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Was vom Herbst übrig blieb


 
 
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag20.11.2022 21:00
Was vom Herbst übrig blieb
von Constantine
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat









    Jeder hatte sie um ihre Schönheit beneidet. Vor allem um ihre langen, blonden Haare und den grünen Augen. Oft wurde sie auf ihre faszinierende Augenfarbe angesprochen. Wie Smaragde. Tja, wer mag es ihr verdenken, dass sie ihr Äußeres zu ver- und überdecken suchte, um nicht aufzufallen und lieber über andere Themen zu reden. Zog sie nicht dennoch alle Blicke auf sich? Engelsgleich. Dieser Wortlaut ging seinerzeit durch die Presse. Ich glaube, sie wäre bald achtzehn geworden, bevor sie spurlos verschwand. Muss vor zehn, fünfzehn Jahren gewesen sein. Wie die Zeit vergeht, nicht wahr? Ich erinnere mich noch an sie. Lina.

    Sie hatte viele Verehrer, aber sie hatte kein Interesse, wenn Sie verstehen, was ich meine. Sie schien sich mit ihrer besten Freundin wegen irgendwas verkracht zu haben. Blöde Sache, aber nun ja. Teenager halt. Die hätten sich wieder vertragen. Leider kam es nicht mehr dazu. Man vermutete, dass sie private Probleme hatte. Das Naheliegende eben: Elternhaus, Freundes- und Bekanntenkreis, Klassenkameraden. Ob Drogen oder Alkohol im Spiel waren, weiß ich nicht. Anscheinend war sie ziemlich unzufrieden, trieb sich in diversen Foren rum, hatte wohl auch jemanden im Netz kennengelernt, wie sich später herausstellte. Tja, ihre Eltern trennten sich das Jahr darauf.

    In den Sozialen Medien war sie sehr aktiv, setzte sich energisch für Tierschutz und gegen rechte Gewalt ein. ›Tod allen Tierquälern‹ und ›Scheiß Nazis‹ waren seit Jahren ihre beliebten Slogans. Dann änderte sich zu der Zeit spürbar die Stimmung im Netz. Lina hatte auf einen Kommentar mit einem Scherz geantwortet. Tja, die Sozialen Medien verstehen Ironie nur mit Smileys und Emojis. Der Shitstorm war heftig; der Hass und die Wut erschreckten sie zunächst. Sie ließ sich dennoch nicht unterkriegen. Die Lina. Sie war schon toll. Bildhübsch. Und sehr gescheit und aufgeweckt. Wollte von hier wegziehen und studieren: Tiermedizin, was sonst!

    Tja, und dann verschwand sie. Muss im Herbst gewesen sein. Ist das nicht die Jahreszeit, in der die Natur sich darauf vorbereitet, wiedergeboren zu werden oder zu sterben? Sorry, da werde ich melancholisch, wenn ich daran denken muss. Lina ging joggen und kam nicht heim. Niemand hatte was gesehen oder gehört. Das typische, kennt man ja. Im Laub wurde ihre Mütze gefunden. Ist das nicht traurig? Ein Mensch verschwindet und was bleibt? Seitdem gilt Lina als verschollen. Ihre Vermisstenfahndung hängt im Polizeirevier nicht mehr aus. Was gibt es dazu noch zu sagen? Der Herbst schlägt manchen aufs Gemüt, nicht wahr?





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tronde
Klammeraffe
T


Beiträge: 522

Das goldene Aufbruchstück Das silberne Niemandsland


T
Beitrag28.11.2022 00:16

von tronde
Antworten mit Zitat

Hallo!
Gut geschriebene Rede/Geschichte. Der Erzähler wirkt lapidar auf mich, klingt konsistent durch, was ich gut finde.
Was mich stört: Zwar geht es um die Frage, wo Lina ist, aber ich frage mich das nicht. Es fehlt mir das Besondere an Lina, das letzte Quäntchen, weswegen ich mich für sie interessieren sollte. Es sind halt viele Allgemeinplätze, der blonde, engagierte Engel mit den "üblichen" Teenager Problemen. Klar ist es eine traurige Geschichte, aber eine unter vielen und eben nicht "die" eine. Um Dich zu zitieren:
Zitat:
Das Typische, kennt man ja.

