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teccla Leseratte
Alter: 66 Beiträge: 160 Wohnort: Costa Blanca
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11.04.2008 19:13 Teil 18 Georgina von teccla
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Mahajanga
Es war Februar 2003. Diese Tage verbrachten wir weiterhin vorzugsweise beim Zoll, auf den Ämtern wegen der nächsten Visumverlängerung, auf der Suche nach einem "Fred", der die Firma gründen sollte.
Und du kannst dir vorstellen, wie es ist: Bei all dem Stress, Nervenbelastung, Druck und Panik, musste ich aufpassen, was ich sage, damit es keinen Stress mit dem Partner gab. Ich ging auf Glas.
Jan war nett zu mir. Doch das war er. Er machte morgens Kaffee. Das musste als Gemeinsamkeit reichen. Unternehmungen, Gespräche, Träume und Lachen fielen aus.
Ich war unzufrieden mit der Situation, mit der Beziehung. Mir fiel keine Lösung ein. Aufgeben wollte ich nicht. Und alle Wünsche vertagte ich auf später.
Ich sah mich selbst funktionieren, Dinge tun, die getan werden mussten und hatte den Wunsch, dass jemand das Licht anmachte, damit ich einen Ausweg sehen konnte.
Nun schwächelte Jan mit Fieberschüben, verweigerte aber den Arzt.
“Jan, bleib liegen, ich mache die Ämtergänge mit Rondro allein. Du hast Fieber. Ich werde nachher die Ärztin rufen.“
“Nein, ich will keinen Arzt.“
“Warum nicht? Sie hat mir auch geholfen.“
“Ach die verschreibt mir Bananen.“
“Nur weil sie zu mir meinte, ich soll verstärkt Bananen essen? Das ist jetzt nicht dein Ernst!“
“Nein, ich will keinen Arzt. Lass mich einfach hier liegen. Ich muss nur schlafen. Hast du was gegen Kopfschmerzen?“
“Ich schau mal nach, ich müsste auch noch was gegen Fieber haben.“
Die Reiseapotheke war ausreichend und brachte ihn wieder auf die Beine.
Gunter war aus Tana zurück. Er spielte nun wieder den "Auskenner".
Täglich saß er im „Tobani“, einem Straßenlokal, in dem viele Mädchen vom horizontalen Gewerbe verkehrten oder er zog mit Jan durch die Stadt.
Jan und ich waren nur noch getrennt unterwegs.
Eines Abends redete er von Beziehung, aber das waren nur Worte. Plötzlich platzte alles aus mir heraus, als hätte er ein Ventil geöffnet. Ich war außer mir.
“Sag mal, was bin ich für dich? Deine Mutter? Kann mich kümmern, wenn du krank bist, kann mich um deine Klamotten kümmern. Ich kann mich um den Zoll und den ganzen Papierkram kümmern, aber für alles steh ich allein da. Du bist ja mit Gunter unterwegs. Hast du mal gefragt, was ich den ganzen Tag mache? Hast du mal gefragt, ob ich schon was gegessen habe? Ob ich zufrieden bin? Ob ich dich vermisse? Hast du dir mal überlegt, was hier mit uns passiert? Was bin ich für dich? Das fünfte Rad am Wagen? Dein Versorgungszentrum? Was in aller Welt bin ich für dich?“ Erschrocken sah er mich an “Darüber muss ich nachdenken.“
“Ja, das mach mal!“
Er ging ins Bett. Ich saß auf der Terrasse auf einem Holzstuhl und bejammerte mich selbst. Die milde Wärme der Nacht, die greifbare Milchstrasse am Himmel und das Flüstern der Palmen konnte ich nicht sehen. Ich hatte an diesem Abend keinen Blick für die Schönheit des Augenblicks.
Sonnenuntergang, 50 m vom Haus entfernt
Letztendlich war ich allein. Liebe, Sex und Zärtlichkeit lagen seit unserer Abreise aus Deutschland im Tiefkühlfach. Ich wusste nicht mehr, wer dieser Mensch an meiner Seite war.
Was sollte ich tun?
Zurück nach Deutschland?
Allein in Madagaskar bleiben?
Gunter vergiften?
Jan gefangen nehmen und unter Drogen setzen? Ihn zu einem Optiker schleppen, damit er den Durchblick bekamt?
Zu einem Voodoo-Mann gehen und ihn verzaubern lassen?
