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Textstück aus dem ersten Kapitel meines Romans


 
 
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Esohe
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E

Alter: 41
Beiträge: 12
Wohnort: Schweizer Mittelland


E
Beitrag17.04.2022 22:49
Textstück aus dem ersten Kapitel meines Romans
von Esohe
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Ich bringe die drei Minuten zum Kiosk im Laufschritt hinter mir und bin froh, dass ich Radmila gebeten habe meinen Rucksack zu nehmen, sonst würde ich jetzt noch heftiger hecheln. Die gut gelaunte Kioskfrau verkauft mir zwei Packungen M&Ms und einen enormen Schockriegel. Auf dem Rückweg reisse ich hastig die rote Alufolie auf und stopfe mir einen Riesenbissen davon in den Mund. Sofort werden meine Geschmacksknospen von der intensiven, cremigen Süsse geflutet. Ah, das tut gut. Genüsslich esse ich weiter und verdrücke den Rest der herrlichen Süssigkeit. Während meine Mundhöhle mit ihrem Orgasmus beschäftigt ist, laufen meine Füsse auf Autopilot ins Zimmer von Herrn Lehnert. Dort erwarten mich zwei Stunden Folter mit Wirtschaftskunde. Mein Tempo wird langsamer und ich muss mich selber anspornen, die letzten Meter zu gehen. Na ja, ich werde es überleben, sage ich mir. Bis jetzt ist noch niemand auf der grossen weiten Welt an Langeweile gestorben.
Während ich die letzten Zuckerreste auf meiner Zunge geniesse, laufe ich auf den letzten Schlag, mich so klein wie möglich machend, ganz nach hinten zu Radmila. Herr Lehnert sitzt bereits an seinem Platz und beobachtet mich ungeduldig. Seine Augen bohren sich mir in den Rücken, da bin ich sicher. Ich setzte mich mit eingezogenem Kopf und weiche seinem Blick aus.
Noch verkneift er sich eine Bemerkung, das würde er erst ab der ersten Sekunde Verspätung tun. Radmila reicht mir mit stoischer Miene meinen Rucksack und zwinkert mir dann unerwartet zu. »Danke«, hauche ich. Mit ihr mal auszugehen, das wäre sicher ganz nett. Aber wie alle anderen hat sie immer was vor und innerlich winde ich mich dabei, als ich mir vorstelle, dass ich sie frage und sie mir mitleidig erklärt, dass sie schon für Wochen verplant ist. Du Arme, hast du den niemanden? würde mich ihr Blick fragen, was sie höflichkeitshalber nicht aussprechen würde.
Als ich sitze, beglückwünscht Herr Lehnert alle Anwesenden zu ihrer Anwesenheit und beginnt mit seinem wie immer knochentrockenen und extrem strukturierten Unterricht. Augenblicklich sucht mein Gehirn eine Exitstrategie aus dieser Miesere. Ich versuche es ins Hier und Jetzt zurück zu bugsieren. »Er kann es halt nicht anderes. Hat es nie anders gelernt«, sage ich mir, »ist ja auch wichtig, was er erzählt. Dieses Wissen kann man sicher mal brauchen im Leben. Mindestens an der Abschlussprüfung!«
Ich schaue ihn mir an. Sein graues Hemd, die korrekten Lederschuhe, das noch grauere Gesicht mit den tiefen Furchen links und rechts neben dem dünnen Mund. Es schaudert mich und ich wende den Blick ab. Der ist doch noch gar nicht so alt! Wieder überlasse ich mich meiner inneren Tristesse und lasse verknäulte Gedankenstücke an mir vorübertreiben. Mit dem fortschreitenden, monotonen Monolog von Lehnert entwirren sie sich und beginnen klarer zu werden. Die Haupterkenntnis ist: ich bin hier am falschen Ort. Genau in diesem Moment höre ich die Stimme des absoluten Horrors, die mich auffordert: »Aurelia, lies uns doch bitte mal diesen Abschnitt vor«.
Verzweifelt hebe ich meinen Blick zur Tafel, vor der Lehrer mit dem Lehrbuch in der Hand steht. Sein Blick scheint mir ebenso wissend wie eisenhart. Keine Gnade, das ist die Rache des Herrn Lehnert. Vor ein paar Wochen hat er entdeckt, dass ich nicht vorlesen kann. Ich hat er mich an die Tafel gerufen um was zu lesen und ich habe übelst rumgestottert. Keinen graden Satz rausgekriegt. Ich musste, Entschuldigungen stotternd und schwer atmend abbrechen und sah das Erstaunen und das Mitleid in den Blicken der anderen bei meinem Walk of Shame zurück an meinen Platz. Das hat sich der Lehnert natürlich gemerkt. Jetzt also seine Rache für mein knappes Erscheinen und meine Unaufmerksamkeit. Radmila zeigt mir mit dem Finger unauffällig, um welchen Textteil es sich handelt. Kollektives Atemanhalten. Die meisten anderen fühlen mit mir mit, wollen sich aber auch nicht der Fremdscham aussetzen müssen. Ein paar hoffen vielleicht auf eine weitere Blamage.
Ich muss da durch. Was kann mir schon passieren? Nichts, oder? Innerlich versuche ich mir Mut zu machen. Aber klappt nur bedingt. Leise fange ich an die Worte abzulesen, verstehen tue ich sie sowieso nicht.
»Lauter, Aurelia. Wir können Sie nicht hören«.
Ich versuche das nächste Wort lauter auszusprechen, wobei meine Stimme kippt. Sofort geht mein Atem schneller, ich bekomme nicht genug Luft. Ein paar kurze Flashbacks aus meiner Sekundarschulzeit blitzen in mir auf. Meine Französischlehrerin: »Plus haut, Aurelia, plus haut«. Hämische Grinser und allgemeines Plus-haut Gejohle der Jungs aus meiner Klasse spulen sich in meinem Kopf ab.  
Noch weniger Luft. Radmila legt mir die Hand auf den Rücken und die Wärme ihrer Haut, welche ich durch den dünnen T-Shirt-Stoff fühle, beruhigt mich etwas. »Schön langsam, hol tief Luft und fang nochmals an. Immer mit der Ruhe«, flüstert sie.
Radmila ist unglaublich souverän, schiesst es mir durch den Kopf. Und sie weiss genau, was mir hilft. Tatsächlich sauge ich etwas mehr Sauerstoff in meine Lunge. Die Panik rückt ein Stück von mir ab. Stockend fange ich nochmals den ersten Satz an. Ich spreche immer noch viel zu leise und mache nach jedem dritten Wort eine unnötige Pause um Atem zu schöpfen. Aber ich lese den Text vor. Der Lehnert unterbricht mich nicht mehr um eine höhere Lautstärke einzufordern. Vermutlich ist er kein eigentlicher Sadist.
Vor Erleichterung bricht mir der Schweiss aus, als ich das letzte Wort ausspreche. Radmila lächelt mich aufmunternd an, als ich mich geschafft im Stuhl zurücklehne. Schüchtern erwidere ich das Lächeln und forme einen lautlosen Dank mit meinen Lippen. Langsam werde ich wieder ruhiger und ein winziges bisschen freue ich mich sogar, dass ich es geschafft habe. In die Gesichter meiner Kolleginnen zu gucken, traue ich mich trotzdem nicht.

