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Untitled Sci-Fi


 
 
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Der Doktor
Erklärbär


Beiträge: 4



Beitrag22.05.2022 18:03
Untitled Sci-Fi
von Der Doktor
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Karl

Das mächtige Auge drohte über seinem Kopf wie ein riesiges Monster, das kurz davor war, auf ihn zu stürzen, ihn zu verschlingen und gänzlich aufzusaugen.  In seinem Kopf hörte er das Dröhnen, die unheilvolle Stimme, die Menschen in den Wahnsinn treiben konnte. Das Monster schwebte im Nichts und schien so nahe, dass er seine Hand nur ausstrecken musste um in seinen mächtigen Schlund zu greifen. Das Auge rotierte und starrte ihm tief in seine Seele. Wie konnte er nur hier gelandet sein, am Ende der Welt, am Rande des Wahnsinns und an der Schwelle zum Reich des Todes. Der Gigant füllte den Horizont beinahe komplett aus und erdrückte alles durch den permanenten Wandel seines Gesichtes. Er schien nur zu warten, letztlich auf ihn zu stürzen. Natürlich spürte Karl die Angst. Es war wie balancieren auf einem unsichtbaren Seil. Er beobachtete, wie die Arbeiter versuchten geduckt auf der Oberfläche entlang zu schleichen, in der Sorge, von dem Monster über ihnen verschluckt zu werden. Es war nur eingebildet, doch Karl glaubte, ein ständiges dumpfes Grollen zu vernehmen. Wenn er in das Auge blickte, so glaubte auch er, es wachse stetig an und sei nur kurz davor, ihn und ihren kleinen Brocken zu verschlucken. Es schlief nie, selbst wenn er schlief. Auch wenn er nicht hinsah, es war da und beobachtete ihn. Hier gab es keine Vernunft und keine Beruhigung. Die Stimmung war dauerhaft angespannt, und die Arbeiter wirkten hecktisch und nervös. Niemand würde sich jemals an diesen Anblick gewöhnen, wenn man weiß, dass dieses schreckliche Auge einem tief in die Seele zu blicken vermochte. Wie konnte er nur hier landen? Wo war der Fehler gewesen, oder war es nur unvermeidlich? Natürlich hatte Yamoto gute Gründe gerade ihn hierher zu schicken. Seine Vorgänger sind nach all den Jahren regelmäßig durchgedreht. Einer von ihnen hatte die Steuerung seiner Manövrierdüsen durcheinander gebracht und hatte sich von dem Felsen katapultiert. Er hatte sich selbst ins Nichts geschossen und würde früher oder später von der Masse da draußen aufgesaugt worden sein. So etwas kam immer wieder vor, und die Arbeiter entwickelten ihre eigenen Mythen und Rituale. Karl verstand das auch, wenn er versuchte, alles hier mit Fakten zu erklären. Doch je länger er hier war, am Rande der Welt, umso stärker wurde das zornige Grollen des Ungeheuers, dessen Blut sie ernteten. Der Drache schlief mit einem offenen Auge, irgendwann würde er erwachen und sein Zorn würde die Menschheit mit einem Schlag vernichten. Karl vertraute nicht auf Rituale wie das Vergießen von Schnaps, oder das Opfern von Blut. In Wahrheit war alles nur eine massive Ansammlung von Gasen die durch ihre eigene Schwere festgehalten wurde. Ein komplexes System aus Strömungen, Schichtabfolgen und thermischen Austauschprozessen bildete das Gesicht des Monsters. Doch so einfach war es nicht, das wusste Karl natürlich. Der kleine Brocken, auf dem sie hier saßen, hatte kaum eigene Gravitation. Die Arbeiter waren deshalb permanent mit Seilen an der Oberfläche eingehakt, damit sie nicht davon flogen. Die Rituale, die Karl befolgte, waren das immerwährende Überprüfen seines Anzuges, wenn sie nach einem Tag draußen, in der kleinen Station sein konnten. Waren alle Dichtungen noch elastisch oder gab es spröde Stellen? Hatte das Polymer Schwachstellen bekommen? Funktionierte die Elektronik einwandfrei, waren die Düsen frei von Staub und konnten die Ventile einfach geöffnet werden und schlossen sie auch wieder dicht ab? Jeden Abend zerlegte Karl seinen Anzug und prüfte jede Naht, jede Schraube und jeden Draht, jede Isolierung und jeden Kontakt. Pedanterie und Routine retteten Leben und Karl war ein Profi. Manche hier gingen lax mit ihrer Ausrüstung um, trotz oder wegen der Panik in ihren Geistern. Für Karl kam es aber nicht in Frage, beispielsweise seinen Anzug mit jemandem zu tauschen oder Sauerstoffkartuschen zu verwenden, die er nicht vorher genauestens überprüft hatte. Viele bezahlten ihre Faulheit mit ihrem Leben. Meistens traf es Männer und Frauen, die vorgaben, harte Hunde zu sein und denen der Gigant da draußen nichts anhaben konnte. In Wahrheit überspielten sie aber nur ihre Angst. Doch was konnte er auch erwarten. So gut wie niemand meldete sich schließlich freiwillig für diesen Ort hier, trotz guter Bezahlung. Was sie hier taten, war vielleicht einer der gefährlichsten Jobs im System und Karl war alles andere als ausgebildet dafür. Er war jemand, der Dinge regelt. Und wenn es darum ging, hier alles am Laufen zu halten, dann war es so. Er musste sich anpassen, das war der Preis schon immer gewesen. Karl war immer bereit, diesen Preis zu zahlen, zumindest bis er zum ersten Mal das Auge aus direkter Nähe sah.
„Ken, sind Sie auf Position?“, fragte Karl durch die Comm indem er an den Knopf an der Seite seines Helmes drückte. Das interne Display zeigte die Liste der Mitglieder der aktuellen Schicht an, alle grün markiert.
„Moment noch Laoban, hier ist ne Öse locker.“
Ken klang beinahe panisch und atmete viel zu schwer. Karl verdrehte die Augen, auch wenn niemand sein Gesicht sehen konnte.