Vielleicht würde ein persönlicher Bezug vom Erzählenden zu Lina helfen.
Die Sprache hast Du gut im Griff.
Herzliche Grüße
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V.K.B.
Geschlecht:männlich[Error C7: not in list]

Alter: 51
Beiträge: 6155
Wohnort: Nullraum
Das goldene Rampenlicht Das silberne Boot
Goldenes Licht Weltrettung in Silber


Beitrag28.11.2022 15:42

von V.K.B.
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Hmm, weiß nicht, irgendwie eine Geschichte, mit der ich nichts anfangen kann. Liegt zum einen daran, dass ich sie ziemlich generisch finde und nichts Originelles daran entdecken kann. Dann diese direkte Ansprache mit erhobenem Zeigefinger, das ist mir echt zu dick aufgetragen. Und dieses ganze Rumgereite auf ihrem guten Aussehen, als ob das einen Unterschied machen würde. Ist das Leben einer Person mehr wert und ihr Verschwinden tragischer, nur weil sie gut aussah?

Bei
Zitat:
Ist das nicht traurig?
setzt dann sofort ein Kopfschüttelreflex ein. Nein, schon aus Prinzip nicht. Ich lass mir von diesem Erzähler doch nicht auch noch sagen, was ich fühlen soll.

Mag sein, dass es absichtlich so gemeint ist und das ganze oberflächlich-altkluge Gerede auf die Schippe nehmen soll (oder eher Spiegel vorhaltend), was Leute über Verschwundene so von sich geben. Ändert aber nichts daran, dass ich es ja trotzdem lesen muss, als einzige Perspektive, aus der die Geschichte präsentiert wird. Andere Hinweise erhalte ich nicht. Und von daher ist mir das alles doch zu wenig, um mein Interesse zu wecken.

Falls der von Lina im Netz ausgelöste Shitstorm sie in einen Suizid getrieben haben sollte (meine Vermutung), hätte man das irgendwie noch deutlicher andeuten können. Mir erscheint meine Deutung jedenfalls nur wie eine aus der Luft gegriffene Spekulation, die nicht in der Geschichte ist.

Die Titelanlehnung an Kazuo Ishiguro finde ich da eindeutig zu hoch gegriffen, unzuverlässiger/merkbefreiter Erzähler hin oder her.

Verdammt viele Geschichten diesmal, und nur so wenig Punkte. Leider bleiben für diese Geschichte keine mehr übrig. Heißt aber nicht, dass ich sie schlecht fand.

Beste Grüße,
Veith


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nebenfluss
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Beiträge: 5994
Wohnort: mittendrin, ganz weit draußen
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Beitrag28.11.2022 18:43

von nebenfluss
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Nichts für ungut, aber das ist mir einfach in jeder Hinsicht zu dick aufgetragen. Die perfekte, schöne Lina, blond, Augen wie Smaragde, „engelsgleich“, darunter geht’s nicht, aber natürlich auch intelligent, politisch auf der richtigen Seite und mutig genug, sich auf Social Media nicht den Mund verbieten zu lassen. Das passt irgendwem nicht und zack, Gewaltverbrechen, aber keinen interessiert’s, angeblich. Das alles in einem dermaßen polemischen, selbstgerechten Tonfall vorgetragen (inklusive Einwürfen wie „Sorry, da werde ich melancholisch“), dass es wie ein zynischer Rundumschlag an diese ganze moralisch verkommene Gesellschaft wirkt. Da winke ich sofort ab, das nervt mich schon außerhalb der Prosa genug.
Vorgaben sind eingehalten, aber um mich mit einer solchen Geschichte zu erreichen, hätte das weit weniger plakativ erzählt werden müssen.


