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Teil 14 Mahajanga


 
 
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teccla
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 66
Beiträge: 160
Wohnort: Costa Blanca


Was suchst Du in Madagaskar?
Beitrag01.04.2008 23:53
Teil 14 Mahajanga
von teccla
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Am Montag trafen wir uns auf ein Neues im Ministerium. Der Pförtner kannte mich schon und grüßte lächelnd, als wir die Eingangshalle betraten. Wir bekamen einen Termin beim Generaldirektor dieses Ressorts.

Wir warteten in dem langen dunklen Flur des Hauses auf einer Holzbank vor seinem Sekretariat. Fanja und ich beteten zusammen murmelnd ein Vater-unser. Sie auf madagassisch, ich auf deutsch. Sie meinte, zu zweit hilft es mehr. Wir wünschten uns, dieser Herr möge nett sein und mir helfen, endlich den Stempel für den Zoll zu bekommen.
Doch an diesem Tag war er nicht anwesend.
Die Sekretärin kam zu uns und gab uns einen neuen Termin.

Zwei Tage später saß ich mit Fanja wieder vor diesem Büro. Dieses Mal durften wir eintreten.
Ich redete mit Engelszungen, von unserem Entschluss, in Madagaskar zu investieren, Arbeitsplätze zu schaffen und die Dringlichkeit der Unterlagen. Trug die Bitte vor, eine Ausnahme zu bekommen und den Transporter mit unserem Hab und Gut zollfrei einführen zu dürfen. Fanja übersetzte Satz für Satz. Ich hatte Zeit mich umzusehen. Sein Büro war moderner eingerichtet. Auf dem Regal standen Kruzifixe und Madonna-Bilder. Er selbst wirkte sehr offen und sympathisch. Unser Beten hatte also geholfen. Ich war aufgeregt.
Er hörte sich alles aufmerksam an. Fanja endete ihren Monolog. Er stellte ihr noch ein paar Fragen. Dann zückte er seinen Stift und schrieb auf die Akte „All duty free“. Fanja und ich schauten uns an. Wir begannen zu strahlen und die Freude begann sich ganz zaghaft aus geduckter Haltung aufzurichten.
Wir verabschiedeten uns. Zu meiner Verblüffung wünschte er mir in einwandfreiem Deutsch alles Gute für unser Vorhaben.
Als wir die Bürotür hinter uns schlossen, begriffen wir erst, dass es sehr gut für uns gelaufen war. Die Freude war groß, wir würden keinen Zoll bezahlen müssen.
Das war unser Tag. Wir fühlten uns wie Sieger. Lachend tauschten wir bei einer kalten Cola unsere Eindrücke aus.

Nun hieß es abermals „Abwarten“. Wir hatten zwar das „Okay, zollfrei“, aber nun musste das Dossier noch den üblichen Amtsweg gehen.

Fanja sagte, der Direktor ist von der neuen Regierung eingesetzt. Es würde den anderen Beamten nicht schmecken, dass er ihnen diese Entscheidung vorsetzte. Wir müssten sicher noch eine Weile warten, bis alle Beamte ihren Stempel darunter gesetzt haben.

An einem Montag fuhren Gunter und ich, zum Ministerium. Er wegen seinem Visum, ich wegen der Zollpapiere.
Am Vormittag kam er zurück und meinte "Alles okay, ich kann am Nachmittag mein Visum abholen. Ich brauche nur noch die Unterlagen vom Geschäft".
Tja, er nahm dann das Konzept mit, denn das Geschäft selbst existierte ja noch nicht.
Nachmittags trafen wir uns wieder. Ich hatte das übliche "Nein, ist noch nicht fertig, eventuell morgen oder übermorgen", er schäumte vor Wut.
Er war vier Stunden im Ministerium und bekam nur ein Touristenvisum für vier Wochen, denn er könnte ja ein Terrorist sein.
Ich hatte das Gefühl, da gab es eine große Angst, Entscheidungen zu treffen und damit wurde vieles behindert, was man nicht kannte oder nicht verstand.

