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Geisterleben - Geist erleben


 
 
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Jürgen Sorko
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 38
Beiträge: 43
Wohnort: Klagenfurt (Österreich)


Beitrag12.01.2023 18:20
Geisterleben - Geist erleben
von Jürgen Sorko
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Hallo allerseits!
Ich will hier gleich einmal die Möglichkeit nutzen, den ersten Teil meiner Episodengeschichte einzustellen und wage es, auf Feedback zu hoffen.

Für alle, die vorab wissen wollen, worüber die Geschichte handelt:
Die neunzehnjährige Thea stirbt bei einem Unfall und wacht als Geist wieder auf. Doch das Leben als Geist ist nicht so einfach, wie man es sich vorstellt.

Ich bin offen für jegliche Kritik und man muss es bei mir auch nicht in schonende Worte packen. smile Am meisten würde mich jedoch interessieren, ob der Prolog Neugierde weckt und zum Weiterlesen animiert. Vielen Dank auch schon mal im Voraus.

lg Jürgen

Prolog

Irgendetwas ist eigenartig. Ich liege auf dem Rücken, es riecht nach Asphalt und ein wenig metallisch. Du kennst diesen Geruch sicherlich, wenn es an einem Sommertag leicht zu nieseln beginnt und die feinen Wassertropfen auf den heißen Asphalt spritzen. Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi. Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack. Und dieser dumpfe Lärm: Stimmen, Sirenen, Autos. Ich will doch nur schlafen. Finster.

Moment! Wenn ich in meinem Bett liege, riecht es weder nach Asphalt noch nach verbranntem Gummi und Straßenlärm gehört definitiv nicht dahin. Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier? Augen auf! Autsch, das blendet. Ich blinzle gegen das helle Licht an, während ich mich aufrichte. Schemenhaft beginne ich meine Umgebung wahrzunehmen.

Das helle Licht, eine Straßenlaterne vor der dunkelblauen Dämmerung. Das Blaulicht eines Polizeiautos, die Stimmen der Einsatzkräfte. Straße, Straße, Kreuzung, Absperrband und ich mittendrin und ohne Plan, was zuletzt geschehen ist.
Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails. Allerdings habe ich keinen Kater, der mit einem solchen Blackout einhergehen müsste. Schritte, einer der Polizisten kommt auf mich zu. Schnell rapple ich mich auf, um zumindest einen Rest von Würde zu bewahren, als der Blitz in mich einschlägt. Nein, es ist natürlich kein Gewitterblitz, sondern der Blitz des Fotoapparats des Polizisten. Ein großes Aufsteckteil. So wie meine Haut kribbelt hätte es ein Gewitterblitz sein können. Verfluchter Alkohol. Hat der mich einfach fotografiert! Ich bereite mich darauf vor, dem Polizisten zu erklären, warum ich auf der Straße schlafe, ohne selbst den Grund zu kennen. Verfluchter Alkohol.

Der Mann geht ein paar Schritte und sagt kein Wort. Blitz – autsch! Das ist unhöflich, mich einfach nochmals zu fotografieren, ohne etwas zu sagen. Hey, ich stehe hier und lebe noch, habe nur zu viel getrunken, du Arsch, geht mir durch den Kopf. Ich öffne den Mund, um ihm etwas dergleichen um die Ohren zu werfen.

„Guten Abend!“, begrüße ich den Polizisten freundlich. Gute Erziehung kicks in. „Ich bin Thea Lopin und…“ Blitz! Man, mir brennen die Augen und abermals spüre ich dieses widerliche Kribbeln auf meiner Haut. So viel dazu, höflich zu sein. Und was fotografiert der Kerl eigentlich? So wie er die Kamera hält ist mein Gesicht sicherlich nicht auf dem Bild. Perplex starre ich den Polizisten an und verfolge ihn, als er weitere Schritte macht und den Fotoapparat hebt… Schnell reiße ich meinen Arm vor das Gesicht und schließe die Augen. Trotzdem spüre ich, wie es blitzt. Was für eine Kamera ist das bloß?

„Ich bin hier fertig“, höre ich den Polizisten rufen. Vorsichtig wage ich es, meine Augen zu öffnen und sehe den Mann mit der Thea-Folterkamera weggehen. Wie skurril ist das bitte? Kurz überlege ich, ob ich meine Arme heben, winken und laut rufen sollte. Anderseits ist es vielleicht besser, nicht aufzufallen. Ich senke den Blick, neugierig, was der Polizist fotografiert haben könnte, in der Hoffnung, dass es nicht nur mein Körper war.

Ein kurzes Quieken entfährt meiner Lunge und ich springe zur Seite. Ich bin inmitten einer Kreidezeichnung gestanden. Besser gesagt, im Umriss eines menschlichen Körpers. Das wäre nur halb so wild, wäre der Asphalt an dieser Stelle nicht rotbraun gefärbt. Neben dem Umriss ist ein kleines Schildchen auf dem Boden, auf dem eine Eins steht. Ich bin besoffen auf dem blutigen Asphalt gelegen? Mir wird kotzübel. Lichter blitzen vor meinen Augen. Nein. Nein! Schwarz.

Ich komme zu mir. Es ist ruhig geworden. Die letzten Momente, bevor ich das Bewusstsein verloren habe, ziehen vor meinem inneren Auge vorbei. Die Kreideumrisse, das Blut... Ich springe vom Boden auf. Tatsächlich bin ich immer noch neben der Straße auf dem Radfahrweg gelegen. Es war Nacht geworden. Ich suche den Boden ab. Keine Kreide, kein Blut. Verfluchter Alkohol! Ich werde nie wieder auch nur einen Schluck davon trinken, schwöre ich mir hoch und heilig. Dabei weiß ich jetzt schon, dass das nur für die nächsten paar Wochen hält. Egal.

Also gut, es wird Zeit, nachhause zu gehen und ordentlich auszuschlafen. Ich atme tief durch und lasse meinen Blick schweifen, um herauszufinden, wo ich überhaupt bin. Schnell erkenne ich die Kreuzung, sie liegt auf dem Weg in die Stadt hinein. Es ist nicht weit von zuhause entfernt, doch ich wünsche, ich hätte mein Fahrrad bei mir. Zu Fuß werde ich eine halbe Stunde benötigen. Andererseits habe ich so Zeit, meine Gedanken ordnen und das Geschehene zu verarbeiten.

Ich biege in unsere Straße ein. Fast da! Ich fürchte mich zwar nicht im Dunkeln, aber der Kilometer, an dem die Straße durch das Waldstück führt, ist trotzdem unheimlich. Das könnte damit zu tun haben, dass mein Papa mir immer von den Geistern erzählt hat, die dort nachts ihr Unwesen treiben, damit ich als Kind nicht zu weit von zuhause weglaufe.

Leider ist mir noch immer nicht ganz klar, was ich angestellt habe. Mir ist zumindest eingefallen, dass ich nach der Schule zu Jessica gefahren bin – mit meinem Fahrrad und meiner Umhängetasche und wir uns einen Film angesehen haben. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, dass wir uns betrunken haben, außerdem glaube ich, dass ich mitsamt Fahrrad und Tasche wieder losgedüst bin. Die Realität beweist mir jedoch, dass ich ziemlich sicher nicht nüchtern war. Ich hoffe, dass meine Tasche noch bei Jessy liegt und auch mein Fahrrad bei ihr ist. Was für eine Scheiße.

Endlich angekommen, öffne ich das Gartentor und gehe auf die Haustüre zu. Dabei winke ich freundlich in unsere Überwachungskamera, die Papa vor zwei Wochen installiert hatte. Unsere Haustüre lässt sich, dem Himmel sei Dank, auch mit einem Zahlencode öffnen, so muss ich nicht Mama und Papa aus dem Bett klingeln, weil meine Schüssel in meiner Tasche bei Jessica liegen. Die Vorteile, wenn Papa ein Technikfreak ist. Der Nachteil, er sieht morgen eine Nachricht auf seinem Handy, dass in der Nacht Bewegung aufgezeichnet wurde und weiß somit noch vor mir, wann ich heimgekommen bin. Aber hey, ich bin neunzehn Jahre alt und seit meinem achtzehnten Geburtstag gab es keine Beschwerden mehr. Immerhin bin ich jetzt alt genug, um zu wissen, was ich tue. Ha, denkt ihr! Dachte ich bis vor wenige Stunden auch noch.

Ich tippe den Code ein und öffne die Haustüre. Als ich aus meinen Schuhen schlüpfe, höre ich Musik aus dem Wohnzimmer. Mist, sie sind noch wach! Naja, was solls. „Hallo“, grüße ich gedämpft in den Raum, als ich das Wohnzimmer betrete. Du musst wissen, im Erdgeschoss haben wir einen großen Raum, der Wohnzimmer und Esszimmer zugleich ist. Auch die Küche ist noch in dem gleichen Raum, jedoch hinter dem Treppenhaus ums Eck, sodass man nicht direkt hineinblickt. Wenn ich also die Treppe rauf in mein Zimmer will, muss ich diesen Raum, ich nenne ihn einfach nur Wohnzimmer, betreten.

Nur Mike Oldfield antwortet mir mit Moonlight Shadow. Ich schalte das Licht ein und schaue über die Couch, ob Mama oder Papa hier eingeschlafen sind. Aber nein. Eine Flasche Wein steht auf dem Wohnzimmertisch und zwei gefüllte Gläser. Ich grinse. Na, das war heute nicht die erste Flasche.
„Alexa, stopp.“, sage ich leise, um die Musik abzustellen. Keine Reaktion. Doofe Alexa. Ich versuche es nochmals: vergebens. Wahrscheinlich hat Papa das Keyword geändert, damit Alexa nicht immer angeht, wenn der Name irgendwo fällt. Technikfreak und so. Gefühlt funktionieren sowieso alle Geräte jeden Tag anders. Mir egal, soll sie eben die ganze Nacht Musik spielen, davon wird auch niemand sterben. Also husch ich im Dunkeln die Treppen rauf. Bad oder Bett? Ich entscheide mich für das Bad, immerhin habe ich wer-weiß-wie-lange auf der Straße gelegen. Und da meine Eltern nicht einmal mehr daran dachten, die Musik abzustellen, werden sie vom Duschgeräusch schon nicht aufwachen.

Ich schließe die Badezimmertüre hinter mir und drehe das Wasser in der Dusche auf, damit es schön warm ist, bis ich bereit bin. Ich mustere meine Arme und Beine, doch ich bin erstaunlich sauber, dafür, dass ich auf der Straße geschlafen habe. Nicht einmal einen Schmutzfleck sehe ich an mir. Ich zieh mich aus und betrachte meine Kleidung. Shorts und Shirt sind ebenfalls sauber. Glück gehabt, dass mit dem Blut war wohl Einbildung. Mittlerweile dampft es aus der Dusche und der Spiegel ist vollkommen mit Dunst überzogen. Also betrete ich die Dusche, drehe die Temperatur zurück, bevor ich mich unter den Regenduschkopf stelle.

Laut kreischend springe ich zur Seite. Dabei wäre ich beinahe auf dem nassen Boden ausgerutscht und gestürzt. Nein, nicht was du denkst! Das Wasser ist nicht zu kalt und nicht zu heiß. Es ist… gar nicht. Zitternd strecke ich meinen Arm aus, um die Hand unter das Wasser zu halten. Ich sehe, wie das Wasser aus dem Duschkopf kommt, meine Hand berührt und… einfach hindurchgeht, als wäre sie nicht da. Mein Herz kann sich nicht entscheiden, ob es einfach stehen bleiben oder vor Panik aus meiner Brust springen soll. Schnell ziehe ich die Hand zurück. Sie ist trocken. Ich kneife für drei Sekunden die Augenlieder zusammen. Das muss eine optische Täuschung sein. Wieder halte ich die Hand in das Wasser und unverändert ignoriert mich das Wasser einfach. Es fließt durch mich hindurch. Was zum Teufel?!

