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Kurzgeschichte "Bombensicher"


 
 
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RMAK
Gänsefüßchen


Beiträge: 37
Wohnort: Schweiz


Beitrag26.10.2023 22:21
Kurzgeschichte "Bombensicher"
von RMAK
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HI,
Erst einmal sorry für die Textwand. Die Kurzgeschichte ist ein bisschen lang geraten. Der Schluss ist etwas abrupt weil ich eine andere Geschichte anfangen wollte. Im ganzen glaube ich aber das ich sie euch zumuten kann. Freue mich über jede Kritik und danke fürs Lesen.    


Mike steht montagmorgenmüde vor der Wand, in die er am vergangenen Freitag ein Loch geschlagen hat. Sein Chef und der Bauleiter, flankieren ihn wie zwei schlechte Geister. Gemeinsam starren sie auf das Rohr, das nicht da sein sollte.
«Im Plan ist sie jedenfalls nicht», sagt der Bauleiter und tippt mit der Hand auf die gefalteten Seiten in seinen Händen. Mike beruhigt das. Als das Rohr zum Vorschein kam, dachte er erst er hätte das Loch am falschen Ort geschlagen. Wenn das Rohr falsch ist, dann ist das Loch wahrscheinlich richtig.

«Können wir die Türe nicht ein wenig nach rechts schieben, dann kann das Rohr drinbleiben.» sagt sein Chef. Der Bauleiter schüttelt den Kopf, «Nein. Die Türe muss hier hin. Ich habe den Architekten schon gefragt. Anscheinend geht die Symmetrie kaputt, wenn wir sie schieben.»
Symmetrie kaputt, das klingt gut, denkt sich Mike. Dann kann er hier nicht weiter machen. Er kann ja nicht die Symmetrie kaputt machen. Was heisst er muss auf eine andere Baustelle. Was heisst er muss heute keine alte Backsteinwand einreissen. Was wiederum heisst keine schweren Kübel schleppen.

«Was ist das überhaupt für ein Rohr?», fragt sein Chef. Mike vermutet dass es eine alte Gusseisenleitung von der Heizung ist. Er behält die Vermutung für sich, denn die Leitung ist in einem `fass mich nicht an` Rot gestrichen. «Sieht aus wie eine alte Heizleitung.» sagt der Bauleiter. «Aber warum ist sie dann Rot?» erwidert sein Chef. Mike nickt und imitiert die besorgte Mine der beiden. Innerlich freut er sich schon, dass er heute keine Steine schleppen muss.
«Ich kenn da einen. Der alte Bussinger. Es könnte sein, dass er damals die Leitungen hier im Kloster verlegt hat.» sagt der Bauleiter und zieht sein Handy aus der Tasche. Mike weiss das er hier im Keller kein Netz hat, sagt aber nichts. Wenn er den alten Bussinger erreicht, dann muss Mike vielleicht doch Steine schleppen.

«Ach, kein Netz ich geh kurz hoch.» sagt der Bauleiter und verschwindet über die Spinnweben verhangene Kellertreppe. Mike fühlt sich wie Schrödingers Bauarbeiter. Bis der Bauleiter zurück in den Keller kommt. Muss er Steine schleppen und zugleich nicht. Die Superposition ist ihm unangenehm und so schaut er erwartungsvoll nach oben als er nach einigen Minuten, Schritte auf der Treppe hört.

«Er kommt her und schaut sich das an. Der ist aber pensioniert und seine Knie sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Kannst du deinen Mann hierlassen?» fragt der Bauleiter. «Ja, ist dann aber Regie.» sagt sein Chef.
Mike wartet Draussen beim Klostertor auf den alten Bussinger. Dass Herbstwetter ist schön und Touristen tummeln auf dem Klostergelände. Er kann sich nicht vorstellen einen Ferientag hier zu verbringen, geschweige denn ein Montagmorgen. Die Beiz hier, macht erst um Elf auf und ein Kaffee kostet 4.80.- Rund um das Kloster ist Weinberglandschaft, ganz schön, aber nichts wovon er eine Postkarte kaufen würde.  

Ein alter, leicht dicker Mann kommt vom Parkplatz und steuert direkt auf Mike zu. Er sieht aus wie hundert Jahre harte Arbeit und zieht an einer vollkommen verkohlten Pfeife. Wenn das nicht der alte Bussinger ist, dann frisst Mike eine Handvoll Nägel.
Der Alte streckt ihm die Hand hin, «Hans. Du bist Michael?» fragt er in einem Ton, der keine Antwort auf die Frage erwartet. Mike nickt und der alte Bussinger mustert ihn unzufrieden.

«Was für Werkzeug hast du hier?» fragt der Alte. Mike zuckt mit den Schultern und sagt, «Das übliche.» Der Alte schüttelt den Kopf und zeigt auf einen alten Toyota Bus. «Hol mir meine Werkzeugkiste. Sie ist hinten drin. Der Karren ist offen.»
Die Kiste ist locker über dreissig Kilo und der alte Lederriemen schneidet Mike schmerzhaft in die Schultern. Bussinger wartet vor dem Stall, der zum Hotel werden soll. Bevor Mike es zu ihm schafft, verschwindet er durch das Scheunentor und runter in den Keller. Mike ist gezwungen die klobige Kiste alleine die Treppe hinunter zu schleppen. Unten angekommen sieht er wie Bussinger den Bretterboden direkt vor dem Rohr mit Fusstritten untersucht.

«Reiss mir mal diese Dielen weg.», sagt der Alte. Mike schnappt sich ein Brecheisen und Bussinger setzt sich auf einige in der Nähe stehende Kisten. Während sich Mike mit den Dielen abmüht, packt ihn die Neugier und er fragt, «Was ist das für eine Leitung?» «Geheim.» antwortet der alte Bussinger und zeigt mit der Pfeife auf den Boden von dem Mike die Dielen reisst. «Eigentlich darfst du nicht wissen was da unten ist. Staats Sicherheit und so.» sagt Bussinger. Mike versteht den Witz nicht und fragt, «Staatssicherheit?»

«Das Rohr gehört der Schweizer Armee. Zu mindestens hat es die Armee in den Siebzigern gebaut. Ich bezweifle das die Armee noch weiss das es hier ist. Die vergraben ständig Zeug und vergessen dann, wo es ist.» erklärt Bussinger. Mike wundert sich wie alt der alte Bussinger ist. Kommt aber nicht dazu ihn zu fragen, denn unter dem Dielenboden erscheint ein Schachtdeckel. Mike blickt erstaunt auf den soliden Metalldeckel. Sein Erstaunen wechselt schnell wieder zur Sorge, da der Deckel im gleichen `Fass mich nicht an` Rot gestrichen ist wie das Rohr. Bussinger steht auf und geht zu seiner Werkzeugkiste und nach einigem Wühlen kommt er mit einem grossen Eisen bewaffnet zum Schacht. Kaum hat Mike das letzte Brett wegreisst schon drückt ihm der Alte einen überdimensionierten Inbusschlüssel in die Hände.

«Dreh erst den linken Grünen und dann Rot, und dann Blau. Unbedingt in dieser Reihenfolge sonst explodiert der Deckel.» sagt Bussinger ganz ernst. Mike lächelt nervös und Bussinger schaut ihn weiter unzufrieden an. Der Deckel mag Rot sein, aber Mike glaubt nicht dass er deshalb gleich explodiert. Ihm ist der Humor von Bussinger ein wenig Peinlich. Wenn Handwerker lange allein Arbeiten werden sie Schräg mit dem Alter. Bussinger hat sich zum anderen Ende des Kellers zurückgezogen, er erwartet wohl das der Deckel wirklich explodiert. Mike ist diese Sorte leicht gestörter Handwerker lieber als die, die nicht aufhören zu Reden. Sein Geist ist nicht fürs Reden gemacht. Ein Haufen leerer Worte ist für ihn wie Zuckerwatten fressen, da kriegt er nur Kopfweh.
  