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"You can't use reason to convince anyone out of an argument that they didn't use reason to get into" (Neil deGrasse Tyson)
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hobbes
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Beiträge: 4294

Das goldene Aufbruchstück Das goldene Gleis
Der silberne Scheinwerfer Ei 4
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Beitrag28.11.2022 20:28

von hobbes
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Was ich an dem Text mag: Diesen Grusel, der einem beim Lesen überfällt. Die Frage, ob da ein total harmloser Typ mit einem redet oder nicht doch eher Linas Mörder. So Jeanny-mäßig. Dann aber frage ich mich, ob dieser Grusel Absicht ist oder nicht doch eher dem Zufall geschuldet.

(...)

Das ist es, was mir bleibt vom Text. Die Frage, was das eigentlich für ein Erzähler ist. Für mich kann es nur ein Er sein. Einer, der weiß, was die Lina für eine ist. Doch, da ist er sich ganz sicher.
Und geht mir mit dieser Gewissheit fürchterlich auf die Nerven. Er stellt sich nicht in Frage, er stellt seine Meinung über Lina nicht in Frage. Natürlich ist die so. Und überhaupt meint er es ja nur gut und das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Insofern ist das eigentlich gar kein Text über Lina.

(...)

Drei Punkte.


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d.frank
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D
Beitrag29.11.2022 02:18

von d.frank
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Obwohl man gleich im zweiten Satz über einen Fehler stolpert und die Auflösung gleich hinter hergeschoben wird, ist das handwerklich gut gemacht. Das liegt vor allem am Erzähler, der sich aus seiner Deckung heraus an die Lesenden richtet. Er schwebt fast unheilvoll über dem Text und positioniert sich nicht. Mal klagt er an, schiebt die Verantwortung von sich, mal klingt er beinahe amüsiert.
Mal arbeitet er mit Stereotypen, mal zeichnet er ein äußeres und inneres Bild. Man kann nicht umhin, ihn auch zu verdächtigen und weil er so vage bleibt, kommt man auch zur Frage nach seinem Motiv. Insgesamt überzeugt das also durch seinen Schliff und die Textidee.

edit

Seltsam. Dieser Text verfolgt mich regelrecht. Das muss/möchte ich anerkennen, obwohl hier sicher noch mehr drin ist. Aber für 400 Wörter bei entsprechender Komplexität und eben dieser Erzähler, der bei seiner relativen Blässe so plastisch ist. Deshalb ist das in den Punkten gestiegen, auf acht.


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Die Wahrheit ist keine Hure, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.
*Arthur Schopenhauer
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Michel
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Das bronzene Bühnenlicht Das goldene Niemandsland
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Beitrag29.11.2022 14:58

von Michel
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Lina ist seit längerem verschwunden; die verlorene Mütze lässt eine mögliche Gewalttat anklingen. Eine eher lapidar plaudernde Erzählstimme lese ich als »was die Leute so denken«, dafür ist sie mir aber nicht konsistent genug. Mal erzählt sie in streng schriflichem Tonfall (»setzte sich energisch für Tierschutz und gegen rechte Gewalt ein«), mal kippt sie wieder ins achselzuckende »Tja« oder fügt ein: »Was soll ich dazu sagen?« Als wüsste sie (die Erzählstimme) nicht so recht, wer oder was sie nun sein sollte.
Und das wirft mich aus dem Text. Ich hätte ihn (die »tja«-Seite) als Überspitzung der fehlenden Empathie in der Gesellschaft lesen können oder als Täter, der sich hinter der Nonchalance verschanzt. Oder ich hätte ihn (die auktoriale Seite) als Fakt lesen können, der die auch emotionale Bewertung dem Leser überlässt. So bleibt er für mich weder Fisch noch Fleisch.
Was Lina möglicherweise ganz recht wäre. Tofu wäre ihre Wahl gewesen.