„Die Ösen sind fast zehn Meter tief in die Oberfläche eingehämmert worden. Da kann nichts locker sein.“
Er wusste, dass er die Leute nicht drängen durfte, da sie sonst in unnötige Hektik verfielen, doch Karl selbst war genervt von dem Abschaum hier, die ständig nur Ausreden suchten und nur ihre Zeit hier absitzen wollten. Bereits am ersten Tag auf Amalthea verstand er, warum Yamoto ihn hierher geschickt hatte, auch wenn es nicht sein übliches Aufgabenfeld war. Zuerst glaubte er wirklich, es wäre eine Strafe gewesen, aber als er sah, wie die Leute mit dem Equipment umgegangen waren, rastete er erst mal aus, und faltete jeden einzelnen zusammen. Einen Burschen musste er sogar am ersten Tag in seinem Quartier unter Arrest stellen, da er seine Sauerstoffkartusche mit Lachgas versetzt hatte. Wenn hier jemand Fehler machte, so konnte er die ganze Gruppe gefährden. Er blickte zurück in Richtung Station, und sah, wie Ken sich an den Seilen, die am Boden gespannt waren entlang hangelte.
„Ken, stellen Sie sich nicht so an. Sie können ihre Beine benutzen, verdammt.“
„Ich hab das Kabel verloren, Laoban, ich hab’s gefunden.“
Seine Wut ließ ihn kurz vergessen, dass das Auge ihn weiterhin in ständiger Beobachtung hatte. Am meisten ärgerte ihn aber, dass er derjenige war, der von der Technik und dem Prozess am wenigsten verstand, aber am produktivsten damit umging. Inzwischen war Roger bei ihm eingetroffen. Er schwebte in einem Mech auf die Oberfläche und hielt ein extrem dickes aber flexibles Rohr, das weit ins All zu führen schien. Das Rohr war breit genug um einen Menschen aufzusaugen. Karl stand direkt vor der riesigen Pumpanlage. Genauer gesagt stand er oberhalb der Anlage, die sich im Inneren des Mondes befand. Karl stand vor der Steuereinheit und begann das System hoch zu fahren. Unter ihm begann die Oberfläche leicht zu vibrieren, was ihm anzeigte, dass die Motoren nach und nach ihren Betrieb aufnahmen. Roger zog das Rohr weiter heran und befestigte den Flansch auf einem der Verankerungspunkte auf der Oberfläche. Karl bekam daraufhin auf dem Display ein grünes Licht gezeigt, dass die Verriegelung aktiv war. Bei einem Fehler würde der Wasserstoff mit einer ungeheuren Geschwindigkeit und Druck austreten, was katastrophale Folgen hätte.  Wenn man Glück hätte, würde das Gas mit Staub zu Nanokristallen kondensieren, die ihre Anzüge zerfetzen würden, was ihren sofortigen Tod bedeutete. Wenn man Pech hatte, würde der austretende Druck einen ins All hinaus pusten. Sie waren wie Flöhe auf einem Hund.
„Kimi, Status?“
„Kimi hier. Hier oben ist alles ready. Erster Schlauch hat go, Pumpen sind im Leerlauf. Warte auf Schlauch zwo dann kann’s los gehen.“
Karl blickte auf die andere Seite des Horizonts, und versuchte, die Tanks zu erspähen, doch sie waren zu weit entfernt. Irgendwo da oben schwebten etwa hundert Tanks umher, nur durch ein dünnes Aluminiumgestell zusammengehalten, an dem die Triebwerksdüsen angebracht waren und eine weitere Pumpenstation. Kimi hatte bereits als Erste vor den Anderen die Station verlassen, um die Tanks mit ihrem Jetpack in Empfang zu nehmen und einen der ewig lang wirkenden Schläuche mit nach oben gebracht. Da sie notorisch unterbesetzt waren, musste sich Kimi dann wider zurück auf den Boden des Felsen stürzen, um den zweiten Schlauch hinauf zu fliegen, mehrere Kilometer weit ins Nichts. Alle waren froh, dass Kimi diese Arbeit übernahm, denn es hieß, dass man jeweils für die Hinreise zu den Tanks im höheren Orbit, und die Rückreise auf den Felsen ungesichert durch das Weltall jagte, teilweise ohne direkten Sichtkontakt zum Ziel. Aber Kimi hatte Nerven aus Stahl. Karl bewunderte die junge Frau, die keine Angst zu kennen schien. Sie bildete eine angenehme Ausnahme zum restlichen Abschaum. Vielleicht war es aber auch etwas anderes, was dahinter steckte. Soviel er wusste, als er die Akten der Arbeiter gelesen hatte, verbrachte sie eine Zeit auf Yggdrasil, nachdem man sie auf Ceres wegen Waffenschmuggel in den Bau verfrachtet hatte. Es gab Geschichten, dass man dort auf Yggdrasil fragwürdige Experimente durchführte, aber auch neue Therapien erprobte. Allerdings hatte er für solche Stories noch nie einen Bericht gelesen, der glaubhaft war. Könnte man jemandem die Angst einfach wegspritzen, ohne gefährliche Nebenwirkungen, fragte sich Karl immer, wenn er mit Kimi zu tun hatte. Abends nach der Schicht war sie immer recht umgänglich und wirkte normal, nur Angst hatte er bei ihr bisher noch nie bemerkt. Karl war gut darin zu erkennen, wann jemand Angst hatte, sein Job hatte ihn diese Fähigkeit gelehrt. Doch wer weiß, welche Art von Drogen hierher eingeschmuggelt wurde, an seinen Augen vorbei. Er kontrollierte zwar penibel das Gepäck eines jeden, doch er war nicht naiv und wusste, dass es immer Möglichkeiten gab. Warum zum Teufel tat er sich das hier an?
