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Mittelalterliche Bibliothek


 
 
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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag09.06.2022 06:09
Mittelalterliche Bibliothek
von Murnockerl
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo smile

Weiß jemand, ob es bei Handschriften/Kodizes in mittelalterlichen Klosterbibliotheken eine Art der Kennzeichnung gab, aus der man hätte erfahren können, in welcher Bibliothek, eventuell auch durch welchen Schreiber und in welchem Jahr ein Manuskript entstanden ist?

Und meine zweite Frage: Wie realistisch ist es, dass Nicht-Angehörigen des Klosters, z.B. Adlingen oder einflussreichen Mitgliedern des Bürgerstandes, Zugang zur Bibliothek gewährt würde, wenn sie darum bitten?
Ich nehme mal an, das hätte - wie vieles - auch an der Einschätzung/Sympathie der zuständigen Mönche gehangen, aber mich würde interessieren, ob so etwas eher üblich oder unüblich war oder es überhaupt gängige Regeln gab, die den Zutritt zu Bibliotheken beschränkt haben.

Ich hoffe, keine allzu dummen Fragen und danke im Voraus smile Zu diesen Punkten hat meine Internetrecherche nämlich bisher wenig Verwertbares geliefert.
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag09.06.2022 07:47

von Lapidar
Antworten mit Zitat

Hi du,
bin kein Experte... Aber zu Frage 2: Die Klöster waren abhängig von Spenden und dem Goodwill der Adligen. Die Wahrscheinlichkeit dürfte deshalb durchaus hoch gewesen sein, dass ein vonundzudagewesen mit dementsprechendem Empfehlungsschreiben Zugang gekriegt hätte. Allerdings: nicht wenn vonundzu weiblich war. Könnte ich mir denken... smile


_________________
"Dem Bruder des Schwagers seine Schwester und von der der Onkel dessen Nichte Bogenschützin Lapidar" Kiara
If you can't say something nice... don't say anything at all. Anonym.
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Taranisa
Geschlecht:weiblichBücherwurm

Alter: 54
Beiträge: 3207
Wohnort: Frankenberg/Eder


Beitrag09.06.2022 07:54

von Taranisa
Antworten mit Zitat

Ein interessantes Thema, zu dem ich leider auch nur Vermutungen beitragen kann.
Ich kann mir vorstellen, dass in Klosterschulen die weltlichen Stifter Zugang erhalten haben könnten oder auch (andere) Gelehrte. Ein Verzeichnis über die Werke an und für sich, wer es ursprünglich verfasste und wohin evtl. welche verliehen wurden, halte ich auch für wahrscheinlich. Die Frage ist auch, wer konnte -neben Nonnen, Mönchen, sonstigen Gelehrten- lesen und suchte nach bestimmten Informationen.


_________________
Henkersweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/18
Die Ehre des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 12/20
Spielweib, Burgenwelt Verlag, ET 12/21
Das Gegengift des Henkersweibs, Burgenwelt Verlag, ET 11/22
Der Stab der Seherin, Burgenwelt Verlag, Herbst 2024
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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
M


Beiträge: 340



M
Beitrag09.06.2022 08:29

von Murnockerl
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Danke euch! Bezüglich Verzeichnis würde mich vor allem interessieren, ob in dem Band - wenn er außerhalb der Bibliothek gefunden würde - für Außenstehende erkennbar wäre, woher er stammt und wann die Manuskripte zu Papier gebracht wurden ...

Und ja, das mit Adligen fände ich auch plausibel. Plus, eventuell über Beziehungen zu diensthabenden Mönchen/Bestechung? Ich nehme an, so eine Bibliothek war zwar abgeschirmt, aber nicht allzu stark bewacht innerhalb des Klosters...
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Kiara
Geschlecht:männlichReißwolf

Alter: 44
Beiträge: 1404
Wohnort: bayerisch-Schwaben


Beitrag09.06.2022 09:29

von Kiara
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Das ist von Region und Jahr abhängig. Wann und wo spielt deine Geschichte?

