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MDK
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Beitrag22.04.2023 07:59

von MDK
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Ja, ich verstehe wo du hin willst. Du gelangst dorthin, indem du diese epochalen Ereignisse auf einige wenige, sehr sympathische und sehr verhasste Charaktere herunter brichst. Der Leser muss mit dem Protagonisten mit fiebern und mit ihm weinen, wenn ihm Übles zustößt. Das kannst du nicht erreichen, indem du die allumfassenden Geschehnisse der damaligen Zeit beschreibst. Niemand empfindet Mitleid im Geschichtsunterricht. Das ist Geschichte. Mitgefühl entsteht, wenn man einen Bezug zum Protagonisten hat.
In einem sehr guten Buch über das Schreiben, das ich derzeit lese, schreibt der Autor (der auch Lektor ist) von einem Schmelztiegel. Er sagt: Schmeiße alle in einen Schmelztiegel und lass es darin knallen. Also einige auserwählte Charaktere, die für das ganze, epochale Geschehen stehen, sowie ihre persönlichen Dramen, Erfolge und Niederlagen.
Wenn du dir die Zeit nehmen möchtest, ließ mal Shogun von James Clavell; es ist zwar ein völlig anderes Setting als in deinem Fall, da es in Japan spielt, aber der Autor wendet dort genau dieses Vorgehen an, während er gleichzeitig einen einschneidenden Part der japanischen Geschichte erzählt (bei ihm heißen die Protagonisten ein bisschen anders, aber es ist klar, dass er damit das geschichtliche Geschehen um 1600 beschreibt und dass Shogun Toranaga für den echten Shogun Tokugawa steht).
Herunter gebrochen auf einen Schmelztiegel um den Shogun und den Protagonisten, der ein holländischer und gestrandeter Seefahrer ist, erzählt der Mann den ebenso epochalen Wendepunkt  Japans um 1600. Zudem gibt es Kämpfe, Drama, Liebe, Freundschaft, Dünkel und Verrat. Innerhalb der Gruppe der Protagonisten brodelt es gewaltig, eingebettet in das politische Geschehen.
Das kannst du auch Wink Du hast das Vorwissen um die geschichtlichen Zusammenhänge, jetzt musst du sie zu einem Konzentrat umwandeln, indem du das damalige Geschehen auf eine Gruppe einiger weniger Menschen herunter köchelst, die für all das einstehen, was damals passiert ist.
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MacWrite
Geschlecht:männlichEselsohr


Beiträge: 459
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Beitrag22.04.2023 11:09

von MacWrite
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Was soll ich sagen? Das ist genau die richtige und vermutlich einzig sinnvolle Herangehensweise! Schließlich willst du kein Geschichtsbuch schreiben, sondern eine packende Erzählung. Den geschichtlichen Hintergrund hast du dank deiner sehr ausführlichen Recherchen so weit inhaliert, dass du dich auf die Einzelschicksale konzentrieren kannst. Während du ihre Irrungen und Wuirrungen beschreibst, wirst du merken, wie dein Hintergrundwissen von ganz alleine einsickert. Just do it!

LG aus dem sonnigen Taunus, nahe am Limes
Roland aka MacWrite


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BerndHH
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Beitrag22.04.2023 15:45

von BerndHH
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Hallo Ihr beiden,

das ist sehr, sehr gut, was Ihr mit Euren Post deutlich gemacht habt.
Ich fürchte, dann muss ich aber die Perspektive des kleinen Rinderhirten verlassen, weil der Bengel ja von den Ränkespielen des Adels keine Ahnung hat.

Dann muss ich das Figurensetting der Erzählung grundlegend ändern.
GERMANEN
1.) cheruskische Adelsfamilien: Fürst Segestes + Sippe, Fürst Segimer + Sippe
Dazwischen die Hirschleute + Sippe, die Hüter des Heiligen Thingplatzes oder der legendären Apenteichquellen
2.) chattische Adelsfamilien: Fürst Ingomar und seine Tochter Sünnje
Dazwischen andere Stämme wie die Ubier, Tenkterer, Sugambrer, Marser, Brukterer, Friesen, Chauken und, und, und ...

RÖMER
3.) Angehörige des julisch-claudische Königshaus:
Kaiser Augustus           63 v.Chr. - 14 n.Chr.
Drusus             38 v.Chr. - 9 v.Chr.
Tiberius                     42 v.Chr. - 37 n.Chr.
Germanicus             15 v.Chr. - 19 n.Chr

Grüße


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BerndHH
Geschlecht:männlichKlammeraffe

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Beitrag22.04.2023 15:49

von BerndHH
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Ich bin immer noch mit dem Thema Hungerkrieg gegen die germanische Bevölkerung beschäftigt:

Wissen Sie eigentlich wie es ist, wenn ein kleines Kind verhungert? Haben Sie überhaupt eine Vorstellung, was das bedeutet? Es geht nicht schnell, nein, nein, es ist ein Prozess, der sich über viele Stunden und Tage dahin erstreckt.
Die leeren Augen des Neugeborenen. Matt und ohne Lebenskraft, wenn es immer wieder die schlaffe Brust der Mutter mit den winzigen Fingern knetet. Wie es bettelt, wie es fleht. Leise und immer schwächer. Aber da kommt nichts.
Und so geschah es tagein, tagaus in den Gehöften Germaniens. Germanien im Krieg. Ein Krieg auch gegen Frauen und Kinder. Vor allem gegen Kinder – die Schwächsten. Fliegen krabbelten auf dem Sabberfleck des Kindes und tupften mit ihren gierigen Rüsseln jeden ein-zelnen Feuchtigkeitstropfen auf.
Schrille Frauenstimmen, in denen die nackte Angst mitschwang. „Wer hat noch was?“,
„Gebt der Mutter Blätter, damit sie wieder zu Kräften kommt. Irgendwas! Gebt ihr irgendetwas, dass bloß das Gewinsel aufhört.“
„Und das Kind, hörst Du es noch winseln, hörst Du es noch schnaufen? Hast Du jemals gehört, dass es geschrien hat?“
„Na los, geh schon, lauf und hol‘ eine Kuh, damit die Frau die Stillzeit überlebt.“
„Nachbar Wigbald hatte drei Kühe. Eine hat er vor Monaten geschlachtet und die anderen beiden sind verhungert.“
„Warum hat er das zugelassen? Warum hat er sie denn nicht gegen Emmer- und Dinkelkörnern getauscht.“
„Was weiß denn ich? Jetzt red‘ nicht so viel, sondern mach was!“
„Wo sind die Männer? Warum helfen sie nicht? Warum kümmern sie sich nicht um ihre Kinder?“
„Was redest Du? Diejenigen, die nicht erschlagen wurden, sondern durch den Kampf verkrüppelten. Und die sind in den Wald gegangen, um dort zu sterben und nicht mit Schande als Strohtod.“
 
Ausgesetzte Wolfskinder.
Wolfswelpen ohne Mutter. Doch in ihrem Falle waren sie auf der Stufe von Friedlosen . Wer auch immer sie mit einer Keule erschlug – er täte nichts Unrechtes daran. Jeder, der nicht mehr im Bereich einer Siedlung lebte – hatte alle seine Rechte verwirkt.


Ja, ist jetzt aus dem Kontext gerissen und mit Hermut hat es per se auch nichts zu tun.


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Taranisa
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Beitrag22.04.2023 17:20

von Taranisa
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@MDK + Roland: Das schrieb ich inhaltlich auch schon.
@Bernd: Überlege dir (endlich), was deine Hauptfigur erleidet, was sie antreibt, welches Ziel sie hat. Lass deine Leser die damaligen Geschehnisse aus Sicht und mit den Emotionen deiner Hauptfigur miterleben. Geschichtsbücher können die lesen, die nur Fakten wollen.


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zwischenpause
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Beitrag22.04.2023 17:57

von zwischenpause
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BerndHH hat Folgendes geschrieben:

Ich fürchte, dann muss ich aber die Perspektive des kleinen Rinderhirten verlassen, weil der Bengel ja von den Ränkespielen des Adels keine Ahnung hat.


Versuch nicht, alles in ein einziges Buch zu packen, das funktioniert nicht gut.

Erzähl die Geschichte des kleinen Rinderhirten, der von den Ränkespielen des Adels keine Ahnung hat, aber genau weiß, was Hunger ist.  Versuch kein Geschichtsbuch zu schreiben, sondern überlege dir eine spannende Geschichte, die deine Leser mitreißt.

Du kannst später ein anderes Buch schreiben über jemand am Hof, der die Ränkespielen des Adels miterlebt, aber Hunger nur vom Hörensagen kennt.
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MacWrite
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Beitrag22.04.2023 18:06

von MacWrite
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Es spricht übrigens nichts, aber auch gar nichts dagegen, dass der "kleine Rinderhirte" das Zeug dazu hat, ein großer Mann zu werden und in einem gewissen Maß den Gang des Zeitgeschehens zu beeinflussen. Die Menschheitsgeschichte ist voll von Beispielen dafür – positive wie negative …

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MDK
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Beitrag22.04.2023 18:16

von MDK
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Ja richtig, genau das sind die Gegensätze, die eine Figur (u.a.) spannend machen. Vom Niemand zum Anführer oder derlei.

Die Idee von Zwischenpause gefällt mir auch gut. Ein Konzept wie z.B. das von Marion Zimmer Bradley (die Avalon-Bücher), wo alles in gewisser Weise aufeinander aufbaut, aber in jedem Band die Geschichte eines anderen Protagonisten erzählt wird.

M.E. bietet sich auch am Ende des Buches eine Art Disclaimer an, wo historische Fakten noch mal detailliert mit Zeitangabe benannt werden können. Szs. als Goodie zum Abschluss der Geschichte.

@ Taranisa: alles gut Wink Ich habe nur Bernds letztes Posting gelesen und darauf geantwortet.
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Taranisa
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Beitrag22.04.2023 20:39

von Taranisa
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@MDK: War nicht böse gemeint, eher, dass Bernd sich endlich eine Geschichte / Handlungsbogen für den Charakter überlegt, statt an seinem Geschichtsbuch festzuhalten. Very Happy

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MDK
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Beitrag22.04.2023 21:48

von MDK
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Ich weiß, alles okay Daumen hoch²
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BerndHH
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Beitrag23.04.2023 05:29

von BerndHH
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Guten Morgen liebe Leute,

vielen Dank für Eure Beiträge.
Ja natürlich, ich habe nur 2 Optionen:
A.) eine Geschichte nur für mich, die die Geschichte der Cherusker in der Zeit 12 v.Chr. bis 16 n.Chr. spielt, kein Geschichtsbuch, da die Quellenlage es nicht hergibt, sondern fiktive Geschichte, Geschichtsfindung sozusagen. Will außer mir niemand lesen - das habe ich verstanden
b.) Erzählung mit handelnden Figuren und entsprechender Charaktertiefe für die Leserschaft.

