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tscheims Leseratte
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Beiträge: 106
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T 11.06.2023 04:18 Multiperspektivisches Erzählen - Verwebung der einzelnen POVs von tscheims
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Hallo Zusammen
Ich arbeite gerade am Outline für meinen zweiten Roman. (Damit ich mir bei der Agentursuche / Verlagssuche die Zeit vertrödeln kann.)
Ich habe drei Handlungsstränge, die jeweils aus in der Ich-Perspektive und im Präsens erzählt werden. Und zwar eine alleinerziehend Hausfrau (1), ihren autistischen Sohn (2) und ein Nachbar, der an einer Depression leidet (3).
Die Wichtigkeit der Handlungsstränge sind 2,1,3. Das heisst, der POV des autistischen Kindes nimmt den grössten Raum ein und das Kind macht auch die grösste Entwicklung durch.
Handlungsstrang 1 und 2 sind von Anfang an miteinander verwoben. Der dritte Handlungsstrang wird erst am Ende mit den anderen Handlungssträngen verwoben (Er muss erst lernen, wieder aus seiner Wohnung rauszukommen.)
Ich habe mir jetzt mal zwei verschiedene Verwebungen überlegt. (Wobei sich die Stränge nicht periodisch wechseln müssen, und auch nicht werden, da nicht alle Handlungsstränge gleich viel Raum einnehmen.)
Was bei beiden gleich bleibt:
Für mich wirkt es am stimmigsten mit der wichtigen POV zu beginnen und auch damit zu enden. Und mit dem unwichtigsten POV erst später zu starten und ihn früher enden zu lassen. (Erinnert mich jedenfalls ein bisschen an die Verschachtelung der Themen aus dem Mice-Quotienten)
Variante 1:
Autist 1
Hausfrau 1
Autist 2
Hausfrau 2
...
Nachbar 1
Nachbar 2
...
Nachbar n
Hausfrau n
Autist n
Nachteil. Handlungsstrang 1 und 2 wird komplett unterbrochen und die Relevanz von diesem Erdzählstrang ist nicht von Anfang an klar. Könnte des Leser zu fest aus der Story rausreissen.
Variante 2:
Autist 1
Hausfrau 1
Autist 2
Hausfrau 2
...
Autist m
Hausfrau m
Nachbar 1
Autist m+1
Hausfrau m+1
Nachbar 2
...
Nachbar n
Hausfrau n
Autist n
Nachteil: Könnte wie ein Hin- und Hergehobse wirken, wenn alles parallel erzählt wird.
Jetzt die Frage an die Mehrerfahrerenen: Wie würdet ihr diese Handlungsstränge verweben? Was für Erfahrungen habt ihr in euren Projekten gemacht? Habt ihr Bücher gelesen, die dieses Problem erfolgreich gelöst haben?
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Pickman Plottdrossel
Beiträge: 2301 Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare
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11.06.2023 07:13
von Pickman
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Ich würde es so machen, dass es halbwegs chronologisch ist.
_________________ Tempus fugit. |
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wohe Klammeraffe
W Alter: 71 Beiträge: 641 Wohnort: Berlin
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W 11.06.2023 08:45
von wohe
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Hi tscheims,
ich kann nur nach meinem eigenen Lesegeschmack urteilen. Dieser besagt, dass parallele Handlungsstränge nicht zu sehr ausufern dürfen.
Ich bin eine großer Freund von Gradlinigkeit.
Wenn man Handlungsstrang A besonders spannend findet und dann durch Strang B "rausgerissen" wird, kommt das nicht gut. Auch das Hin- und Hergehopse kann den Stimmung-/Spannungsaufbau beeinträchtigen, den Leser eventuell verwirren.
-->
Der Primärstrang sollte nur durch kurze und möglichst wenig Parallelstränge unterbrochen werden, also nur, um eine andere Sichtweise eines Problems darzustellen oder wirklich wichtige Abläufe, die für das Verständnis der anderen Seite nötig sind, zu erläutern.
Auch sollte der Übergang fließend sein, es sollten also nicht durch cliffhänger unterbrochene Abschnitte aneinander gereit werden, sondern A könnte von B berichten, der dann weiter agiert oder A könnte etwas tun, was B auch grade tut oder so.
Bez. der Chronologie schließe ich mich Pickmans Meinung an.
Beispiel: Arno Schmidt "Kaff". Hier erzählt der Prota im Strang A seiner Freundin immer dann eine Geschichte (= Strang B, der sich bei jedem Folge"aufruf" fortsetzt), wenn ein Triggerpunkt auftaucht, also eine Assoziation möglich ist oder die Freundin neugierig ist, wie es weiter geht.
MfG Wohe
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Thomas74 Exposéadler
Alter: 49 Beiträge: 2346 Wohnort: Annaburg
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11.06.2023 08:58
von Thomas74
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Ohne den Inhalt zu kennen, sind Ratschläge hier Kaffeesatzleserei. Funktionieren kann beides.