Als er den Job auf Amalthea bekam, versuchte er sich zeitweise einzureden, es sei einer der wichtigsten Aufgaben im Sonnensystem und keine Strafe. Amalthea war der drittwichtigste Wasserstoff-Fördermond im gesamten Sonnensystem und sorgte allein für acht Prozent der gesamten Wasserstoffproduktion. Hier wurde das Gas aus den oberen Schichten Jupiters abgesaugt und für die Tanks auf Ganymed vorverdichtet, so dass es flüssig wurde. Danach wurde es weiter transportiert um final raffiniert zu werden, wobei es dann zu metallischem Wasserstoff umgewandelt wurde um im gesamten System verkauft zu werden. Ohne metallischen Wasserstoff keine Fusionsantriebe. Ohne den Treibstoff für die Fusionsantriebe würde die Menschheit jenseits der Gravitationssenken Erde und Mars zu Grunde gehen. Dafür musste aber das riesige Monster angezapft werden, wofür sie jeden verdammten Tag die endlos lang erschienenen Schläuche in den Rachen des Ungeheuers stopften. Amalthea war die neueste Station auf dem dritten Mond von Jupiter, und damit am weitesten entfernt von dem Riesen. Auf den beiden näheren Monden Metis und Adrastea würden sie wohl, genau wie hier, ihre Mythen und Rituale pflegen. Amalthea war allerdings die neuste Station mit modernsten Anlagen aus den Schmieden von Utopia. Wenn in ein paar Jahren die Pumpen auf Volllast liefen, wäre der Mond die Hauptquelle für Wasserstoff im gesamten System. Deshalb war er hier, um die mächtige Investition zu schützen.
„Ken meldet, dass das Kabel verlegt wurde.“
„Wurde auch Zeit. Warum dauert das immer so lange. Schließen sie’s an und bauen sie die Verbindung auf.“
„Shi de, Laoban. Verbindung zur Station steht. Alles auf grün hier.“
„Ladne, Rigo. Bei Ihnen alles bene?“
„Rigo meldet, dass eine Pumpe Probleme macht. Ich schau kurz nach.“
„Bitte einen genauen Bericht, Rigo. Was für Probleme?“
„Messe leichten Druckverlust an Ventil A3 von Pumpe zweiundfünfzig.“
„Wakatta. Ich schalte Pumpe zweiundfünfzig aus.“
Karl tippte auf dem Display herum. Auch wenn die Bedienung speziell angepasst war für die Arbeit in den Raumanzügen, stellte es immer eine Herausforderung dar, da der Anzug schwerfällig war und er kein Gefühl in den Fingerspitzen hatte. Das Treffen der richtigen Knöpfe musste geübt sein, doch mit der Zeit bekam er Routine darin.
Rigo kroch ein paar Stockwerke unter ihnen durch die Eingeweide der Pumpstation, wo er in dem Gewirr an Schläuchen, Kabel und Rohren nach dem einen Flansch suchte, der offenbar ein Leck hatte. Natürlich war die Pumpanlag nicht unter Atmosphäre, so dass er sich mit seinem Anzug durch die engen Anlagen hindurchzwängen musste. Es kam durchaus vor, dass er sich an scharfen Kanten schneiden konnte, was seinen Anzug beschädigte. Er hätte dann, je nach Ausmaß, um die zehn Minuten Zeit, um zur Station zurück zu kehren. Wenn er feststeckte, starb er. Der Zugang zur Pumpenkammer war nur über die Station zu erreichen. Der Weg dorthin kostete Karl mindestens zwanzig Minuten. Ein paar Minuten des Wartens später, meldete Rigo schließlich einen porösen Dichtring, den er recht schnell getauscht hatte. Nun musste die Pumpe neu hochgefahren werden. Sie hatten dadurch nun bereits fast eine halbe Stunde verloren. Karl fluchte innerlich, denn an keinem Tag bisher war alles reibungslos verlaufen.
Das Vibrieren unter Karls Füßen nahm stetig zu, da die Drehzahl der Pumpen weiter beschleunigte. Nun waren alle einhundert Pumpen eingefahren. Auf dem Display prüfte Karl nochmals die Position des Saugschlauchs, der offenbar erfolgreich in die Atmosphäre eingetaucht war. Zumindest zeigte die Telemetrie eine Wasserstoffkonzentration von achtzig Prozent. Die Druckanzeige verriet ihm, dass die Höhe des Schlauches im angepeilten Bereich lag.
„Ok, Leute, es geht los. Ventil eins öffnen.“
Karl öffnete das Ventil, das hier am Ende des Schlauches auf Amalthea den Zufluss steuerte.
„Druck im grünen Bereich. Ich öffnen nun Ventil zwei.“
Zunächst war nichts zu spüren. Karl stellte sich vor, wie das Monster bemerkte, wie die kleine nervige Mücke auf seiner Haut zustach, um ihm sein Blut abzusaugen. Mit einer hohen Geschwindigkeit jagte das Gas nun den Schlauch entlang und Karl spürte, wie das Pult und die Plattform auf der er stand zu rütteln begannen. Dann zog ein Schlag durch die Oberfläche. Das Rütteln wandelte sich zu einem Erdbeben, das Karl wanken ließ. Er sah, wie Ken sich krampfhaft an dem Seil über dem Boden festhielt.
„Ok, der Saft fließt. Noch ein bisschen Konzentration, bis der Druck passt, dann können wir uns die Eier kraulen.“
Karl konnte durchaus ein Motivator sein, wenn der Job es verlangte, aber er musste sich auch dazu zwingen, die Rolle zu übernehmen. Er war eher jemand für one-man-jobs. Überwachung, Einschüchterung, Informationsbeschaffung, Beseitigung, das war sein Metier. Das konnte er gut. Er kannte Leute, er wusste, wie er sich in bestimmten Milieus zu verhalten hatte und er hatte die Fähigkeiten, jeden mit allem umbringen zu können, wenn es der Auftrag erforderte. Hier aber war er nichts Besseres als ein Babysitter, und er hasste es. Er hasste die meisten Menschen hier mit denen er eingesperrt war, er hasste dieses beschissene Auge über ihnen, dass immer näher zu kommen schien, und er hasste es, den halben Tag in einem Ganzkörpersarg eingezwängt zu sein, von dem sein Leben abhing.
„Ken, ich dachte, wir hätten heute ruhiges Wetter?“
„Äh, ja Laoban.“
Ken hantierte unbeholfen an einem der riesigen Flansche, wo der Schlauch mit der Pumpstation unter ihnen verbunden war. Da sie mittlerweile über den Schlauch eine direkte Verbindung zu Jupiter hatten, meinte Karl nun die Stimme des Ungeheuers hören zu können, die sich über die Verbindung bis zur Oberfläche und damit in sein Gehör ausbreitete. Das dumpfe Grollen schien immer stärker und lauter zu werden.
„Ich hab hier einen kontinuierlichen Druckanstieg an Stutzen eins.“
„Vielleicht eine Fehlfunktion am Sensor?“