Ich atme tief ein und aus, versuche nicht panisch zu werden und halte meine Hand weiterhin tapfer unter das Wasser. Ich bewege sie auf und ab, hin und her und plötzlich spüre ich das warme Wasser auf meiner Haut. Es prasselt auf die Hand, läuft darüber, wie es richtig ist. Wie es sich für ordentliches Wasser gehört. Okay, das ist wirklich unheimlich. Dagegen ist das finstere Waldstück mitten in der Nacht regelrecht behaglich.

Ich weiß nicht warum, doch ich beginne zu kichern. Wie ein fünfjähriges Mädchen. Nicht weil ich es lustig finde, sondern weil es so surreal ist. Haben Jessica und ich Drogen genommen? Ich kann mich nicht erinnern und eigentlich lasse ich die Finger von so Zeugs. Ich rauche ja nicht einmal. Und trinken werde ich in Zukunft auch nicht mehr! Verdammter… ach, du weißt schon.

Mit pochendem Herzen stelle ich mich unter das Wasser und, dem Himmel sei Dank, geht jetzt alles mit rechten Dingen zu. Ich muss mit Jessica reden. Muss ja sowieso zu ihr, meine Sachen holen. Ob sie gerade etwas Ähnliches durchmacht? Ich hoffe nicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit verlasse ich die Dusche, wickle mich in mein Handtuch und tapse in mein Zimmer. Erstaunlich, dass ich mit meinem Gekreische niemanden geweckt habe. Ich zieh mein Nachthemd an und lege mich ins Bett. Ich habe genug von heute. Gute Nacht!

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F.J.G.
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Alter: 33
Beiträge: 1957
Wohnort: Wurde erfragt


Beitrag12.01.2023 18:46

von F.J.G.
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Guten Abend, Jürgen! Smile

Also, ich lass dir gern kurz meine Gedanken da.

Eine gute Schreibe hast du schonmal, das muss man sagen! Der Text liest sich flüssig und ohne Holperer, die Beschreibungen sind auch größtenteils passend.

Was mich stört, sind einige Logikfehler.

Zunächst: Die Nummernschildchen benutzt nur die Kriminalpolizei zur Spurensicherung an Tatorten, wenn ich recht informiert bin. Als ich das Privileg hatte, selbst von einem Auto ausgeknockt zu werden (auch in der Dämmerung), wurde einfach nur eine Leuchtfackel an die Stelle gelegt, wo ich lag, nachdem ich von den Männern im weiß-roten Auto abtransportiert worden war.

Die erste Hälfte des Textes wirkt für mich etwas zu vorhersehbar. Die zweite Hälfte dann ist dahinplätschernd bis redundant. Der kluge Leser hat schon längst begriffen dass es sich um einen Geist handelt, da braucht es längere Abhandlungen über eine trunkene Party bei der Freundin und einer Fahrradfahrt nicht.

Doch zurück zu den Logikfehlern –
bevor du dich daran machst, ein größeres Werk daraus zu machen, musst du bitte ganz, ganz eindeutige Logikerklärungen finden, ein funktionierendes Modell, das erklärt, was solch ein Geist kann und was nicht.

Sie kann das Zahlenschloss bedienen und eintreten? Na da würde ich mich aber gruseln wenn ich im Haus drin wäre. Warum aber kann sie dann keine mechanische Verbindung mit fließendem Wasser aufnehmen (zumindest vorerst)?

Lass dich davon nicht entmutigen! Wie man gut schreibt weißt du schon, das merkt man beim Lesen. Nur sollte – gerade bei diesem Thema! – unbedingt auf Kongruenz in der Weltenbildung geachtet werden.

Liebe Grüße aus Wien
der Kojote


_________________
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Jürgen Sorko
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 38
Beiträge: 43
Wohnort: Klagenfurt (Österreich)


Beitrag12.01.2023 19:07

von Jürgen Sorko
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Danke für das Feedback!

Kojote hat Folgendes geschrieben:
Eine gute Schreibe hast du schonmal, das muss man sagen! Der Text liest sich flüssig und ohne Holperer, die Beschreibungen sind auch größtenteils passend.

Das freut mich zu hören!


Kojote hat Folgendes geschrieben:
Zunächst: Die Nummernschildchen benutzt nur die Kriminalpolizei zur Spurensicherung an Tatorten, wenn ich recht informiert bin. Als ich das Privileg hatte, selbst von einem Auto ausgeknockt zu werden (auch in der Dämmerung), wurde einfach nur eine Leuchtfackel an die Stelle gelegt, wo ich lag, nachdem ich von den Männern im weiß-roten Auto abtransportiert worden war.

Das muss ich wohl genauer recherchieren. Ehrlich gesagt, ging ich davon aus, dass für die Fotos die Nummern aufgestellt werden, damit man dann bei etwaiger Beschreibung einfach die Nummer nennen kann. Gesehen habe ich es, als die Spurensicherung wegen eines Einbruchs und Vandalismus bei uns war. Der Unfall ist hier allerdings auch mit Fahrerflucht (was sich erst im nächsten Teil erschließt).

Kojote hat Folgendes geschrieben:
Die erste Hälfte des Textes wirkt für mich etwas zu vorhersehbar. Die zweite Hälfte dann ist dahinplätschernd bis redundant. Der kluge Leser hat schon längst begriffen dass es sich um einen Geist handelt, da braucht es längere Abhandlungen über eine trunkene Party bei der Freundin und einer Fahrradfahrt nicht.

Da kann ich (dummerweise lol2) nicht direkt widersprechen. Antrieb für mich war der Punkt, dass es Thea selbst realisieren muss - wobei das eigentlich auch Schwerpunkt des nächsten Teils ist. Also kann hier weniger durchaus besser sein. Ich werde da nochmals etwas Hirnschmalz einwerfen und vielleicht meldet sich auch noch jemand anders hier diesbezüglich.

Kojote hat Folgendes geschrieben:
Doch zurück zu den Logikfehlern –
bevor du dich daran machst, ein größeres Werk daraus zu machen, musst du bitte ganz, ganz eindeutige Logikerklärungen finden, ein funktionierendes Modell, das erklärt, was solch ein Geist kann und was nicht.

Sie kann das Zahlenschloss bedienen und eintreten? Na da würde ich mich aber gruseln wenn ich im Haus drin wäre. Warum aber kann sie dann keine mechanische Verbindung mit fließendem Wasser aufnehmen (zumindest vorerst)?

Ich schreibe es mal im Spoiler, was ich mir dazu dachte. Vorweg aber schon: es gibt keine (pseudo-)wissenschaftliche Erklärung.
Die Interaktion mit weltlichen hängt von Theas Willen ab. Will sie etwas berühren, also materiell interagieren, klappt es. Darum kein Problem mit dem Tastenfeld oder den Türen. Will sie etwas durchdringen, kann sie es. Jedoch weiß sie das selbst noch nicht und aufgrund ihres geistigen Durcheinanders (im doppelten Sinne lol2) klappt es noch nicht ganz so perfekt. Warum das Wasser in der Dusche? Wenn ich mich unter die Dusche stelle, dann berührt das Wasser mich einfach und nicht ich das Wasser. Zugegeben ist es nicht zu 100% konsequent, denn das gleiche könnte man für die Kleidung sagen. Doch die Freiheit nehme ich mir einfach mal raus.

Kojote hat Folgendes geschrieben:
Lass dich davon nicht entmutigen! Wie man gut schreibt weißt du schon, das merkt man beim Lesen. Nur sollte – gerade bei diesem Thema! – unbedingt auf Kongruenz in der Weltenbildung geachtet werden.

Oh, ganz im Gegenteil. Es spornt mich eher an, es einfach besser zu machen. Im diesen Sinne sehe ich deine Kritik gänzlich positiv!

Und sollte ich eine Kritik mal überhaupt nicht nachvollziehen können, dann kann ich auch akzeptieren, dass man anderer Meinung ist. Doch in jedem Fall nutze ich die Gedankenanregung.

lg Jürgen
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Miné
Geschlecht:weiblichEselsohr

Alter: 38
Beiträge: 241
Wohnort: Köln


Beitrag13.01.2023 09:53
Re: Geisterleben - Geist erleben
von Miné
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Jürgen Sorko hat Folgendes geschrieben:

Prolog

Irgendetwas ist eigenartig. Bei dem ersten Satz habe ich mich bereits als Leser hingehalten gefühlt.
Ich liege auf dem Rücken, es riecht nach Asphalt und ein wenig metallisch. Du kennst diesen Geruch sicherlich, wenn es an einem Sommertag leicht zu nieseln beginnt und die feinen Wassertropfen auf den heißen Asphalt spritzen. Bei diesem Satz wusste ich direkt, das ich nicht meins.

Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi. Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack. Asphalt, metallisch und jetzt auch noch Gummi. Mir persönlich ist das too much. Und dieser dumpfe Lärm: Stimmen, Sirenen, Autos. Ich habe hier bereits das Gefühl, der Geschichte hinterherzuhinken. Ich will doch nur schlafen. Das machte für mich jetzt keinen Sinn. Ich vermute mal, dass die Person einen Unfall hatte, wobei ich immer noch nicht weiß, ob weiblich oder männlich, aber egal. Wenn sie den Geruch von Asphalt wahrnimmt und weiß, dass sie auf einer Straße liegt, wird sie bestimmt nicht schlafen wollen. Ich hatte auch schon einen Unfall und lag völlig benommen und von Schmerzen wie gelähmt auf einer Hauptverkehrsstraße in einer Großstadt. Mein erster Gedanke war, nichts wie runter von der Straße, bevor mich jemand totfährt. Da hatte ich weder klare Sicht noch einen Schimmer, was überhaupt passiert war. Aber ich wusste, wie dein Protagonist ich liege auf der Straße.

Moment! Wenn ich in meinem Bett liege, riecht es weder nach Asphalt noch nach verbranntem Gummi und Straßenlärm gehört definitiv nicht dahin. Das ist jetzt doppelt gemoppelt und versteht sich eigentlich von selbst, dass es im Bett nicht nach Asphalt riecht.

Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier? Wie schon gesagt, ich bezweifle, dass das so die ersten Gedanken sind. Weil der Mensch realisiert eigentlich schnell, besonders, wenn er in Gefahr ist. Außerdem sind mir die Gedanken des Protagonisten zu viel.

Augen auf! Autsch, das blendet. Also, wenn die wirklich einen Unfall hat und derart benommen ist, wird die Schmerzen wie eine Wahnsinnige haben, die man meistens aber aufgrund des Schocks gar nicht wahrnimmt. Also, entweder kann die vor Schmerzen nicht denken oder sie stirbt vor Schmerzen. Alles andere ist meiner Meinung nach nicht zutreffend, wobei ich natürlich kaum etwas weiß. Ob schwerster Fahrrad oder Autounfall etc. ...

Ich blinzle gegen das helle Licht an, während ich mich aufrichte. Okay, so schlimm kann der Unfall ja dann doch nicht gewesen sein, wenn die sich sogar aufrichten kann. Passt jetzt nicht zu meinem Eindruck. Schemenhaft beginne ich meine Umgebung wahrzunehmen. Wieso hat die nen kompletten Blackout oder eine schwere Kopfverletzung?