Bislang ist das Manuskript (Stand jetzt: 67.000 Wörter) eine Mischung aus beiden.
                                                                         
------------

Leitmotiv/Stereotyp ist ein gewaltiger Auerochsenbulle, den die Cherusker Ragno nennen, der letzte seiner Art. Zumindest das letzte männliche Tier. Im Verlauf der Jahreszeiten wandert er vom Solling in den Harz, um sich mit den dort lebenden Weibchen zu paaren aber dennoch keine Nachkommen erzeugt. Für die Cherusker ist Ragno eine Art Totem (da sind wir doch beim Schamanischen, Taranisa), ein heiliges Tier.

Im Mittelpunkt steht das Dorf der Hirschsippe zwischen Leine, Warnebach und Sieben Bergen. Sie rechnen sich zum Einzugsbereich der Leine-Harz-Cherusker unter Fürst Segestes und stehen im Gegensatz zu den Lippe-Weser-Cheruskern des Fürsten Segimer. Der cheruskische Adel ist hochgradig zerstritten. Die Chatten aus der Hessischen Berglandschaft sind die Erzfeinde, mit denen man in Dauerfehde liegt. Viehdiebstahl ist an der Tagesordnung. Um die Gewalttätigkeiten unereinander zu begrenzen, betreiben die cheruskischen und chattischen Adelsfamilien untereinander Heiratspolitik.
Besonderheit der Hirschsippe ist das Hüten des Heiligtums um die Große Esche, die von den Cheruskern als Thingplatz benutzt wird und die geheimnisvollen Apenteichquellen.

Die Hirschsippe ist verflucht, da keine Söhne mehr geboren werden. Enno der germ. Priester deutet das damit, dass ein Troll/Dämon "am Unterleib der Frauen gekratzt hätte".
Während der Rauhnächte wird ein chattischer Kriegsgefangener geopfert und sein verspritztes Blut bringt den Frauen die Fruchtbarkeit zurück.
Hermut ist der erste Erfolg der Opferhandlung. Der erste lebendig geborene Sohn seit längerer Zeit. Er ist der Sohn des Rinderknechtes Sigismund und der Magd Frauke, die am Hof des Reik Arne, dem Stammesoberhaupt der Hirschleute, leben. Sigismund ist in Schuldknechtschaft von Reik Arne, da er damals den heiligen Ragno einfangen wollte und durch seine Schuld Wölfe wertvolle Kühe zerfleischt hatten.

Das Dorf wird regelmäßig von Holger dem chaukischen Wollhändler besucht. Er tauscht gute friesische Schafsfelle aus der Norddt. Tiefebene gegen Tierfelle aus dem Leinebergland. Holger entpuppt sich später als Verräter und römischer Späher. Er hat heimlich Sex mit Margard, der frustrierten Ehefrau von Reik Arne, der ihr seine beiden chattischen Sklavinnen bevorzugt. Es ist ein Akt der Rache für sie.

Während einer Vollmondnacht unter dem Schatten der Großen Eiche verhandeln die Cherusker über ihre Politik Rom gegenüber. Drusus befindet sich schon in der römisch-germanischen Kontaktzone und bekämpft die ersten Stämme Ubier, Tenkterer, Sugambrer etc. Sie werden bald ins Cheruskerland kommen.
Fürst Segestes entscheidet sich für eine romfreundliche Haltung und stößt dabei auf Kritik von Reik Arne und den Hirschleuten.
Der heranwachsende Hermut kann mit dem Kriegertum und der Wehrhaftigkeit der Hirschleute nichts anfangen. Er ist ein Hasenfuß, verabscheut Gewalt und hat ganz andere Interessen. Folge ist, dass er von den anderen Dorfkindern häufig verprügelt wird. Gewalt wird bei den Hirschleuten kultiviert, höchstes Ziel ist es aus dem Bauernstand herauszukommen und nach einer Mannbarkeitsprüfung in der Jungkriegermannschaft/-gefolge aufgenommen zu werden.

Die große Attraktion im Dorf ist Sünnje, die schöne chattische Sklavin. Sünnje ist die Fürstentochter des Reik Ingomar, einem Chattenanführer, die Reik Arne von einem seiner Kriegszüge mitgebracht hat.

Die Römer sind ins Cheruskerland eingedrungen und scharmützeln sich gerade mit den Lippe-Weser-Cheruskern.
Fürst Segestes schickt einen Boten ins Dorf der Hirschleute. Sie sollen auf gar keinen Fall irgendwelche Feindseligkeiten zeigen und sich den Römern bedingungslos unterwerfen.
Anstatt der Römer reitet eine brukterische Auxilie/Hilfstruppe ins Dorf (Germanen im Dienste der Römer). Die Hirschleute wehren sich entgegen der Anordnung des Segestes und werden niedergemacht. Die Überlebenden fliehen und werden zähneknirrschend im Wehrdorf Sibbesse (Fürst Segestes) aufgenommen.
Sie leben dort unter der Gnade des Fürsten armselig im Zeltlager.
Dort kommt es zu schweren Spannungen und Spaltungen. Eike, Arnes Bruder, erklärt sich ohne Thingbeschluss zum Reik und schart eine Gruppe um sich, die das alte Dorf zurückerobern und alle brukterischen Krieger im ehemaligen Herrenhaus von Fürst Arne bei lebendigen Leibe verbrennen.