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Murnockerl
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Beiträge: 340



M
Beitrag29.11.2022 19:51

von Murnockerl
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Liebreizend, klug, eigensinnig, langes blondes Haar und weiblich - so lautet in Kriminalgeschichten häufig die Beschreibung einer Vermissten. Was nun mit Lina passiert ist erfahren wir nicht, ebenso wenig die Identität des Erzählers oder der Erzählerin. Hier liegt in meinen Augen das wesentliche Problem: Der Text ist eine recht neutrale Nacherzählung einer nicht näher definierten Person, die Lina zwar zu kennen scheint, ihr Verschwinden aber (aus herbstlicher Melancholie heraus?) bloß mit einem gefühlten Schulterzucken rekapituliert. Für mich bräuchte es aber entweder eine ausgeklügeltere Handlung (in diesem Format freilich schwierig) oder einen emotionaleren Zugang zum Geschehenen, damit der Text mich interessiert. Denn "Mädchen verschwindet, nur ein Kleidungsstück gefunden" ist halt, um den Text zu zitieren, tatsächlich "das Typische, kennt man ja".
Deshalb, trotz flüssigem Stil, von mir leider keine Punkte.
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holg
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Bronzenes Licht Der bronzene Roboter


Beitrag30.11.2022 10:55

von holg
Antworten mit Zitat

Zitat:
Vor allem um ihre langen, blonden Haare und den grünen Augen.
Den Riesenklopper direkt im zweiten Satz wird der Text sicher öfter um die Ohren gehauen bekommen, also Schwamm drüber.
Die eher einfach gehaltene Umgangssprache wird der simplen, nur ungenau und aus sehr persönlicher Perspektive erzählten Geschichte gut gerecht.
Eine vom Lookismus ihrer dörflichen Umgebung in soziale Medien getriebene Dorfschönheit verschwindet und niemand weiß warum oder wie genau, nur dass sie sich mit ihrem Engagement vielfältig angelegt hat.
So schade wie leider alltäglich.

Die Schlichtheit, die der Geschichte so gut steht, lässt sie leider im Vergleich zu einigen anderen, sprachlich ausgefeilteren Bewerberinnen, etwas blass erscheinen.


_________________
Why so testerical?
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finest.fire
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Beitrag30.11.2022 15:52

von finest.fire
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Bei der Kürze von 400 Wörtern reagiere ich iwie allergisch auf infodump. Die Idee dahinter ist ja nice, aber ich würde mir wünschen, dass es erlebt wird. Für mich persönlich so zu Rückblendenhaft...
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Nachtvogel
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Wohnort: Münster


Beitrag03.12.2022 02:06

von Nachtvogel
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Die Sprache wirkt auf mich sehr aufgesetzt. Das wiederkehrende "tja" hat mich jedes Mal rausgehauen... Für Punkte hat es leider nicht gereicht.
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wohe
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Alter: 71
Beiträge: 632
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W
Beitrag04.12.2022 18:52

von wohe
Antworten mit Zitat

Die Vorgaben und die üblichen Kriterien (Stil, Aufbau, Spannung bzw. Stimmung, usw. = ok) sind erfüllt.
Ein Text in Form einer persönlichen Erinnerung, die jemandem geschildert wird. Geschrieben, wie man spricht = gut.
Insgesammt schöner Text
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Constantine
Geschlecht:männlichBücherwurm


Beiträge: 3311

Goldener Sturmschaden Weltrettung in Bronze


Beitrag05.12.2022 14:46

von Constantine
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Bonjour sehr geehrte Postkarte

ich sage mal Hallo und gehe weiter. Smile

Merci beaucoup
Constantine
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F.J.G.
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Beiträge: 1958
Wohnort: Wurde erfragt


Beitrag05.12.2022 17:03

von F.J.G.
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Wertes unbekanntes schreibendes Wesen,

bis auf den Grammatikfehler im zweiten Satz ist das insgesamt ein ganz ordentlicher Text. Was ich leider vermisse, ist die Spannung.

Die meiste Zeit passiert im Text so gut wie nichts, nur eine Beschreibung, wie Lina eben so war.

Das sind nur meine ersten Eindrücke, der Großteil der Texte wartet also noch auf meine Beäugung. Mal schauen wie sich die Konkurrenz so schlägt.