Das helle Licht, eine Straßenlaterne vor der dunkelblauen Dämmerung. Das passt nicht. Wenn du angefahren wurdest, nimmst du alles andere wahr. Wie Stimmen, Schritte, Autotüren ... Und deine Gedanken überschlagen sich bezüglich Rollstuhl oder wieso kann ich das und das nicht bewegen.

Das Blaulicht eines Polizeiautos, die Stimmen der Einsatzkräfte. Straße, Straße, Kreuzung, Absperrband und ich mittendrin und ohne Plan, was zuletzt geschehen ist. Das passt für mich genauso wenig.  Die Gedanken deines Protas sind irgendwie merkwürdig und alles andere auch.
Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails. Tja, was soll ich sagen. Ich bezweifle, dass das die Gedanken eines Schwerverletzen sind. Auf der einen Seite hat sie keinen blassen Schimmer und auf der anderen erinnerte sie sich ziemlich genau an den Verlauf des Abends.
Allerdings habe ich keinen Kater, der mit einem solchen Blackout einhergehen müsste. Mir persönlich gefallen diese Selbstgespräche überhaupt nicht. Schritte, einer der Polizisten kommt auf mich zu. Schnell rapple ich mich auf, um zumindest einen Rest von Würde zu bewahren, als der Blitz in mich einschlägt. Jetzt verstehe ich gar nichts mehr? Wunderheilung und dann direkt ein Blitzschlag? Und wo ist eigentlich der Notarzt und Krankenwagen?

Nein, es ist natürlich kein Gewitterblitz, sondern der Blitz des Fotoapparats des Polizisten. Verstehe nur noch Bahnhof sad

Ein großes Aufsteckteil. So wie meine Haut kribbelt hätte es ein Gewitterblitz sein können. War der Prota nicht eben schwerverletzt?

Hat der mich einfach fotografiert! Wieso Fotograf? Ich dachte der oder die Prota ist schwerverletzt?
Ich bereite mich darauf vor, dem Polizisten zu erklären, warum ich auf der Straße schlafe, ohne selbst den Grund zu kennen. Die hat auf der Straße geschlafen? Ich dachte die oder der hätte einen Unfall gehabt.
Verfluchter Alkohol. Also, ich kenne wirklich keinen, der sich besoffen zum Schlafen auf die Straße gelegt hat. Ich habe generell noch nie jemand gesehen, der schlafend auf einer Straße lag.

Der Mann geht ein paar Schritte und sagt kein Wort. Blitz – autsch! Das ist unhöflich, mich einfach nochmals zu fotografieren, ohne etwas zu sagen. Die oder Prota erscheint mir ehrlich gesagt, entweder total verblödet oder geisteskrank. Hey, ich stehe hier und lebe noch, habe nur zu viel getrunken, du Arsch, geht mir durch den Kopf. Was??????????? Sorry, aber ich verstehe gar nichts. Hat der oder die jetzt einen Unfall oder nicht? Und was ist da los?


Ich finde deinen Schreibstil eigentlich ganz gut, aber vieles unnötig in die Länge gezogen. Du umschweifst und umschweifst. Hinzu kommen zahlreiche Logiklöcher. Nichts an deiner Geschichte macht für mich Sinn oder klingt auch nur einigermaßen plausibel. Sorry rotwerd
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Jürgen Sorko
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 38
Beiträge: 43
Wohnort: Klagenfurt (Österreich)


Beitrag13.01.2023 10:26

von Jürgen Sorko
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Guten Morgen und danke für das Feedback!

Auf jeden Fall mitnehmen kann ich den Hinweis auf die Verdopplung bzgl. der Geruchswahrnehmung zwischen aktueller Ort/Bett. Das lässt sich sinnvoll rauskürzen. Ich werde das inkl. den Hinweisen von Kojote aufgreifen und eine überarbeitete Version einstellen.
Zum Geruch selbst: das ist, was ich nach einem Motorradunfall wahrgenommen habe.

Zu den restlichen Anmerkungen: im Grunde will ich mit diesem Abschnitt zeigen, dass eigentlich alles unlogisch ist und nichts so richtig ist. Darum auch der einleitende Satz "Irgendetwas ist eigenartig". Korrekter wäre natürlich "Alles ist eigenartig", doch die Protagonistin (Name wird hier verraten: "Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails.").

Sie ist nicht verletzt, sie ist tot und somit ein Geist. Nur hat sie es noch nicht realisiert. Darum auch der Gedanke an Alkohol, da eben nichts zusammenpasst. Sie weiß nur, dass sie auf der Straße (genauer Radfahrweg/Radfahrstreifen) aufwacht und erst einmal nichts mehr, was in den letzten Stunden passiert ist. Alkohol ist da erst einmal die schnelle, einfache Erklärung, die in den Sinn kommt. Sie realisiert jedoch auch sogleich, dass das nicht wirklich passt, hat aber keine bessere Erklärung.

Zitat:
Mir persönlich gefallen diese Selbstgespräche überhaupt nicht.

So etwas ist natürlich immer Geschmackssache und das respektiere ich natürlich. Ich fürchte, in diesem Fall wirst/würdest du keine Freude an der Geschichte haben.

Umso mehr danke ich dafür, dass du dir die Mühe gemacht hast. Daumen hoch Ich hoffe, ich konnte so zumindest die Situation erklären und vielleicht ist es für dich nachvollziehbarer. Ich kann auf jeden Fall noch mitnehmen, dass die ersten paar Absätze eine Menge Fragen aufwerfen. Prinzipiell war das auch beabsichtigt. Ein gewisses "Hä, warum?!" sollte sich durchaus einstellen.

lg Jürgen
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Jürgen Sorko
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 38
Beiträge: 43
Wohnort: Klagenfurt (Österreich)


Beitrag13.01.2023 10:39

von Jürgen Sorko
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Prolog

Irgendetwas ist eigenartig. Ich liege auf dem Rücken, es riecht nach Asphalt und ein wenig metallisch. Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi. Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack. Und dieser dumpfe Lärm: Stimmen, Sirenen, Autos. Ich will doch nur schlafen. Finster.

Moment, das ist nicht mein Bett! Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier? Augen auf! Autsch, das blendet. Ich blinzle gegen das helle Licht an, während ich mich aufrichte. Schemenhaft beginne ich meine Umgebung wahrzunehmen.

Das helle Licht, eine Straßenlaterne vor der dunkelblauen Dämmerung. Das Blaulicht eines Polizeiautos, die Stimmen der Einsatzkräfte. Straße, Straße, Kreuzung, Absperrband und ich mittendrin und ohne Plan, was zuletzt geschehen ist.

Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails. Allerdings habe ich keinen Kater, der mit einem solchen Blackout einhergehen müsste. Schritte, einer der Polizisten kommt auf mich zu. Schnell rapple ich mich auf, um zumindest einen Rest von Würde zu bewahren, als der Blitz in mich einschlägt. Nein, es ist natürlich kein Gewitterblitz, sondern der Blitz des Fotoapparats des Polizisten. Ein großes Aufsteckteil. So wie meine Haut kribbelt hätte es ein Gewitterblitz sein können. Verfluchter Alkohol. Hat der mich einfach fotografiert! Ich bereite mich darauf vor, dem Polizisten zu erklären, warum ich auf der Straße schlafe, ohne selbst den Grund zu kennen. Verfluchter Alkohol.

Der Mann geht ein paar Schritte und sagt kein Wort. Blitz – autsch! Das ist unhöflich, mich einfach nochmals zu fotografieren, ohne etwas zu sagen. Hey, ich stehe hier und lebe noch, habe nur zu viel getrunken, du Arsch, geht mir durch den Kopf. Ich öffne den Mund, um ihm etwas dergleichen um die Ohren zu werfen.

„Guten Abend!“, begrüße ich den Polizisten freundlich. Gute Erziehung kicks in. „Ich bin Thea Lopin und…“ Blitz! Man, mir brennen die Augen und abermals spüre ich dieses widerliche Kribbeln auf meiner Haut. So viel dazu, höflich zu sein. Und was fotografiert der Kerl eigentlich? So wie er die Kamera hält ist mein Gesicht sicherlich nicht auf dem Bild. Perplex starre ich den Polizisten an und verfolge ihn, als er weitere Schritte macht und den Fotoapparat hebt… Schnell reiße ich meinen Arm vor das Gesicht und schließe die Augen. Trotzdem spüre ich, wie es blitzt. Was für eine Kamera ist das bloß?

„Ich bin hier fertig“, höre ich den Polizisten rufen. Vorsichtig wage ich es, meine Augen zu öffnen und sehe den Mann mit der Thea-Folterkamera weggehen. Wie skurril ist das bitte? Kurz überlege ich, ob ich meine Arme heben, winken und laut rufen sollte. Anderseits ist es vielleicht besser, nicht aufzufallen. Ich senke den Blick, neugierig, was der Polizist fotografiert haben könnte, in der Hoffnung, dass es nicht nur mein Körper war.

Ein kurzes Quieken entfährt meiner Lunge und ich springe zur Seite. Ich bin inmitten einer Kreidezeichnung gestanden. Besser gesagt, im Umriss eines menschlichen Körpers. Das wäre nur halb so wild, wäre der Asphalt an dieser Stelle nicht rotbraun gefärbt. Neben dem Umriss ist ein kleines Schildchen auf dem Boden, auf dem eine Eins steht. Ich bin besoffen auf dem blutigen Asphalt gelegen? Mir wird kotzübel. Lichter blitzen vor meinen Augen. Nein. Nein! Schwarz.

Ich komme zu mir. Es ist ruhig geworden. Die letzten Momente, bevor ich das Bewusstsein verloren habe, ziehen vor meinem inneren Auge vorbei. Die Kreideumrisse, das Blut... Ich springe vom Boden auf. Tatsächlich bin ich immer noch neben der Straße auf dem Radfahrweg gelegen. Es war Nacht geworden. Ich suche den Boden ab. Keine Kreide, kein Blut. Verfluchter Alkohol! Ich werde nie wieder auch nur einen Schluck davon trinken, schwöre ich mir hoch und heilig. Dabei weiß ich jetzt schon, dass das nur für die nächsten paar Wochen hält. Egal.

Also gut, es wird Zeit, nachhause zu gehen und ordentlich auszuschlafen. Ich atme tief durch und lasse meinen Blick schweifen, um herauszufinden, wo ich überhaupt bin. Schnell erkenne ich die Kreuzung, sie liegt auf dem Weg in die Stadt hinein. Es ist nicht weit von zuhause entfernt, doch ich wünsche, ich hätte mein Fahrrad bei mir. Zu Fuß werde ich eine halbe Stunde benötigen. Andererseits habe ich so Zeit, meine Gedanken ordnen und das Geschehene zu verarbeiten.

Ich biege in unsere Straße ein. Fast da! Ich fürchte mich zwar nicht im Dunkeln, aber der Kilometer, an dem die Straße durch das Waldstück führt, ist trotzdem unheimlich. Das könnte damit zu tun haben, dass mein Papa mir immer von den Geistern erzählt hat, die dort nachts ihr Unwesen treiben, damit ich als Kind nicht zu weit von zuhause weglaufe. Leider ist mir noch immer nicht ganz klar, was ich angestellt habe. Mir ist zumindest eingefallen, dass ich nach der Schule zu Jessica gefahren bin – mit meinem Fahrrad und meiner Umhängetasche und wir uns einen Film angesehen haben.