_________________
Zum Schweigen fehlen mir die Worte.

- Düstere Lande: Das Mahnmal (2018)
- Düstere Lande: Schatten des Zorns (2020)
- Düstere Lande: Die dritte Klinge (2023)
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Maunzilla
Exposéadler


Beiträge: 2821



Beitrag09.06.2022 10:11

von Maunzilla
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Eine Eigentumsbezeichnung halte ich für sehr wahrscheinlich, denn Bücher wurden unter den Klöstern rege verliehen und kopiert. Ob eine Datierung ebenfalls vohanden ist, weiß ich nicht. Eine Namensangabe des Schreibers ist unüblich, da oft auch mehrere Personen an einem Buch arbeiteten.

Übrigens konnten im Mittelalter (v.a. im Spätmittelalter) viele Menschen lesen und schreiben. Sie konnten jedoch kein Latein, und galten daher offiziell als ungebildet. Die meisten Bücher dieser Zeit waren auf Latein oder Griechisch verfaßt.


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"Im Internet weiß keiner, daß du eine Katze bist." =^.^=
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Lapidar
Geschlecht:weiblichExposéadler

Alter: 61
Beiträge: 2701
Wohnort: in der Diaspora


Beitrag09.06.2022 10:24

von Lapidar
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mir fällt grad ein: Schreib doch einfach ein großes Kloster an. ZB. St. Gallen, die dürften dir da Info geben können.

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Willebroer
Geschlecht:männlichShow-don't-Tellefant


Beiträge: 5437
Wohnort: OWL


Beitrag09.06.2022 10:56

von Willebroer
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Da Klöster oft große Autonomie hatten (nicht nur in ihrem Verhältnis zu den Stiftern), kann man eigentlich kaum was ausschließen. Vor allem, wenn man sich nicht räumlich und zeitlich (und auf einen bestimmten Orden) festlegt.

Bei Arte lief neulich ein Themenabend zum Thema Schrift - und einer zur Geschichte der Klöster:

https://www.arte.tv/de/videos/083905-002-A/vom-schreiben-und-denken-die-saga-der-schrift/

Vielleicht hilft das weiter oder bringt ein wenig Anregung.
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Alexandra
Leseratte
A


Beiträge: 126



A
Beitrag09.06.2022 11:31

von Alexandra
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Zitat:
Die Mysterien von Schwester Fidelma sind eine Reihe historischer Kriminalromane und Kurzgeschichten von Peter Tremayne über einen fiktiven Detektiv, der die gleichnamige Heldin einer Serie ist
Quelle: Wikipedia, englisch

Peter Tremayne (Pseudonym) ist Historiker und weiß eine Menge zu diesem Thema. In einem seiner Bücher beschreibt er das System der Bibliotheken im 7. Jahrhundert in Irland. Leider weiß ich den Titel nicht mehr. Seine Heldin, Schwester Fidelma, ermittelt einmal in einem Kloster mit großer Bibliothek. Evtl. helfen dir Titel und Inhaltsangabe der Fidelma-Reihe dabei, das Buch zu finden. Ich weiß nur noch, dass es keine Kurzgeschichte war. Vielleicht kannst du in einer Bibliothek nachfragen. Ich hatte den (und weitere) Titel ausgeliehen.

LG, Alexandra
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag09.06.2022 12:06

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Murnockerl,

Zitat:
Weiß jemand, ob es bei Handschriften/Kodizes in mittelalterlichen Klosterbibliotheken eine Art der Kennzeichnung gab, aus der man hätte erfahren können, in welcher Bibliothek, eventuell auch durch welchen Schreiber und in welchem Jahr ein Manuskript entstanden ist?