Mike schraubt die Verankerungen, genau in der vorgegeben Reihenfolge, vom Schachtdeckel. Wenn es nicht hilft, dann schadet es auch nicht. Der Alte erscheint über ihm als er die letzte Schraube aus der Verankerung zieht. «Jetzt mach einmal Platz. Ich muss mal schauen, ob ich das hier auch noch richtig in Erinnerung habe.» Er studiert die beiden goldenen Griffe zu beiden Seiten des Deckels. Vorsichtig dreht er den ersten Griff und zieht an ihm, bis er eine gute Handbreite vorsteht.
Dann steht er wieder auf und starrt auf den anderen Griff. «Da muss ich mich auf den Bauch verlassen.» sagt er und zieht tief an seiner Pfeife. «Es war Links da bin ich mir fast sicher» sagt er und kniet sich wieder vor dem Schacht hin. Vorsichtig beginnt er den Griff nach Links zu drehen, bis es im Schacht zu klicken und surren beginnt. Der Schachtdeckel öffnet sich von alleine und warme abgestandene Luft dringt hinaus. Bussinger kommt stöhnend wieder auf die Beine. «Schau an, wir Leben noch. Die hätten mir wirklich erlauben sollen, das Aufzuschreiben. Es ist ein Glück, das ich mich überhaupt noch an etwas erinnere. Ich war schon seit den Neunzigern nicht mehr hier.», sagt er und geht zu seiner Werkzeugkiste.

Mike geht zur Schachtöffnung und wirft einen vorsichtigen Blick hinunter. Mattes gelbes Licht scheint unten im Loch. Der Schacht ist erstaunlich gross und ist unten breiter als der Deckel oben vermuten lässt. Eine steile Treppe geht gute drei Meter in die Tiefe. Mike sieht von oben nicht fiel, erst glaubte er es ist die Kanalisation. Dafür sind sie aber zu tief unten und der Tunnel da unten ist zu gross für eine Kanalisation.
Mike muss den alten Bussinger fragen was da unten ist. Er dreht sich um und erschrickt so sehr das er beinahe rückwärts den Schacht runterfällt. Der Alte hat sich eine grüne Gasmaske übergezogen und steht schnaufend vor ihm. «Setz dir auch eine auf. Das Ding da unten könnte kaputt sein.» Er drückt Mike einen Plastikpack an die Brust. Mike nimmt den angebotenen Beutel entgegen und reisst den schwarzen Plastik mit sorgenvollem Gesicht auf. Darin ist eine nigelnagelneue alte Armee Gasmaske, vom selben Modell das Bussinger trägt. Jetzt wird es für Mike zu viel und er muss wissen was hier vor sich geht.

«Das ist wiegesagt GEHEIM. Ich war hier für den Wartungsdienst ausgebildet. Trotz ständiger Beschwerden meinerseits wurde keine neue Fachkraft ausgebildet. Also bleibt das wieder an mir hängen. Für dich ist es am besten, wenn du keine Fragen mehr stellst. Je weniger du weisst desto leichter für dich. Jetzt sei so nett und trag mir die Kiste hinterher.» Bussinger steigt den Schacht hinunter und pustet dabei angestrengt durch den Gasmaskenfilter. Mike schaut verzweifelt zischen der schweren Kiste und dem Loch hin und her. Ohne magische Mittel zuhanden, bleibt ihm nur das schwere Ding zu stemmen.
Wäre da eine Leiter anstelle der steilen Treppe, wäre es unmöglich gewesen die Kiste runterzubekommen. Erst recht, weil ihm nach den ersten Anstrengungen, die Gläser der Gasmaske angelaufen sind. Er will sich das Atem raubende Ding vom Gesicht reissen, zwingt sich aber es weiter zu tragen. Er glaubt das der kurzatmige Bussinger, nicht ohne guten Grund eine Gasmaske übergezogen hat. Unten angekommen verweilt Mike keuchend auf den Knien, bis er die Energie hat, die neue Umgebung in Betracht zu nehmen.

Er findet sich in einem gewölbten Tunnel wieder. An der weissen Wand steht in dicken schwarzen Buchstaben REAKTOR und ein Pfeil zeigt den Tunnel hinunter. Bussinger gestikuliert zur Kiste. «Das schlimmste hast du hinter dir. Es sind nur noch fünfzig Meter Tunnel, dann sind wir da.» seine Stimme dumpf hinter der Maske.
Er hat gelogen. Die fünfzig Meter wahren näher bei Hundert und mit der Maske auf wahr das schleppen nochmals doppelt so hart. Unterwegs hat er bemerkt, dass die rote Leitung entlang der Decke des Tunnels verläuft. Das Schleppen hat ihm so viel Schweiss in die Maske getrieben das er kaum noch Umrisse erkennen kann. Er hat nicht bemerkt das Bussinger bei einer Türe zum Stehen gekommen ist und läuft Kopf voran in dessen Schulter. Bei der Kollision rückt die Maske von Mikes Gesicht und ein schwall ungefilterte Luft schafft es in seine Lunge. Der Alte drückt Mike die Maske wieder aufs Gesicht, «Bis ich Messwerte von da drinnen habe bleibt sie auf.»
Bussinger öffnet die Türe vorsichtig und schielt in den dahinter liegenden Raum. Mike kann nichts erkennen, drinnen ist es dunkel. Bussinger zeigt auf den Boden neben der Tür und Mike stellt die Kiste ab. Vom Schleppen müde, lehnt er sich an den Türrahmen und lässt Bussinger alleine in den dunkeln Raum wandern.

Plötzlich geht ein Licht an und Mike sieht das der Alte die Lichtschalter gefunden hat. Mehr und mehr Lampen knipsen an und erhellen den gewölbten Raum. Der Raum ist gross, fast so gross wie der darüberliegende Stall. Von hier sieht er aus wie ein überdimensionierter Boiler und Heizraum. Mike glaubt aber nicht, dass es Boiler sind, die vor ihm in die Höhe ragen. Sie erinnern ihn an die Tanks, die ihn Opas Käserei stehen. Ein ganzes Gewirr von Leitungen zieht sich zwischen den Chromstahl Behältern. Der Hauptteil der Maschinerie scheint ein Kompressor zu sein. Die sich drehenden Räder und Zylinder sehen für Mike zumindest wie ein Kompressor aus. Was es wirklich ist, kann er nicht erraten und Bussinger wird es ihm wohl auch nicht erklären.
Das rote Rohr von oben verliert sich hier an der Decke im Wurzelgewirr der Leitungen. In weiss steht auf einem Kopfhohen Teil der roten Leitung, ÜBERDRUCKLEITUNG. Das erklärt absolut Gar Nichts denkt sich Mike. Bussinger steht vor einem Kasten und stopft seine Pfeife. Mike zieht sich die verschwitzte Gasmaske vom Kopf und gesellt sich zu ihm. Wenn der Alte glaubt er kann hier unten Rauen dann muss die Luft sauber sein. Der Kasten vor ihnen sieht aus, als ob man von ihm aus alle Gleise am Hauptbahnhof Zürich steuern könnte. Druckanzeigen und blinkende Lichter füllen die Oberfläche des Blechkastens Komplet aus. Mike rutscht ein erstauntes, «Scheisse!?» heraus. «Ja scheisse, da gebe ich dir Recht Junge. Das Ding dürfte nicht laufen. Warum zur Hölle ist das Ding an?» sagt Bussinger.

Mike studiert die Armaturen und sieht zu seiner Erleichterung nur blaue und grüne Lichter. Wenn nichts rot leuchtet, dann kann es nicht so schlimm sein. Bussinger scheint anderer Meinung zu sein. Er flucht und kaut wütend auf seiner Pfeife herum. Mike versucht von den Anzeigen einen Hinweis auf die Funktion der Maschine zu finden. Es muss eine Art Stromgenerator sein, darauf lassen einige der Anzeigen schliessen.  
Plötzlich sagt Bussinger zum komplett stummen Mike, «Still jetzt.» und haucht mit der Hand am Ohr in den Tunnel hinaus. Erst hört Mike nicht mehr das Surren und Pfeifen von der Maschinerie im Raum. Dann kaum hörbar, kommt vom Tunnel das Klopfen von Schritten. Der alte Bussinger schüttelt den Tabak aus der Pfeife und steckt sie schnell weg. «Das ist der Mann! Pack deine Arme hinter den Rücken, steh gerade und atme durch die Nase. Verstanden? Und kein Wort von dir.» sagt der Alte ganz aufgeregt und stellt sich Stief neben Mike hin.