Endlich angekommen, öffne ich das Gartentor und gehe auf die Haustüre zu. Dabei winke ich freundlich in unsere Überwachungskamera, die Papa vor zwei Wochen installiert hatte. Unsere Haustüre lässt sich, dem Himmel sei Dank, auch mit einem Zahlencode öffnen, so muss ich nicht Mama und Papa aus dem Bett klingeln, weil meine Schüssel irgendwo liegen. Die Vorteile, wenn Papa ein Technikfreak ist. Der Nachteil, er sieht morgen eine Nachricht auf seinem Handy, dass in der Nacht Bewegung aufgezeichnet wurde und weiß somit noch vor mir, wann ich heimgekommen bin. Aber hey, ich bin neunzehn Jahre alt und seit meinem achtzehnten Geburtstag gab es keine Beschwerden mehr. Immerhin bin ich jetzt alt genug, um zu wissen, was ich tue. Ha, denkt ihr! Dachte ich bis vor wenige Stunden auch noch.

Ich tippe den Code ein und öffne die Haustüre. Als ich aus meinen Schuhen schlüpfe, höre ich Musik aus dem Wohnzimmer. Mist, sie sind noch wach! Naja, was solls. „Hallo“, grüße ich gedämpft in den Raum, als ich das Wohnzimmer betrete. Du musst wissen, im Erdgeschoss haben wir einen großen Raum, der Wohnzimmer und Esszimmer zugleich ist. Auch die Küche ist noch in dem gleichen Raum, jedoch hinter dem Treppenhaus ums Eck, sodass man nicht direkt hineinblickt. Wenn ich also die Treppe rauf in mein Zimmer will, muss ich diesen Raum, ich nenne ihn einfach nur Wohnzimmer, betreten.

Nur Mike Oldfield antwortet mir mit Moonlight Shadow. Ich schalte das Licht ein und schaue über die Couch, ob Mama oder Papa hier eingeschlafen sind. Aber nein. Eine Flasche Wein steht auf dem Wohnzimmertisch und zwei gefüllte Gläser. Ich grinse. Na, das war heute nicht die erste Flasche.

„Alexa, stopp.“, sage ich leise, um die Musik abzustellen. Keine Reaktion. Doofe Alexa. Ich versuche es nochmals: vergebens. Wahrscheinlich hat Papa das Keyword geändert, damit Alexa nicht immer angeht, wenn der Name irgendwo fällt. Technikfreak und so. Gefühlt funktionieren sowieso alle Geräte jeden Tag anders. Mir egal, soll sie eben die ganze Nacht Musik spielen, davon wird auch niemand sterben. Also husch ich im Dunkeln die Treppen rauf. Bad oder Bett? Ich entscheide mich für das Bad, immerhin habe ich wer-weiß-wie-lange auf der Straße gelegen. Und da meine Eltern nicht einmal mehr daran dachten, die Musik abzustellen, werden sie vom Duschgeräusch schon nicht aufwachen.

Ich schließe die Badezimmertüre hinter mir und drehe das Wasser in der Dusche auf, damit es schön warm ist, bis ich bereit bin. Ich mustere meine Arme und Beine, doch ich bin erstaunlich sauber, dafür, dass ich auf der Straße geschlafen habe. Nicht einmal einen Schmutzfleck sehe ich an mir. Ich zieh mich aus und betrachte meine Kleidung. Shorts und Shirt sind ebenfalls sauber. Glück gehabt, dass mit dem Blut war wohl Einbildung. Mittlerweile dampft es aus der Dusche und der Spiegel ist vollkommen mit Dunst überzogen. Also betrete ich die Dusche, drehe die Temperatur zurück, bevor ich mich unter den Regenduschkopf stelle.

Laut kreischend springe ich zur Seite. Dabei wäre ich beinahe auf dem nassen Boden ausgerutscht und gestürzt. Nein, nicht was du denkst! Das Wasser ist nicht zu kalt und nicht zu heiß. Es ist… gar nicht. Zitternd strecke ich meinen Arm aus, um die Hand unter das Wasser zu halten. Ich sehe, wie das Wasser aus dem Duschkopf kommt, meine Hand berührt und… einfach hindurchgeht, als wäre sie nicht da. Mein Herz kann sich nicht entscheiden, ob es einfach stehen bleiben oder vor Panik aus meiner Brust springen soll. Schnell ziehe ich die Hand zurück. Sie ist trocken. Ich kneife für drei Sekunden die Augenlieder zusammen. Das muss eine optische Täuschung sein. Wieder halte ich die Hand in das Wasser und unverändert ignoriert mich das Wasser einfach. Es fließt durch mich hindurch. Was zum Teufel?!

Ich atme tief ein und aus, versuche nicht panisch zu werden und halte meine Hand weiterhin tapfer unter das Wasser. Ich bewege sie auf und ab, hin und her und plötzlich spüre ich das warme Wasser auf meiner Haut. Es prasselt auf die Hand, läuft darüber, wie es richtig ist. Wie es sich für ordentliches Wasser gehört. Okay, das ist wirklich unheimlich. Dagegen ist das finstere Waldstück mitten in der Nacht regelrecht behaglich. Ich weiß nicht warum, doch ich beginne zu kichern. Wie ein fünfjähriges Mädchen. Nicht weil ich es lustig finde, sondern weil es so surreal ist.

Mit pochendem Herzen stelle ich mich unter das Wasser und, dem Himmel sei Dank, geht jetzt alles mit rechten Dingen zu. Nach einer gefühlten Ewigkeit verlasse ich die Dusche, wickle mich in mein Handtuch und tapse in mein Zimmer. Erstaunlich, dass ich mit meinem Gekreische niemanden geweckt habe. Ich zieh mein Nachthemd an und lege mich ins Bett. Ich habe genug von heute. Gute Nacht!
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Aska Centauri
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A
Beitrag13.01.2023 11:44

von Aska Centauri
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Hallo Jürgen,

grundsätzlich erreichst Du mich mit Deiner Geschichte. Deine Prota nimmt mich mit, ich kann mich in sie hineinversetzen.

Allerdings finde ich sie etwas zu langatmig. Ist es zum Beispiel wichtig, dass der Vater die Überwachungskamera vor zwei Wochen installiert hat? Ich würde mir jeden Satz noch einmal daraufhin anschauen, ob er die Geschichte voranbringt.

Ansonsten gefällt mir Deine Schreibe mit ihrer klaren Sprache sehr gut.

Liebe Grüße
Aska
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Dyrnberg
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Beitrag13.01.2023 11:51

von Dyrnberg
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Stilistisch kohärent. Angenehm zu lesen. Da gibt es für mich als Leser tatsächlich kaum etwas, worüber ich stolpere. Respekt.

Das größte "Problem" wurde bereits angesprochen: Der Leser weiß quasi sofort, was passiert ist, weil man ähnliche Geschichten eben oft gelesen/gehört/gesehen hat - während Thea hinterhinkt in dieser Erkenntnis. Um dies zu vermeiden, hätte ich eine radikale Idee, die aber viel von dem nimmt, was Dir wichtig ist: Die Story könnte mit dem Heimkommen beginnen. Alexa reagiert nicht. Sie will duschen, weil sie gerade mit dem Rad hingefallen ist. Dann spürt sie das Wasser nicht. In diesem Setting hätte ich als Leser quasi null Chance, zu erahnen, dass sie eben nicht nur mit dem Rad hingefallen ist - sondern tatsächlich dabei gestorben ist. Aber wie gesagt: Das nimmt natürlich viele lesenswerten Zeilen, zum Beispiel die Sache mit dem Fotografiert-werden.

Ein paar kleine Anmerkungen. Alle höchst subjektiv! Die Wörter in "" sind Zitate aus deinem Text. Darunter meine Kommentare.

"Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi."
Wer würde hier an "feine Note" denken? Klingt nach Wein-Tasting, nicht nach Aufwachen. "Dazu gesellt sich verbrannter Gummi" wäre für mich ein passenderer Satz.

"Allerdings habe ich keinen Kater, der mit einem solchen Blackout einhergehen müsste."
Klingt zu sehr nach Info-Dump und zu wenig nach "gedachtem Monolog": "Allerdings habe ich keinen Kater - und für so ein Blackout müsste ich einen gewaltigen Kater haben" oder so ähnlich.

"Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails."
Das "Thea" brauchst du gar nicht. Sie stellt sich eh gleich dem Fotografen vor. Dort wirkt ihre Namensnennung weniger gekünstelt.

"Gute Erziehung kicks in"
Geiler Satz!

"Nein, es ist natürlich kein Gewitterblitz, sondern der Blitz des Fotoapparats des Polizisten."
Gefällt mir irgendwie nicht. Besser: Es war der Blitz des Fotoapparats des Polizisten.

"Es war Nacht geworden."
Sollte hier nicht "Es ist Nacht geworden" stehen?

"Du musst wissen, im Erdgeschoss haben wir einen großen Raum, der Wohnzimmer und Esszimmer zugleich ist."
Diese "Du-Ansprache" kann man machen, aber: Dein Text bräuchte sie eigentlich gar nicht. Wahrscheinlich aber ist es Dir wichtig?


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Miné
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Beitrag13.01.2023 12:11

von Miné
Antworten mit Zitat

Ich persönlich habe das Gefühl, dass du zu sehr mit dem Kopf schreibst. Du willst krampfhaft den Ort, Zustand etc. vermitteln und gehst da sehr perfektionistisch ran. Zumindest wirkt das so auf mich.  Vielleicht (ist nur so eine Idee) solltest du mal versuchen, mehr aus dem Bauch raus zu schreiben und einfach mal gucken, was dabei rumkommt.

Ansonsten finde ich die Idee mit dem Geist 0815, so leid es mir tut. Das hat es schon so oft gegeben Aua Wo ist das Besondere?
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Miné
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Beitrag13.01.2023 12:28

von Miné
Antworten mit Zitat

Jürgen Sorko hat Folgendes geschrieben:
Prolog

Irgendetwas ist eigenartig. Das ist mir zu unpräzise und könnte alles Mögliche bedeuten. Versteh mich bitte nicht falsch, der Leser muss nicht alles sofort wissen, aber du schweifst meiner Meinung nach sehr gerne in alle möglichen Richtungen, ohne einen richtigen Fokus auf die Geschichte zu haben.
Ich liege auf dem Rücken, es riecht nach Asphalt und ein wenig metallisch. Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi. Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack. Und dieser dumpfe Lärm: Stimmen, Sirenen, Autos. Ich will doch nur schlafen. Finster.

Ich persönlich würde das Buch nach diesem Absatz zurück ins Regal stellen. Mich packt das nicht, das ist alles zu unscheinbar, zu Weichspüler mäßig. Das liest sich zwar ganz nett, aber nett ist eben halt nett. Wie wäre es mit ein bisschen mehr Dramatik oder Witz. Irgendwas Besonderem, was den Leser dazu verleitet weiter zu lesen. So Sätze wie:

Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi.

Schrecken meiner Meinung nach total ab. Das klingt überhaupt nicht dramatisch, spannend oder witzig, sondern eher nach Sternekoch, Gourmet etc. ...

Auch der Satz:
Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack.
Der ist auch sehr gewöhnungsbedürftig. Also, wenn ich besoffen, verletzt oder gerade schlafend auf einer Straße erwache, würde ich alles Mögliche denken, aber wohl kaum, dass die Mischung aus Asphalt und metallischem Irgendwas in Kombination mit dem verbrannten Gummi nicht meinen Geschmack trifft. Oder du überziehst das Ganze total krass, dann könnte es in Richtung grotesk gehen und vielleicht sogar witzig sein.
Moment, das ist nicht mein Bett! Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier? Diese Sätze wirken wie mit dem Holzhammer auf den Leser eingedroschen. Außerdem frage ich mich das ja selbst als Leser, weshalb es mir hier völlig überflüssig vorkommt.