Na ja, es geht hin und her. Von einer Katastrophe in die nächste.
Sigismund verkauft seine Tochter Kriemhild an einen ubischen Sklavenhändler und kaum geht es mit dem Dorf wieder voran, da kommen im Morgengrauen die Chatten und schlachten einen Großteil der Hirschleute ab.
Die wenigen Überlebenden entscheiden sich zu einem Himmelfahrtskommando und rächen sich durch einen Überfall auf das Dorf von Sünnjes Vater. Dabei kommen alles bis auf Hermut um.

Sünnje setzt sich für ihn ein, dass er am Leben bleibt aber an Abbo den ubischen Sklavenhändler verkauft wird. Der verkauft ihn auf dem Sklavenmarkt des römischen Legionslagers Mogontiacum (Mainz) an XXXXX.
Weiter weiß ich noch nicht. Ich hätte Hermut nach dem ganzen Blutvergießen mal eine Pause gegönnt. Ein römischer Philosoph, eine Art Seneca, der ihn mal ganz in Ruhe und Frieden mit den Wohltaten der römischen Zivilisation in Kontakt treten lässt.

Oder soll er als Haussklave in das JULISCH-CLAUDISCHE Herrschaftshaus kommen. Also direkt an den Hofe von Kaiser Augustus und seiner furchtbaren Verwandtschaft, den Giftmörderinnen, den Hofschranzen, den Intriganten, den Perversen etc. Und genau da hätten wir all die antiken Persönlichkeiten auf einem Haufen.
Ja, das Haus des Augustus/Domus Augusti/Casa di Augusto auf dem Palatin. Und genau dort könnte ich alle germanisch-deutschen Sehnsüchte von Bella Italia bedienen. Dolce Vita in der Antike. Oliven, edle Gewürze, Sonnenuntergang zwischen Zypressen und Pinienbäumen. Sehr feminine Römerinnen als Vorfahrinnen der heutigen Italienerinnen mit Grazie, Anmut also vollkommen anders als der germanische Frauentyp: die derbe Kuhbäuerin mit Kraft und groben Knochen.
Na ja, um die Klischees zu bedienen.
Ja, Hermut könnte eine richtige römische Orgie erleben oder als "Freigelassener" (Warum? Was muss passieren, damit er freigelassen wird?) durch die Subura und die dortigen Freudenhäuser tingeln oder was auch immer.
In Rom hat Hermut millionenfach mehr Gelegenheit/Begegnungen/Erfahrungen als im heimatlichen Kuhstall.
Im Gegensatz zum einfachen Germanien (dessen Welt wir ja nicht kennen) explodieren in Rom geradezu die schriftstellerischen Möglichkeiten.

Genau dort im Ewigen Rom haben wir ja exakt den Schmelztiegel.

Mein Ziel ist es, dass Hermut dort zumindest seinem Landsmann Arminius von den Lippe-Weser-Cheruskern begegnet.
Arminius könnte ihm vom fürchterlichen Pannonischen Aufstand (6-8 n.Chr.) erzählen, der nur mit äußerster Brutalität und extrem vielen Grausamkeiten niedergeschlagen werden konnte - aber eigentlich hatten wir in Germanien schon genug davon, warum ein neues Faß aufmachen?
Na ja, weil Arminius als römsicher Offizier vielleicht während des Panonnischen Aufstandes ein Licht aufgegangen sein könnte, wie Rom mit seinen unterworfenen Völkern umgeht und auf welcher Seite er eigentlich steht.

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Also mir gefällt die Handlung obwohl sie voller Schwächen und Unlogik strotzt und mit Sicherheit nicht den Geschmack von allen findet.


Viele Grüße


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MDK
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Beitrag23.04.2023 09:19

von MDK
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Zitat:
Folge ist, dass er von den anderen Dorfkindern häufig verprügelt wird.


Welche Kinder? Die Mädchen? Oder sind nach ihm ganz viele Jungen geboren worden, die ihn in die Mangel nehmen?

Zitat:
Und genau dort könnte ich alle germanisch-deutschen Sehnsüchte von Bella Italia bedienen. Dolce Vita in der Antike. Oliven, edle Gewürze, Sonnenuntergang zwischen Zypressen und Pinienbäumen.


Wenn es mein Buch wäre, würde ich ihn nach Italien ins Dolce Vita schicken. Der krasse Gegensatz zu Hermuts vorherigem Leben ist ein Ankerpunkt, der der Geschichte eine neue Wendung und ein neues Kolorit gibt.

Zitat:
Ja, Hermut könnte eine richtige römische Orgie erleben oder als "Freigelassener" (Warum? Was muss passieren, damit er freigelassen wird?) durch die Subura und die dortigen Freudenhäuser tingeln oder was auch immer.


Sein Herr könnte z.B. den Bordellbesitzer erpressen und Hermut müsste den Boten/Überbringer der Nachrichten und von Schmiergeld herhalten. Eine tolle Möglichkeit, dem Leser ohne große Worte zu zeigen, dass dadurch Hermut eine gewisse Macht über seinen Herrn hat, weil er von dessen Machenschaften weiß. Wenn du es auf die Spitze treiben willst, entwickle eine Freundschaft zwischen den beiden und stürze Hermut in einen Gewissenskonflikt, weil er sich z.B. in das Freudenmädchen verliebt, das zu den Favoritinnen seines Herrn gehört.