„Sieht nicht so aus. Es ist ein kontinuierlicher Anstieg. Der Sensor liefert schon sinnvolle Daten. Moment, Stutzen zwei zeigt ähnliches Verhalten. Wir ziehen die Schläuche etwa hundert Meter ein.“
„Verstanden, Laoban.“
Ken hangelte sich zu der großen Winde, auf die der Schlauch aufgewickelt war und betätigte einen großen Schalter. Ein neues Vibrieren übertrug sich über den Anzug auf Karls Körper, woraufhin ihn eine merkwürdigen Symphonie an Schwingungen durchströmte. Doch über allem schien die flüsternde Stimme des Monsters über ihnen zu liegen. Das Auge drohte über allem und blinzelte nie.
„Druck bewegt sich wieder in den Normalbereich. Roger, übernehmen sie das Pult und überwachen den Druck weiter.“
„Verstanden, Laoban.“
Karl hüpfte leicht zu einem der Schläuche, die bedrohlich waberten und an dem Flansch rissen. Die Vibrationen übertrugen sich auf den gesamten Mond und brachten alles zum Beben. Das Seil am Boden bildete ungewöhnliche Moden und zuckte hin und wieder auf.
„Druck steigt wieder an, Laoban. Da scheint wohl ein Sturm zu sein.“
„So weit oben gibt’s keine Stürme. Die Atmosphäre sollte eigentlich ruhig sein. Ken, starten sie die Sensoren neu. Vielleicht ist da was braun.“
Rigo meldete sich.
„Laoban, hier unten ist definitiv was braun. Die Pumpleistung fällt, obwohl alles grüner Bereich zeigt.“
„Erhöhen Sie die Leistung um fünf Prozent.“
„Shi de, Laoban, dann sind wir aber am Randbereich. Keine Luft nach oben mehr und noch mindestens acht Stunden.“
„Wakatta. Versuchen sie rauszufinden ob’s ein Leck gibt. Kimi, was ist bei dir oben los. Kommt alles an?“
„Ahoi, Laoban. Hier fängt es auch langsam an. Der Durchfluss blockt hier etwas. Ist noch grün aber bei euch scheint was nicht zu passen.“
Karl hatte regelmäßig mit Problemen zu kämpfen und jedes Mal war etwas anderes der Grund. Da er aber keine technische Ausbildung hatte, und eigentlich nur diesen Haufen befehligen sollte, wusste er viel zu wenig von den Details der Anlage. Hier musste er auf die Kompetenz der Crew vertrauen, in erster Linie auf Rigo. Rein über Funk war es zudem noch schwerer, die Befehlsgewalt auszuüben. Das ging nur über absolute Autorität und Strenge. Karl hasste es, wenn er nicht mit Profis zusammenarbeitete, doch in problematischen Situationen war bisher immer Verlass gewesen auf die wichtigen Leute, wie Rigo und Kimi. Auf Ken und Roger konnte er nicht zählen, sie waren ja auch nur für das Schleppen und Verankern der Schläuche, sowie das Aufräumen am Abend zuständig. Hier konnte man nicht viel falsch machen, da alle Systeme permanent Feedback gaben. Verlassen musste er sich deshalb auf Rigo und Kimi können, denn die Daten, die er hier zu Gesicht bekam, erzählten nur einen Bruchteil der Lage an den jeweiligen Standorten. Und verstehen konnte er es nicht. Karl wusste nicht, wie hoch die maximale Spannung des Schlauches sein durfte, oder wie hoch der maximale Durchflussdrück sein durfte. Karl sah nur Balken, Zahlen und blinkende Lichter, die er gelernt hatte zu lesen. Mehr aber auch nicht. Während des langen Fluges hier her, hatte er sich eingelesen, aber mehr als die bloße Theorie und das Grundprinzip war nicht in sein Hirn vorgedrungen. Aber das war nicht sein Job. Sein Job war, alles zu tun, damit der Wasserstoff weiter floss, koste es was es wolle. Und er machte diesen Job hervorragend. Eine Woche nach seiner Ankunft bereits, konnten sie ihre Produktion merklich steigern, was im direkten Zusammenhang stand zu dem Entdecken der Lachgaskatuschen in Kens Quartier.
„Ich versteh es nicht. Drehzahl ist hoch, aber aus irgendeinem Grund sinkt die Leistung hier.“
„Der Druck an den Stutzen steigt wieder an. Sensor-Reboot hat nichts geändert.“
Karl hatte keine Ahnung, musste aber entscheiden.
„Weitere hundert Meter einziehen, Ken.“
Ein gewaltiger Stoß erschütterte den Mond und schleuderte Ken, Roger und Karl durch die Luft. Die Halteseile spannten und verhinderten, dass sie von der Oberfläche geschleudert wurden. Karl sah, wie er von der Plattform weggetrieben wurde.
„Was zum Teufel war das? Rigo?“, schrie Karl durch das Mikrophon in seinem Helm. Als er mehrere Meter über der Oberfläche schwebte, wurde es abrupt still. Unter ihm vibrierte der Mond. Er sah wie das Seil, das an der Oberfläche verlief, wilde Schlingen bildete und an den Ösen zerrte.
„Rigo, melden Sie sich verdammt!“
Karl hörte nur Rauschen. Er griff das Seil und zog sich wieder in Richtung Oberfläche. Als er wieder den Boden mit den Füßen berührte, spürte er schlagartig, dass der Mond in einem ungeheuerlichen Tempo durchgerüttelt wurde. Es war ein dauerhaftes Erdbeben, das sich selbst aufzuschwingen schien. Steine begannen in die Luft zu fliegen. Karl musste sich ducken, um nicht von den Kieseln getroffen zu werden. Eine Staubwolke schoss durch eine Spalte im Boden empor.
„Verdammte Scheiße! Meldung!“
Karl schaltete auf direkten Funk ohne Übertragung über die Station.
„Kimi, Ken, Roger, Rigo. Bericht.“
„Kimi hier. Was ist da unten los bei euch.“
Ken brüllte in die Leitung. Karl konnte ihn nicht verstehen. Er stand wieder auf der Plattform und blickte sich um. Ken und Roger waren nicht zu sehen. Ein loses Seil peitschte knapp an seinem Helm vorbei und schlug mit extremer Wucht auf die Plattform ein, knapp an Karl vorbei.
„Kimi! Ich hab hier keine Kontrolle mehr über gar nichts. Das Steuerpult ist tot, Rigo meldet sich nicht und Ken und Roger sind weg.“