Bleib drann!
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Dyrnberg
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Beitrag13.01.2023 12:35

von Dyrnberg
Antworten mit Zitat

Miné hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten finde ich die Idee mit dem Geist 0815, so leid es mir tut. Das hat es schon so oft gegeben Aua Wo ist das Besondere?


Die Kritik verstehe ich nicht so ganz, denn: (1) Wir wissen ja noch überhaupt nicht, was er aus der Geschichte macht. (2) Dass es ein Setting schon oft gegeben hat, trifft doch auf 99,99999999% aller Texte hier im Forum zu, oder? Mit dem selben Argument könnte man unter jede Krimigeschichte oder Romanze schreiben, dass es nichts Besonderes sei. [Ein Roman aus Sicht eines Geistes ist dabei sogar viel, viel, viel seltener als ein Roman, in dem jemand ermordet wird und jemand diesen Mordfall aufklärt oder ein Roman, in dem sich zwei Menschen nach Irrungen und Wirrungen ineinander verlieben.]


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Miné
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Beitrag13.01.2023 13:09

von Miné
Antworten mit Zitat

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Miné hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten finde ich die Idee mit dem Geist 0815, so leid es mir tut. Das hat es schon so oft gegeben Aua Wo ist das Besondere?


Die Kritik verstehe ich nicht so ganz, denn: (1) Wir wissen ja noch überhaupt nicht, was er aus der Geschichte macht. (2) Dass es ein Setting schon oft gegeben hat, trifft doch auf 99,99999999% aller Texte hier im Forum zu, oder?.]


Ja, das ist ja eben das Problem mit den Geschichten. Dass die Meisten zu 99,9999 Prozent nichts taugen. So what?
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Jürgen Sorko
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Beitrag13.01.2023 13:10

von Jürgen Sorko
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Aska Centauri hat Folgendes geschrieben:
grundsätzlich erreichst Du mich mit Deiner Geschichte. Deine Prota nimmt mich mit, ich kann mich in sie hineinversetzen.

Das freut mich zu hören!

Aska Centauri hat Folgendes geschrieben:
Allerdings finde ich sie etwas zu langatmig. Ist es zum Beispiel wichtig, dass der Vater die Überwachungskamera vor zwei Wochen installiert hat? Ich würde mir jeden Satz noch einmal daraufhin anschauen, ob er die Geschichte voranbringt.

Ich finde es interessant, dass du es ansprichst. Üblicherweise höre ich bei meinem Geschreibsel eher, dass ich mich zu sehr auf die Handlung fokussiere. Ist der Satz wichtig? Jein.
Nein, denn im Augenblick trägt er kaum etwas bei. Warum habe ich ihn reingeschrieben? Um zu unterstreichen, dass sich "Papa" mit Technik auskennt, Sachen auch selbst angeht. Und als Möglichkeit, es nochmals aufzugreifen, wenn die Personen rund um Thea skeptisch werden und sich eventuell die Videoüberwachung ansehen. Ich habe dazu eine Szene im Kopf, ob sie dann wirklich  in die Geschichte passt, weiß ich noch nicht.

Aska Centauri hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten gefällt mir Deine Schreibe mit ihrer klaren Sprache sehr gut.

Danke sehr und danke für das Feedback.

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Stilistisch kohärent. Angenehm zu lesen. Da gibt es für mich als Leser tatsächlich kaum etwas, worüber ich stolpere. Respekt.

Vielen Dank dafür und natürlich für das gesamte Feedback!

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Das größte "Problem" wurde bereits angesprochen: Der Leser weiß quasi sofort, was passiert ist, weil man ähnliche Geschichten eben oft gelesen/gehört/gesehen hat - während Thea hinterhinkt in dieser Erkenntnis.

Grundsätzlich gehe ich auch davon aus, dass der Leser sehr schnell weiß, dass Thea ein Geist ist. Gewissermaßen baue ich sogar darauf, denn die nächsten Abschnitte (über den hier geposteten Teil hinaus) sollen zeigen, wie Thea sich dessen selbst bewusst wird. Es fällt mir gerade schwer, meine Gedanken in Worte zu fassen. smile

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Um dies zu vermeiden, hätte ich eine radikale Idee, die aber viel von dem nimmt, was Dir wichtig ist: Die Story könnte mit dem Heimkommen beginnen. Alexa reagiert nicht. Sie will duschen, weil sie gerade mit dem Rad hingefallen ist. Dann spürt sie das Wasser nicht. In diesem Setting hätte ich als Leser quasi null Chance, zu erahnen, dass sie eben nicht nur mit dem Rad hingefallen ist - sondern tatsächlich dabei gestorben ist. Aber wie gesagt: Das nimmt natürlich viele lesenswerten Zeilen, zum Beispiel die Sache mit dem Fotografiert-werden.

Ein sehr interessanter Ansatz. Ich denke nicht, dass ich jetzt direkt umstellen werde, aber es ist etwas, das ich als eine Art zweiten Einstieg zusätzlich schreiben werde und es dann auf mich wirken lasse, was mir besser gefällt. Daumen hoch


Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi."
Wer würde hier an "feine Note" denken? Klingt nach Wein-Tasting, nicht nach Aufwachen. "Dazu gesellt sich verbrannter Gummi" wäre für mich ein passenderer Satz.

Der Gedanke hinter diesem Satz war eigentlich, genau diese Divergenz hervorzurufen, um die Skurrilität der Situation zu unterstreichen. Trotzdem unpassend?

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Allerdings habe ich keinen Kater, der mit einem solchen Blackout einhergehen müsste."
Klingt zu sehr nach Info-Dump und zu wenig nach "gedachtem Monolog": "Allerdings habe ich keinen Kater - und für so ein Blackout müsste ich einen gewaltigen Kater haben" oder so ähnlich.

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Nein, es ist natürlich kein Gewitterblitz, sondern der Blitz des Fotoapparats des Polizisten."
Gefällt mir irgendwie nicht. Besser: Es war der Blitz des Fotoapparats des Polizisten.

Da kann ich dir bei beiden nur recht geben und ich werde es überarbeiten.

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Thea, ermahne ich mich selbst in Gedanken, das waren wirklich zu viele Cocktails."
Das "Thea" brauchst du gar nicht. Sie stellt sich eh gleich dem Fotografen vor. Dort wirkt ihre Namensnennung weniger gekünstelt.

Sie spricht denkt sich auch später noch hin und wieder selbst mit ihrem Namen an. Aber ich werde mir das nochmals ansehen und ausprobieren, wenn es wegfällt. So direkt darauf hingewiesen wirkt es in der Tat etwas merkwürdig. smile

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Gute Erziehung kicks in"
Geiler Satz!

Und ich hatte befürchtet, dass gerade das nicht gefällt. lol2

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Es war Nacht geworden."
Sollte hier nicht "Es ist Nacht geworden" stehen?

Weißt du, wie schwer es für jemanden, der eigentlich immer nur im Präteritum schreibt, plötzlich im Präsens zu schreiben. Kopf an die Wand
Aber du hast vollkommen recht, das ist ein Zeitenfehler.

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
"Du musst wissen, im Erdgeschoss haben wir einen großen Raum, der Wohnzimmer und Esszimmer zugleich ist."
Diese "Du-Ansprache" kann man machen, aber: Dein Text bräuchte sie eigentlich gar nicht. Wahrscheinlich aber ist es Dir wichtig?

Wichtig? Nein. Der Gedanke dahinter war es, der Geschichte Lockerheit zu geben. Ich werde auch hier nochmals in mich gehen. Da auch diese Ansprache noch das eine oder andere Mal in den nächsten Teilen vorkommt. Mal sehen, wie es aussieht, wenn ich es einfach ändere bzw. weglasse.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Ich persönlich habe das Gefühl, dass du zu sehr mit dem Kopf schreibst. Du willst krampfhaft den Ort, Zustand etc. vermitteln und gehst da sehr perfektionistisch ran. Zumindest wirkt das so auf mich.  Vielleicht (ist nur so eine Idee) solltest du mal versuchen, mehr aus dem Bauch raus zu schreiben und einfach mal gucken, was dabei rumkommt.

Beides. smile
Ich schreibe zuerst einfach aus den Bauch raus. Meistens so eine gute Seite, je nach Flow auch mal deutlich mehr oder weniger. Dann gehe ich abermals über den Text und fange an, herumzubasteln. In erster Linie Wortwiederholungen rausnehmen, Sätze umändern, wenn sie zu oft mit "Ich..." anfangen, Absätze formatieren usw.. Also aus dem Kauderwelsch etwas Lesbares zu machen. Dabei habe ich natürlich einen gewissen Anspruch an mich selbst.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten finde ich die Idee mit dem Geist 0815, so leid es mir tut. Das hat es schon so oft gegeben Aua Wo ist das Besondere?

Natürlich ist die Idee 0815. Sie ist mir zugeflogen, als ich ganz konkret ein paar Geister-Kurzgeschichten gelesen habe. Was ist das Besondere? Das ist keine einfache Antwort, ich kann nur sagen, was die Handlung für mich besonders macht/machen wird. Ob das auch für andere gilt, kann ich nicht beurteilen. Da es doch ganz schön vorgreift, im Spoiler:
Thea wird als Geist herausfinden wollen, wer dafür verantwortlich ist und, sollte sie es schaffen, vor moralischen Entscheidungen stehen.
Neben der Handlung sind Charaktere für mich sehr, sehr wichtig. Darum würde ich sogar so weit gehen, zu behaupten, dass Theas Charakterentwicklung das Besondere ist (sein wird).

Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Dass es ein Setting schon oft gegeben hat, trifft doch auf 99,99999999% aller Texte hier im Forum zu, oder? Mit dem selben Argument könnte man unter jede Krimigeschichte oder Romanze schreiben, dass es nichts Besonderes sei. [Ein Roman aus Sicht eines Geistes ist dabei sogar viel, viel, viel seltener als ein Roman, in dem jemand ermordet wird und jemand diesen Mordfall aufklärt oder ein Roman, in dem sich zwei Menschen nach Irrungen und Wirrungen ineinander verlieben.]

Dem kann ich auch nur zustimmen. Eine wirklich komplett neue Idee umzusetzen, ist kaum möglich, bei der Menge, die es gibt. Irgendwie hat man doch alles schon mal gelesen/gesehen. Doch am Ende kommt es auch auf das wie an. Für mich das beste Beispiel ist der Film Avatar. Es gibt Der mit dem Wolf tanz und Pocahontas, dennoch ist die Art und Weise wie Avatar umgesetzt ist, wie der Film auf mich wirkt, etwas gänzlich anderes, etwas neues.

lg Jürgen
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Jürgen Sorko
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Beitrag13.01.2023 14:20

von Jürgen Sorko
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Sorry, bei all dem Zitieren habe ich diesen Beitrag irgendwie ausgelassen.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Das ist mir zu unpräzise und könnte alles Mögliche bedeuten. Versteh mich bitte nicht falsch, der Leser muss nicht alles sofort wissen, aber du schweifst meiner Meinung nach sehr gerne in alle möglichen Richtungen, ohne einen richtigen Fokus auf die Geschichte zu haben.