Oder einfach kiffen und zugucken?
Alles keine wirklichen Lösungen. Ich beschloss, mich nicht von meinem Ziel abbringen zu lassen. Ich vertraute darauf, dass alles seinen Sinn hatte.
Am nächsten Tag sagte er zu mir „Ich hab´s mir überlegt.“
“Was hast du dir überlegt?“
“Was du für mich bist.“
“Und?“ fragte ich gereizt.
“Meine große Liebe.“
Ungläubig sah ich ihn an. Nein, das glaubte ich nicht.
...und immer wieder gab es Streit.
Unser Haus 2003
Ich kämpfte um jede Minute, um mit ihm zusammen zu sein. Doch diese Minuten waren gezählt und nicht wirklich privat. Es ging entweder um Probleme oder um Gunter, was ja eigentlich das Gleiche war.
In Deutschland, unter normalen Umständen, hätte ich diese Beziehung längst beendet. Aber nun sah ich mich gefangen und verstrickt. Hielt an der Vorstellung fest, dass wir zusammen ein Geschäft gründen und zusammen diesen Traum leben werden. Auch fühlte ich mich verantwortlich für ihn. Ich liebte ihn und sehnte mich. Doch dieses Gefühl tat weh, also wurde es in eine Kiste eingesperrt und verborgen.
Ich fand keinen Weg aus dieser Situation. Flüchtete in Arbeit und immer wieder ans Meer. So vergingen die Tage, die so viel Kraft zehrten.
Als ich eines Tages mit Rondro nach hause kam, sah ich von Weitem schon den Makler mit einer Frau warten. Er fragte, ob ich schon jemanden hätte, der das Haus putzt und die Wäsche sauber hält.
Nein, hatte ich nicht.
Er stellte mir Georgina vor, sie war etwas älter, hatte wenige Zähne, aber einen Goldzahn.
Sie würde gern für uns arbeiten. Sie hatte vier Kinder und nach einigen Minuten Beratung wurde sie eingestellt. Von Torsten wusste ich, wie viel ungefähr eine Hausangestellte verdiente. Wir einigten uns und ich hatte nun eine Putzfrau. Georgina sprach nur madagassisch. Wir verstanden uns mit Händen und Füßen.
Sie bekam von uns 250.000 FMG im Monat, das waren damals etwas mehr als 35 Euro. Zu dieser Zeit war das für eine Putzfrau ein Spitzenlohn.
„Ich muss nie wieder putzen!“ jubelte ich. Nur das Singen musste ich ihr noch abgewöhnen. Das war wirklich purer Schmerz in den Ohren. Es glich einem sopranen Jammern.
Georgina bei ihrer Mittagspause
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Fotos privat[/img]
Weitere Werke von teccla:
_________________ Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist. |
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Gabi Reißwolf
Alter: 54 Beiträge: 1216 Wohnort: Köln
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15.04.2008 18:43
von Gabi
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Hallo teccla!
Dass du alles mit Fotos untermalt hast, finde ich klasse. Du kannst ruhig noch mehr Fotos einstellen.
L.G.
Gabi
_________________ "Das hier ist mein Dach und mein Tag!" (Oma Thea macht die Fliege) |
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MosesBob Gehirn²
Administrator Alter: 44 Beiträge: 18339
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15.04.2008 18:45 Re: Teil 18 Georgina von MosesBob
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teccla hat Folgendes geschrieben: |
Georgina bei ihrer Mittagspause |
Wie ungemütlich.
Ich bekomme direkt Fernweh bei den Fotos.
_________________ Das Leben geht weiter – das tut es immer.
(James Herbert)
Die letzte Stimme, die man hört, bevor die Welt untergeht, wird die eines Experten sein, der versichert, das sei technisch unmöglich.
(Sir Peter Ustinov)
Der Weise lebt still inmitten der Welt, sein Herz ist ein offener Raum.
(Laotse) |
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teccla Leseratte
Alter: 66 Beiträge: 160 Wohnort: Costa Blanca
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15.04.2008 19:32
von teccla
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Dachte ich mir, dass ihr gern die Fotos sehen würdet...
Dann macht euch schon mal auf ne ganze Tüte voll Fernweh gefasst
Liebe Grüsse
angela
PS: Aber auch lesen ! NIcht nur Fotos ansehen
_________________ Wenn du immer nur tust, was du schon kannst, bleibst du, was du bist. |
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