„Laoban, ich kann von hier nichts erkennen, aber ich muss den Schlauch abkoppelt. Die Vibrationen sind zu stark. Ich fürchte er zieht mich runter.“
„Nein, Kimi. Wenn sie abkoppeln, werden sie weggepustet. Ich muss zuerst hier den Stecker ziehen.“
„Laufen die Pumpen noch?“
„Kann ich nicht sagen, der ganze Mond wird durchgeschüttelt, aber vermutlich ja.“
Karl sprang in Richtung der Schläuche und versuchte die Verriegelung zu öffnen, doch durch die hohen Kräfte schienen sich die Riegel verbogen zu haben. Instinktiv zückte Karl seinen Handschweißer, den alle dabei hatten, um schnell Lecks abzudichten. Rasch und konzentriert schnitt er in den Schlauch. Explosionsartig schossen die Wolken an Gas aus den Rissen und wenn sich Karl nicht rechtzeitig geduckt hätte, wäre er zerfetzt worden.
„Kimi, koppel ab! Und schick mir deinen Ping!“
Er bekam keine Rückmeldung, sah jedoch einen roten Pfeil auf seinem Display. Dann riss der Schlauch, und weitere Reihen von Wellen zuckten durch den Mond. Karl wurde hinfort gerissen. Kein Seil spannte mehr, nur ein kurzer Ruck war zu spüren, dann war ihm klar, dass er trieb. Unter ihm wurde der Mond kleiner und kleiner. Vor ihm sah er, wie das Seil schlaff herunter hing. Er war abgerissen worden, getrennt und vollkommen ohne Kontakt zu festem Material. Karl geriet nicht in Panik. Er wusste, was zu tun war. Auf der linken Seite seines Armdisplays aktivierte er den Autopilot und justierte die Position von Kimis Ping. Prompt begannen die Düsen zu feuern, und Karl wurde durch das All geschleudert. Er legte seine Arme dicht an den Körper, damit die Kräfte seine Extremitäten nicht abreißen konnten. Vor ihm wirbelte der Planet umher, bis die Düsen die Rotation gestoppt hatten. Dann gaben sie Schub, und Karl hatte das Gefühl aus seinem Anzug gedrückt zu werden. Er hatte Mühe seine Lider offen zu halten, versuchte aber zu erkennen, ob der Anzug die Richtung korrekt ansteuerte.
„Kimi, ich komm zu dir. Bist du noch da?“
Er bekam keine Antwort. Die Distanzanzeige zu Kimis Ping wurde immer kleiner. Bald würde er sie sehen können. Die Düsen hatten bereits den ersten Schub aufgebraucht. Den Zweiten würde er benötigen um zu bremsen, und den Rest, um zu den Tanks zu manövrieren. Doch die relative Geschwindigkeit zwischen ihm und Kimi sank. Es waren nur noch wenige Kilometer. Dann sah er die Tanks und das Gestell und wie es unkontrolliert durch das All rotierte. Der Schlauch war offenbar abgekoppelt, aber vermutlich hatte Kimi zu spät die Verbindung getrennt. Er musste so an dem Gestänge gezerrt haben, dass es wild umher trieb. Karl manövrierte die Düsen manuell und betätigte die Bremstriebwerke. Die Tanks näheren sich ihm nun nicht mehr so schnell wie zuvor. Schließlich konnte er eine der Stangen packen und sich festhalten. Die Rotation übertrug sich sofort auf ihn und die Welt drehte sich in rasender Geschwindigkeit. Er hangelte sich zu der Steuerkonsole auf der anderen Seite. Dort fand er Kimi an ihrem Seil schwebend. Der Helm war komplett abgerissen und aus dem Rumpf strömte noch immer kristallines Blut. Er tastete nach ihren Sauerstoffflaschen und schloss die Ventile. Vielleicht würde er nicht sofort ersticken, wenn er die Kartuschen tauschen könnte. Schnell musste er aber nun dennoch sein, denn er musste das Trudeln des Gestänges stoppen, und sich in die Höhe der Flugrouten katapultieren. Zwischen ihm und dem Orbit von Io lagen nur etwa zweihunderttausend Kilometer. Normalerweise würde ein Versorgungsschiff in etwa acht Stunden vorbei kommen, um die Tanks einzusammeln, so lange würde er aber weder atmen, noch einen stabilen Orbit halten können. Weiterhin durch das All wirbelnd hangelte er sich weiter am Gestänge entlang und erreichte schwer atmend die Konsole für die Düsensteuerung, während Jupiter wütend unter ihm wirbelte. Sie waren eigentlich nur für Notfälle für starken Schub ausgelegt. Sie mussten es aushalten, ihn mehrere Minuten mit mehreren G zu beschleunigen. Er hoffte, dass die Träger dem Schub stand hielten. Glücklicherweise waren die Tanks noch so gut wie leer und somit leicht. Zunächst ließ er die KI die Rotation stabilisieren. Erst jetzt merkte er, wie weit er schon abgesunken war, da er den Brocken wieder gut unter sich erkennen konnte und wie er bebte. Der Schub riss ihn beinahe von der kleinen Plattform auf die er sich magnetisch befestigt hatte. Doch die Kraft drückte ihn so stark in die Beine, dass er befürchtete, dass sie brachen. Dann bemerkte er, dass er vor lauter Hektik vergessen hatte, einen Notruf abzusetzen. Karl hoffte, dass er den Schub bei Bewusstsein überstehen würde, denn im Moment war nicht daran zu denken, an der Konsole zu arbeiten. Mit aller Kraft hielt er sich an der Stange fest, denn er hatte weder ein Seil, noch eine andere Möglichkeit sich einzuhaken, und die Kraft versuchte ihn wegzureißen. Dann stoppten die Düsen, und auf einmal war es still und ruhig. Die Sterne blitzen um ihn herum, und alles schien in unendlicher Langsamkeit erstorben zu sein. Rasch setzte er den Notruf ab, und nun blieb ihm nur noch eines, zu warten und zu hoffen, dass der Schub ausgereicht hatte, ihn auf die notwendige Geschwindigkeit zu bringen. Unweigerlich wanderte sein Blick nun wieder nach unten. Das Monster mit dem starren Blick war nicht kleiner geworden. In der weiten Ferne sah er, wie der kleine Felsen, auf dem er noch vor wenigen Minuten gestanden hatte in Milliarden Teile zersprang.