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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1741



Beitrag18.04.2022 12:17
Re: Textstück aus dem ersten Kapitel meines Romans
von Stefanie
Antworten mit Zitat

Hallo Esohe,

den Anfang finde ich ziemlich holperig, weil man aus zusammenhanglosen Informationen ein Gesamtbild bilden muss. Wahrscheinlich hattest du eine bestimmte Szene vor Augen, aber das kommt nicht rüber.
Auch diese sprunghaften Wechsel von Handlung zu Innenleben sind eher verwirrend.
Später hast du dich offenbar warmgeschrieben, da kann man den Text viel flüssiger lesen.
Ich schreibe einfach mal rein, was mir beim Lesen durch den Kopf gegangen ist.

Esohe hat Folgendes geschrieben:
Ich bringe die drei Minuten zum Kiosk im Laufschritt hinter mir und bin froh, dass ich Radmila gebeten habe meinen Rucksack zu nehmen, sonst würde ich jetzt noch heftiger hecheln. Ok, die Person ist also mäßig sportlich. Die gut gelaunte Kioskfrau verkauft mir zwei Packungen M&Ms und einen enormen Schockriegel. Auf dem Rückweg reisse ich hastig die rote Alufolie auf und stopfe mir einen Riesenbissen davon in den Mund. Sofort werden meine Geschmacksknospen von der intensiven, cremigen Süsse geflutet. Ah, das tut gut. Warum war es so dringend, etwas Süßes zu essen?Genüsslich esse ich weiter und verdrücke den Rest der herrlichen Süssigkeit. Während meine Mundhöhle mit ihrem Orgasmus beschäftigt ist, laufen meine Füsse auf Autopilot ins Zimmer Jetzt ist die Person auf einmal in einem Gebäude. von Herrn Lehnert. Dort erwarten mich zwei Stunden Folter mit Wirtschaftskunde. Mein Tempo wird langsamer Heißt das, die Person ist weiter gerannt, als sie den Schokoriegel so intensiv genossen hat? Ich hätte da erwartet, dass sie stehengeblieben ist und sich auf den Geschmack konzentriert hat. und ich muss mich selber anspornen, die letzten Meter zu gehen. Na ja, ich werde es überleben, sage ich mir. Bis jetzt ist noch niemand auf der grossen weiten Welt an Langeweile gestorben.
Während ich die letzten Zuckerreste auf meiner Zunge geniesse, laufe ich auf den letzten Schlag, mich so klein wie möglich machend, ganz nach hinten zu Radmila. Herr Lehnert sitzt bereits an seinem Platz und beobachtet mich ungeduldig. Seine Augen bohren sich mir in den Rücken, Steht der Lehrer hinter den Schülern? da bin ich sicher. Ich setzte mich mit eingezogenem Kopf und weiche seinem Blick aus. Also doch nicht hinter ihnen, aber wieso Blicke im Rücken?
Noch verkneift er sich eine Bemerkung, das würde er erst ab der ersten Sekunde Verspätung tun. Radmila reicht mir mit stoischer Miene meinen Rucksack und zwinkert mir dann unerwartet zu. »Danke«, hauche ich. Mit ihr mal auszugehen, das wäre sicher ganz nett. Aber wie alle anderen hat sie immer was vor und innerlich winde ich mich dabei, als ich mir vorstelle, dass ich sie frage und sie mir mitleidig erklärt, dass sie schon für Wochen verplant ist. Du Arme, hast du den niemanden? würde mich ihr Blick fragen, was sie höflichkeitshalber nicht aussprechen würde. Ich verstehe nicht, in welchem Verhältnis die zueinander stehen. Wenn sie sich quasi fremd sind, würde sie doch nicht den Rucksack tragen.
Als ich sitze, beglückwünscht Herr Lehnert alle Anwesenden zu ihrer Anwesenheit und beginnt mit seinem wie immer knochentrockenen und extrem strukturierten Unterricht. Augenblicklich sucht mein Gehirn eine Exitstrategie aus dieser Miesere. Ich versuche es ins Hier und Jetzt zurück zu bugsieren. »Er kann es halt nicht anderes. Hat es nie anders gelernt«, sage ich mir, »ist ja auch wichtig, was er erzählt. Dieses Wissen kann man sicher mal brauchen im Leben. Mindestens an der Abschlussprüfung!«
