Theologischer Joke - eine Szene

[RubenG]

Gott ist im Himmel, er geht in eine Bar.
Hinter dem Tresen sitzt Paulus. Gott setzt sich hin und bittet ihn um ein Radeberger.
„Fiat Voluntas Tua“, erwidert Paulus, und da materialisiert sich auch schon das Bier.
Gott guckt aber traurig und irgendwie gestresst.
Paulus fragt ihn: „ Was ist denn los, mein über alles erhabener Schöpfer?“
„Nun du musst wissen, ich bin allmächtig, allbarmherzig und leider… leider auch allwissend.“
„Leider? Mein Schöpfer!“, erwidert Paulus.
„Ich bin absolut perfekt und genieße in der Dreifaltigkeit perfekte Wonne, doch neulich… da kamen diese Theologen.“
„Mein Herr, sie kamen, und…?“
„Sie fingen an dumme Fragen zu stellen.“
„Dumme Fragen?“
„Ja, sie… sie - hören einfach nicht auf!“, beteuert Gott.
„Ja aber wie, mein Herr, das Evangelium ist doch ziemlich eindeutig, und ich habe es denn Menschen in meinen Briefen doch ausgelegt, oder hab ich eine schlechte Arbeit geleistet?“
„Darum ging es nichtmal.“, sagt Gott und blickt mit seinen sanften Augen zu der Decke des Lokals.
„Worum ging es denn dann, mein Herr?“
Gott blickt wieder auf Paulus. Er trinkt nun einen Schluck. „Soll ich dir ein Beispiel geben?“
Paulus antwortet ihm: „Herr, lehre mich deine Pfade, zeige mir deine Wege.“
Darauf beginnt Gott sowohl zu Sprechen, wie auch mit den Händen zu gestikulieren:
„Es gibt da einen Mönch, den hab’ ich ex nihilo geschaffen - sein Name ist Anselm von Canterbury, und Anselm ist eigentlich ein ganz lieber Junge, fromm noch dazu. Ein echter Überflieger -
Doch letztens da klopfte er an, und wollte sich bei mir dafür entschuldigen, dass er für sein Monoslogion so viele Fragen gestellt habe. Er sagte: Herr, mein höchstes Gut, heute hab ich nur eine Frage an dich.
Und das hatte mich wirklich sehr wohl gestimmt, ja ich war gerade zu erleichtert, also sprach ich zu ihm: Anselm, ich bin die Weisheit, frag mich alles was du willst.“
Gott trinkt noch einen Schluck und spricht: „Sag Paulus, kannst du dir ausmalen, was er gefragt hat?“
„Nein, mein Herr. Stückwerk ist mein Erkennen.“
 „Er fragte mich folgendes:
Herr, wenn das, worüber hinaus nichts größeres mehr gedacht werden kann, im Kopfe des Toren, welcher es aktiv verneint, existiert, existiert es dann nicht auch zwingend ebenso in Wirklichkeit? Denn, mein höchstes Gut, oh Dreifaltigkeit, wäre das sonst nicht im Widerspruch, mit der Idee dessen worüber hinaus nichts größeres mehr gedacht werden kann?“
Nun macht Gott eine dramatische Pause.
„Mein Herr, ich habe die Frage nicht ganz verstanden.“
Gott erhebt das Glas, und trinkt es leer.
„Paulus, ich dachte allen ernstes mit Golgotha wären alle Anstrengungen gezählt. Aber Nein!“ Gott schlägt auf den Tisch.
Paulus schrubbt das bereits auf Gottes Willen abgewaschene Glas. Er fragt: „Und wie hast du ihm geantwortet?“
Gott blickt nun leise seufzend auf seinen Jünger, und sagt: „Weißt du, Paulus - Ich bin froh dass du hier bist. Du kannst gut zu hören.“
Darauf aber fährt er fort: „Ich entschloss mich aus meiner grenzenlosen Barmherzigkeit ihm zu vergeben, und sagte ihm, da ich ja nicht lügen kann, ganz offen und ehrlich:
Mein lieber Anselm, ich weiß genau was du wissen willst, mein Junge, und das ist auch, äh, eine überaus originelle, ja besondere Frage, die in der gesamten westlichen Geistesgeschichte ja wirklich vor dir noch keiner gestellt hat, definitiv, ja, aber… das dauert: -  eine Ewigkeit.“

[Arminius]

Hallo RubenG,
interessanter Dialog, und eine originelle Antwort.
Weshalb der Herr ausgerechnet ein Radeberger bestellt (und nicht ein Kleiner Mönch), bleibt wohl auf ewig ein ungelöstes Rätsel.

[HansGlogger]

Hallo,
zuerst ein paar Kleinigkeiten:

[RubenG]

Vielen Dank.
Ja, dass mit dem Bier war eine verpasste Chance, da hätte man noch einen Bezug machen können. Ich hatte einfach aus dem Affekt und weil es so banal ist Radeberger geschrieben.
Danke auch für die Rechtschreibkorrektur.
Man könnte auch ein Sequel über den Universalienstreit machen, mit Ockham und was weiß ich wem

Ich hoffe dass der Text, humoristisch wie er ist, dennoch nicht gotteslästerlich war, denn ich bin selbst Katholik.

[Häherfeder]

Fand den Text sehr amüsant und unterhaltsam!
Gerne gelesen,
Lg Häherfeder

[HansGlogger]

[Pickman]

Ich habe zwar Anspielungen auf die Theodizee und auf den so genannten ontologischen Gottesbeweis gefunden, aber den Witz nicht verstanden.

[V.K.B.]

[Pickman]