Am Dienstagnachmittag fuhr ich noch einmal zum Ministerium. Fanja sagte mir, ich solle nicht mit in das Büro gehen. Es sei besser, wenn sie als Madagassin allein hinein geht.
So wartete ich beim Pförtner. Bekam einen Stuhl hinter der Theke und begrüßte alle Mitarbeiter des Ministeriums, als würde ich dort arbeiten.

Endlich!
Fanja kam. Sie schwenkte strahlend ein Bündel Papiere vor sich her.
“Ich hab sie! Fertig! Ich hab sie! Alles fertig!“ rief sie mir entgegen.
Der Blick auf die Uhr sagte 15.45 Uhr. In einer Viertelstunde war ich mit Torsten verabredet. Das nächste Taxi Brousse (Überlandbus) nach Mahajanga fuhr am Abend, aber ob das noch klappen würde?
Die Unterlagen musste ich nun eiligst Jan zu faxen, aber das war nicht so einfach, wie sich das anhört.
Man rief erstmal an, fragte nach einer Faxnummer (aber anrufen von einer Telefonzelle, denn von der Post aus, wo das Fax steht, konnte man nicht telefonieren). Vor Telefonzellen standen immer Schlangen, man brauchte dort auch ein klitzekleines bisschen Geduld.
Anschließend versuchten wir zu faxen, ging nicht.
Besetzt.
Wieder zurück zur Telefonzelle.
Warten.
Anrufen. „Bitte eine andere Faxnummer.“
Aha, sie hatten keine andere, „Bitte den Anschluss freihalten, wir versuchen zu faxen“.
Zurück zur Post, zum Faxgerät.
Endlich nach weiteren 15 Minuten ging das Fax durch.

Torsten rief an, er wartete schon am Treffpunkt. Er hatte noch einen Koffer von uns. Die Zeit wurde knapp, wenn ich an diesem Tag noch abreisen wollte.
Wir fuhren zur Taxi Brousse Station um ein Ticket zu kaufen nach Majunga. Dort angekommen, erfuhren wir, es fährt an diesem Tag nur noch ein Bus nach Majunga.

Der Fahrer wartete noch auf Fahrgäste. Er hatte noch Plätze frei. Er würde aber nicht bis zum Abend warten. Eigentlich fährt er 17.00 Uhr ab, aber er wollte noch warten, bis die restlichen Plätze verkauft waren. Keiner konnte sagen, wann er nun wirklich abfahren würde.
Okay, wir verhandelten. Ich kaufte zwei Tickets für den Beifahrerplatz und für den Umweg. Das kostete extra.

Der Bus fuhr uns - vollbesetzt und mit viel Gepäck auf dem Dach - zu Torsten. Er verschwand in der Seitenstraße und holte den Koffer. Ich saß im Bus. Wir warteten.
Nach etwa 10 Minuten kam Torsten mit dem Koffer. Endlich konnte es weitergehen in Richtung Hotel. Wir fuhren am Geschäft vorbei, wo es Katzenfutter gab. Ich schrie „Stop“.
Der Bus hielt. Ich stieg aus und kaufte Katzenfutter.
Keine murrenden Fahrgäste. Keine Beschwerde.
Der Bus fuhr mit uns weiter zu meinem Hotel und parkte auf dem Hotelparkplatz.
Derweil rannte ich auf mein Zimmer, packte Koffer, verstaute die Katze, bezahlte die Hotelrechnung. Es dauerte, obwohl ich mich beeilte.
Hatte ich nichts vergessen?
Das Personal vom Hotel staunte über den Überlandbus auf dem Parkplatz.
Alles lachte. Auch die Fahrgäste vom voll beladenen Überlandreisebus.

Ich verabschiedete mich von Torsten und Gunter. Mit schlechtem Gewissen nahm ich nun auf dem Beifahrersitz Platz.
So viele Fahrgäste im Bus und ich hielt sie mehr als eine Stunde auf. Doch niemand reagierte verärgert. In Deutschland wäre diese Situation undenkbar gewesen.
Alle lachten und amüsierten sich über diese Aktion. Nun konnte es losgehen.
Auf ging's nach Majunga.



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