Ich schaue ihn mir an. Sein graues Hemd, die korrekten Lederschuhe Das ist eine Superbeschreibung, weil sie charakterisiert, die anderen Beschreibungen sind belanglos. , das noch grauere Gesicht mit den tiefen Furchen links und rechts neben dem dünnen Mund. Es schaudert mich und ich wende den Blick ab. Der ist doch noch gar nicht so alt! Wieder überlasse ich mich meiner inneren Tristesse und lasse verknäulte Gedankenstücke an mir vorübertreiben. Mit dem fortschreitenden, monotonen Monolog von Lehnert entwirren sie sich und beginnen klarer zu werden. Die Haupterkenntnis ist: ich bin hier am falschen Ort. Genau in diesem Moment höre ich die Stimme des absoluten Horrors, die mich auffordert: »Aurelia, lies uns doch bitte mal diesen Abschnitt vor«. Spielt das in der Schule? Ich hatte an eine Uni gedacht, aber wird da von Studierenden vorgelesen? Ich frage mich, wie alt deine Progatonistin ist. Ein Teenager oder schon Anfang 20?
Verzweifelt hebe ich meinen Blick zur Tafel, vor der Lehrer mit dem Lehrbuch in der Hand steht. Sein Blick scheint mir ebenso wissend wie eisenhart. Keine Gnade, das ist die Rache des Herrn Lehnert. Vor ein paar Wochen hat er entdeckt, dass ich nicht vorlesen kann. Ich hat er mich an die Tafel gerufen um was zu lesen und ich habe übelst rumgestottert. Keinen graden Satz rausgekriegt. Ich musste, Entschuldigungen stotternd und schwer atmend abbrechen und sah das Erstaunen und das Mitleid in den Blicken der anderen bei meinem Walk of Shame zurück an meinen Platz. Das hat sich der Lehnert natürlich gemerkt. Jetzt also seine Rache für mein knappes Erscheinen und meine Unaufmerksamkeit. Radmila zeigt mir mit dem Finger unauffällig, um welchen Textteil es sich handelt. Kollektives Atemanhalten. Die meisten anderen fühlen mit mir mit, wollen sich aber auch nicht der Fremdscham aussetzen müssen. Da wechselst du die Perspektive. Ein paar hoffen vielleicht auf eine weitere Blamage. Und da wieder zurück.
Ich muss da durch. Was kann mir schon passieren? Nichts, oder? Innerlich versuche ich mir Mut zu machen. Aber klappt nur bedingt. Leise fange ich an die Worte abzulesen, verstehen tue ich sie sowieso nicht.
»Lauter, Aurelia. Wir können Sie nicht hören«.
Ich versuche das nächste Wort lauter auszusprechen, wobei meine Stimme kippt. Sofort geht mein Atem schneller, ich bekomme nicht genug Luft. Ein paar kurze Flashbacks aus meiner Sekundarschulzeit blitzen in mir auf. Meine Französischlehrerin: »Plus haut, Aurelia, plus haut«. Hämische Grinser und allgemeines Plus-haut Gejohle der Jungs aus meiner Klasse spulen sich in meinem Kopf ab.  
Noch weniger Luft. Radmila legt mir die Hand auf den Rücken und die Wärme ihrer Haut, welche ich durch den dünnen T-Shirt-Stoff fühle, beruhigt mich etwas. »Schön langsam, hol tief Luft und fang nochmals an. Immer mit der Ruhe«, flüstert sie. Das ist eine vertraute Geste, nichts, was man tun würde, wenn man den anderen kaum kennt, aber sie verbringen privat keine Zeit miteinander?
Radmila ist unglaublich souverän, schiesst es mir durch den Kopf. Und sie weiss genau, was mir hilft. Tatsächlich sauge ich etwas mehr Sauerstoff in meine Lunge. Die Panik rückt ein Stück von mir ab. Stockend fange ich nochmals den ersten Satz an. Ich spreche immer noch viel zu leise und mache nach jedem dritten Wort eine unnötige Pause um Atem zu schöpfen. Aber ich lese den Text vor. Der Lehnert unterbricht mich nicht mehr um eine höhere Lautstärke einzufordern. Vermutlich ist er kein eigentlicher Sadist.
Vor Erleichterung bricht mir der Schweiss aus, als ich das letzte Wort ausspreche. Radmila lächelt mich aufmunternd an, als ich mich geschafft im Stuhl zurücklehne. Schüchtern erwidere ich das Lächeln und forme einen lautlosen Dank mit meinen Lippen. Langsam werde ich wieder ruhiger und ein winziges bisschen freue ich mich sogar, dass ich es geschafft habe. In die Gesichter meiner Kolleginnen zu gucken, traue ich mich trotzdem nicht.