_________________ Optimismus ist, bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!!" zu rufen. |
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Caliban Eselsohr
Alter: 49 Beiträge: 306 Wohnort: Passau
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11.06.2023 09:08
von Caliban
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Denke nicht, dass man die Aufteilung vorher so abstrakt festlegen kann, weil das ja am Ende von der Geschichte / den einzelnen Handlungssträngen abhängt.
Wenn man das ABC-Story-Structure Modell zugrunde legt, geht es einfach nur darum, dass der wichtigste Handlungsstrang (A-Story) am meisten Szenen innerhalb der Akte / der Geschichte bekommen sollte. Danach folgt dann die B-Story, die genauso viele oder weniger haben kann und die C-Story (Show Runner), mit wenigen Szenen.
Kann natürlich auch mehr Handlungsstränge geben, ist ja nur ein Modell. Bei mir wechseln die Perspektiven je nach Bedarf, um die Story so unterhaltsam wie möglich erzählen zu können.
Die einzelnen Handlungsstränge einer Geschichte sollten sich immer irgendwie gegenseitig beeinflussen, andernfalls könnte man sie ja auch weglassen. Wo dies am besten stattfinden sollte, hängt wieder von der Geschichte ab.
_________________ erichschreiner.de |
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Levo Klammeraffe
L
Beiträge: 869
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L 11.06.2023 09:38
von Levo
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Ich denke, das kannst Du machen, wie Du willst, Du musst "nur" den Lesy bei der Stange halten. Das heißt, das Ende jedes POV-Kapitels spannend genug machen, dass sich der Leser freut, wenn der Erzählfaden später wieder aufgenommen wird.
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tscheims Leseratte
T
Beiträge: 106
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tscheims Leseratte
T
Beiträge: 106
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T 11.06.2023 09:58
von tscheims
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wohe hat Folgendes geschrieben: | Hi tscheims,
ich kann nur nach meinem eigenen Lesegeschmack urteilen. Dieser besagt, dass parallele Handlungsstränge nicht zu sehr ausufern dürfen.
Ich bin eine großer Freund von Gradlinigkeit.
Wenn man Handlungsstrang A besonders spannend findet und dann durch Strang B "rausgerissen" wird, kommt das nicht gut. Auch das Hin- und Hergehopse kann den Stimmung-/Spannungsaufbau beeinträchtigen, den Leser eventuell verwirren.
-->
Der Primärstrang sollte nur durch kurze und möglichst wenig Parallelstränge unterbrochen werden, also nur, um eine andere Sichtweise eines Problems darzustellen oder wirklich wichtige Abläufe, die für das Verständnis der anderen Seite nötig sind, zu erläutern.
Auch sollte der Übergang fließend sein, es sollten also nicht durch cliffhänger unterbrochene Abschnitte aneinander gereit werden, sondern A könnte von B berichten, der dann weiter agiert oder A könnte etwas tun, was B auch grade tut oder so.
Bez. der Chronologie schließe ich mich Pickmans Meinung an.
Beispiel: Arno Schmidt "Kaff". Hier erzählt der Prota im Strang A seiner Freundin immer dann eine Geschichte (= Strang B, der sich bei jedem Folge"aufruf" fortsetzt), wenn ein Triggerpunkt auftaucht, also eine Assoziation möglich ist oder die Freundin neugierig ist, wie es weiter geht.
MfG Wohe |
Ja, du schneidest einen guten Punkt an. (Und vermutlich auch gerade das Hauptproblem von meinem Konstrukt), wenn der Leser erst gegen Ende von Handlungsstrang 3 erfährt, warum dieser relevant ist, fragt er sich vorher: Das soll das Ganze? - das Problem bleibt bestehen, egal in welcher Reihenfolge ich die Stränge erzähle.
& vielen Dank für den Romantipp.
Lg tscheims
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tscheims Leseratte
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Beiträge: 106
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T 11.06.2023 10:02
von tscheims
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Caliban hat Folgendes geschrieben: | Denke nicht, dass man die Aufteilung vorher so abstrakt festlegen kann, weil das ja am Ende von der Geschichte / den einzelnen Handlungssträngen abhängt.
Wenn man das ABC-Story-Structure Modell zugrunde legt, geht es einfach nur darum, dass der wichtigste Handlungsstrang (A-Story) am meisten Szenen innerhalb der Akte / der Geschichte bekommen sollte. Danach folgt dann die B-Story, die genauso viele oder weniger haben kann und die C-Story (Show Runner), mit wenigen Szenen.
Kann natürlich auch mehr Handlungsstränge geben, ist ja nur ein Modell. Bei mir wechseln die Perspektiven je nach Bedarf, um die Story so unterhaltsam wie möglich erzählen zu können.
Die einzelnen Handlungsstränge einer Geschichte sollten sich immer irgendwie gegenseitig beeinflussen, andernfalls könnte man sie ja auch weglassen. Wo dies am besten stattfinden sollte, hängt wieder von der Geschichte ab. |
Geb ich dir Recht. Das ist ja erstmals eine Idee. Bei der ersten, zweiten Fassung wird sich vermutlich herauskristallieren, wie es konkret am besten passt.