Die Schritte werden lauter und dann steht da eine uniformierte Frau im Türrahmen «Was ist hier los? Was haben sie hier zu suchen?» sagt sie in einer Art, die darauf schliessen lässt, dass sie gewöhnt ist Befehle zu geben. «Ich bin Wartungsspezialist Bussinger. Wo ist Hauptmann H, wenn ich fragen darf?» Sie schaut mit sorgenvollen Gesicht auf die sich fröhlich drehende Maschinerie. «Der ist vor einem halben Jahr verstorben. Ich habe das Departement Mitternacht von ihm übernommen. Ich bin Hauptmann F. Sie müssen also Herr B sein von dem Hauptmann H gesprochen hat.»
«Wieso hat mich niemand über Hauptmann H tot informiert. Ich habe dem alten Sack im letzten halben Jahr, bestimmt zehn Briefe geschickt.» sagt Bussinger ganz entrüstet. Die Hauptmann Frau lächelt müde und sagt, «Hauptmann H war hat alle seine Kontakte verschlüsselt. Wir konnten einige dekodieren. Es hat sich herausgestellt das alle bekannten kontakte von ihm auch verstorben sind. Den Schlüssel, den sie für ihre Briefe verwendet haben konnten, wir nicht dekodieren. Ich wusste schlicht nicht wer sie sind und wo sie sich befinden.»

Die Frau und Bussinger schauen einander sorgenvoll an. Ganz wie Mikes Chef und der Bauleiter als sie die rote Leitung unter Anschein nahmen. Mike wundert sich, warum die Frau ein Hauptmann ist und nicht eine Hauptfrau. Er traut sich aber nicht eine Frau Hauptmann zu fragen, warum sie Hauptmann genannt wird. Die Frau Hauptmann stemmt sich die Arme in die Hüfte und fragt, «Wieso ist der Reaktor an. Ich dachte das ist unmöglich?»   
«Nach den Anzeigen auf der Steuerung, gehe ich davon aus, dass die Bauarbeiten den automatischen Anlass ausgelöst haben. Ja, das sollte nicht möglich sein, ist aber so.» sagt Bussinger. Mike gefällt es gar nicht das die Baustelle an dem schuld sein soll. Er will zum Widerwort ansetzen doch noch bevor er einen Laut von sich bekommt, erfasst ihn die Frau Hauptmann mit einem strengen Blick. «Wer ist das?» Bussinger klopft Mike auf die Brust und sagt, «Das ist mein Handlanger.» Die Frau atmet frustriert ein und sagt dann mit falscher Geduld, «Sie haben einen ungeprüften Zivilisten in eine streng geheime Anlage geführt.»  
«Ich bin einundsiebzig Jahre alt. Ich kann nicht mehr allein Arbeiten und Michael hier wird schon nichts davon den Russen erzählen. Und sowieso haben sie vergessen, DAS DAS DING AN IST! DIE KATZE IST AUS DEM SACK!» Mike schreckt zurück von den lauten Worten Bussingers. Die Frau Hauptmann ist vom Gebelle des Alten nicht Beeindruckt. Sie kaut frustriert mit den Fingern an ihrer Stirn und tapt einen nervösen Rhythmus mit ihren glänzenden Schuhen. Dann baut sie sich vor Bussinger auf und sagt, «Sie glauben es mir wahrscheinlich kaum aber diese Anlage hier und ihres gleichen waren weit unten auf der Liste der Erbkrankheiten, die mir die alte Departements Führung vermacht hat. Jetzt da es an ist hat sich die Lage geändert.» Bussinger will ihr ins Wort fallen aber sie zwingt ihn mit einem drohenden Finger still zu bleiben.

«Ich stimme ihnen zu. Die Sache ist kreuzgefickt und keine Salbe macht eine Jungfrau daraus. Was ich von ihnen jetzt wissen muss, ist, können sie den Reaktor abstellen?» Bussinger nickt und sagt dann, «Das geht theoretisch. Der Reaktor muss lange abkühlen, aber ja, er lässt sich abstellen. Das ändert aber nicht viel.» Er klatscht mit der Hand auf einen der Chromtanks. «Die sind voll mit verstrahltem Wasserstoff und das lässt sich nichtmehr ändern.»
Die Frau Hauptmann setzt sich auf den Stuhl vor der Reaktor Steuerung und starrt stumm auf die grossen Stahlbehälter. Bussinger nimmt ihr Schweigen als Einladung seinen Sorgen Stimme zu geben, «Wenn sie glauben, ich schalte das Ding aus und sie machen oben den Deckel zu und wir vergessen das Ganze, dann muss ich sie warnen.» Er zeigt auf die rote Leitung. «Bei Überdruck lässt die Anlage das Gas über diese Leitung nach draussen frei. Meine Tochter und Enkelkinder wohnen hier. »
Die Frau nickt, «Wenn ich gewusst hätte, was für ein Chaos mir Hauptmann H hinterlassen hat, hätte ich das Departement nie übernommen. Ich werde aber nicht den gleichen Fehler machen wie er und die Verantwortung auf jemanden anders abschieben. Ich finde einen Weg das Gas zu entsorgen, versprochen.» Mike kennt den Gesichtsausdruck von Frau Hauptmann gut. Es ist die Art leerer Blick, wenn man den Horizont nach dem Unmöglichen absucht.
«Mir reichen Versprechen nicht. Ich will sehen wie die Reaktoren zurück gebaut werden. Ich muss wissen das das ein sauberes Ende findet, bevor ich gehe.» sagt Bussinger. «Ja!» sagt die Frau und kommt ruckartig wider auf die Beine, «Mir fehlt es aber an Personal und wissen. Ich habe die Befürchtung das sie der letzte lebende Wartungsspezialist sind. Ohne sie werde ich hier nicht viel erreichen. Sie sind zwingend Teil der Massnahmen, die ich ergreife.» Bussinger schüttelt amüsiert den Kopf, «Ich bin auch nicht mehr lange hier.» Er klopft mit zwei Fingern auf seine Rippen. «Krebs. Mir bleibt nicht genug Zeit, um all das hier aufzuräumen.»

Der Blick von Frau Hauptmann ist ohne jedes Mitleid. In ihren Augen spiegelt sich nur die Erwartung das der alte Bussinger eine Wiedergutmachung für seinen verfrühten Tot zu Hände hat. Bussingers grobe Hand greift Mike am Unterarm und reisst ihn aus der Schockstarre. «Das wenige das ich weiss kann ich weitergeben. Mit etwas Glück ist der hier nicht halb so dumm wie er aussieht. Ich kann keinen Wartungsspezialisten aus ihm machen, aber ich kann ihm beibringen, wie man einen Reaktor ausser Betrieb nimmt. Wie gesagt ist er ein ungeprüfter Zivilist. Ich verlasse mich lieber auf ihn als auf die Staatstreuen, die sie mir unterjubeln werden.»
Bussinger versenkt seine Finger schmerzhaft in Mikes Arm, «Junge. Ich verlasse mich auf dich.» Seine grauen Augen fixieren ihn bis Mike ihn mit einem Nicken beruhigt. Unter den zahllosen Sorgen, die in Mikes Kopf gerade ihre Runden ziehen, schafft es nur eine in den Vordergrund und so fragt er besorgt, «Wie viel verdien ich hier? Ich bin gerade am Vorarbeiter dran und der Chef hat mir eine Gehaltserhöhung versprochen.»  
Fin.
   
Die ganze Wand gelesen, da muss ich nochmals Danke sagen.

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Arminius
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Beitrag27.10.2023 08:23

von Arminius
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Hallo RMAK,
erst mal rundweg: die Geschichte hat mir gefallen. Ich mag solche Expeditionen in unerforschte technische Anlagen. Die Erzählweise nimmt mich ohne allzu überflüssige Längen mit. Hinzu kommt, dass Du den Text lesefreundlich gegliedert hast. Daumen hoch

Über die Authentizität der Geschichte kann ich mir kein Urteil erlauben. Ich nehme an, sie ist frei erfunden, könnte aber einen wahren Sachverhalt zum Vorbild haben Question . Die ominöse unterirdische Technik soll wohl eine kerntechnische Anlage darstellen.
Was mir unverständlich ist: verstrahlter Wasserstoff. In der Regel ist es das Kühlwasser, das Probleme bereitet.