Du hast gerade am Anfang sehr viele Sätze mit der gleichen Struktur: Es geschieht dies   und   es geschieht das.
Da wäre ein bisschen mehr Abwechslung nicht schlecht, sonst leiert man den Text so. Lies ihn am besten mal laut.

Ok, da eine unsichere junge Frau, die für eine Mitschülerin schwärmt. Ihre Gefühle kommen klar rüber und ich kann mitfühlen, als sie sich durch die Vorleseaufgabe quält. Bin gespannt, wie es weitergeht.
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Esohe
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
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Alter: 41
Beiträge: 12
Wohnort: Schweizer Mittelland


E
Beitrag19.04.2022 22:01

von Esohe
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Vielen Dank für dein konstruktives Feedback. Tatsächlich habe ich den Text aus einer grösseren Szene rausgersissen, was der Verständlichkeit wohl abträglich war. Die Protagonisten ist siebzehn, sie absolviert ein zehntes Schuljahr (gibt es in der Schweiz...)
Sie ist zuckersüchtig, daher brauchte sie die Schokolade so dringend Wink .

Schön, dass du dich in die Protagonistin einfühlen konntest.
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag19.04.2022 23:25
Re: Textstück aus dem ersten Kapitel meines Romans
von Grim
Antworten mit Zitat