Gern gelesen,
der Kojote


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Heidi
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Der goldene Durchblick


Beitrag05.12.2022 18:04

von Heidi
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Der Titel

ist etwas langweilig, aber er passt natürlich zum Text.
Wenn ich den Titel völlig isoliert betrachte, dann denke ich an eine Liebesgeschichte, bestenfalls an ein Liebesdrama. Na ja, letzteres ist möglicherweise auch der Fall.

Die Sprache

Sprachlich finde ich den Text fast ein wenig übergriffig. Er spricht mich als Leserin an, aber nicht auf eine offene Art und Weise, nein, er kommt mit rhetorischen Fragen daher, die sich unangenehm in mich reinbohren während des Lesens. Auch, wenn das sicher so gewollt ist, gefällt mir das weniger.

Zitat:
Sie ließ sich dennoch nicht unterkriegen. Die Lina. Sie war schon toll. Bildhübsch. Und sehr gescheit und aufgeweckt. Wollte von hier wegziehen und studieren: Tiermedizin, was sonst!


Diese Stelle wirkt wie Gelaber. Vielleicht ist das auch gewollt, vielleicht soll Linas Geschichte wie von einer Tratschtante beim Kaffeeklatsch erzählt werden. Vielleicht gerade, weil sie dann am Ende ja auch zu Tode kommt. Sprachlich kann mich der Text dennoch nicht überzeugen und das obwohl er ganz entschieden eine eigene Stimme hat.

Zitat:
Ist das nicht die Jahreszeit, in der die Natur sich darauf vorbereitet, wiedergeboren zu werden oder zu sterben? Sorry, da werde ich melancholisch, wenn ich daran denken muss.


Inhaltlich gesehen, finde ich diesen Satz beispielsweise interessant, die Umsetzung gefällt mir aber nicht, das ist mir zu wenig subtil, zu aufdringlich. Das ginge feiner.

Die Figur(en)

Der/die Erzähler/in drängt sich als Figur auf und somit Lina in den Hintergrund. Ihr Schicksal lässt mich seltsam kalt, obwohl es wirklich eine krasse Geschichte ist.
Lina wird nicht als Persönlichkeit lebendig, es sind Äußerlichkeiten, die mir präsentiert werden. Ich erfahre nichts darüber, ob Lina ein zartes, zerbrechliches oder vielleicht doch ein robustes, rebellisches Mädchen war, oder was ganz anderes.

Der Inhalt

Na ja, es geht um ein Mädchen, das schön war, aber auch Probleme und Konflikte hatte, das in sozialen Netzwerken aktiv war und irgendwie zu Tode kam. Aber all das weiß man auch nicht so genau.
Diese Begebenheiten gipfeln dann in den Herbst, der aufs Gemüt schlägt. Die Laberstimme erhebt sich zum Schluss noch mal enorm.

Der Gesamteindruck

Irgendwie ist das Gelaber im Text auf eine gewisse Art besonders und auch interessant. Es scheint der Kern des Textes zu sein, es geht möglicherweise gar nicht um Lina, es geht möglicherweise eher um das Gelaber von einem Menschen, der eben nichts anderes kann als zu labern und das auf höchst trockene Art.

Ich bin mir aber tatsächlich jetzt nach mehreren Lesegängen noch immer nicht sicher, ob das so gewollt ist, oder ob es ein Versehen ist. Wenn das Gelaber als Stilmittel gewollt ist, frage ich mich, was der Text möchte. Das Versagen von Menschen in den Vordergrund stellen, die über andere reden, anstatt Selbstreflexion zu üben? Hm … könnte eigentlich ein spannendes Thema sein und sicherlich eine fordernde Aufgabe, aber irgendwie scheint mir dieser Text doch was anderes zu wollen oder vielleicht auch gar nichts.
Mir gibt er jedenfalls nichts mit zum Denken und Forschen. Die Punkte bleiben leider aus, trotz aller Eigenständigkeit in der Stimme.
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Jenni
Geschlecht:weiblichBücherwurm