Das ist nicht mein Spezialgebiet (das zum Voraus), aber eine spezielle Kennzeichnung halte ich für unwahrscheinlich. In Klöstern wurden ja Kopien vorhandener Texte hergestellt und bei einer Kopie erwartet man einen originalgetreuen Text. Es wäre unerwünscht und unangemessen gewesen, hätte jemand seine Kopie signiert. Es wäre sogar ungünstig, wenn man auch nur einen eigenen Schriftstil etabliert, man versuchte, so genormt wie möglich zu schreiben (zB karolingische Minuskel, eine Schriftart, die man sehr gleichförmig schreiben konnte und auch europaweit immer weiter auf Gleichförmigkeit hin perfektionierte). Außerdem saßen mind. zwei, wenn nicht drei „Handwerker“ an einem Text: Der Schreiber (der den Text abschrieb), der Rubrikator (der die Initialen und kleine Verzierungen malte) und ein Illustrator (der der die größeren Kunstwerke in und an den Büchern ausführte). Gegen eine Signierung durch den Kopisten spricht mMn auch, dass der „Künstlerbegriff“, wie wir ihn heute kennen und uns gar nicht mehr anders vorstellen können, damals nicht existierte. Selbst Maler, Bildhauer und Holzschnitzer signierten ihre Werke kaum oder wenn, dann eher mit Zunftzeichen oder etwas in der Art. Die Mentalität war ja doch sehr anders, das „Individuum“ mit seinem „Genius“ kannte man damals nicht. Wie immer gibt es aber auch Ausnahmen, es sind kleine Kommentare oder sonstige Abweichungen vom Ursprungstext belegt. Vllt erkennt Dein Protagonist einen Kopisten ja daran. Smile
In welchem Kloster ein Buch geschrieben wurde, ist wahrscheinlich eindeutiger gewesen, ist es ja bis heute (man weiß ja auch heute, wo die berühmten Handschriften herstammen). Da es im Frühmittelalter nur sehr wenig Bücher gab (ich glaube, die heute riesige Klosterbibliothek von St. Gallen hatte damals nicht mal 500 Bücher), war das keine inflationäre Ware und da gab es sicher a) in der Klosterverwaltung Belege, wo man das Buch gekauft hatte und b) wusste man, dass dieses Werk eher von Kloster xy kopiert wurde als von Kloster yx (zB., indem man weiß, welches Kloster das Original hat. Ohne Original kann man ja keine Kopie erstellen). Generell ist aber zu sagen, dass die meisten Klöster für den Eigenbedarf kopierten (das heißt, das Buch, das in Kloster xy stand, war auch in diesem Kloster entstanden) oder gegen Auftrag von außen. Zum Beispiel gab der Adel Aufträge (wobei der das aber nicht unbedingt selbst las, sondern eher einfach als Wertgegenstand und Prestigeobjekt besaß).

Zitat:
Und meine zweite Frage: Wie realistisch ist es, dass Nicht-Angehörigen des Klosters, z.B. Adlingen oder einflussreichen Mitgliedern des Bürgerstandes, Zugang zur Bibliothek gewährt würde, wenn sie darum bitten?

Die Frage, die sich hier eher stellt, ist, was ein Adliger in einer Bibliothek gemacht hätte? Vor allem im Frühmittelalter, aber auch noch im Hochmittelalter, waren Adlige meist Analphabeten. Bei Bürgern hingegen ist es wahrscheinlicher, dass sie lesen konnten. Das Bürgertum an sich entwickelte sich aber erst im Laufe des Mittelalters, man müsste also wissen, zu welcher Zeit Deine Geschichte eigentlich spielt.
Der Adel hatte häufig problemlos Zutritt zum Kloster, schon allein, da die höheren Posten im Kloster ja meist an Adelige (also Verwandte und Verschwägerte des Adels) vergeben wurden. Somit sicherte sich der Adel seinen Einfluss.
Zitat:
Ich nehme mal an, das hätte - wie vieles - auch an der Einschätzung/Sympathie der zuständigen Mönche gehangen, aber mich würde interessieren, ob so etwas eher üblich oder unüblich war oder es überhaupt gängige Regeln gab, die den Zutritt zu Bibliotheken beschränkt haben.