Esohe hat Folgendes geschrieben:
Ich bringe die drei Minuten zum Kiosk im Laufschritt hinter mir und bin froh, dass ich Radmila gebeten habe meinen Rucksack zu nehmen, sonst würde ich jetzt noch heftiger hecheln. Die gut gelaunte Kioskfrau verkauft mir zwei Packungen M&Ms und einen enormen Schockriegel. Auf dem Rückweg Rückweg wohin? Das sie in der Schule ist und irgenwie die Pause nutzt, um sich schnell ihren Zuckerschock zu holen, darauf komme ich noch gar nicht. Evtl. vorher erwähnen, wo sie überhaupt ist. Dann macht das auch mehr Sinn, zeigt, wie sehr sie den Zucker will, dass sie dafür in einer Zeitspanne, die offensichtlich nicht dafür gedacht ist, zum Kiosk rennt reisse ich hastig die rote Alufolie auf und stopfe mir einen Riesenbissen davon in den Mund. Sofort werden meine Geschmacksknospen von der intensiven, cremigen Süsse geflutet.Das klingt seltsam, eher wie ein Protokoll. Würde passen, wenn das die Erzählstimme der Person wäre, aber vorher redet sie auch nicht so (Riesenbissen reinstopfen vs Geschmacksknospen fluten) Ah, das tut gut. Genüsslich esse ich weiter und verdrücke den Rest der herrlichen Süssigkeit. Während meine Mundhöhle mit ihrem Orgasmus beschäftigt ist, laufen meine Füsse auf Autopilot ins Zimmer von Herrn Lehnert. Der Satz gefällt mirDort erwarten mich zwei Stunden Folter mit Wirtschaftskunde. Mein Tempo wird langsamer und ich muss mich selber anspornen, die letzten Meter zu gehen. Na ja, ich werde es überleben, sage ich mir. Bis jetzt ist noch niemand auf der grossen weiten Welt an Langeweile gestorben.
Während ich die letzten Zuckerreste auf meiner Zunge geniesse, laufe ich auf den letzten zweimal letzten Schlag, mich so klein wie möglich machend, ganz nach hinten zu Radmila. Herr Lehnert sitzt bereits an seinem Platz und beobachtet mich ungeduldig. Seine Augen bohren sich mir in den Rücken, da bin ich sicher. Ich setzte zweimal setzenmich mit eingezogenem Kopf und weiche seinem Blick aus.
Noch verkneift er sich eine Bemerkung, das würde er erst ab der ersten Sekunde Verspätung tun. sympatisch ^^ Radmila reicht mir mit stoischer Miene meinen Rucksack und zwinkert mir dann unerwartet zu. »Danke«, hauche ich. Mit ihr mal auszugehen, das wäre sicher ganz nett. weil sie zwinkern kann? Spaß, aber hier wäre gut, wenn man auch erfährt, was die Prota an ihr findet Aber wie alle anderen hat sie immer was vor und innerlich winde ich mich dabei, als ich mir vorstelle, dass ich sie frage und sie mir mitleidig erklärt, dass sie schon für Wochen verplant ist. Du Arme, hast du den niemanden? würde mich ihr Blick fragen, was sie höflichkeitshalber nicht aussprechen würde.
Als ich sitze, beglückwünscht Herr Lehnert alle Anwesenden zu ihrer Anwesenheit musste an der Stelle lachen und beginnt mit seinem wie immer knochentrockenen und extrem strukturierten Unterricht. Augenblicklich sucht mein Gehirn eine Exitstrategie aus dieser Miesere. Ich versuche es ins Hier und Jetzt zurück zu bugsieren. »Er kann es halt nicht anderes. Hat es nie anders gelernt«, sage ich mir, »ist ja auch wichtig, was er erzählt. Dieses Wissen kann man sicher mal brauchen im Leben. Mindestens an der Abschlussprüfung!«