Zitat:
Genau dort im Ewigen Rom haben wir ja exakt den Schmelztiegel.


Auch vorher schon. All die von dir beschriebenen Etappen in Germanien sind kleine Schmelztiegel, in denen du ein Konzentrat aus dem historischen Geschehen und den persönlichen Erlebnissen der Protagonisten köcheln kannst. In Rom kommt dann der große Schmelztiegel, wo etwas passiert, das Hermuts Leben derart auf den Kopf stellt, wie noch nie etwas zuvor. Dafür braucht es Drama, Baby.

Mir gefällt die Handlung auch sehr gut. Weißt du, woran mich deine Geschichte vom Aufbau her erinnert? An Rheingold von Stephan Grundy. Es sind zwar unterschiedliche Storys, aber in dem dicken Wälzer behandelt der Autor ebenfalls mehrere Stränge, die nacheinander aufeinander anknüpfen. Das Buch ist sehr dick und in seiner Fülle an Informationen sehr diffizil, dennoch habe ich es verschlungen - mehrmals.

Das kannst du auch Wink
Machst du eine AG zu dem Buch?
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MacWrite
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Beitrag23.04.2023 10:21

von MacWrite
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Lieber Bernd,

wenn ich deinem hier skizzierten Plot folge und MDKs zielführende Hinweise berücksichtige, dann hat dein Buchprojekt das Zeug zu einem großen Wurf. Mut, Ausdauer und Umsetzungswille vorausgesetzt, dazu die richtige Prise Drama, und es könnte ein toller historischer Roman werden, der ganz nebenbei Einblicke in eine Ära vermittelt, die Europa auf viele Jahrhunderte geprägt hat.

LG aus dem Taunus
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BerndHH
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Beitrag23.04.2023 10:33

von BerndHH
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Hallo MDK,

vielen herzlichen Dank für Deine Impulse und Gedanken.
Ja, mit und nach Hermut werden auf einmal wieder ganz viele Jungs geboren und das Überleben des Stammes ist gesichert. Ja, ich weiß, es ist chauvinistisch aber ich denke, die germanische Gesellschaft war in jedem Fall streng patriarchalisch, auch wenn der moderne woke Zeitgeist immer wieder die Rolle der Frau als Seherin etc. ins Licht rückt. Ich kann mir deren großen Einfluss nicht ernsthaft vorstellen.

Es gab in der germanischen Gesellschaft Mägde, die waren Eigentum ihres Herren und eine Ehefrau aus dem Stand der Freien war damals sicherlich auch so etwas wie gekauftes Eigentum (Brautpreis in Form von Kühen?), die überwiegend an ihrer Arbeitskraft und Fruchtbarkeit gemessen wurde. Und diese Fruchtbarkeit heruntergebrochen, Söhne zu gebären.

In der römischen Gesellschaft war es ja nicht viel anders. Pater Familias, der Herr und Gebieter im Hause über Sklavinnen, Töchter und die eigene Ehefrau. Warum? Allein schon die Strafe auf Ehebruch. Wurde eine Ehefrau in flagranti beim Ehebruch erwischt, dann hatte sie nach damaligen Ehrenvorstellungen ihr Leben verwirkt. In Germanien wäre sie nackt aus dem Dorf geprügelt worden und im Rom hatte der gehörnte Ehemann das verbriefte Recht, sie durch seine eigene Hand richten. Andere Zeiten, andere Rechtsvorstellungen. Bis ins klassische Italien gab es immer diese althergebrachte Vorstellung der Frau: entweder Mutter und Heilige oder Hure. Dazwischen gab es wenig. Ich weiß nichts über die Stellung der Frau im antiken Germanien, sie könnte auch eine ganz andere gewesen sein - ich weiß es nicht.

Was aber nicht bedeutete, dass hochgestellte Frauen ungeahnte Machtpositionen besaßen, so im julisch-claudischen Königshaus.
Die hochintrigante Livia, die Gilftmörderin Agrippina, Messalina u.a.

Absolut, der Sohn des germanischen Rinderknechts in der wärmenden Sonne Italiens und der gepflegten Kulturlandschaft des Südens. Finde ich gut, wenn auch Dir diese Vorstellung gefällt. Also italienischer süßer Wein, die überaus angenehmen Temperaturen, die schönen Aussichten und vor allem all die Annehmlichkeiten in einem reichen Haushalt. Du hast Geld, musst nichts oder wenig leisten, musst nicht mehr hart arbeiten, denn Du hast für alle lästigen Dinge Deine Sklaven, Du kannst Orgien feiern, Dich mit wunderschönen Frauen amüsieren, die leckersten Speisen dieser Erde genießen, Dich an harten Gladiatorenspielen erfreuen und alles tun und lassen, was Dir gefällt. Auch schöne römische oder griechische Liebesgedichte lesen oder Dir von einem Sklaven vorlesen lassen oder Dich schöngeistig mit Poesie, Philosophie, Literatur beschäftigen. Du kannst dick und träge werden, ohne im Schweiße Deines Angesichts ums tägliche Überleben kämpfen zu müssen. Das Paradies, oder? Wenn es in Rom im Hochsommer zu heiß oder zu stinkig wird, dann fährst Du mit dem Gefolge des Tiberius auf die Insel Capri und genießt die Annehmlichkeit des mediterranen Lebens. Das ist heute fast noch so wie damals.