Der Satz für sich stehend ist natürlich nichtssagend. Präzisiert wird ja im Anschluss und deinem ersten Feedback nach, ist es in der Tat sehr "eigenartig".
Bzgl. der Ausschweifungen: diese werde ich behalten, gehören in dem Fall zu den von mir beabsichtigten Stil.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Ich persönlich würde das Buch nach diesem Absatz zurück ins Regal stellen. Mich packt das nicht, das ist alles zu unscheinbar, zu Weichspüler mäßig. Das liest sich zwar ganz nett, aber nett ist eben halt nett. Wie wäre es mit ein bisschen mehr Dramatik oder Witz. Irgendwas Besonderem, was den Leser dazu verleitet weiter zu lesen.

Ist vollkommen legitim. Nicht jedem gefällt alles. Ich habe auch schon Bücher weggelegt, weil mir der Schreibstil nicht gefallen hat. Darunter auch ein paar durchaus bekannte und angesehene Bücher (Herr der Ringe, Sakrileg, Die drei Sonnen, etc.).

Miné hat Folgendes geschrieben:
So Sätze wie:
Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi.
Schrecken meiner Meinung nach total ab. Das klingt überhaupt nicht dramatisch, spannend oder witzig, sondern eher nach Sternekoch, Gourmet etc.

Auch der Satz:
Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack.
Der ist auch sehr gewöhnungsbedürftig. Also, wenn ich besoffen, verletzt oder gerade schlafend auf einer Straße erwache, würde ich alles Mögliche denken, aber wohl kaum, dass die Mischung aus Asphalt und metallischem Irgendwas in Kombination mit dem verbrannten Gummi nicht meinen Geschmack trifft. Oder du überziehst das Ganze total krass, dann könnte es in Richtung grotesk gehen und vielleicht sogar witzig sein.

Wie im Post dafür erklärt, ist dieser Gegensatz aus Wortwahl und Inhalt beabsichtigt, um die Skurrilität der Lage zu unterstreichen.
Der zweite Satz ist kein konkreter Gedanke. Wenn ich etwas rieche, was stinkt, denke ich mir auch nicht "das stinkt", sondern nehme es einfach wahr. Je nachdem, wo und wie die Situation ist, noch: "Warum stinkt es hier so?"
Stell es dir also vor, als würde Thea vor dir stehen und von dem Ereignis berichten. Und zwar mit einem Augenzwinkern.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Moment, das ist nicht mein Bett! Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier?
Diese Sätze wirken wie mit dem Holzhammer auf den Leser eingedroschen. Außerdem frage ich mich das ja selbst als Leser, weshalb es mir hier völlig überflüssig vorkommt.

Sind sie auch. Ich wechsle im ganzen Text immer wieder mal die Pace. Ich versuche es in Abhängigkeit von Theas Wahrnehmung/Gemütslage zu halten. Kurze, prägnante Sätze, wenn sie aufgeregt, nervös, verärgert, erschrocken, etc. ist. Längere Sätze, wenn es um sie herum ruhiger ist.

Miné hat Folgendes geschrieben:
Bleib drann!

Ganz bestimmt, versprochen. wink

lg Jürgen
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Jürgen Sorko
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Beitrag13.01.2023 14:47

von Jürgen Sorko
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Und hier nochmals überarbeitet. Ich habe die entsprechenden Teile farbig hervorgehoben:

Prolog

Irgendetwas ist eigenartig. Ich liege auf dem Rücken, es riecht nach Asphalt und ein wenig metallisch. Dazu gesellt sich eine feine Note von verbranntem Gummi. Diese Kombination trifft definitiv nicht meinen Geschmack. Und dieser dumpfe Lärm: Stimmen, Sirenen, Autos. Ich will doch nur schlafen. Finster.

Moment, das ist nicht mein Bett! Wo zum Teufel bin ich und was mache ich hier? Augen auf! Autsch, das blendet. Ich blinzle gegen das helle Licht an, während ich mich aufrichte. Schemenhaft beginne ich meine Umgebung wahrzunehmen.

Das helle Licht, eine Straßenlaterne vor der dunkelblauen Dämmerung. Das Blaulicht eines Polizeiautos, die Stimmen der Einsatzkräfte. Straße, Straße, Kreuzung, Absperrband und ich mittendrin und ohne Plan, was zuletzt geschehen ist.

Das waren wirklich zu viele Cocktails, ermahne ich mich selbst. Allerdings habe ich keinen Kater. Bei so einem Blackout müsste mir der Schädel dröhnen. Schritte, einer der Polizisten kommt auf mich zu. Schnell rapple ich mich auf, um zumindest einen Rest von Würde zu bewahren, als der Blitz in mich einschlägt. Der Blitz des Polizisten-Fotoapparats. Ein großes Aufsteckteil. So wie meine Haut kribbelt hätte es auch ein Gewitterblitz sein können. Hat der mich einfach fotografiert! Ich bereite mich darauf vor, dem Polizisten zu erklären, warum ich auf der Straße schlafe, ohne selbst den Grund zu kennen. Verfluchter Alkohol.

Der Mann geht ein paar Schritte und sagt kein Wort. Blitz – autsch! Das ist unhöflich, mich einfach nochmals zu fotografieren, ohne etwas zu sagen. Hey, ich stehe hier und lebe noch, habe nur zu viel getrunken, du Arsch, geht mir durch den Kopf. Ich öffne den Mund, um ihm etwas dergleichen um die Ohren zu werfen.

„Guten Abend!“, begrüße ich den Polizisten freundlich. Gute Erziehung kicks in. „Ich bin Thea Lopin und…“ Blitz! Man, mir brennen die Augen und abermals spüre ich dieses widerliche Kribbeln auf meiner Haut. So viel dazu, höflich zu sein. Und was fotografiert der Kerl eigentlich? So wie er die Kamera hält, ist mein Gesicht sicherlich nicht auf dem Bild. Perplex starre ich den Polizisten an und verfolge ihn, als er weitere Schritte macht und den Fotoapparat hebt… Schnell reiße ich meinen Arm vor das Gesicht und schließe die Augen. Trotzdem spüre ich, wie es blitzt. Was für eine Kamera ist das bloß?

„Ich bin hier fertig“, höre ich den Polizisten rufen. Vorsichtig wage ich es, meine Augen zu öffnen und sehe den Mann mit der Thea-Folterkamera weggehen. Wie skurril ist das bitte? Kurz überlege ich, ob ich meine Arme heben, winken und laut rufen sollte. Anderseits ist es vielleicht besser, nicht aufzufallen. Ich senke den Blick, neugierig, was der Polizist fotografiert haben könnte, in der Hoffnung, dass es nicht nur mein Körper war.

Ein kurzes Quieken entfährt meiner Lunge und ich springe zur Seite. Ich bin inmitten einer Kreidezeichnung gestanden. Besser gesagt, im Umriss eines menschlichen Körpers. Das wäre nur halb so wild, wäre der Asphalt an dieser Stelle nicht rotbraun gefärbt. Neben dem Umriss ist ein kleines Schildchen auf dem Boden, auf dem eine Eins steht. Ich bin besoffen auf dem blutigen Asphalt gelegen? Mir wird kotzübel. Lichter blitzen vor meinen Augen. Nein. Nein! Schwarz.

Ich komme zu mir. Es ist ruhig geworden. Die letzten Momente, bevor ich das Bewusstsein verloren habe, ziehen vor meinem inneren Auge vorbei. Die Kreideumrisse, das Blut... Ich springe vom Boden auf. Tatsächlich bin ich immer noch neben der Straße auf dem Radfahrweg gelegen. Es ist Nacht geworden. Ich suche den Boden ab. Keine Kreide, kein Blut. Verfluchter Alkohol! Ich werde nie wieder auch nur einen Schluck davon trinken, schwöre ich mir hoch und heilig. Dabei weiß ich jetzt schon, dass das nur für die nächsten paar Wochen hält. Egal.

Also gut, es wird Zeit, nachhause zu gehen und ordentlich auszuschlafen. Ich atme tief durch und lasse meinen Blick schweifen, um herauszufinden, wo ich überhaupt bin. Schnell erkenne ich die Kreuzung, sie liegt auf dem Weg in die Stadt hinein. Es ist nicht weit von zuhause entfernt, doch ich wünsche, ich hätte mein Fahrrad bei mir. Zu Fuß werde ich eine halbe Stunde benötigen. Andererseits habe ich so Zeit, meine Gedanken ordnen und das Geschehene zu verarbeiten.

Ich biege in unsere Straße ein. Fast da! Ich fürchte mich zwar nicht im Dunkeln, aber der Kilometer, an dem die Straße durch das Waldstück führt, ist trotzdem unheimlich. Das könnte damit zu tun haben, dass mein Papa mir immer von den Geistern erzählt hat, die dort nachts ihr Unwesen treiben, damit ich als Kind nicht zu weit von zuhause weglaufe. Leider ist mir noch immer nicht ganz klar, was ich angestellt habe. Mir ist zumindest eingefallen, dass ich nach der Schule zu Jessica gefahren bin – mit meinem Fahrrad und meiner Umhängetasche und wir uns einen Film angesehen haben.

Endlich angekommen, öffne ich das Gartentor und gehe auf die Haustüre zu. Dabei winke ich freundlich in unsere Überwachungskamera, die Papa vor zwei Wochen installiert hatte. Unsere Haustüre lässt sich, dem Himmel sei Dank, auch mit einem Zahlencode öffnen, so muss ich nicht Mama und Papa aus dem Bett klingeln, weil meine Schüssel irgendwo liegen. Die Vorteile, wenn Papa ein Technikfreak ist. Der Nachteil, er sieht morgen eine Nachricht auf seinem Handy, dass in der Nacht Bewegung aufgezeichnet wurde und weiß somit noch vor mir, wann ich heimgekommen bin. Aber hey, ich bin neunzehn Jahre alt und seit meinem achtzehnten Geburtstag gab es keine Beschwerden mehr. Immerhin bin ich jetzt alt genug, um zu wissen, was ich tue. Ha, denkt ihr! Dachte ich bis vor wenige Stunden auch noch.

Ich tippe den Code ein und öffne die Haustüre. Als ich aus meinen Schuhen schlüpfe, höre ich Musik aus dem Wohnzimmer. Mist, sie sind noch wach! Naja, was solls. „Hallo“, grüße ich gedämpft in den Raum, als ich das Wohnzimmer betrete. Im Erdgeschoss haben wir einen großen Raum, der Wohnzimmer und Esszimmer zugleich ist. Auch die Küche ist noch in dem gleichen Raum, jedoch hinter dem Treppenhaus ums Eck, sodass man nicht direkt hineinblickt. Wenn ich also die Treppe rauf in mein Zimmer will, muss ich diesen Raum, ich nenne ihn einfach nur Wohnzimmer, betreten.

Nur Mike Oldfield antwortet mir mit Moonlight Shadow. Ich schalte das Licht ein und schaue über die Couch, ob Mama oder Papa hier eingeschlafen sind. Aber nein. Eine Flasche Wein steht auf dem Wohnzimmertisch und zwei gefüllte Gläser. Ich grinse. Na, das war heute nicht die erste Flasche.