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Araragi
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Beitrag23.05.2022 23:47

von Araragi
Antworten mit Zitat

Hallo Der Doktor.

Man merkt, dass du dir viele Gedanken zu der Geschichte gemacht hast. Viel World-Building zu haben ist definitiv ein guter Anfang für eine Geschichte. Leider ist das aber kein Garant dafür, dass diese erfolgreich erzählt wird. Eins vorweg, in den Regeln wird schließlich darauf hingewiesen, dass die Story nur max. 2000 Wörter haben sollte. Da sie mir mit deinen 4000 Wörtern etwas zu lang erschien, habe ich sie lediglich zur Hälfte gelesen. So aber jetzt starte ich mal mit meinen Eindrücken.

Für mich war es manchmal ein bisschen schwierig nachzuvollziehen warum die Charaktere so handeln wie sie handeln. Deine Erzählung beinhaltet mindestens drei Stories. Die Eine erzählt davon warum Karl auf dem Planeten Zwangsarbeit verrichten muss. Die Andere erzählt von den Gefahren die, die Charaktere durchleben und die dritte erzählt warum Karls Arbeitskollegen alle so unfähig handeln und warum Karl ausgerechnet so viel toller und besser ist als sie. Drei Geschichten in so einem kurzen Text zu erzählen ist wie ich finde ein ziemlich steiles Ziel.

So scheint mir die erste Story ein wenig konfus zu sein. Irgendwo in der Mitte hast du geschrieben:

„Als er den Job auf Amalthea bekam, versuchte er sich zeitweise einzureden, es sei einer der wichtigsten Aufgaben im Sonnensystem und keine Strafe.“

Das heißt, später glaube er, dass es eine Strafe sei, die man ihm auferlegt hat. Doch ganz zu Beginn hast du geschrieben

„Wo war der Fehler gewesen, oder war es nur unvermeidlich? Natürlich hatte Yamoto gute Gründe gerade ihn hierher zu schicken.“

Wieso hat Yamoto gute Gründe ihn hierher zu schicken? Zweifelt Karl an Yamotos Entscheidung oder nicht? Sieht er es immer noch als eine Strafe oder ist es vielleicht so, dass er in dem Versuch ist, die für ihn empfundene Strafe, zu leugnen und sich stattdessen einzureden, dass er hier auf dem Planeten gebraucht wird? Handelt es sich vielleicht um einen ambivalenten inneren Konflikt?