Was mir sonst noch aufgefallen ist:
die Formulierungen kaut mit den Fingern an der Stirn und Kaum hat Mike das letzte Brett wegreisst Question
Schrödingers Bauarbeiter ist eine schöne Anspielung auf Schrödingers Katze: Muss er Steine schleppen und zugleich nicht. Daumen hoch
Für einen Bauarbeiter ist Mike ganz schön belesen.

Der Text könnte eine gründliche Revision bezüglich Rechtschreibung und Zeichensetzung vertragen Wink

Der Schluss ist in der Tat unbefriedigend. Bitte nicht zur Angewohnheit werden lassen, wenn Dir mal wieder was Neues in den Sinn kommt. Die Leserschaft wird es Dir danken.

Als Einstand gern Buch


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Dyrnberg
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Beitrag27.10.2023 10:12

von Dyrnberg
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Ich glaube, Deutsche würden "launige Schreibe" dazu sagen. Der Stil hat etwas Humoristisches, dazu trägt natürlich vor allem die Hauptfigur bei, die bauernschlau und bodenständig wirkt und einfach geile Sätze raushaut. Zum Beispiel:

Zitat:
Wenn das Rohr falsch ist, dann ist das Loch wahrscheinlich richtig.


Die Geschichte bräuchte eine Überarbeitung was Satzzeichen angeht. Da stolperte ich oft als Leser. Oder auch so Kleinigkeiten. Sie finden "das Rohr" - im nächsten Satz steht "SIE ist nicht im Plan" etc.

In kurz: Mir gefällt die Story. Mal was anderes und guter Duktus. Gerne mehr davon. Aber als jemand, der auch "von den Kurzgeschichten kommt", muss ich erwähnen, dass Leser eine Short story oft vor allem nach dem Ende bewerten. Und das ist hier - Du erwähnst es selbst - ausbaufähig.

Möglichkeit: Überarbeite die Geschichte und reiche sie bei irgendeiner Anthologie oder in einer Zeitschrift ein. Deine Story ist so "anpassungsfähig", man könnte sie mit ein paar Handgriffen z.B. in eine Science Fiction-Geschichte umbasteln (dann spielt es eben auf einem alten Raumschiff oder so) und dann bei einer Sci-Fi-Anthologie einreichen. Nur als Gedankenspiel.


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RMAK
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Beitrag27.10.2023 10:49

von RMAK
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@ Arminius

Ja die Geschichte ist "frei erfunden". Ist aber stark inspiriert von den ganzen vergrabenen Bunker und Anlagen hier in der Schweiz. Die begegnen mir auf dem Bau immer wieder.

Die Beschreibung "mit den Fingern an der Stirn kauen" kommt vom Schweizerdeutsch. In meinem Dialekt kann kauen "chaue" als eine gesteigerte Form von reiben verwendet werden.

@Dyrnberg
Ich hätte den Text heute Abend nochmals lesen sollen und dann hier rein stellen. Dann wären die Hälfte der Stolperfallen weg. (Wenn ich heute Abend dazu kommen, mache ich das. Dan haben es andere Leser leichter.)

Der Text war für eine Anthologie gedacht. War dann aber nicht passend und ich habe eine neue Geschichte angefangen. Deshalb das schwache Ende.

Merci fürs Lesen
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RMAK
Gänsefüßchen


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Beitrag27.10.2023 19:56

von RMAK
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Ich schreibe gerade an einer korrigierten Variante. Bis Sonntag habe ich das Ende neu geschrieben und einen Grossteil der Fehler korrigiert.

Also lieber warten mit lesen.
Mfg RMAK
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RMAK
Gänsefüßchen


Beiträge: 37
Wohnort: Schweiz


Beitrag29.10.2023 21:10

von RMAK
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NEUE VERSION

Ende neu geschrieben, sollte besser sein. Ist halt auch länger. Ich habe den beginn vom neuen Schluss mit Grün markiert.

Hoffe es hat weniger Flüchtigkeitsfehler, mir fehlt dafür leider oft das Auge.

BOMBENSICHER 2.0
Mike steht montagmorgenmüde vor der Wand, in die er am vergangenen Freitag, ein Loch geschlagen hat. Sein Chef und der Bauleiter, flankieren ihn wie zwei schlechte Geister. Gemeinsam starren sie auf das Rohr, das nicht da sein sollte.

«Im Plan ist das Rohr jedenfalls nicht», sagt der Bauleiter und tippt mit der Hand auf die gefalteten Seiten, in seinen Händen. Mike beruhigt das. Als das Rohr zum Vorschein kam, dachte er erst er hätte das Loch am falschen Ort geschlagen. Wenn das Rohr falsch ist, dann ist das Loch wahrscheinlich richtig.

«Können wir die Türe nicht ein wenig nach rechts schieben, dann kann das Rohr drinbleiben.» sagt sein Chef. Der Bauleiter schüttelt den Kopf, «Nein. Die Türe muss hier hin. Ich habe den Architekten schon gefragt. Anscheinend geht die Symmetrie kaputt, wenn wir sie schieben.»

Symmetrie kaputt, das klingt gut, denkt sich Mike. Dann kann er hier nicht weiter machen. Er kann ja nicht die Symmetrie kaputt machen. Was heisst er muss auf eine andere Baustelle. Was heisst er muss heute keine alte Backsteinwand einreissen. Was wiederum heisst keine schweren Kübel schleppen.

«Was ist das überhaupt für ein Rohr?», fragt sein Chef. Mike vermutet, dass es eine alte Gusseisenleitung von der Heizung ist. Er behält die Vermutung für sich, denn die Leitung ist in einem, fass mich nicht an Rot gestrichen. «Sieht aus wie eine alte Heizleitung.» sagt der Bauleiter. «Aber warum ist sie dann Rot?» erwidert sein Chef. Mike nickt und imitiert die besorgte Mine der beiden. Innerlich freut er sich schon, dass er heute keine Steine schleppen muss.

«Ich kenn da einen, den alte Bussinger. Es könnte sein, dass er damals die Leitungen hier im Kloster verlegt hat.» sagt der Bauleiter und zieht sein Handy aus der Tasche. Mike weiss das er hier im Keller kein Netz hat, sagt aber nichts. Wenn er den alten Bussinger erreicht, dann muss Mike vielleicht doch Steine schleppen.

«Ach, kein Netz ich geh kurz hoch.» sagt der Bauleiter und verschwindet, über die Spinnweben verhangene Kellertreppe, nach Draussen. Mike fühlt sich wie Schrödingers Bauarbeiter. Bis der Bauleiter zurück in den Keller kommt, muss er Steine schleppen und zugleich nicht. Die Superposition ist ihm unangenehm und so schaut er immer wieder, erwartungsvoll zur Treppe. Nach einigen Minuten hört er Schritte und der Bauleiter kommt die Treppe hinunter.

«Er kommt her und schaut sich das an. Der ist aber pensioniert und seine Knie sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Kannst du deinen Mann hierlassen?» fragt der Bauleiter. «Ja, ist dann aber Regie.» sagt sein Chef.

Mike wartet Draussen beim Klostertor auf den alten Bussinger. Das Herbstwetter ist schön. Touristen tummeln auf dem Klostergelände. Er kann sich nicht vorstellen, einen freien Tag hier zu verbringen, geschweige denn ein Montagmorgen. Die Beiz hier, macht erst um Elf auf und ein Kaffee kostet 4.80. Rund um das Kloster ist Weinberglandschaft, ganz schön, aber nichts wovon er eine Postkarte kaufen würde.  

Ein alter, leicht dicker Mann, kommt vom Parkplatz und steuert direkt auf Mike zu. Er sieht aus wie hundert Jahre harte Arbeit und zieht an einer vollkommen verkohlten Pfeife. Wenn das nicht der alte Bussinger ist, dann frisst Mike eine Handvoll Nägel.