Beiträge: 3310

Das goldene Aufbruchstück Die lange Johanne in Gold


Beitrag05.12.2022 19:12

von Jenni
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An Kürzestprosa wie im PKP kann gewisse sprachliche Ansprüche stellen, wie ich finde. In den ersten Sätzen gleich falsche Deklination und Wechsel zwischen verschiedenen Zeitformen, insgesamt finde ich den ersten Absatz sprachlich unsicher und inhaltlich verzichtbar.
Danach wird es besser, womöglich solltest du einfach mit dem zweiten Absatz einsteigen. Der Erzählton wird flotter, dieser zynische Unterton, bis hin zum herrlich lapidaren Ende »Der Herbst schlägt manchen aufs Gemüt«. Auch hier könnte man sprachlich noch was rausholen, stringenter formulieren, aber der Text hat Witz, das gefällt mir.
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Bananenfischin
Geschlecht:weiblichShow-don't-Tellefant

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Goldene Feder Prosa Pokapro IV & Lezepo II
Silberne Harfe



Beitrag06.12.2022 10:33

von Bananenfischin
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Von mir gibt es zeitbedingt leider nur einen kurzen Kommentar.
Dieser Text ist für mich im Vergleich innerhalb dieses Wettbewerbs ein Punktekandidat. Der Grammatikfehler im zweiten Satz hat mich rausgehauen, aber der Text hat vieles, das ich mag. Z.B. die lapidare Sprache, die fiese Erzählstimme.
4 Punkte.


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Schriftstellerin, Lektorin, Hundebespaßerin – gern auch in umgekehrter Reihenfolge

Aktuelles Buch: Geliebte Orlando. Virginia Woolf und Vita Sackville-West: Eine Leidenschaft

I assure you, all my novels were first rate before they were written. (Virginia Woolf)
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Minerva
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Beiträge: 1150
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Beitrag06.12.2022 15:46

von Minerva
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Vorbemerkung: Leider war meine Zeit diesmal knapp, deswegen nur ein kleiner Kommentar.

Der lakonische Ton ist irgendwie schön, gleichzeitig ein wenig verdächtig, muss ich sagen (!). Lina ein bisschen klischeehaft.

4 Punkte


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... will alles ganz genau wissen ...
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anderswolf
Geschlecht:männlichReißwolf


Beiträge: 1069



Beitrag06.12.2022 18:12

von anderswolf
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Möglicher Prolog der unbeabsichtigten Lina-im-Wald-Trilogie: Lina ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen; dem LI ist es schnurz. Potentiell stellt der Text eine Kritik an der Gleichgültigkeit einer neidzerrütteten Gesellschaft dar; wegen des  konstruiert klingenden O-Tons leider nur Tja.
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Gast







Beitrag07.12.2022 23:26

von Gast
Antworten mit Zitat

Platzhalterkommentar zum Zwecke des Erwerbs des Punktevergaberechtes
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dürüm
Wolf im Negligé

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Das bronzene Eis am Stiel Das Bronzene Pfand
Der bronzene Spiegel - Lyrik Podcast-Sonderpreis
Vorlesbar I


Beitrag08.12.2022 01:11

von dürüm
Antworten mit Zitat

Puh.

Der Tonfall dieses Textes ist zuerst derartig klischeebeladen und dann (gewollt?) sensationsgeil und gefühllos, dass mir die Galle hochkommt.

Wenn das beabsichtigt war, sehr gut.

Aber leider kann ich hierfür keine Punkte vergeben.

Gruß
Kerem


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(Oscar Wilde)
Der Willige wird vom Schicksal geführt. Der Störrische geschleift.
(Seneca)
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fabian
Geschlecht:männlichKlammeraffe


Beiträge: 606



Beitrag08.12.2022 14:21
Re: Was vom Herbst übrig blieb
von fabian
Antworten mit Zitat

Hallo Text.
Auch Du erreichst mich nicht. Mir wird nicht klar, warum sich ausgerechnet dieser Figur auf eine eigenartig schlichte, unempathische, stilistisch holprige Art zum  Schicksal besagter Lina äußert. Und ich frage mich, warum denn wohl der Autor (ich vermute einen Autor, keine Autorin) es einer genau so charakterisierbaren Figur überlassen hat, über Linas Verbleib zu spekulieren.
0 Punkte
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