Eine AG ist im Prinzip eine gute Idee und ich hatte das tatsächlich schon einmal gehabt.
Aber nach richtig guten Anfangimpulsen haben sich meine Mitstreiter darüber geärgert, dass ich nicht das umgesetzt habe, was sie vorgeschlagen haben. Am Ende habe ich das dann allein zu Ende gebracht.
Das gedruckte Manuskript war sagen wir mal so semi. Gute Idee, Plot durchaus ausbaufähig aber am Ende wieder eine von meinen vielen Erzählungen, die ohne straffen roten Faden im Meer der Bedeutungslosigkeit versanden.


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BerndHH
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Beitrag23.04.2023 10:42

von BerndHH
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Hallo Roland,

vielen Dank für Deinen Anklang und die Vorschusslorbeeren.
Das julisch-römische Königshaus von Augustus bis Nero bietet exakt den Nährboden für ein explosiv fulminantes Familiendrama.
Robert Graves hat es schon 1934 gebracht: Ich, Claudius, Kaiser und Gott und später die gleichnamige Fernsehserie der BBC. Der absolute Knaller. Befriedigt so ziemlich alles, was man sich an Intrigen, Liebe, Verrat, Perversionen u.ä. nur ausdenken kann. Der Leser/Zuschauer denkt nur, "Den eigenen Sohn vergiften, die eigene Mutter hinrichten lassen, wie bitte? ... mein Gott, wie konnten sie damals nur".
Wer weiß vielleicht war es bei den cheruskischen oder chattischen Adelsfamilien (dieser Bauernadel, mehr Kühe als der andere haben und sich daher als etwas Besseres zu halten) nicht ganz ähnlich. Vielleicht im kleineren Maßstab und mit deutlich weniger Mitteln.
Aber ich denke, ich bin Lichtjahre davon entfernt.
Trotzdem über Zuspruch freue ich mich natürlich.


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Beitrag23.04.2023 11:17

von MDK
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Hallo Bernd,

was die Frauen angeht, bin ich ganz bei dir. Ich würde hier jetzt nicht auf Biegen und Brechen versuchen, dem aktuellen Mainstream gefällig sein zu wollen. Die Zeit war für Frauen hart. Punkt. Genau so und nicht anders sollte eine Geschichte erzählt werden, die sich auch sonst auf Fakten stützt Wink

Liebe Grüße
Monika
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Calvin Hobbs
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Beitrag23.04.2023 11:43

von Calvin Hobbs
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Hallo smile

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Wisst Ihr, was mich im Moment sehr viel mehr umtreibt?
[b]Ich möchte gerne einen bewegenden Text schreiben, der in seiner Radikalität umhaut.

All Deine erklärenden Beiträge sind Zeit und Energie, die Du in Dein Buch stecken könntest.
BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Die Augusteischen Germanienkriege (12 v. Chr. bis 16 n. Chr.) müssen ein epochales Ereignis gewesen sein. Eine Zeitenwende, ein neues Stück Geschichte.

Ja! Aber doch nur aus heutiger Sicht auf die Historie! Für die Menschen damals, seien es Römer oder Germanen lief das Leben daneben "normal" weiter. Jeder von ihnen hat doch nur einen Mosaikstein davon erlebt. Die Summe daraus (und deren Deutung) ergeben den heutigen Stand, dass damals umwälzende Veränderungen stattgefunden haben.

BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Also sehr sehr viel mehr, als der Text, den ich bislang zustande bekommen habe: Klein-in-Klein. Die Cherusker massakrieren die Chatten und umgekehrt - und die Römer schauen dreckig grinsend und an Hühnchenknochen herumkauend zu, symbolisch gesprochen.
Also das Ganze war anscheinend sehr viel größer und umfangreicher, als ich es mir vorstellte.
Drusus hatte mehrere Legionen á 12.000 Mann in den Feldzug geworfen, er hat am Rhein Legionslager errichtet, darunter z.B. Mongontiacum, das heutige Mainz, wo sich auch der legendäre Drususstein befindet. Also alles eine Nummer größer als in meinem Manuskript. Drusus schickt eine ganze Flotte, um die Friesen und Chauken zu bekämpfen. Es war also mehr als nur ein "Indianerscharmützel".
Wikipedia spricht von Truppenstärken bis 80.000 Mann (!) und Verlusten bis 40.000 (!) Mann in den gesamten 30 Jahren.
Also war es geschichtlich gesehen etwas Biblisches, Epochales, Gigantisches, welches das Leben in Germanien radikal für alle Zeiten veränderte?
Ja und nein. Teils und teils. Stamm A unterworfen, Stamm B leistet Widerstand und Stamm C wechselt mal so und dann wieder so die Seiten. Teils mit militärischer Gewalt, teils mit geschickter Bündnispolitik und in der Kontaktzone am Rhein gemäß der Devise "Handel durch Wandel".
Also es war mehr, als dass nur Sigismund der Rinderknecht des Reik Eike von einem Chatten "gespeert" wird und sein Leben krümmend im Staub ausatmet oder seine Frau, die schreiend an den Haaren aus der Hütte gezogen wird und von einer Horde Chatten vergewaltigt wird und ebenfalls qualvoll daran stirbt.
Man müsste zeigen, wie ein Kind verhungert, weil der Augusteische Germanienkrieg die Ernte vernichtet oder wie ein ganzer Stamm elendig verhungert.
Wie ein Volk/Ethnie/Stamm entwurzelt/deportiert/vertrieben wird und sich seine Lebensgrundlage dort im neuen Gebiet aber drastisch verschlechtert - die Römer erzwangen diverse Umsiedlungen.
Ich habe es bislang nicht geschafft, dieses Allentscheidende zu Papier zu bringen.
Die Chatten klauen die letzte Kuh und die Familie verhungert jetzt im Winter, ganz langsam, jeden qualvollen Tag ein Stückchen mehr.
Wie soll man das beschreiben, wenn man das nicht kennt?
Wenn ich kein Tomatenmark mehr im Hause habe, gehe ich zu Lidl und hole mir neues. In Germanien der Eisenzeit ging das nicht. Du hast etwas, kannst etwas tauschen, rauben oder Du musst sterben.