Der Alte streckt ihm die Hand hin, «Hans. Du bist Michael?» fragt er in einem Ton, der keine Antwort auf die Frage erwartet. Mike nickt und der alte Bussinger mustert ihn unzufrieden.

«Was für Werkzeug hast du hier?» fragt der Alte. Mike zuckt mit den Schultern und sagt, «Das übliche.» Der Alte schüttelt unzufrieden den Kopf und zeigt auf einen alten Toyota Bus. «Hol mir meine Werkzeugkiste. Sie ist hinten drin. Der Karren ist offen.»

Die Kiste ist locker über dreissig Kilo und der alte Lederriemen, schneidet Mike schmerzhaft in die Schultern. Bussinger wartet vor dem Stall, der zum Hotel werden soll. Bevor Mike es zu ihm schafft, verschwindet er durch das Scheunentor und runter in den Keller. Mike ist gezwungen, die klobige Kiste, alleine die Treppe hinunter zu schleppen. Unten angekommen sieht er, wie Bussinger den Bretterboden mit Fusstritten untersucht.

«Reiss mir mahl diese Dielen weg.», sagt der Alte. Mike schnappt sich ein Brecheisen und Bussinger setzt sich auf einige, in der Nähe stehende Kisten. Während sich Mike mit den Dielen abmüht, packt ihn die Neugier und er fragt, «Was ist das für eine Leitung?» «Geheim.» antwortet der alte Bussinger und zeigt mit der Pfeife auf den Boden, von dem Mike die Dielen reisst. «Eigentlich darfst du nicht wissen was da unten ist. Staats Sicherheit und so.» Mike versteht den Witz nicht und fragt, «Staatssicherheit?»


«Das Rohr gehört der Schweizer Armee. Zu mindestens hat es die Armee, in den Siebzigern, die Anlage gebaut. Ich bezweifle, dass die Armee noch weiss, dass hier etwas vergraben ist. Die vergraben ständig Zeug und vergessen dann, wo es ist.» erklärt Bussinger. Mike wundert sich wie alt der alte Bussinger ist. Kommt aber nicht dazu ihn zu fragen, denn unter dem Dielenboden, erscheint ein Schachtdeckel. Mike blickt erstaunt auf den soliden Metalldeckel. Sein Erstaunen wechselt schnell wieder zur Sorge, da der Deckel im gleichen fass mich nicht an Rot gestrichen ist, wie das Rohr. Bussinger steht auf und geht zu seiner Werkzeugkiste. Nach einigem Wühlen kommt er mit einem grossen Eisen bewaffnet zum Schacht. Mike stellt gerade die letzte Diele zur Seite, schon drückt ihm der Alte, einen überdimensionierten Inbusschlüssel in die Hände.

«Dreh erst den linken Grünen und dann Rot, und dann Blau. Unbedingt in dieser Reihenfolge, sonst explodiert der Deckel.» sagt Bussinger ganz ernst. Mike lächelt nervös und Bussinger schaut ihn weiter unzufrieden an. Der Deckel mag Rot sein, aber Mike glaubt nicht, dass er deshalb gleich explodiert. Ihm ist der Humor von Bussinger ein wenig Peinlich. Wenn Handwerker lange allein Arbeiten, werden sie im Alter schräg. Bussinger hat sich zum anderen Ende des Kellers zurückgezogen, er erwartet wohl, dass der Deckel wirklich explodiert. Mike ist diese Sorte, leicht gestörter Handwerker, lieber als die, die nicht aufhören zu Reden. Sein Geist ist nicht fürs Reden gemacht. Ein Haufen leerer Worte, ist für ihn wie Zuckerwatten fressen, da kriegt er nur Kopfweh.  

Mike schraubt die Verankerungen, genau in der vorgegeben Rheinfolge, vom Schachtdeckel. Wenn es nicht hilft, dann schadet es auch nicht. Der Alte erscheint über ihm, als er die letzte Schraube, aus der Verankerung zieht. «Jetzt mach einmal Platz. Ich muss mal schauen, ob ich das hier, auch noch richtig in Erinnerung habe.» Er studiert die beiden goldenen Griffe zu beiden Seiten des Deckels. Vorsichtig dreht er den ersten Griff und zieht an ihm, bis er eine gute Handbreite vorsteht.

Dann steht er wieder auf und starrt auf den anderen Griff. «Da muss ich mich auf den Bauch verlassen.» sagt er und zieht tief an seiner Pfeife. «Es war Links da bin ich mir fast sicher.» Er kniet sich schnaufend, vor den Schacht und beginnt vorsichtig den Griff nach Links zu drehen. Nach einer halben Drehung, beginnt es im Schacht zu klicken und surren. Der Schachteckel öffnet sich von allein und warme abgestandene Luft dringt hinaus. Bussinger kommt stöhnend wieder auf die Beine. «Schau an, wir Leben noch. Die hätten mir wirklich erlauben sollen, das Aufzuschreiben. Es ist ein Glück, das ich mich überhaupt noch an etwas erinnere. Ich war schon seit den Neunzigern nicht mehr hier.», sagt er und geht zu seiner Werkzeugkiste.

Mike geht zur Schachtöffnung und wirft einen vorsichtigen Blick hinunter. Mattes gelbes Licht scheint unten im Loch. Der Schacht ist erstaunlich gross und ist unten breiter als der Deckel oben vermuten lässt. Eine steile Treppe, geht gute drei Meter in die Tiefe. Mike sieht von oben nicht fiel, erst glaubte er es ist die Kanalisation. Dafür sind sie aber zu tief unten und der Tunnel scheint ihm zu gross, für eine Kanalisation.

Mike muss den alten Bussinger fragen was da unten ist. Er dreht sich um und erschrickt so sehr, dass er beinahe rückwärts den Schacht runterfällt. Der Alte, hat sich eine grüne Gasmaske übergezogen und steht schnaufend vor ihm. «Setz dir auch eine auf. Das Ding da unten könnte kaputt sein.» Er drückt Mike einen Plastikbeutel an die Brust. Mike nimmt den angebotenen Beutel entgegen und reisst, den schwarzen Plastik, mit sorgenvollem Gesicht auf. Darin ist eine nigelnagelneue, alte Armee Gasmaske, vom selben Model das Bussinger trägt. Jetzt wird es für Mike zu viel und er muss wissen was hier vor sich geht.

«Das ist wiegesagt geheim. Ich habe auf Gott und Vaterland geschworen, das Geheimnis zu hüten. Das wäre leichter, wen die da oben mich nicht ignorieren würden.» Bussinger scheint zu spüren, dass Mikes Neugier noch nicht befriedigt ist und so fügt er an, «Ich war hier für den Wartungsdienst ausgebildet. Trotz ständiger Beschwerden meinerseits, wurde keine neue Fachkraft ausgebildet. Also bleibt das wieder an mir hängen. Für dich ist es am besten, wenn du keine Fragen mehr stellst. Je weniger du weisst, desto leichter für dich. Jetz sei so nett und trag mir die Kiste hinterher.» Bussinger steigt den Schacht hinunter und pustet dabei angestrengt durch den Gasmaskenfilter. Mike schaut verzweifelt zischen der schweren Kiste und dem Loch hin und her. Ohne magische Mittel zuhanden, bleibt ihm nur das schwere Ding zu stemmen.

Wäre da eine Leiter anstelle der steilen Treppe, wäre es unmöglich gewesen die Kiste runterzubekommen. Erst recht, weil ihm nach den ersten Anstrengungen, die Gläser der Gasmaske angelaufen sind. Er will sich das Atem raubende Ding, vom Gesicht reissen, zwingt sich aber es weiter zu tragen. Er ist sich sicher, dass der kurzatmige Bussinger, nicht ohne guten Grund eine Gasmaske übergezogen hat. Unten angekommen, verweilt Mike keuchend auf den Knien, bis er die Energie hat, die neue Umgebung in Betracht zu nehmen.

Er findet sich in einem gewölbten Tunnel wieder. An der weissen Wand steht in dicken schwarzen Buchstaben, REAKTOR und ein Pfeil zeigt den Tunnel hinunter. Bussinger gestikuliert zur Kiste. «Das schlimmste hast du hinter dir. Es sind nur noch fünfzig Meter Tunnel, dann sind wir da.» seine Stimme dumpf hinter der Maske.