„Alexa, stopp.“, sage ich leise, um die Musik abzustellen. Keine Reaktion. Doofe Alexa. Ich versuche es nochmals: vergebens. Wahrscheinlich hat Papa das Keyword geändert, damit Alexa nicht immer angeht, wenn der Name irgendwo fällt. Technikfreak und so. Gefühlt funktionieren sowieso alle Geräte jeden Tag anders. Mir egal, soll sie eben die ganze Nacht Musik spielen, davon wird auch niemand sterben. Also husch ich im Dunkeln die Treppen rauf. Bad oder Bett? Ich entscheide mich für das Bad, immerhin habe ich wer-weiß-wie-lange auf der Straße gelegen. Und da meine Eltern nicht einmal mehr daran dachten, die Musik abzustellen, werden sie vom Duschgeräusch schon nicht aufwachen.

Ich schließe die Badezimmertüre hinter mir und drehe das Wasser in der Dusche auf, damit es schön warm ist, bis ich bereit bin. Ich mustere meine Arme und Beine, doch ich bin erstaunlich sauber, dafür, dass ich auf der Straße geschlafen habe. Nicht einmal einen Schmutzfleck sehe ich an mir. Ich zieh mich aus und betrachte meine Kleidung. Shorts und Shirt sind ebenfalls sauber. Glück gehabt, dass mit dem Blut war wohl Einbildung. Mittlerweile dampft es aus der Dusche und der Spiegel ist vollkommen mit Dunst überzogen. Also betrete ich die Dusche, drehe die Temperatur zurück, bevor ich mich unter den Regenduschkopf stelle.

Laut kreischend springe ich zur Seite. Dabei wäre ich beinahe auf dem nassen Boden ausgerutscht und gestürzt. Nein, nicht was du denkst! Das Wasser ist nicht zu kalt und nicht zu heiß. Es ist… gar nicht. Zitternd strecke ich meinen Arm aus, um die Hand unter das Wasser zu halten. Ich sehe, wie das Wasser aus dem Duschkopf kommt, meine Hand berührt und… einfach hindurchgeht, als wäre sie nicht da. Mein Herz kann sich nicht entscheiden, ob es einfach stehen bleiben oder vor Panik aus meiner Brust springen soll. Schnell ziehe ich die Hand zurück. Sie ist trocken. Ich kneife für drei Sekunden die Augenlieder zusammen. Das muss eine optische Täuschung sein. Wieder halte ich die Hand in das Wasser und unverändert ignoriert mich das Wasser einfach. Es fließt durch mich hindurch. Was zum Teufel?!

Ich atme tief ein und aus, versuche nicht panisch zu werden und halte meine Hand weiterhin tapfer unter das Wasser. Ich bewege sie auf und ab, hin und her und plötzlich spüre ich das warme Wasser auf meiner Haut. Es prasselt auf die Hand, läuft darüber, wie es richtig ist. Wie es sich für ordentliches Wasser gehört. Okay, das ist wirklich unheimlich. Dagegen ist das finstere Waldstück mitten in der Nacht regelrecht behaglich. Ich weiß nicht warum, doch ich beginne zu kichern. Wie ein fünfjähriges Mädchen. Nicht weil ich es lustig finde, sondern weil es so surreal ist.

Mit pochendem Herzen stelle ich mich unter das Wasser und, dem Himmel sei Dank, geht jetzt alles mit rechten Dingen zu. Nach einer gefühlten Ewigkeit verlasse ich die Dusche, wickle mich in mein Handtuch und tapse in mein Zimmer. Erstaunlich, dass ich mit meinem Gekreische niemanden geweckt habe. Ich zieh mein Nachthemd an und lege mich ins Bett. Ich habe genug von heute. Gute Nacht!
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Miné hat Folgendes geschrieben:
Dyrnberg hat Folgendes geschrieben:
Miné hat Folgendes geschrieben:
Ansonsten finde ich die Idee mit dem Geist 0815, so leid es mir tut. Das hat es schon so oft gegeben Aua Wo ist das Besondere?


Die Kritik verstehe ich nicht so ganz, denn: (1) Wir wissen ja noch überhaupt nicht, was er aus der Geschichte macht. (2) Dass es ein Setting schon oft gegeben hat, trifft doch auf 99,99999999% aller Texte hier im Forum zu, oder?.]


Ja, das ist ja eben das Problem mit den Geschichten. Dass die Meisten zu 99,9999 Prozent nichts taugen. So what?


Okay. Guter Punkt. Dem könnte wirklich so sein. Laughing

Wobei ich bleibe dabei: Das Setting muss nicht ultra-originell sein. Die Umsetzung macht es aus.


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Ein Roadtrip durch die Philosophie: "Die Nacht der Fragen und der Morgen danach" (Roman)
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Jürgen Sorko
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

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Beiträge: 43
Wohnort: Klagenfurt (Österreich)


Beitrag13.01.2023 23:32

von Jürgen Sorko
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Mit dem Prolog bin ich mittlerweile ziemlich zufrieden. smile
Darum poste ich mal den nächsten Teil. Aufgrund meines unbedachten Nutzens der "Neue Version"-Funktion werde ich die jeweils aktuellste Version immer in den Eingangspost als Anhang hängen. Ganz dreist von Plankenzauber geklaut. lol2

Einiges, was beim Prolog schon kritisiert wurde und ich für veränderungswürdig gehalten habe, ist natürlich auch hier schon eingeflossen.

Kapitel 1 - Thea

Das Quietschen des Garagentors reißt mich aus dem Schlaf. Duselig richte ich mich auf und gähne ausgiebig, dabei dämmern Bilder und Eindrücke in meinem Kopf. Die Morgensonne flutet mein aufgeräumtes Zimmer. Naja, halbwegs aufgeräumt, der Schreibtisch ist etwas unordentlich, aber das gehört so, immerhin wird daran ja auch gearbeitet.

Ich höre, wie unser Auto in die Garage fährt und dann erneut das Tor. Aha, Eltern sind nachhause gekommen. Moment, sie waren nicht zuhause? Die Flasche Wein, die gefüllten Gläser und die laufende Musik? Ich bin hin- und hergerissen. Neugierig, wo Mama und Papa waren, doch dafür müsste ich das kuschelige, warme Bett verlassen. Bett gewinnt, Mama und Papa sind später auch noch da. Ich lasse mich wieder zurückfallen und ziehe die Decke bis zur Nasenspitze hoch.

Schritte kommen langsam die Treppe hoch, da vernehme ich ein Schluchzen. Nicht gut. Ich seufze lautlos und erhebe mich abermals von meiner Ruhestätte, schwinge die Beine aus dem Bett und steh auf. Das klang nach Mama und wenn sie weint, ist etwas nicht in Ordnung. Ganz und gar nicht in Ordnung. Auf nackten Füßen schleiche ich zu meiner Tür, um zuerst nochmals zu lauschen, bevor ich in eine doofe Situation reinplatze. In dem Moment schwingt die Tür auf.

„Hey!“, rufe ich mehr erschrocken als erbost. Normalerweise kommt niemand ungefragt und schon gar nicht ohne Klopfen in mein privates Reich. Mama tritt herein und ich erkenne sie kaum wieder. Die Augen gerötet, ihre sonst immer so ordentlichen, schwarzen Haare total zerrauft, die Schultern hängend. Weitere Tränen benetzen ihre Wange. Ihre Blicke zucken durch den Raum, dann wirft sie das Gesicht in die Hände und stöhnt laut schluchzend auf. Ich glaube, ich höre sie meinen Namen sagen, aber sicher bin ich mir nicht. Jetzt habe ich selbst einen Kloß in meinem Hals.

Verdammt, was soll ich machen? Warum weint Mama? Was ist passiert? Wie kann ich ihr helfen? All das schwirrt mir durch den Kopf. Ich denke, ich sollte zu ihr gehen, sie in den Arm nehmen, doch ich Dummerchen steh einfach nur stumm in meinem Nachthemd da und starre sie verdutzt an.

„Emilia? Komm wieder runter“, höre ich meinen Vater von unten. Seine Stimme klingt ebenfalls belegt. Mama dreht sich um und nach kurzem Zögern folgt sie dem Ruf und lässt mich einfach so perplex stehen. Okay, denke ich mir. Okay, irgendetwas Schlimmes ist passiert. Ich atme einmal tief durch und folge Mama die Treppe nach unten. Ich sehe, wie sie Papa in die Arme fällt, der aussieht, als hätte er die Nacht durchgemacht. Ich bleibe auf der untersten Stufe stehen, halte mich beim Geländer an.

„Mama, Papa?“, frage ich vorsichtig. „Was ist passiert? Was ist mit euch los?“
„Oh Hans“, gibt Mama in die Schulter von Papa von sich. Er streichelt ihr über den Rücken, doch ich werde ignoriert. Nagut, soll er sich um Mama kümmern, aber verdammt noch mal, ihr macht mich gerade fertig. Was ist passiert?! Ich gebe ihnen Zeit. Sicherlich ganze drei Sekunden.
„Papa, was ist denn los?“, frage ich abermals, lauter. Keine Reaktion. Allmählich schleicht sich etwas Frust bei mir ein. Ich weiß, das ist nicht richtig, doch was soll ich machen? Die beiden sind total aus dem Häuschen und ich weiß nicht warum. Papa reagiert nicht auf mich.
„Mama, Papa!“, werde ich noch lauter und steige von der letzten Stufe auf den Parkettboden. Ich geh auf die beiden zu, lege Mama eine Hand auf den Rücken und mit der anderen tippe ich Papa gegen den Oberarm. „Sagt mir, was passiert ist!“

Nichts. Als ob ich gar nicht hier wäre. Sind Menschen so, wenn sie unter Schock stehen? Ich habe davon gehört, aber es noch nie selbst erlebt. Mein Frust weicht aufkeimender Angst und Panik. Ist Oma oder Opa etwas zugestoßen? Ich mach einen Schritt zurück und sehe, dass auf dem Esstisch ein Zettel liegt. Was soll’s, die beiden reagieren nicht auf mich, also kann ich mich auch selbst schlau machen.

Totenschein. Uff. Ich nehme den Zettel auf und beginne zu lesen. Meine Augen weiten sich mit jedem Wort, das ich lese. Langsam, ganz langsam drehe ich mich wieder zu Mama und Papa um, die noch immer unverändert dastehen. Mama hat ihr Gesicht an Papas Brust gedrückt und er blickt zur Treppe, also weg von mir. „Das…“, bring ich stotternd heraus. Ich habe noch nie gestottert. „Das ist ja mein Totenschein.“

Ungläubig lese ich nochmals den Inhalt. Definitiv mein Name, mein Geburtsdatum, meine Adresse. Aber ich lebe. Ich bin hier, das ist eine Verwechslung. Es ist alles gut.

„Es ist alles gut“, wiederhole ich meinen Gedanken laut. „Ich bin ja hier. Es ist alles gut. Ich lebe.“ Keine Reaktion. Was zur Hölle? Ich schüttle den Kopf, lege den Totenschein wieder auf den Tisch und lese weiter. Dabei läuft es mir kalt den Rücken runter und mein Magen verkrampft sich. Die Person ist gestern Abend verstorben, an einem Unfall. Der angegebene Ort ist eine mir zu bekannte Kreuzung. Nein, das kann nicht sein. Nochmals von vorne.

Vier weitere Mal lese ich jedes einzelne Wort. Ich zittere, mir ist eiskalt und irgendjemand dreht ein Messer in meinem Bauch, doch die Buchstaben auf diesem verfluchten Totenschein bleiben die gleichen. Das bin ich und der Ort ist der, an dem ich gestern auf der Straße aufgewacht bin. Die Uhrzeit passt zu der Dämmerung, die ich gesehen habe. Plötzlich schießt mir wieder alles durch den Kopf. Der Kreideumriss, das Blut. Der fotografierende und mich ignorierende Polizist, das eigenartige Verhalten des Wassers in der Dusche.