Es gab natürlich die „Regel“, dass niemand einfach so ein Kloster betreten durfte. Man musste am Einlass vorbei, evtl. sein Anliegen vorbringen, und wurde dann zu dem Gemeinschaftsmitglied gebracht, das das Anliegen erfüllen konnte. Aber niemand dürfte einfach hereinspaziert sein, den Hof überquert und sich in der Bibliothek ein Buch geliehen haben. Im Gegenteil, die früh- und hochmittelalterliche Geschichte ist voll von Vorfällen, in denen sich Klosterbibliotheken untereinander wegen nicht zurückgegebener Bücher fetzten. Ein Bürgerlicher dürfte da kaum ein Buch ausgeliehen haben. Eher noch ein Gelehrter, wobei die meisten Gelehrten im Mittelalter selbst Geistliche waren. Noch dazu muss man beachten, wie unglaublich wertvoll die Bücher damals waren, wahrscheinlich durfte sich nicht einmal jeder Mönch / Novize des eigenen Klosters unbeaufsichtigt in der Bibliothek aufhalten.
Ebenfalls wichtig ist der Orden des Klosters. Es gibt Klöster, die völlig autark lebten, ohne Hilfe von außen, die selbst große Ländereien, Bauernhöfe, Molkereien, Brauereien, Handwerksbetriebe hatten, und somit reich waren. Die waren unabhängig von der Außenwelt, auch von Spenden (das sind meist die älteren Orden, wie etwa Benediktiner). Die konnten sich eigene Bibliotheken leisten, aber auch entscheiden, ob und wem sie Zutritt gewährten. Diese Klöster waren auch nicht in Städten, sondern eher abgeschieden gelegen.
Anders die später entstandenen Bettelorden (wie die Franziskaner), die lebten von Spenden und waren arm, ihre Klöster bauten sie in Städten (da kam man ja auch leichter an Spenden). Mir ist keine mal. Klosterbibliothek eines Bettelordens bekannt, wenn, dann eher gegen Ende des Mittelalters vllt, allerdings war der Zugang zu deren Klöstern lockerer geregelt, sie waren viel weltoffener und zugänglicher als etwa die reichen, alten Orden, die eher zur Abschottung neigten. Daneben gibt es dann noch die extremen Kloster-/Ordensformen (zB Kartäuser) mit Schweigegelübde und in völliger Klausur (eremitisch, zönobitisch), zu deren Klöstern es keinerlei Zutritt für Außenstehende gab (nicht mal für verwandte Adlige).

Man müsste also die Zeit Deiner Geschichte kennen, den Ort und den Orden, um eine fundierte Antwort geben zu können.
Vllt war aber trotzdem schon mal was Hilfreiches dabei.
Liebe Grüße
Selanna


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Nur ein mittelmäßiger Mensch ist immer in Hochform. - William Somerset Maugham
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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
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Beiträge: 340



M
Beitrag10.06.2022 06:34

von Murnockerl
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo! Vielen Dank euch allen für die ausführlichen Antworten!

Zeit und Ort sind für mich tatsächlich noch recht flexibel wählbar, da es um eine Art Zeitreiseroman für Jugendliche geht und nur ein Abschnitt im Mittelalter spielt.

Dass das Manuskript selbst nicht gekennzeichnet ist, klingt logisch. Inzwischen geht meine Überlegung dahin, dass es sich nicht um eine Klosterbibliothek, sondern die Bibliothek eines Adligen/einer Adelsfamilie handeln könnte und die Umschläge (nicht Manuskripte) mit dem Wappen oder einem anderen Hinweis auf den Besitzer gekennzeichnet sein könnten. Ich denke, es wäre zumindest nicht ausgeschlossen, dass jemand so etwas tut.

Zitat:
Wie immer gibt es aber auch Ausnahmen, es sind kleine Kommentare oder sonstige Abweichungen vom Ursprungstext belegt. Vllt erkennt Dein Protagonist einen Kopisten ja daran. Smile


Oder meine Prota ist mit einem Mönch bekannt, der den Tick hat, seine Werke durch subtile wiederkehrende Motive in den Illustrationen, vielleicht auch hinein geschummelte Notizen, zu markieren. Der Gedanke würde mir auch gefallen - allerdings wäre es natürlich ein sehr großer Zufall, dass das gefundene Buch zufällig genau von diesem stammt.

Zitat:
mir fällt grad ein: Schreib doch einfach ein großes Kloster an. ZB. St. Gallen, die dürften dir da Info geben können.


Das ist eine gute Idee und vermutlich die einzige Möglichkeit, die Frage wirklich zu klären. Ein paar Bekannte von mir haben z.B. auch im Bereich der Mediävistik studiert, aber man forscht halt immer am Text selbst - insofern haben die auch keine Ahnung, wie Kodizes geordnet/gekennzeichnet wurden, selbst wenn sie einzelne Originalabschnitte aus den Manuskripten zu Gesicht bekommen haben.

Zitat:
Peter Tremayne (Pseudonym) ist Historiker und weiß eine Menge zu diesem Thema. In einem seiner Bücher beschreibt er das System der Bibliotheken im 7. Jahrhundert in Irland. Leider weiß ich den Titel nicht mehr. Seine Heldin, Schwester Fidelma, ermittelt einmal in einem Kloster mit großer Bibliothek. Evtl. helfen dir Titel und Inhaltsangabe der Fidelma-Reihe dabei, das Buch zu finden. Ich weiß nur noch, dass es keine Kurzgeschichte war. Vielleicht kannst du in einer Bibliothek nachfragen. Ich hatte den (und weitere) Titel ausgeliehen.


