Zoologie

[Ralphie]

Frage an die Akademiker unter euch. Kann ich das so schreiben?

Nur anderthalb Jahre später habilitierte er an der Philosophischen Fakultät Würzburg über die Balz der Rotfußfalken. 1897 wurde er in Berlin zum außerordentlichen Professor ernannt.

[Maunzilla]

Der Satz klingt für mich schlüssig.

[Fistandantilus]

Die Balz der Rotfußfalken hört sich für mich nicht nach Geisteswissenschaften an, sondern nach Naturwissenschaften, Biologie zum Beispiel.

[Ralphie]

Hallo, Fist!

Aber Zoologie gehörte nun mal zur Philosophischen Fakultät. Mir ging es in erster Linie darum, ob man mit einem Thema wie Balz der Rorfußfalken habilitieren kann.

[Maunzilla]

Traditionell gab es an den Universitäten nur vier Fakultäten: Theologie, Juristerei, Medizin und Philosophie. Unter letzterer wurden alle Geistes- und zunächst auch die Naturwissenschaften zusammengefaßt. Später wurden diese dann aufgespalten in einen geisteswissenschaftlichen und einen naturwissenschaftlichen Teil. Was zum Teil zu merkwürdigen Konstellationen führte. So konnte ich seinerzeit wählen, ob ich Geographie als Naturwissenschaftler oder als Geisteswissenschaftler studieren wollte. (Das hing dann jeweils auch von den Nebenfächern ab.)

Da ich kein Zoologe bin, kann ich zum Inhalt einer Habilitationsschrift zu jener Zeit nichts sagen. Vielleicht hülfe das Stöbern in  Bibliothekskatalogen nach Dissertationen und Habilitationsschriften aus jener Zeit, um eine Idee von den Themen und Fragestellungen zu bekommen, die da abgehandelt wurden.

[Ralphie]

Dankeschön, Maunzilla!

So hab ich es mir auch aus dem Internet zusammengeklaubt.

 

[Fistandantilus]

Oh, das wusste ich nicht. Vielen Dank für die Aufklärung

[Willebroer]

Häufig sagt man "... habilitierte sich", um Mißverständnisse zu vermeiden (er könnte auch jemand anderen habilitieren).

[Ralphie]

Ich weiß, aber "sich" sollte man nach Möglichkeit vermeiden.

[Willebroer]

Ist ja auch ziemlich klar in diesem Fall.

[Jan Hinnerk Feddersen]

[Ralphie]

Das stimmt nicht ganz, Jan.

[Willebroer]

Ich hab diese Formulierung schon öfter gesehen, auch in akademischen Kreisen. Ich nehme aber an, daß man das früher strenger gehandhabt hat.

Inzwischen gibt es ja zu den ulkigsten Themen eine Professur.

[Levo]

@Ralphie Sonst schreibe es doch so: Er erhielt nach seiner herausragenden Arbeit über die Balz des Rofußfalken die Venia legendi an der philosophischen Fakultät der Universität.

Ansonsten ist die von Dir gewählte Formulierung durchaus geläufig (auch unter Habilitierten; "Worüber hast du habilitiert?" - "Über gar nichts Spezielles. Ist 'ne Kumulativhabil.").

[Selanna]

Ich stimme Willebroer und Jan zu: Es klingt seltsam, so habe ich das noch keinen (in akademischen Kreisen) sagen hören.
Entweder man "habilitiert sich" (bei Professor Huber/ in Berlin / für Zoologie) oder man "wird habilitiert" oder die Fakultät "habilitiert jemanden".
-> Was das vermeiden von "sich" angeht: Bei reflexiven Verben geht das schlecht. zB bei "sich waschen" kann man das "sich" ja auch nicht wegkürzen, weil es sonst einen anderen Sinn ergäbe (nämlich ob man sich selbst wäscht oder etwas, das man nicht selbst ist).


Da "habilitieren" bedeutet, dass (wie Levo auch schon schrieb) jemandem die Lehrberechtigung erteilt wird, kannst Du Dir erschließen, dass man dieses Verb nur reflexiv oder transitiv verwenden kann. Sprich:
1. Die Fakultät hat mir die Lehrberechtigung erteilt (hat mich habilitiert)
2. Mir wurde von der Fakultät die Lehrberechtigung erteilt (ich wurde von der F. habilitiert)
3. Ich habe mir (!) die Lehrberechtigung erteilt (ich habe mich habilitiert) -> lässt Du hier "mir" oder "mich" weg, ergibt es keinen Sinn mehr: Ich habe die Lehrberechtigung erteilt (wem?) / Ich habe habilitiert (wen?)

Edit: Wahrscheinlich hast Du das Verb "habilitieren" mit "promovieren" verwechselt. "Promovieren" kann transitiv und intransitiv verwendet werden, ist aber nicht reflexiv. Aber, wie gesagt, das ist ein anderes Verb.

[Levo]

Der Duden erlaubt auch "ich habilitiere" ohne mich.
Aber möglicherweise war das im frühen 20. Jahrhundert noch anders.

[Calvin Hobbs]

[Willebroer]

Die Verhaltensforschung als akademische Diszipin hat sich allerdings erst im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelt.

Bis dahin bestand Biologie vor allem in Systematik, Benennung und Neuentdeckung von Arten und ihre geografische Verbreitung. Eigentlich alles das, was sich statisch und als Konserve darstellen ließ.

[Selanna]

[MarkusM]

[Willebroer]

[Ralphie]

Danke für eure Antworten. Vielleicht ist es noch interessant zu wissen, dass der Rotfußfalke in Mitteleuropa ein exotischer Vogel ist und nur in Ungarn, Rumänien und Moldawien vorkommt. Das würde doch den Anreiz erhöhen, darüber eine Habilitationsschrift zu verfassen.