Er hat gelogen. Die fünfzig Meter wahren näher bei Hundert und mit der Maske auf, war das Schleppen, nochmals doppelt so hart. Unterwegs hat er bemerkt, dass die rote Leitung entlang der Decke des Tunnels verläuft. Das Schleppen hat ihm so viel Schweiss in die Maske getrieben, dass er kaum noch Umrisse erkennen kann. Er konnte also nicht merkt, das Bussinger, bei einer Türe zum Stehen gekommen ist. Er läuft Kopf voran, in die Schulter des Alten. Bei der Kollision rückt die Maske von Mikes Gesicht und ein schwall ungefilterte Luft schafft es in seine Lunge. Der Alte drückt Mike die Maske wieder aufs Gesicht, «Bis ich Messwerte von da drinnen habe, bleibt sie auf.»

Bussinger öffnet die Türe vorsichtig und schielt in den dahinter liegenden Raum. Mike kann nichts erkennen, drinnen ist es dunkel. Bussinger zeigt auf den Boden neben der Tür und Mike stellt die Kiste ab. Vom Schleppen müde, lehnt er sich an den Türrahmen und lässt Bussinger allein in den dunkeln Raum wandern.
Plötzlich geht ein Licht an, der Alte hat die Lichtschalter gefunden. Mehr und mehr Lampen knipsen an und erhellen den gewölbten Raum. Der Raum ist gross, fast so gross wie der Stall, oben im Kloster. Von hier, sieht es aus wie ein überdimensionierter Boiler und Heizraum. Mike glaubt aber nicht, dass es Boiler sind, die vor ihm in die Höhe ragen. Sie erinnern ihn an die Tanks, die in Opas Käserei stehen. Ein ganzes Gewirr von Leitungen, zieht sich zwischen den Chromstahl Behältern. Der Hauptteil der Maschinerie, sieht aus wie ein Kompressor. Die sich drehenden Räder und Zylinder sehen für Mike zumindest wie ein Kompressor aus. Was es wirklich ist, kann er nicht erraten und Bussinger wird es ihm wohl auch nicht erklären.

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NEU NEU NEU NEU
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Das rote Rohr von oben, verliert sich hier an der Decke, im Wurzelgewirr der Leitungen. In Weiss steht, auf einem kopfhohen Teil des Rohrs, ÜBERDRUCKLEITUNG. Das erklärt absolut Garnichts, denkt sich Mike. Bussinger stehet vor einem Kasten und stopft seine Pfeife. Mike zieht sich die verschwitze Gasmaske vom Kopf und gesellt sich zu ihm. Wenn der Alte glaubt, er kann hier unten Rauen dann muss die Luft sauber sein. Der Kasten vor ihnen sieht aus, als ob man von ihm aus, alle Gleise am Hauptbahnhof Zürich steuern könnte. Druckanzeigen und blinkende Lichter füllen die Oberfläche des Blechkastens Komplet aus. Mike rutscht ein erstauntes, «Scheisse!?» heraus. «Ja scheisse, da gebe ich dir Recht Junge. Das Ding dürfte nicht laufen. Das Teil sollte nur angehen, wenn von Draussen kein Strohm mehr kommt. Warum zur Hölle ist das Ding an?» sagt Bussinger.

Mike studiert die Armaturen und sieht zu seiner Erleichterung, nur blaue und grüne Lichter. Wenn nichts Rot leuchtet, dann kann es nicht so schlimm sein. Bussinger scheint anderer Meinung zu sein. Er flucht und kaut wütend auf seiner Pfeife herum. Mike versucht von den Anzeigen einen Hinweis auf die Funktion der Maschine zu finden. Es muss eine Art Stromgenerator sein, darauf lassen einige der Anzeigen schliessen.  

Plötzlich sagt Bussinger, zum komplett stummen Mike, «Still jetzt!» und haucht, mit der Hand am Ohr, in den Tunnel hinaus. Erst hört Mike nicht mehr als das Surren und Pfeifen von der Maschinerie im Raum. Dann kaum hörbar, kommt vom Tunnel das Klopfen von Schritten. Der alte Bussinger schüttelt den Tabak aus der Pfeife und steckt sie schnell weg. «Das ist der Mann! Pack deine Arme hinter den Rücken, steh gerade und atme durch die Nase. Verstanden? Und kein Wort von dir.» sagt der Alte ganz aufgeregt und stellt sich Stief neben Mike hin.

Die Schritte werden lauter und dann, steht da eine uniformierte Frau im Türrahmen «Was ist hier los? Was haben sie hier zu suchen?» fragt sie im Befehlston und mustert die beiden. «Ich bin Wartungsspezialist Bussinger. Ich bin direkt, Hauptmann H unterstellt.» Sie nickt und sagt, «Der Hauptmann, ist vor einem halben Jahr verstorben. Ich habe das Departement Mitternacht, nach seinem Tod übernommen. Ich bin Hauptmann F, ihr neuer befehlshabender Offizier.» Mike will instinktiv sagen das er nicht gedient hat. Schweigen scheint ihm vorerst aber doch die bessere Strategie.

«Wieso hat mich niemand, über Hauptmann H`s tot informiert. Ich habe dem alten Sack im letzten halben Jahr, bestimmt zehn Briefe geschickt.» sagt Bussinger ganz entrüstet. Die Hauptmann Frau lächelt müde und sagt, «Hauptmann H, hat alle seine Kontakte verschlüsselt. Wir konnten nur wenige dekodieren. Es hat sich herausgestellt, dass alle bekannten Kontakte neben ihm, auch verstorben sind. Den Schlüssel, den sie für ihre Briefe verwendet haben, konnten wir nicht dekodieren. Ich wusste schlicht nicht, wer sie sind und wo sie sich befinden.»

Die Frau und Bussinger schauen einander unzufrieden an. Ganz wie Mikes Chef und der Bauleiter, als sie die rote Leitung unter Anschein nahmen. Mike wundert sich, warum die Frau, ein Hauptmann ist und nicht eine Hauptfrau. Er traut sich aber nicht, eine Frau Hauptmann zu fragen, warum sie Hauptmann genannt wird. Die Frau Hauptmann stemmt die Arme in die Hüfte und fragt, «Wieso ist der Reaktor an. Ich dachte das ist unmöglich?»
  
«Nach den Anzeigen auf der Steuerung, gehe ich davon aus, dass die Bauarbeiten die Hauptleitung zum Netz, so lange gekappt haben, dass der Reaktor automatisch angesprungen ist. Wahrscheinlich sind die Batterien, die das verhindern sollten, schon lange leer.» sagt Bussinger. Mike gefällt es gar nicht das die Baustelle an dem schuld sein soll. Er will zum Widerwort ansetzen, doch noch bevor er einen Laut von sich bekommt, erfasst ihn die Frau Hauptmann mit einem strengen Blick. «Wer ist das?» Bussinger klopft Mike auf die Brust und sagt, «Das ist mein Handlanger.» Die Frau atmet frustriert ein und sagt dann, mit falscher Geduld, «Sie haben einen ungeprüften Zivilisten in eine streng geheime Anlage geführt.»  

«Ich bin einundsiebzig Jahre alt. Ich kann nicht allein Arbeiten und Michael hier, wird schon nichts davon den Russen erzählen. Und sowieso Frau Hauptmann, haben sie vergessen, DAS DAS DING AN IST! DIE KATZE IST AUS DEM SACK!» Mike schreckt zurück von den lauten Worten Bussingers. Die Frau Hauptmann ist von dem Gebelle des Alten, nicht beeindruckt. Sie reibt frustriert mit den Fingern an ihrer Stirn und tapt einen nervösen Rhythmus mit ihren glänzenden Schuhen. Dann baut sie sich vor Bussinger auf und sagt, «Sie sind der Wartungsspezialist, dieser Anlage und deshalb im falschen Glauben, dass die Anlage etwas Spezielles ist. Hauptmann H hat dutzender dieser alten Schwerwasser Reaktoren, für seine Anlagen verwendet.» Bussinger will ihr ins Wort fallen, aber sie zwingt ihn, mit einem drohenden Finger, still zu bleiben.