Schön und gut, aber das ist keine Geschichte, sondern nur eine Ansammlung von Infos und Deinen Gedanken.
BerndHH hat Folgendes geschrieben:
Ich kann das nicht beschreiben.
Warum sind andere Autoren da sehr viel besser als ich und viel näher in der Szene. Ich komme da leider nicht hin.
Wisst Ihr, was ich damit meine?

Sieger erkennt man Start - Verlierer auch! Und Gejammere hat noch nie jemandem geholfen.

Also:
Ist Hermut nun der Protagonist in der Geschichte?
Hast Du einen Charakterbogen für ihn entworfen?
Was erzählst Du im ersten Kapitel Deiner Geschichte und was möchtest Du im letzten Kapitel erzählen?
Ich persönlich finde, MDK hat die Essenz des Schreibens eingefangen und Deine Geschichte bereits in ihren Beiträgen erzählt. (Auch, wenn es stellenweise wie "Ben Hur" klingt wink )
Wenn die Geschichte aus Hermuts Sicht erzählt wird, und er kein Feldherr ist, interessieren weder Truppenstärken noch deren Bewegungen. Ich will wissen, was ihn an-, von zu Hause wegtreibt! Dann will ich mit ihm meintetwegen die Reise von der Nordsee nach Rom erleben. Wen trifft er unterwegs? Warum greift er  in Konflikte ein? Warum geht er Konflikten aus dem Weg? Warum löst er welche aus? Was ist sein Ziel? Was sucht er und was ist am Ende seine Erkenntnis? Wovon träumt er? Was bereitet ihm Freude, was Schmerzen?
Du willst dem Leser historisches Wissen und Recherche präsentieren, aber will der Leser das auch?
Natürlich ist es richtig und wichtig, wenn der Autor sein Buch historisch akkurat abfasst, das Leben der damaligen Zeit einfängt. Aber es ist die Mischung aus Historie und Schicksal, die z.B. bei Follett und Clavell verfangen.
MfG


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BerndHH
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Beitrag24.04.2023 04:13

von BerndHH
Antworten mit Zitat

Hi Calvin,

ja, ich muss Dir beipflichten. So wie die Geschichte aktuell ist, klebt sie nicht an den handelden Charakteren und wenn man dem gerecht werden will, muss man sie anders aufziehen.
Hermut kommt aus dem Kuhstall, er kennt sein Dorf, die umliegenden Berge und Wälder und das war's für ihn.
Die Oberhäupter der Sippen, die Gefolgeführer etc. die kennen schon sehr viel mehr. Dinge, die über den Horizont der Cherusker hinausragen. Sie "gasten" (das habe ich aus Stefan Jäger:Mord in Mattium) z.B. auf dem Herrenhof eines chattischen Fürsten, sie führen Gespräche mit römischen Gesandten, verhandeln, etc.
Macht hat ja immer viel mit Informationsvorsprung zu tun.

Und dann gibt es ja noch Seneca den Jüngeren, der allerdings während der Erzählzeit noch nicht lebte. Und der ist so reich und einflussreich; hat Einsicht in diverse Informationen, "Geheim"informationen wie kein germanischer Bauernlümmel.
Ich denke, aus der Sicht Roms war jeder Germane ein Bauerlümmel und dreckiger Barbar.
Seneca sitzt auf seiner Villa und blickt auf all das zurück. Auf den Machtdrang des Kaiser Augustus, später des Tiberius und sein schlimmer Zerfall in seiner Lustgrotte auf Capri, dann der unsägliche Caligula und jetzt sein Ziehsohn Nero und die schlimmen Charakterzüge, die bei dieser unseligen Familie immer wieder zu Tage kommen.
Natürlich hat er auch von den Germanenkriegen des verstorbenen Kaiser Augustus gehört, von der Varuskatastrophe und, und, und ...

Als Figur kenne ich kaum einen interessanteren. Lucius Annaeus Seneca, geb. * 1 v.Chr. im heutigen Córdoba/Spanien.
Ich habe damals im Lateinunterricht die Briefe des Seneca an seinen Neffen Lucilius/Epistulae morales ad Lucilium geliebt. Aber das ist eine andere Story.

Ich schwimme immer noch orientierungslos hin und her. Ist die Geschichte Hermuts es wert, erzählt zu werden?
In der jetzigen Form nicht.

