~~Der Gaukler


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