Mike fühlt sich, wie eine Katze im Hundezwinger. Die Frau Hauptmann zieht ihren Finger zurück und erklärt weiter, «Ich stimme ihnen zu. Die Sache ist kreuzgefickt und keine Salbe macht eine Jungfrau draus. Der Reaktor sollte nicht an sein und er hätte Alarm schlagen sollen als er an ging. Das sind bereits zwei untolerierbare Fehler. Hauptmann H hat die Scheisse gebaut, ich werde es ausbaden müssen.» wütend zerquetscht sie eine Schabe, die sich an ihr vorbei schleichen will.

Bussinger beginnt zu lachen. Frau Hauptmanns Antwort, ist ein Blick, der aus gleichen Teilen Verwirrung und Mordlust besteht. Der Alte verschluckt sein ungewolltes Gelächter und sagt, «Sie müssen entschuldigen Frau F, aber es ist schon lustig, wie sich die Geschichte wiederholt.» Sie schüttelt den Kopf und sagt, «Nein ich entschuldige sie nicht. Was ich von ihnen jetzt wissen will ist, können sie den Reaktor abstellen?» Bussinger nickt und sagt, «Das geht theoretisch. Der Reaktor muss lange abkühlen, aber ja, er lässt sich abstellen. Das ändert nichts daran, dass ich ihn nicht abstellen werde.» Er klatscht mit der Hand auf Mikes Schulter. «Vor knapp fünfzig Jahren stand ich ihr, wo Michael jetzt steht. Wo ich stehe, stand der alte Bischoff des Klosters und wo sie stehen, Frau F, da stand ein junger Hauptmann H. Es machte ihn genau so wütend wie sie, den Dreck anderer aufräumen zu müssen. Sie sagten ich hätte den falschen Glauben, das dieser Reaktor hier speziell ist. Das lässt mich glauben, dass Hauptmann Härter ihnen nie die ganze Wahrheit erzählt hat. Was glauben sie, warum er diesen Reaktor hier gebaut hat?»

Die Frau Hauptmann setzt sich auf den Stuhl vor der Reaktor Steuerung und starrt stumm auf die grossen Stahlbehälter. Bussinger nimmt ihr Schweigen als Einladung, seine eigene Frage zu beantworten, «Wenn sie glauben, ich schalte das Ding aus und sie machen oben den Deckel zu und wir vergessen das Ganze, dann muss ich sie warnen. Der Reaktor ist nicht das, worüber sie sich Sorgen machen müssen. Sie sollten sich sorgen, was passiert wenn er nicht mehr läuft.»

Die Frau Hauptmann lächelt müde, «Herr B, bitte. Der kalte Krieg ist vorbei und sollten die Russen morgen angreifen, dann hilft uns ein fünfzig Jahre alter Reaktor auch nichts. Egal wie viele Störsender er mit Strom versorgen kann.»

Bussinger schüttelt den Kopf und sagt, «Der Reaktor produziert keinen Strom für Störsender. Er dient als Notstrom Aggregat für das Kühlsystem.» «Was für ein Kühlsystem?» fragt Frau F. Bussinger zeigt auf das andere Ende des Raums und sagt, «Es ist einfacher, wenn ich es ihnen zeige.» Mike sieht keinen Grund den beiden zu folgen, Die Frau Hauptmann Pakt ihn aber am Arm und sagt, «Sie kommen mit.»

Bussinger öffnet eine Holztür und sie betreten einen weiteren Tunnel. Das Mauerwerk im Tunnel wirkt alt, richtig alt. Die Mauern sind aus Bollenbstein gemauert, hier und da schützen Holzriegel den Tunnel vor dem Einsturz. Auch hier verläuft ein Rohr an der Wand entlang. Das hier ist Blau und alle zehn Meter mit dem Wort HAUPTLEITUNG beschriftet. Nach gefühlten fünfzig Meter erreichen sie das Ende des Tunnels. Die Holztüre hier, ist mindestens so alt wie das Kloster darüber. Mike fröstelt es. Hier ist es weitaus kälter als im Reaktor Raum. Bussinger stemmt sich gegen die alte Holztür. Die verrosteten Scharniere geben langsam nach und mit einem wehleidigen Krächzen, schwingt die Türe zur Seite.

Die Frau Hauptmann kneift Mike in den Arm. «Aua Verdammt!» rutscht es Mike raus. Die Frau lächelt und sagt, «Sie sehen aus, als hätten sie es nötig.» Mike gibt ihr recht, auch wenn es nicht geholfen hat. Er glaubt immer noch, dass er träumt. Das Gewölbe, das sie gerade betreten haben, sieht für ihn genau so aus wie die frühmittelalterliche Kirche oben im Kloster. Nur das die hier dreissig Meter unter der Erde ist und mit fünfhundert Jahren Staub und Spinnweben verhangen ist. Das gesamte Gewölbe und die Wände sind, von oben bis unten, mit farbigen Heiligenbildern bemalt. Selbst Mike, der ärztlich diagnostizierte Kulturbanause, kann nicht aufhören die Malereien anzustarren. Mike wünscht sich mehr Licht. Die wenigen Lampen erzeugen nicht genug davon. Teile des Gewölbes bleiben im Schatten verborgen und machen die dort versteckten Bilder unerkenntlich.


Die Kirche hat keine Bänke. Der mit Mosaiken geschmückte Boden, ist bis auf ein aus der Mitte, aus dem Boden ragendes Brunnenloch, leer. Der Brunnen wirkt fehl am Platz. Er ist aus komplett schwarzen Steinen gemauert und im Vergleich zum Rest der Kirche schmucklos. Aus seinem Inneren kommen zwei komplett vereiste Schläuche, die sich am Boden entlang zu einem im Dunkel liegenden Nebenraum schlängeln. Aus dem Nebenraum kommt das Surren von Maschinen. Mikes Instinkt packt seine Beine und er will die Flucht ergreifen. Bussinger versperrt ihm den Weg. Mike glaubt erst das er wieder seine Pfeife raucht, bis er bemerkt das es sein Atem ist, der in der Luft gefriert.


«Von hier, gibt es kein Zurück mehr. Du steckst schon zu tief mit drinnen mein Junge. Ich könnte lügen und dir sagen das es mir leid tut. Aber mit mir, hatte auch nie jemand Mitleid.» Er wirft einen Blick über Mikes Schulter und ruft dann, «Frau Hauptmann F, bitte bleiben sie vom Brunnen weg, das kann warten.» Mike dreht sich um und sieht, dass die Frau eine kleine Taschenlampe in der Hand hält, die sie starr auf den Brunnen hält.

«Ich glaube sie wollen jetzt hören, was ich ihnen zu sagen haben.» Die Frau Hauptmann nimmt ihren Fokus vom Brunnen und nickt Bussinger zu. Der schliesst seine Jacke vor der Kälte und scheint über seine nächsten Worte nachzudenken. Nach einem kurzen Moment stille sagt er, «Als ich damals mit Hauptmann Härter hierherkam, wollte er nur wissen, warum diese Anlage mehr Strom verbraucht als die anderen Bunker. Erst recht, weil die meisten Bunker nach dem Krieg kaum noch besetzt waren. Ich habe damals mit meinem Vater zusammen die Wasser und Strom Anlagen der Gemeinde verwaltet, was uns auch zum logischen Kontakt für die Armee machte. Wir wurden vom Bischof begrüsst und freundlich abgewiesen. Er würde uns nicht in die Katakomben lassen. Nicht ohne Erlaubnis einer höheren Autorität.»

Bussinger steckt seine Hände in die Jackentasche und schaut zum Gewölbe hinauf, «Der Hauptmann Härter konnte noch nie ein Nein hören. Erst recht nicht von einem Zivilisten. Aber der Bischoff war vehement, er würde uns nicht reinlassen. Bis der Hauptmann mir befahl, einfach Wasser und Strom der Anlage zu kappen, dann endlich gab der Bischof nach. Der Bischof führte uns nach unten. Im Reaktor Raum stand ein Kühlsystem, alt aber in gutem Zustand. Ich erkannte auf dem Wartungsheft die Handschrift meines Vaters. Bis zu diesem Tag, hat er mir nie von der Existenz dieser Anlage erzählt. Von jeder anderen Anlage, egal wie geheim wusste ich.»  