Bei der Recherche bin ich auf eine weitere hochinteressante Persönlichkeit der Antike gestoßen.
Auf Sabinus, einem Angehörigen der kaiserlichen Leibgarde. Die römischen Kaiser hatten zu ihrem persönlichen Schutz die Prätorianer und seit Augustus zusätzlich die germanische Leibwache, die als besonders treu, loyal und zuverlässig galt.
=> die römischen Kaiser mussten wahnsinnige Angst um ihr eigenes Leben gehabt haben, wenn sie sich wie Mafiabosse ständig mit schwer bewaffneten Privatsöldnern umgaben.
Sabinus war einer der Rädelsführer, die 41 n.Chr. Kaiser Caligula erstechen ließen.
Sein Nachfolger Claudius verurteilte Sabinus daraufhin zum Tode. Er musste als Gladiator so lange im Zirkus antreten, ohne Chance auf Begnadigung, bis er endlich den Tod fand. Der Sage nach soll Claudius dritte Ehefrau Valeria Messalina ihn aber durch ihren kaiserlichen Einfluss davor geschützt haben.
Alles hochgradig faszinierende Personen.

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Okay Leute, will nicht weiter herumsülzen und vom eigentlichen Thema ablenken, sondern produktiv am Text arbeiten.
Anfangs- und Endkapitel, inwiefern, die zueinander schlüssig sind, da muss ich ran.
Auch wenn ich viele Schleifen drehe, bin dran ... go for it!


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Murnockerl
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Beitrag24.04.2023 06:52

von Murnockerl
Antworten mit Zitat

Ich stoße jetzt neu zur Diskussion, aber

Zitat:
Ich schwimme immer noch orientierungslos hin und her. Ist die Geschichte Hermuts es wert, erzählt zu werden?
In der jetzigen Form nicht.


Jedermanns und -fraus Geschichte kann es Wert sein, in einem Roman erzählt zu werden. Auch ohne eine direkte Rolle bei historischen Ereignissen gespielt zu haben, kann man aufregende, tragische und interessante Dinge erleben, die sich zu erzählen lohnen. Ich denke, das Problem ist, dass du Bedeutung mit historischen Taten und/oder gesellschaftlicher Macht gleichsetzt (wie man mMn auch an denen Schilderungen über die Bedeutung von Frauen in der damaligen Gesellschaft merkt).
Tatsächlich aber sind Menschen zu ihren Lebzeiten primär für die Menschen im direkten Umfeld (Verwandte, Freunde, Geliebte, Widersacher) von Bedeutung und nicht aufgrund ihres politischen Handelns oder historischer Taten.

Wenn du dir nicht sicher bist, ob Hermuts Geschichte das ist, was du erzählen willst, würde ich dir dringend raten, VOR dem Schreiben darüber nachzudenken und entweder Hermut zu verändern oder dir eine andere Hauptfigur zu suchen, deren Geschichte du unbedingt erzählen *willst* (warum z.B. nicht Sabinus, wenn du dessen Leben interessant findest?). Denn wenn du als Autor nicht überzeugt bist, dass Hermuts Geschichte interessant und mitreißend ist, wie willst du dann die Lesys überzeugen?
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Taranisa
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Beitrag24.04.2023 08:52

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Wenn eine aus den Geschichtsbüchern und Dokumentationen bekannte Person die Hauptfigur ist, kann es sein, dass die Leserschaft deshalb den Roman kauft. ABER: Ist die Geschichte dieser Person wirklich interessanter als die einer Person aus der breiten Masse? Die Bevölkerung hat meist mehr zu verlieren oder auch zu gewinnen. Mit Personen, oder besser: Charakteren aus dem Volk können sich viele mehr identifizieren, können ihre Ängste und Sorgen besser nachvollziehen.

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BerndHH
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Beitrag24.04.2023 15:02

von BerndHH
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Hallo liebe Leute,

Ihr habt mir aber schon sehr viel weitergeholfen, weil Ihr mir die richtigen Denkanstöße gegeben habt. In die richtige Richung gelenkt. Dafür meinen herzlichsten Dank!

Ja, ich habe ihn gefunden! Der Schmelztiegel, das Zentrum der Macht, der Tummelplatz der Lüste und Sehnsüchte ist das HAUS DES AUGUSTUS auf dem Palatinhügel.
Hier konzentriert sich alles, hier wird Weltpolitik für das Römische Reich gemacht.
Wenn die Geschichte dorthin eskaliert, dann muss ich Hermuts Vorgeschichte in Germanien umschreiben. Ich gehe auf Dynbergs Vorschlag ein und lasse Hermut nicht nach Germanien zurückkehren.
Er wird auf einem Sklavenmarkt in Mogontiacum an den Chefsklavenhändler, den Hoflieferanten sozusagen, des Kaiserlichen Hauses gekauft und nach Rom verschleppt.
Er hat unglaubliches Glück, Hausklave im HAUS DES AUGUSTUS zu werden.
In der frühen Kaiserzeit wurden viele Sklaven freigelassen, so dass Kaiser Augustus dem einen Riegel vorschieben ließ, indem er das Mindestalter für eine Freilassung auf 30 hochsetzte.
Natürlich gilt das für die kaiserlichen Haussklaven nicht.
Hermut spricht fließend Latein. Er ist aufgeweckt, clever und hat Mutterwitz. Außerdem vermag er klar und geradeaus zu denken, anders als die vielen Hofschranzen. Seine Art gefällt der julisch-claudischen Kaiserfamilie.

Was allerdings passieren muss, dass man den cheruskischen Bauernbengel freilässt, das weiß ich allerdings noch nicht.
Was darüber hinaus geschieht, dass er dort sogar Karriere macht, ist mir auch noch nicht klar. Er wird Verwaltungsbeamter der Germanischen Leibwache und hat Einblick in "Geheim"dokumente.

Viele Grüße


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MacWrite
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Beitrag24.04.2023 16:14

von MacWrite
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Na also, geht doch Daumen hoch²

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