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Perry
Exposéadler
P Alter: 70 Beiträge: 2391
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Skatha
Eselsohr

Beiträge: 347 Wohnort: Alpenraum
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 01.10.2022 13:35
von Skatha
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Die Stimmung, einsam, bedrückend, sich verloren fühlen in der Welt, wird getragen von wunderbaren sprachlichen Bildern: einer wüste aus steinen, kälte und tonlosigkeit, und wer ist nicht schon einmal nachts draußen gestanden und hat, wie nach einer Antwort im Universum suchend, zum Sternenzelt emporgesehen?
Nachdem ich beim Lesen zunächst ein allgemeines Gefühl von Verlorenheit, von Melancholie des LI im Leben assoziiert habe, bin ich über die letzte Strophe gestolpert. Sie passt freilich, aber ich finde die ersten zwei Strophen stark, sie lassen Deutungsraum und sprechen mich auf einer universellen Ebene an. Die letzte Strophe forciert (für mich) alles auf das Thema Liebe. Ich hätte es schön gefunden, wenn das LI für sich selbst einen (anderen) Lichtblick bzw. Sinn und Zweck findet, der Blumen in seiner Felslandschaft sprießen lässt. Vielleicht sind es aber (Liebes-)Schmerz, Wehmut, Trauer, die derart stark im LI verankert sind und die Wüste aus Steinen gar verursacht haben. Manchmal ist Liebe alles.
Danke fürs Teilen, gern gelesen.
LG Skatha
_________________ It is not despair, for despair is only for those who see the end beyond all doubt. We do not.
(J.R.R. Tolkien, The Lord of the Rings) |
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Perry
Exposéadler
P Alter: 70 Beiträge: 2391
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Lyro
Wortedrechsler
 Alter: 29 Beiträge: 80 Wohnort: Deutschland
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 19.03.2023 10:03 Re: in einem land aus steinen von Lyro
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Perry hat Folgendes geschrieben: | in einem land aus steinen
manchmal kommt es mir vor als würde ich in
einer wüste aus steinen leben alles um mich
herum ist kalt und öde kein ton dringt an mein ohr
einzig der blick zum nachthimmel macht mich
glücklich lichter blinken mir zu und gestern flog
eine sternschnuppe mitten durch mich hindurch
ich wünschte du wärst wieder an meiner seite
dann würden blumen aus felsspalten sprießen und
wir gingen gemeinsam dem morgen entgegen |
Hallo Perry,
wow!
Ich habe beim Stöbern in diesem Forum einiges von dir gesehen und auch oft deinen Namen gelesen.
Aber so richtig überzeugt hat mich dieses Gedicht.
Es passt viel und vieles wurde richtig gemacht.
Zunächst zum Titel. Ich bin ein großer Fan von sehr bildhaften, ungewöhnlichen Titeln.
"in einem land aus steinen" weckt sofort Interesse, deshalb hatte ich gleich viel Lust, deinem Text meine Zeit zu widmen.
Die erste Strophe ist sehr stark und bildreich.
Über das "manchmal" am Anfang kann man streiten. Mir hatte man mal gesagt, dass man ein Gedicht nicht mit "manchmal" anfängt, weil das was von Floskel hat. Ein sehr abgetragenes Wort, das im Alltag leider auch oft falsch benutzt wird.
Vielleicht wäre das Synonym "oft" besser, es ist kürzer und nimmt nicht zu viel raum in dem Vers ein.
Dann schreibst du "wüste aus steinen", also das "land", das du dem Leser versprochen hast, ist eine Wüste?
Das wirkt auf den ersten Blick so, als hättest du dir beim Schreiben es doch anders überlegt und eigentlich wolltest du über eine Wüste schreiben. Lass doch am besten das "land" einfach oder versuch ein anderes Bild zu nehmen, das auf Wüste hindeutet. Das ganze Gedicht deutet ja quasi schon auf Wüste hin, du verrätst es am Anfang aber schon gleich (Du kannst "wüste" aber natürlich auch lassen.)
Dann würde auch das "öde" dazupassen, aber nicht so sehr das "kalt", weil ich mir unter einer Wüste dann doch eher Hitze vorstelle, obwohl die Nacht natürlich sehr kalt ist.
Aber vielleicht ist es ja eben dieser Gegensatz, den du hier aufzeigen willst und eine Vorbereitung auf die zweite Strophe ("Nachthimmel")?
Der Satz "kein ton dringt an mein ohr" ist das Highlight dieser Strophe, ich finde es sehr schön formuliert.
Kommen wir zur zweiten Strophe:
Eigentlich ist diese Strophe nahezu perfekt.
Mich persönlich stört nur das Wort "Nachthimmel", das klingt mir ein bisschen zu kitschig. Gerade, weil Wörter wie "Nachthimmel", "Sternenhimmel" und weitere Himmelsbeschreibungen sehr oft in Gedichten auftauchen und damit schon abgetragen sind.
Vielleicht könntest du auch nur "Nacht" schreiben, also:
"einzig der blick zur nacht oben macht mich"
Oder ist dir das schon zu unkonkret?
"lichter blinken mir zu" ist eben dieses "Show, don't tell", was ja so wichtig in der Literatur ist.
Damit hast du Sterne sehr gut dargestellt, ohne Sterne zu sagen.
Okay, im letzten Vers gehst du dann doch auf eine Sternschnuppe ein, was in eine billige Metapher gelaufen wäre, hättest du nicht geschrieben "mitten durch mich hindurch".
Sehr schönes Bild, das mich erfreut hat. Damit hast du die Metapher gerettet.
Die letzte Strophe ist ebenfalls sehr schön, ich habe gar nichts daran auszusetzen.
Das Highlight sind hier die "blumen (die) aus felsspalten sprießen".
Es sind doch manchmal die kleinen Dinge des Lebens, denen man mehr Beachtung schenken sollte.
Im letzten Vers schreibst du
"wir gingen gemeinsam dem morgen entgegen"
Da hast du den "morgen" quasi schon fast personifiziert, als würde das Lyrische Ich jemanden treffen.
Dann würde das zu meinem Vorschlag oben mit dem "nachthimmel" = "nacht" passen, weil du es damit dann auch personifizierst.
_
Kurzum: ein sehr schönes Gedicht, ich habe mich von Anfang bis Ende in einer Wüste gesehen, dieses Bild wurde durchgehalten, die Metaphern sind schön eingesetzt.
Glaub mir, es gibt so viele Autoren, die versuchen, Naturphänomene irgendwie emotional darzustellen und es nicht hinbekommen. Du hast gezeigt: ja man kann auch über Sternschnuppen und Wüsten schreiben, ohne, dass es in ein Stilmittelfiasko ausartet.
Eine Frage: schreibst du deine Gedichte aus ästhetischen Gründen in Kleinschrift oder hat das eine tiefere Bedeutung?
Gruß
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Perry
Exposéadler
P Alter: 70 Beiträge: 2391
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