Bussinger lächelt und fixiert die Frau Hauptmann mit einem wissenden Blick, «Wie sie hier und jetzt, schaute der Hauptmann damals ungläubig auf die gefrorenen Leitungen. Was und warum gefriert die Armee hier unten etwas ein, war die Frage von ihm. Ich war genau so versessen auf eine Antwort wie der Hauptmann. Der Bischoff brachte uns hier hin und bat uns in den Brunnen zu blicken. Die Neugierige war zu gross, als das ich nicht hineinschauen hätte können. Selbst nachdem mir Hauptmann Härter befahl es nicht zu tun. Denn er stand vor mir am Brunnenrand und wusste was unten wartet. Sie wollen wissen, warum ich den Reaktor nicht abstelle, die Antwort ist dort unten.»

Die Frau Hauptmann F richtet das Licht ihrer Taschenlampe wieder auf den Brunnen. Bussinger greift ihren Arm und sagt, «Die brauchen sie nicht, glauben sie mir.» Nach einem kurzen forschenden Blick in Bussingers Augen, übergibt sie ihm die Lampe. Mike schaut zu, wie die Frau zielstrebig auf das schwarze Mauerwerk zu steuert. Er will ihr zurufen, dass sie es lassen soll und sie alle zusammen wieder rauf in die normale Welt zurückkehren sollten.

Sie bleibt bei der Brunnen Mauer stehen und zögert einen Moment, bevor sie hinunterschaut. Mike erwartet ein ungesehenes Monster, das die Frau mit langen Armen packt und ins Dunkel hinunterreisst. Nichts geschieht, sie starrt für einen langen Moment in das Loch und dreht sich wieder zu ihnen um. Bussinger ruft ihr zu, «Wollen sie den Reaktor immer noch abstellen.» Sie schüttelt abwesend ihren Kopf. Auf dem Weg zurück zu Mike und Bussinger, schaut sie immer wieder über ihre Schultern zum Brunnen.

Sie ist bleich und ihre ersten Worte, sind fast ein Flüstern, «Wir müssen das alles hier erneuern. Das wurde viel zu lange vernachlässigt. Ich werde mich auf ihr Wissen verlassen müssen Herr B. Sie sind zwingend Teil der Massnahmen.» Bussinger schüttelt amüsiert den Kopf, «Ich bin auch nicht mehr lange hier.» Er klopft mit zwei Fingern auf seine Rippen. «Krebs. Mir bleibt nicht genug Zeit, um all das hier aufzuräumen.»

Der Blick von Frau Hauptmann ist ohne jedes Mitleid. In ihren Augen spiegelt sich nur die Erwartung, dass der alte Bussinger, eine Wiedergutmachung für seinen verfrühten Tod, zu Händen hat. Bussingers grobe Hand greift Mike am Unterarm und reisst ihn aus der Schockstarre. «Ich will das der Junge auch in den Brunnen schaut.» Mike und die Frau sagen gleichzeitig «Nein!» Dann ist die Frau schneller mit der Frage, «Warum?»

«Weil ich mich schon einmal, auf einen Hauptmann verlassen habe. Diesen Fehler mache ich nicht nochmal. Die Armee vergisst ihre eigenen Geheimnisse. Mir wurde immer wieder gesagt, ich soll und kann auf die Protokolle vertrauen, schau wohin uns das geführt hat. Es ist besser wenn mehr und nicht weniger davon wissen» Bussinger versenkt seine Finger schmerzhaft in Mikes Arm, «Junge. Geh zum Brunnen und schau hinein.» Seine grauen Augen fixieren ihn bis die Stimme von Frau Hauptmann F, die kalte Stille durchbricht, «Ich befehle ihnen den Mann loszulassen. Haben sie verstanden.»

Bussinger lächelt, «Ich habe so etwas schon erwartet.» Er nimmt einen Schritt zurück und zieht eine Pistole aus der Jackentasche. «Der Junge schaut in den Brunnen. Es gibt kein zurück, keinen anderen Weg.» Mike starrt reglos auf die gezogene Waffe. Instinkt schreit in ihm auf und will das er davonläuft. Der wissende Teil seines Geistes, sagt ihm das man von Kugeln nicht davonlaufen kann. Bussinger winkt mit der Waffe Richtung Brunnen und zwingt Mike loszulaufen. Ohne zu wollen, tragen Mikes Füsse, ihn in Richtung Brunnen. Er hört, wie die Frau hinter ihm sagt, «Haben sie vollständig den Verstand verloren!» Bussingers Stimme antwortet ihr, «Nein, ich konnte nur nicht vergessen, was ich da unten gesehen habe. Er wird es auch nicht. Drauf kann ich mich verlassen.»

Die fünfzehn Metter bis zum Brunnen kosten ihn keine Minute. Es fühlt sich an, als ob ihm, von hier nach da, ein Leben durch die Finger geglitten ist. Der Stein der Brunnenmauer ist schwarzes Glas. Mike legt seine zitternden Hände auf den Rand. Alles, was er vom Leben wollte, war ein unkompliziertes Dasein. Ehrliche Arbeit und dann in Frieden sterben. Seine Finger sind taub und er spürt seinen Körper nicht mehr. Er blickt in den Abgrund und der Abgrund blickt zurück.
Fin.


Text Wand ist Massiv, danke fürs Lesen.
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Struwwelpeter
Geschlecht:weiblichLeseratte

Alter: 30
Beiträge: 157



Beitrag31.10.2023 11:17

von Struwwelpeter
Antworten mit Zitat

Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung bedürfen einer nochmaligen Überprüfung.
Bis zum explosiven Deckel habe ich den Text verschlungen. Danach wollte ich endlich wissen, was dort unten ist. Die Begegnung mit der Frau Hauptmann ist sehr lang und zögert alles hinaus.
Das Ende lässt mich nachdenklich zurück. Was zum Teufel sieht er dort? Es muss grausig sein, unaussprechlich. Meine Fantasie malt sich alles Mögliche aus. Andererseits hätte ich mir vielleicht mehr Andeutungen gewünscht, was sich denn nun dort befindet.
Ich würde den Weg straffen. Der alte Herr redet sehr viel.
Ansonsten gern gelesen!


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Ihre Locken waren Wendeltreppen in den Himmel.
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Ralphie
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Beiträge: 6413
Wohnort: 50189 Elsdorf
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Beitrag31.10.2023 12:51

von Ralphie
Antworten mit Zitat

Was sind fünfzehn Metter?
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RMAK
Gänsefüßchen


Beiträge: 37
Wohnort: Schweiz


Beitrag31.10.2023 14:26

von RMAK
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ralphie hat Folgendes geschrieben:
Was sind fünfzehn Metter?


Ein Dorf ausserhalb Stuttgart.

Wie ich für solche Fehler blind sein kann ist mir immer noch ein Rätsel. Mir ist aufgefallen das "text to speech" Programme für mich sehr hilfreich sind. Blöd nur das die meisten sehr teuer sind oder die Stimmen so klingen als ob sie aus einem DDR SciFi Hörspiel kommt.
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RMAK
Gänsefüßchen


Beiträge: 37
Wohnort: Schweiz


Beitrag31.10.2023 14:35

von RMAK
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Struwwelpeter hat Folgendes geschrieben:
Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung bedürfen einer nochmaligen Überprüfung.
Bis zum explosiven Deckel habe ich den Text verschlungen. Danach wollte ich endlich wissen, was dort unten ist. Die Begegnung mit der Frau Hauptmann ist sehr lang und zögert alles hinaus.
Das Ende lässt mich nachdenklich zurück. Was zum Teufel sieht er dort? Es muss grausig sein, unaussprechlich. Meine Fantasie malt sich alles Mögliche aus. Andererseits hätte ich mir vielleicht mehr Andeutungen gewünscht, was sich denn nun dort befindet.
Ich würde den Weg straffen. Der alte Herr redet sehr viel.
Ansonsten gern gelesen!


Danke fürs Lesen. Ich setzte mich am Wochenende nochmal hin und hack die toten Äste vom Dialog weg.

Ich weiss auch nicht was unten im Loch ist. Habe mich nicht getraut reinzuschauen.
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