Bei der Strukturierung des Textes hast du dich dafür entschieden die Exposition zu separaten Blöcken zusammen zu fassen. Erst kommt ein Block Expo, dann wieder ein Block Dialog, dann wieder Expo, dann ein wenig Handlung, usw...

Für mich kommt da keine große Spannung auf. Dafür passiert einfach nicht genug. Besser wäre es m.M.n. einige der Informationen in die Dialoge einfließen zu lassen. Entweder man lässt die Charaktere die Expo in ihren Dialog aufsagen oder man setzt, gelegentlich, einen oder zwei Kommentare, nachdem jemand etwas gesagt hat. Gut finde ich auch wenn man die Charaktere zwischendurch immer wieder mal etwas tun lässt um dann z.B. zu erklären was sie da genau tun und welche Bedeutung das Ganze für die Handlung hat.


Insgesamt finde ich aber die Story schon ziemlich cool. Das Monster aus Gasen gefällt mir ziemlich gut. Nur ein wenig an der Grammatik müsstest du noch schrauben wink

Ich wünsche dir auf jeden Fall noch viel Erfolg beim weiteren Schreiben.


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Der Doktor
Erklärbär


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Beitrag24.05.2022 08:17

von Der Doktor
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Hallo Araragi,

vielen Dank, dass du dir die Mühe gemacht hast. Sorry wegen der vielen Worte, hab die Regeln nicht genau genug gelesen Crying or Very sad

- Hast du ein Beispiel, wo die Charaktere nicht nachvollziehbar handeln? Neben der Story ist mir das sehr wichtig, weil ich mich selber immer beim Lesen über so was ärgere.

- Zur Erklärung, das ist ein erstes Kapitel einer längeren Geschichte, in der erst nach und nach die Charaktere eingeführt werden und man erst im Laufe der Geschichte versteht, wie sie ticken. Aber natürlich darf der Leser gleich am Anfang nicht auf zu viele Ungereimtheiten stoßen. Außerdem will die Geschichte so streng wie möglich aus der Sicht der Charaktere erzählen (Leser weiß wirklich nur das, was die Charaktere wissen/denken/fühlen).

- Dieser Widerspruch, den du entdeckt hast, ist auch gewollt, da Karl offenbar mit seiner Situation hadert, sich seines Zwiespalts auch durchaus bewusst ist, aber den Gedanken selbst (noch) nicht so äußern kann, bzw. es sich selbst nicht eingestehen kann. Offenbar ist das aber so noch nicht gut genug erkennbar.
Da die Geschichte aus Karls Sicht geschrieben ist, weiß der Leser auch nur das was Karl weiß und denkt, aber wenn es für dich "konfus" wirkt, ist das natürlich nicht Sinn der Sache.

- Zum Thema Spannung muss ich dir leider auch recht geben. Einerseits will ich nicht mit dem Holzhammer eine Expo aufziehen, sondern sie homogen und natürlich in die Story einbetten, andererseits ist das sicher sehr anstrengend für den Leser. Meinst du also, dass die Gewichtung zwischen Handlung und Expo noch nicht gut gewählt ist oder die Einbettung in die Story noch nicht gut funktioniert?

- Grammatik: Crying or Very sad

Aber freut mich schonmal, dass du's "ziemlich cool" findest Very Happy
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Araragi
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Beitrag25.05.2022 00:52

von Araragi
Antworten mit Zitat

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

- Hast du ein Beispiel, wo die Charaktere nicht nachvollziehbar handeln? Neben der Story ist mir das sehr wichtig, weil ich mich selber immer beim Lesen über so was ärgere.


Das Beispiel habe ich oben bereits gegeben. Karls Handeln und Denken sollten relativ früh nachvollziehbar sein finde ich. Man muss dafür wie du schon sagst nicht mit dem Holzhammer Exposiotion nach Exposition raushauen. Weniger ist manchmal mehr wink


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Smokowski
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Beitrag25.05.2022 12:41
Re: Untitled Sci-Fi
von Smokowski
Antworten mit Zitat

Hallo The Doctor,

ich habe hier ein paar Erbsen gefunden (kleine Logiklöcher und umständliche Formulierungen). Aber vielleicht ist es für einen Gallifreyaner nur logisch. Musst nur weiter grübeln.

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:
Karl

Das mächtige Auge drohte über seinem Kopf wie ein riesiges Monster, das kurz davor war, auf ihn zu stürzen, ihn zu verschlingen und gänzlich aufzusaugen.


Ein Auge droht nicht. Eine Augenpartie kann grimmig gucken, aber dann ist das immer noch kein Drohnen, sondern eine subjektive Wahrnehmung. Mir ist klar, dass du das schwarze Loch (oder das "Auge" eines nahen Gasriesen wie den Jupiter?) als bedrohlich darstellen möchtest. Wie klingt denn Folgendes?
"Das Auge über seinem Kopf wirkte wie ein mächtiges Monster. Karl hatte den Eindruck, dass es kurz davor war, sich auf ihn stürzen, um ihn zu verschlingen und gänzlich aufzusaugen."
Klingt viel flüssiger, oder? Ist es das, was du sagen willst?

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

Seine Vorgänger sind nach all den Jahren regelmäßig durchgedreht. Einer von ihnen hatte die Steuerung seiner Manövrierdüsen durcheinander gebracht und hatte sich von dem Felsen katapultiert. Er hatte sich selbst ins Nichts geschossen und würde früher oder später von der Masse da draußen aufgesaugt worden sein.