Danke, das klingt auch nach einem guten Anfang für eine Recherche.
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Selanna
Geschlecht:weiblichReißwolf


Beiträge: 1146
Wohnort: Süddeutschland


Beitrag10.06.2022 10:07

von Selanna
Antworten mit Zitat

Hallo Murnockerl,
Zitat:
Inzwischen geht meine Überlegung dahin, dass es sich nicht um eine Klosterbibliothek, sondern die Bibliothek eines Adligen/einer Adelsfamilie handeln könnte und die Umschläge (nicht Manuskripte) mit dem Wappen oder einem anderen Hinweis auf den Besitzer gekennzeichnet sein könnten. Ich denke, es wäre zumindest nicht ausgeschlossen, dass jemand so etwas tut.

Dann würde ich die Geschichte an Deiner Stelle unbedingt ins späte Spätmittelalter (ca. 1250-ca. 1500 -> also 15. Jh.) verlegen, damit Du auf der sichereren Seite bist.
Pioniere beim Adel waren in Sachen Bibliothek die Habsburger, Kaiser Friedrich III. (15. Jh.) hatte eine sicher belegbare, historisch dokumentierte Bibliothek. Die Anfänge der Büchersammlung, die allerdings nicht sicher belegbar sind, reichen bis ins 14. Jh. zurück (hier ist nur eine berühmte Handschrift sicher belegt).
Ansonsten waren häufig Bürger tendenziell schneller als der Adel. Berühmte große, nicht klösterliche Bibliotheken gehörten etwa Hartmann Schedel (15. Jh.), eine andere der reichsten Familie der damaligen europäischen Welt, den Fuggern (Johann Jakob Fugger, 16. Jh., der Schedels Bibliothek kaufte), und wieder eine andere dem Gelehrten Johann Albrecht Widmanstetter (auch erst 16. Jh.).
Die Wittelsbachische Hofbibliothek wurde erst 1558 gegründet (also wieder 16. Jh. und somit auch Frühe Neuzeit) und zwar, indem man die Bibliothek Widmanstetters erwarb. Man hatte am Münchner Hof davor zwar auch schon etliche Bücher, aber keine richtige "Bibliothek".

Also, wenn es sich um adelige oder bürgerliche, sprich säkulare Bibliothek handeln soll, dann wäre wohl das 15./16. Jh. die frühestmögliche Zeit für Deine Zeitreisenden. Außer Du gehst ins nicht deutschsprachige Ausland. Die Italiener waren in Sachen Kultur um einiges weiter, was sich bei uns gerade mal so etablierte, hatte man in Norditalien oft schon seit 100-50 Jahren. Wink

Übrigens, bei Deinem Plot musste ich spontan an Enzensbergers "Wo warst Du, Robert?" denken, darin geht es auch um einen Jugendlichen, der durch die Zeit reist. Habe ich damals sehr gern gelesen, ich finde Deine Idee sehr schön Very Happy

Liebe Grüße
Selanna


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Maunzilla
Exposéadler


Beiträge: 2821



Beitrag10.06.2022 10:58

von Maunzilla
Antworten mit Zitat

Die Herstellung eines handgeschriebenen Kodex dauerte ungefähr ein Jahr, und hatte allein einen Materialwert von umgerechnet 30'000-50'000€.
Allzuviele Bücher gab es daher nicht, sintemal vor der Renaissance die meisten Texte der Antike als verschollen galten und erst mit dem Fall Konstantinopels in größerer Zahl nach Europa zurückkehrten. Theologische und liturgische Schriften dürften außerhalb der Kirche kaum Interesse gefunden haben und weltliche Dichtung des Mittelalters ist nicht sehr zahlreich. Eine private "Bibliothek", die nicht gerade dem Kaiser gehörte, mochte daher kaum zehn Bände umfaßt haben.
Selbst die Bibel war im Volk nicht weit verbreitet, denn sie war ausschließlich auf Latein und Griechsch verfügbar, und somit für die meisten Menschen, die nicht dem geistlichen Stande angehörten, nicht verständlich.