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Pickman Plottdrossel
Beiträge: 2301 Wohnort: Zwischen Prodesse und Delectare
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11.06.2023 10:11
von Pickman
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tscheims hat Folgendes geschrieben: | Pickman hat Folgendes geschrieben: | Ich würde es so machen, dass es halbwegs chronologisch ist. |
Hallo Pickman. Das ist ein sehr guter Hinweis. So wenig Verwirrung wie möglich. Ergibt für mich Sinn. |
_________________ Tempus fugit. |
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6421 Wohnort: 50189 Elsdorf
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11.06.2023 11:17
von Ralphie
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Ich empfehle den auktorialen Erzähler. Ist zwar etwas aus der Mode geraten, aber in deinem Fall würde er passen.
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Grim Eselsohr
Beiträge: 280
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11.06.2023 11:26
von Grim
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Thomas74 hat Folgendes geschrieben: | Ohne den Inhalt zu kennen, sind Ratschläge hier Kaffeesatzleserei. Funktionieren kann beides. |
Sehe ich auch so.
_________________ bonk |
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tscheims Leseratte
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Beiträge: 106
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tscheims Leseratte
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Beiträge: 106
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Ralphie Forenonkel
Alter: 71 Beiträge: 6421 Wohnort: 50189 Elsdorf
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11.06.2023 11:55
von Ralphie
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tscheims hat Folgendes geschrieben: | Ralphie hat Folgendes geschrieben: | Ich empfehle den auktorialen Erzähler. Ist zwar etwas aus der Mode geraten, aber in deinem Fall würde er passen. |
Lieber Ralphie.
Das ist ein sehr guter Gedanke, denn ich sicher zu Ende spinnen sollte. Um ehrlich zu sein habe ich keinerlei Erfahrung mit dem auktorialen Erzähler. Ein gleichbleibender Sound des Erzählers könnte (denke ich jetzt mal) das Rahmenthema (in meinem Fall: Einsamkeit) besser zusammenhalten. Behalte ich jedenfalls im Hinterkopf. Danke für den Hinweis. |
Erzähl aus der Sicht eines englischen Erzählers aus dem 19. Jahrhundert. Dann bist du immer auf der sicheren Seite. Hinterher kannst du immer noch sagen, du wärst ein Verehrer von Dickens und Thackerey.
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tscheims Leseratte
T
Beiträge: 106
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Grim Eselsohr
Beiträge: 280
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11.06.2023 13:34
von Grim
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tscheims hat Folgendes geschrieben: | Grim hat Folgendes geschrieben: | Thomas74 hat Folgendes geschrieben: | Ohne den Inhalt zu kennen, sind Ratschläge hier Kaffeesatzleserei. Funktionieren kann beides. |
Sehe ich auch so. |
Lieber Grim
Lieber Thomas74
Das klingt für mich, als ergibt sich die Verwebung der einzelnen POVs beim Schreiben sozusagen als iterativen Prozess.
Meine zwei Schemas waren nur Beispiele, was ich mir im Moment vorstellen kann. (Ob eines der beiden oder was ganz anderes sein wird, wird sich zeigen).
Es geht mir im Grossen und Ganzen nicht um die zwei Schemas, sondern eher um ein Über-den-Tellerrand-blicken. Was sind eure Erfahrungen, Hinweise, Tipps im Kontext Multiperspektive und verweben von Handlungssträngen? - Wie ihr ganz richtig gesagt habt: Auch ich gehe nicht davon aus, das mir jemand eine Musterlösung anbieten kann.
Lg James |
Es kommt darauf an, was du überhaupt mit den Perspektive erzielen willst. Wenn du sie brauchst, um Infos einzustreuen, dann richtet sich die Reihenfolge sowieso danach, welche Infos du gerade benötigst.
Ich habe in einem Buch mehrere POVs u.A. deswegen einführt, weil mir nur die POV der Protagonistin zu düster und verzweifelt ist. In dem Fall ist der Wechsel eben regelmäßig.
Allgemein habe ich ein ungefähres Auge darauf, dass sich die Szenen vom Tempo her ergänzen. Wenn eine POV sehr ruhig wird, kann man zwischendurch zur anderen wechseln, wo es knallt. Man darf nur nicht allzu vorhersehbar werden.
_________________ bonk |
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Günter Wendt Exposéadler
Beiträge: 2865
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11.06.2023 21:11
von Günter Wendt
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Variante 1 gefällt mir.
Vielleicht kommen die Stränge irgendwann zusammen? Eine Geschichte aus mehreren Perspektiven, man kann die gleichen Szenen aus verschiedenen Perspektiven erzählen und sie dann aus der Sicht eines Dritten zusammenführen.
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Bernd Wortedrechsler
B Alter: 54 Beiträge: 52
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B 11.06.2023 23:31
von Bernd
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tscheims, schau dir vielleicht mal "The Girl on the Train" an. Dieser Roman arbeitet mit drei Ich-Erzählerinnen.
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tscheims Leseratte
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tscheims Leseratte
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tscheims Leseratte
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