Ich schaue ihn mir an. Sein graues Hemd, die korrekten Lederschuhe, das noch grauere Gesicht mit den tiefen Furchen links und rechts neben dem dünnen Mund. Es schaudert mich und ich wende den Blick ab. Der ist doch noch gar nicht so alt! Wieder überlasse ich mich meiner inneren Tristesse und lasse verknäulte Gedankenstücke an mir vorübertreiben.  Mit dem fortschreitenden, monotonen Monolog von Lehnert entwirren sie sich und beginnen klarer zu werden. Die Haupterkenntnis ist: ich bin hier am falschen Ort. Genau in diesem Moment höre ich die Stimme des absoluten Horrors, die mich auffordert: »Aurelia, lies uns doch bitte mal diesen Abschnitt vor«.
Verzweifelt hebe ich meinen Blick zur Tafel, vor der Lehrer mit dem Lehrbuch in der Hand steht. Sein Blick scheint mir ebenso wissend wie eisenhart. Keine Gnade, das ist die Rache des Herrn Lehnert. Vor ein paar Wochen hat er entdeckt, dass ich nicht vorlesen kann. Ich hat er mich an die Tafel gerufen um was zu lesen und ich habe übelst rumgestottert. Keinen graden Satz rausgekriegt. Ich musste, Entschuldigungen stotternd stottern zweimal und schwer atmend abbrechen und sah das Erstaunen und das Mitleid in den Blicken der anderen bei meinem Walk of Shame zurück an meinen Platz du mischt 1. und 2. Vergangenheit (habe rumgestottert, sah). Das hat sich der Lehnert natürlich gemerkt. Jetzt also seine Rache für mein knappes Erscheinen und meine Unaufmerksamkeit. Radmila zeigt mir mit dem Finger unauffällig, um welchen Textteil es sich handelt. Kollektives Atemanhalten. ok, langsam wird es spannenderDie meisten anderen fühlen mit mir mit, wollen sich aber auch nicht der Fremdscham aussetzen müssen. Ein paar hoffen vielleicht auf eine weitere Blamage.
Ich muss da durch. Was kann mir schon passieren? Nichts, oder? Innerlich versuche ich mir Mut zu machen. Aber klappt nur bedingt. Leise fange ich an die Worte abzulesen, verstehen tue ich sie sowieso nicht.
»Lauter, Aurelia. Wir können Sie nicht hören«.
Ich versuche das nächste Wort lauter auszusprechen, wobei meine Stimme kippt. Sofort geht mein Atem schneller, ich bekomme nicht genug Luft. Ein paar kurze Flashbacks aus meiner Sekundarschulzeit blitzen in mir auf. Meine Französischlehrerin: »Plus haut, Aurelia, plus haut«. Hämische Grinser und allgemeines Plus-haut Gejohle der Jungs aus meiner Klasse spulen sich in meinem Kopf ab.  
Noch weniger Luft. Radmila legt mir die Hand auf den Rücken und die Wärme ihrer Haut, welche ich durch den dünnen T-Shirt-Stoff fühle, das ist sehr passiv. Ich fühle ihre Wärme durch den dünnen -Shirt Stoffberuhigt mich etwas. »Schön langsam, hol tief Luft und fang nochmals an. Immer mit der Ruhe«, flüstert sie.
Radmila ist unglaublich souverän, schiesst es mir durch den Kopf. Und sie weiss genau, was mir hilft. Tatsächlich sauge ich etwas mehr Sauerstoff in meine Lunge. Die Panik rückt ein Stück von mir ab. Stockend fange ich nochmals den ersten Satz an. Ich spreche immer noch viel zu leise und mache nach jedem dritten Wort eine unnötige Pause um Atem zu schöpfen. Aber ich lese den Text vor. Der Lehnert unterbricht mich nicht mehr um eine höhere Lautstärke einzufordern. Vermutlich ist er kein eigentlicher Sadist.
Vor Erleichterung bricht mir der Schweiss aus, als ich das letzte Wort ausspreche. Radmila lächelt mich aufmunternd an, als ich mich geschafft im Stuhl zurücklehne. Schüchtern erwidere ich das Lächeln und forme einen lautlosen Dank mit meinen Lippen. Langsam werde ich wieder ruhiger und ein winziges bisschen freue ich mich sogar, dass ich es geschafft habe. In die Gesichter meiner Kolleginnen Kolleginnen?zu gucken, traue ich mich trotzdem nicht.