Das Hauptproblem damals war, daß nach dem Fall West-Roms und dem Verlust der ägyptischen Kolonien der Nachschub an Papyrus ausblieb, welches damals ein billiger und weitverbreiteter Stoff für Bücher (Schriftrollen) war. (In Rom waren Bücher preiswert und es gab unzähllige öffentliche und private Bibliotheken.) Der einzige Ersatz für mehrere Jahrhunderte war Velum (Pergament), welches ein sehr knapper und extrem teuerer Rohstoff war. Daher waren Bücher unerschwinglich. Im 13. Jahrhundert hatten die Araber jedoch die Kunst der Papierherstellung von den Chinesen erbeutet und waren daher in der Lage eine reiche Buchproduktion und eine aufblühende Literatur und Wissenschaft zu etablieren. In Europa kam das Papier erst kurz vor der Erfindung der Druckerpresse auf.


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Murnockerl
Geschlecht:weiblichEselsohr
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Beiträge: 340



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Beitrag11.06.2022 06:18

von Murnockerl
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Zitat:
Ansonsten waren häufig Bürger tendenziell schneller als der Adel. Berühmte große, nicht klösterliche Bibliotheken gehörten etwa Hartmann Schedel (15. Jh.), eine andere der reichsten Familie der damaligen europäischen Welt, den Fuggern (Johann Jakob Fugger, 16. Jh., der Schedels Bibliothek kaufte), und wieder eine andere dem Gelehrten Johann Albrecht Widmanstetter (auch erst 16. Jh.).


Dass die Bibliothek im Besitz eines reichen Bürgers sein könnte, wäre mir gar nicht in den Sinn gekommen, aber das ist eigentlich eine gute Lösung. Ich stelle mir vor, dass ein Händler, Arzt oder (dank seines Reichtums) Gelehrter auch deutlich zugänglicher wäre als eine Familie des höheren Adels oder ein Kloster, wenn auch die Bibliothek vermutlich trotzdem als kostbarer Besitz sehr abgeschirmt wäre.
Außerdem könnte ich mir so noch eher vorstellen, dass der stolze Besitzer dann unbedingt das Familienwappen in den Einband geprägt haben möchte ...

Zitat:
Übrigens, bei Deinem Plot musste ich spontan an Enzensbergers "Wo warst Du, Robert?" denken, darin geht es auch um einen Jugendlichen, der durch die Zeit reist. Habe ich damals sehr gern gelesen, ich finde Deine Idee sehr schön Very Happy


Mein Fokus liegt eigentlich weniger am Zeitreisen als auf der persönlichen Entwicklung der Protas, weshalb ich auch bisher noch nicht viel dahin gehend geplant habe. Aber es soll natürlich trotzdem plausibel sein.
Das Buch klingt sehr interessant - ich mag Enzensberger, aber kannte das noch nicht. Werde ich mir mal anschauen, so zur Vorbereitung, danke für den Tipp lol2

Zitat:
Eine private "Bibliothek", die nicht gerade dem Kaiser gehörte, mochte daher kaum zehn Bände umfaßt haben.
Selbst die Bibel war im Volk nicht weit verbreitet, denn sie war ausschließlich auf Latein und Griechsch verfügbar, und somit für die meisten Menschen, die nicht dem geistlichen Stande angehörten, nicht verständlich.


Das ist gut zu wissen, vor allem, da ich bisher gar nicht wusste, dass es überhaupt so etwas wie "Bibliotheken" außerhalb von Klöstern und sehr wohlhabenden Adeligen gab. Eine kleinere Büchersammlung täte es in meinem Fall aber ohnehin auch.
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thepriest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 53
Beiträge: 100
Wohnort: Schweiz


Beitrag11.06.2022 09:44

von thepriest
Antworten mit Zitat

Lapidar hat Folgendes geschrieben:
mir fällt grad ein: Schreib doch einfach ein großes Kloster an. ZB. St. Gallen, die dürften dir da Info geben können.


St. Gallen ist ja nicht mehr ein existierendes Kloster, aber die Stiftsbibliothek wird hervorragend kuratiert. Da kann man dir bestimmt weiterhelfen.
https://www.stiftsbezirk.ch/de/stiftsbibliothek/


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