Von der Masse aufgesaugt? Die Öffnung eines Rohres kann jemanden aufsaugen. Oder eine starke Strömung kann einen Taucher über den unebenen Meeresgrund saugen, oder ziehen. Auch ist die Frage, ob man im luftleeren Raum wie dem Weltall überhaupt von "saugen" sprechen kann. Du solltest auch bedenken, dass Himmelskörper in der Regel eine eigene Schwerkraft haben und wenn diese durch den Start einer Rakete überwunden ist kann das Projektil höchstens (durch falsche Berechnungen, wie du ja schreibst) in die falsche Umlaufbahn kommen. Aber ich würde es nicht saugen nennen.

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

Doch je länger er hier war, am Rande der Welt, umso stärker wurde das zornige Grollen des Ungeheuers, dessen Blut sie ernteten.

Man kann von einem zornigen Grollen kein Blut ernten. Du meinst sicher das schwarze Loch / Gasriese / Drache, von dem sie die Gase ernten.
Ich würde schreiben, wenn es denn für dich passt:
"Doch je länger er hier war, am Rande der Welt, umso stärker wurde das zornige Grollen des Ungeheuers. Konnte Karl das Ungeheuer mit seinem Willen beeinflussen? Er bekam ein schlechtes Gefühl, während er an den Ventilen der Ernteanlage hantierte, welche das gasförmige Blut des Drachen ernten sollten."


Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

Der Drache schlief mit einem offenen Auge, irgendwann würde er erwachen und sein Zorn würde die Menschheit mit einem Schlag vernichten.

Wenn er ein offenes Auge hat, dann schläft er nicht. Ich würde eher sagen, dass er geduldig ist, bis es ihm halt zu viel wird.
Und wieso tut es die Menschheit vernichten? Ist die Erde da irgendwo in der Nähe, also spielt deine Geschichte in einer sehr fernen Zukunft, wo das "Auge" auch eine Gefahr für die Erde wird? Für gewöhnlich gehen wir bei der Vernichtung der Menschheit automatisch von der Vernichtung der Erde aus, es sei denn, du erwähnst explizit, die Erde ist dann und wann zerstört worden und die neue Heimat der Menschheit ist der kleine Brocken, auf dem Karl lebt.

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

Der kleine Brocken, auf dem sie hier saßen, hatte kaum eigene Gravitation. Die Arbeiter waren deshalb permanent mit Seilen an der Oberfläche eingehakt, damit sie nicht davon flogen.

Hier hast du den luftleeren Raum gut erklärt. Allerdings würde ich sagen "davon schwebten", oder "in den luftleeren Raum davon trieben".

Der Doktor hat Folgendes geschrieben:

Einen Burschen musste er sogar am ersten Tag in seinem Quartier unter Arrest stellen, da er seine Sauerstoffkartusche mit Lachgas versetzt hatte.

War ja wohl ne Lachnummer Laughing

Deine Geschichte hat mich in der ersten Hälfte auf jeden Fall gepackt. Dann wurde es mir zu unübersichtlich und ich hatte quer gelesen. Können andere anders sehen.

Ich weiß nicht, ob du drauf hinaus willst, aber interessant wäre, ob Karl aufklären müsste, wie das Auge beschaffen ist, also ob es eine Lebensform ist, oder doch nur physikalische Zufälle? Dann ist da auch die Frage, wo physikalische Zufälle enden und wo Leben beginnt, was sehr spannend ist.


Die Beschreibungen wie "Flöhe auf einem Hund" und "Wie eine Mücke, die zustach" gefallen mir sehr gut. Sie fassen bildlich ganz gut zusammen, um was es eigentlich geht.


_________________
Lebe, bevor du wünschen wirst, gelebt zu haben.
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Der Doktor
Erklärbär


Beiträge: 4



Beitrag25.05.2022 16:33

von Der Doktor
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Hallo Smokowski,

vielen Dank für den Input!

- Bei dem "Auge" handelt es sich um einen Wirbelsturm in der Jupiteratmosphäre. Beim "drohenden Auge" habe ich Sauron gedacht, aber dein Vorschlag gefällt mir ganz gut.

Bei den anderen Formulierungen tue ich mir etwas schwerer, da das Kapitel aus Karls Sicht geschrieben ist und er kein Physiker ist und ich es ihm durchaus zugestehen möchte, dass er keine präzisen wissenschafltichen Metaphern und Bilder in seinem Kopf hat.

Wie schon bei Araragi angedeutet, muss ich hier wohl noch etwas deutlicher machen, dass der Leser quasi direkt in Karls Kopf sitzt und quasi seine Gedanken mithört und alles aus seiner Sicht erlebt.

- Sie ernten natürlich nicht das Blut des Grollens, sondern das des Ungeheuers.

- Meine Katze kann durchaus mit einem offenen Auge schlafen Razz
Aber auch hierbei handelt es sich um eine Metapher, die offensichtlich nicht richtig zündet Crying or Very sad

- Menschheit vernichten
Auch hier eine Metapher dafür, dass der Gasriese eben so unglaub mächtig wirkt, als könne er problemlos alles vernichten.

Hm, also zusammengefasst sollte ich noch an den Metaphern arbeiten, daran, dass klarer wird, dass wir als Leser allein Karls Gedankenwelt erleben und erklären wo wir uns eigentlich befinden (ein kleiner Mond im Orbit von Jupiter, von dem aus Wasserstoff aus der oberen Athmosphäre des Gasriesen geerntet wird).
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