Ich bin jetzt nicht auf kleine Verschreiber eingegangen. Mir hat gefallen, dass man Aurelia schon ganz gut kennenlernt, die Zuckersache, ihre Konzentrationsspanne, das mit dem Stottern, ihre Schwärmerei für Radmila. Ich hatte auch erst Bedenken bei eienr Szene,in der sie sie sich die meiste Zeit langweilt, aber ihre Gedanken sind eigentlich unterhaltsam und auch sympatisch/witzig geschrieben.
Aber ein großes Problem: Es gibt keinen Hook? Das mit dem Stottern ließt sich spannend, wird aber mMn. viel zu schnell wieder aufgelöst. Ist also scheinbar überhaupt kein Problem. Schade.
Auch ganz am Anfang könnte man diese Miniszene im Kiosk mMn. weglassen und einfach damit beginnen, wie Aurelia auf dem Rückweg ist und gerade ins Klassenzimmer kommt.
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Stefanie
Reißwolf


Beiträge: 1741



Beitrag20.04.2022 08:57

von Stefanie
Antworten mit Zitat

Aus dem Zusammenhang gerissene Textstellen sind immer schwierig zu beurteilen. Stell doch mal den Anfang ein!
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Ralphie
Geschlecht:männlichForenonkel

Alter: 71
Beiträge: 6392
Wohnort: 50189 Elsdorf
DSFo-Sponsor


Beitrag20.04.2022 09:04

von Ralphie
Antworten mit Zitat

Du solltest noch ein bisschen auf deine Rechtschreibung achten und deine Sätze ins Aktiv setzen.

LG
Ralphie
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Miné
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 241
Wohnort: Köln


Beitrag20.04.2022 12:20
Re: Textstück aus dem ersten Kapitel meines Romans
von Miné
Antworten mit Zitat

Esohe hat Folgendes geschrieben:
Ich bringe die drei Minuten (ist das wichtig, dass es drei Minuten sind?)zum Kiosk im Laufschritt hinter mir und bin froh, dass ich Radmila gebeten habe meinen Rucksack zu nehmen, sonst würde ich jetzt noch heftiger hecheln. Sehr viel Information in einem Satz. Vielleicht besser zwei draus machen und unnötige Adjektive streichen. Ist das wirklich wichtig, dass Radmila den Rucksack trägt?

Die gut gelaunte Kioskfrau verkauft mir zwei Packungen M&Ms und einen enormen Schockriegel. (Ich würde hier nicht so ins Detail gehen. Also, keine extra knusprigen Paprikachips mit einem Hauch Chili und Essig.
Auf dem Rückweg reisse ich hastig die rote Alufolie auf und stopfe mir einen Riesenbissen davon in den Mund. (Hier gehst du auch schon wieder bei unnötigen Informationen sehr ins Detail: Rote Alufolie, hastig und Riesenbissen)
Sofort werden meine Geschmacksknospen von der intensiven, cremigen Süsse geflutet. Toller Satz Daumen hoch²

Ah, das tut gut. Genüsslich esse ich weiter und verdrücke den Rest der herrlichen Süssigkeit. (Versteht sich eigentlich von selbst. Würde ich weglassen)

Während meine Mundhöhle mit ihrem Orgasmus beschäftigt ist (zu übertrieben), laufen meine Füsse auf Autopilot ins Zimmer von Herrn Lehnert. Dort erwarten mich zwei Stunden Folter mit Wirtschaftskunde. Toller Satz Daumen hoch²

Mein Tempo wird langsamer (Wie wäre es mit: Ich werde langsamer und muss mich anspornen) und ich muss mich selber anspornen, die letzten Meter zu gehen. Na ja, ich werde es überleben, sage ich mir. Er redet sehr viel mit sich selber.

Bis jetzt ist noch niemand auf der grossen weiten Welt an Langeweile gestorben. (Hier wieder unnötige Adjektive. Große weite Welt)
Während ich die letzten Zuckerreste auf meiner Zunge geniesse, laufe ich auf den letzten Schlag, mich so klein wie möglich machend, ganz nach hinten zu Radmila. Zu langer Satz, zu viel Information auf einmal. Am besten kürzen und auf alles verzichten, was nicht unbedingt notwendig ist.


Sind bloß Anregungen. Schau einfach, ob du was davon gebrauchen kannst.
Liebe Grüße
Miné Kommt noch was?
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Grim
Eselsohr


Beiträge: 280



Beitrag20.04.2022 14:43

von Grim
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Stefanie hat Folgendes geschrieben:
Aus dem Zusammenhang gerissene Textstellen sind immer schwierig zu beurteilen. Stell doch mal den Anfang ein!


Oh, ich habe das Wort Textstück überlesen, ich dachte das wäre genau der Anfang des 1. Kapitels
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Esohe
Geschlecht:weiblichSchneckenpost
E

Alter: 41
Beiträge: 12
Wohnort: Schweizer Mittelland


E
Beitrag22.04.2022 08:58

von Esohe
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Ach Leute, hätte ich dieses Forum doch schon lange entdeckt! So viele gute Ratschläge, die man auch wirklich brauchen kann.

Vielen Dank allen, die sich die Mühe gemacht haben.
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weltverbesserer
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 62
Beiträge: 215
Wohnort: Dänemark


Beitrag03.05.2022 21:54

von weltverbesserer
Antworten mit Zitat

Ich konnte mir jeden einzelnen Moment vorstellen, habe mitgefühlt, war dabei. Wahrscheinlich, weil ich diese Situationen selbst erlebt habe - vor langer, langer Zeit - aber sowas bleibt trotzdem in Erinnerung, auch wenn man es überwunden hat.
Abgesehen von einigen Rechtschreibfehlern und ausgelassenen Worten gefiel mir diese Situationsbeschreibung. Mir hat dein Text gefallen.
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