„Nein, nein, nein, nein… Ich lebe. Nein, nein… ich lebe!“, murmle ich erschüttert vor mich hin. Ich will und kann es nicht glauben! Energisch drehe ich mich herum und gehe zu meinen Eltern. Ich packe sie an den Schultern und schüttle sie. Will sie schütteln. Zuerst spüre ich einen Widerstand, dann tauchen meine Hände in ihre Körper ein. Erschrocken kreische ich auf und springe zurück. Unmöglich! Absolut unmöglich. Das geht nicht. Ich bin kein Physikgenie, aber das geht nicht. Niemand kann einfach in andere Menschen hineingreifen. Papa schaut nach rechts, zu mir. Nein, an seine Schulter, wo soeben meine Hand in seinem Körper gesteckt ist. Er wirkt verwirrt, doch dann drückt er Mama wieder fester an sich.

„Fuuuck“, sage ich langgezogen und greife mir an die Stirn. Das muss ein Traum sein, das kann einfach nicht wahr sein. Nochmals! Ich hole tief Luft, lege meine Hand auf Papas Arm und will ihn drücken. Zuerst fühlt es sich an, als wäre er aus Stein und plötzlich dringen meine Finger in sein Fleisch ein. Ekelhaftes Gefühl! Schnell ziehe ich die Hand wieder zurück. Ich bekomme Kopfschmerzen. Mein Verstand kann das nicht verarbeiten. Wie ein Grafikfehler in einem dieser Computerspiele, nur das es real ist. Mir wird übel. Tief durchatmen, nicht hierher kotzen. Tief durchatmen und nachdenken. „Fuck!“

Ich versuche noch eine ganze Weile, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich springe, ich fuchtle, ich schreie, ich berühre meine Eltern, aber nichts hilft. Ich stecke meine Hand jedoch nicht mehr in sie hinein, das ist nämlich wirklich widerlich. Nichts hilft. Da kommt mir ein Gedanke. Die Tür zum Vorraum steht noch offen. Also gehe ich hin und wirf sie zu. Das war eine schreckliche Idee! Mama und Papa zucken gleichermaßen zusammen. Mama stößt einen schrillen Schrei aus und selbst Papa ist kreidebleich. Ich schlucke. „Sorry!“

„Was war das?“, fragt Mama tonlos.
Ich sehe, wie Papa sich die Worte zurechtlegt. „Nur ein Luftzug.“ Er ist sich selbst nicht sicher.

Ich setze mich auf die Treppe und denke nach. Langsam kehrt Leben in meine Eltern zurück. Sie setzen sich an den Tisch und Papa ruft seine Eltern an, um zu berichten, dass ich von einem Auto niedergefahren wurde und an meinen Verletzungen gestorben sei. Es ist nicht leicht, das Gespräch zu belauschen, da alle immer wieder weinen und verdammt, ich weine auch! Nein, ich weine nicht, weil ich angeblich gestorben bin, ich weine, weil ich spüre, wie sehr mich meine Familie liebt und welche Schmerzen sie nun ertragen. Auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole, aber: „Fuuuck!“

Der Fahrer des Autos hat Fahrerflucht begangen. Die Polizei glaubt, dass sie ihn erwischen werden, erzählt mein Papa weiter. Nach der Leichenbeschauung haben sie die restliche Nacht bei meinen Großeltern mütterlicherseits verbracht.

Mein Gedanken beginnen abzuschweifen, als Papa mit der Erzählung fertig ist. Die Tür erschreckte beide, also können sie bemerken, wenn ich Dinge bewege. Ich sollte ihnen etwas aufschreiben. Dass ich noch hier bin und dass sie nicht so traurig sein müssen. Ich stehe auf und gehe ins Wohnzimmer, um Stift und Notizblock zu holen. Doch bevor ich die Schublade öffne, halte ich inne.

Wenn die Tür schon so einen Schrecken auslöst, was ist dann erst mit einem Stift, der sich bewegt, denn ganz offensichtlich sehen und hören sie mich nicht. Also mir würde mein Herz in die Hose rutschen, wenn ich Nachrichten aus dem Jenseits bekomme. Sofern ich noch ein Herz habe. Ich greife mir an die Brust und stelle erleichtert fest, dass es sehr wohl noch schlägt. Alles gut, ich bin nicht herzlos.

Langsam wende ich mich wieder um. Keine Nachrichten und keine Gegenstände geisterhaft bewegen. Was soll ich machen? Bin ich wirklich tot? Bin ich ein Geist? Wie lange werde ich so sein und wo sind die anderen? Die Welt muss doch voll von Toten sein, oder? Ich schaudere. Nein, ich will keinen anderen Toten begegnen, das ist gruselig. Wer weiß, vielleicht sind die schon halb oder ganz verwest. Igitt! Wie schau denn ich selbst aus?

Mein Körper wurde ja ziemlich hart getroffen, wenn die Erzählung von Papa stimmt. Musste die Polizei das meinen Eltern erzählen? Das ist sicherlich nichts, was man hören will: „Ihre Tochter ist an einem Unfall gestorben. … Nein, sie hatte keine Chance, all ihre Knochen sind zertrümmert worden und alle Organe zerquetscht und ihr ganzes Blut hat sie auf der Straße verteilt. Sogar ihr Gehirn. Ein halbes Bein haben wir in der Wiese nebenan gefunden.“

Schon gut, schon gut, ich höre auf. Das ist Unsinn. Der Kreideumriss zeichnete einen ganzen Körper und so wurde es nicht erzählt, aber dennoch hätten es ruhig weniger Details sein können. Dass mein Körper in Ordnung aussieht, habe ich gestern schon gesehen. Doch wie steht es um mein Gesicht? Ich laufe die Treppe hoch und bremse vor dem Bad ab. Die Türe ist geschlossen. Ehm… ganz vorsichtig öffnen, sodass kein Ton zu hören ist und rein.

Meine Klamotten liegen noch rum. Die sollte ich wegräumen, bevor sie jemand entdeckt. Dann blicke ich in den Spiegel und zucke zusammen. Sofort drehe ich mich um und schaudere. Ich habe ja vieles erwartet. Nein, eigentlich nicht, eigentlich habe ich erwartet, mir selbst tief in meine grünen, hübschen Augen zu blicken. Sogar eine Fratze hätte mich nicht überrascht. Geärgert und geekelt, aber nicht überrascht.

Ich sammle mich und langsam wende ich mich abermals den Spiegel zu. Ich sehe hinein und sehe… nichts. Also nicht nichts. Das Badezimmer sehe ich, die Dusche hinter mir, die Badewanne und alles andere. Nur ich bin nicht im Spiegel zu sehen. Bin ich ein Vampir? Die haben ja kein Spiegelbild, oder? Ich schaue wirklich ganz genau. Zur Sicherheit probiere ich auch den Schminkspiegel aus, aber Fehlanzeige. Spiegel-Thea ist weg. Unheimlich, wirklich unheimlich. Ich taste mein Gesicht ab. Fühlt sich normal an, wie immer. Das beruhigt. Zwar kann mich niemand sehen, doch hässlich will ich trotzdem nicht sein. Man kann eben nicht aus seiner Haut. Kein Spiegelbild zu haben ist wahrhaftig gespenstisch.

Ich beiße mir in die Hand. Autsch! Okay, es tut weh. Ebenfalls kann ich die Abdrücke meiner Zähne in der Haut sehen. Ob ich blute? Ich stecke die Hand abermals in den Mund, aber ich kann mich nicht überwinden, fester zuzubeißen. Kurz überlegt, entschließe ich mich für die Nagelschere. Die ist schön spitz. Ich brauche vier Anläufe um mich zu pieksen. Nur um festzustellen, dass die Schere in meinen Finger eindringt, ohne Schaden anzurichten. Zuerst drückt sie sich in den Finger, aber wenn sie mich verletzen würde, verschwindet sie einfach in mir. Es fühlt sich falsch an, aber es tut nicht weh. Zur Sicherheit versuche ich es nochmals. Kein Schmerz, kein Blut. Ich nehme die Schere wie einen Dolch in die rechte Hand und ziele auf meinen linken Unterarm. Was glaubst du, was passiert? Richtig: nichts. Ich traue mich nicht. Ich bin ja erst ein Anfänger-Geist.

Nächstes Experiment. Ich drehe den Wasserhahn auf, aber sogleich wieder ab. Wenn meine Eltern das hören! Ich muss warten, bis sie außer Haus sind. Und bis dahin? Schulterzuckend sammle ich meine Kleidung von gestern ein und gehe in mein Zimmer. Die Tür drücke ich ganz, ganz langsam zu. Mama war so durch den Wind, dass sie nicht mehr wissen wird, ob sie die Türe offengelassen oder geschlossen hatte.

Als erstes ziehe ich mich um. Das Nachthemd passt zwar erstaunlich gut zu einem Geistwesen, doch ich habe lieber mehr an. Eigentlich müsste ich mir das Bettlaken über den Kopf ziehen, aber da die Sachen von gestern sauber sind und ich nicht noch mehr Unruhe stiften will, ziehe ich diese an. Mein Nachthemd lege ich ordentlich unter das Kopfkissen. Ich runzle die Stirn. Warum haben meine Eltern das Nachthemd nicht gesehen? Das ist nicht logisch. Gut, niemand hat gesagt, dass die Geisterwelt logisch ist. Trotzdem ist das schräg.

Du fragst dich, warum ich ständig von Geistern spreche und mich als Geist betitle? Wäre ich ein Zombie, würden mich Menschen sehen. Außerdem hätte ich das Verlangen sie zu fressen. Also bin ich kein Zombie. Engel bin ich bestimmt keiner und ebenso kein Dämon, habe ich beschlossen. Also bleibt ja nicht mehr viel über. Geist passt für mich am besten und Geisterwelt klingt besser als Jenseits. Somit habe ich beschlossen, ich bin ein Geist und pasta. Immerhin kann ich jetzt behaupten, ich sei geistreich.

Planlos schaue ich mich in meinem Zimmer um. Laptop auf dem Schreibtisch. Vielleicht gibt es Nachrichten über meinen Unfall. Ich räume das Buch, die Zettel und die Stifte von dem Gerät runter und schalte es ein. Ich gebe mein Kennwort ein, da Windows Hello mein Gesicht nicht erkennt und will den Browser öffnen. Doch als ich das Touchpad berühre, zuckt der Mauszeiger nur wild herum. Ärgerlich. Irgendwo habe ich eine Maus.

Ich krame in der Laptoptasche herum und finde sie. Eingesteckt und schließlich schaffe ich es den Browser zu öffnen und überlege, wie ich suchen sollte. Mein Name wird wohl nicht in den Artikeln stehen, aber der Ort. Also gebe ich die Straßennamen der Kreuzung und „Unfall“ bei Google ein. Ich höre Schritte die Treppe raufkommen. Mist!

Schnell, aber leise klappe ich den Deckel des Laptops wieder zu und stehe auf. Wo soll ich hin? Vielleicht… aber nein, meine Tür schwingt auf und Papa schaut herein. Ich schließe die Augen und atme langsam aus. Er betritt mein Zimmer. Ich öffne die Augen wieder. Wie ein Einbrecher sieht er sich um und fühlt sich sichtlich nicht wohl dabei. Natürlich sieht er, dass mein Laptop läuft.

Ich stelle ich fest, dass Geister Angstschweiß kennen, denn genau dieser bildet sich auf meiner Stirn, als er den Laptop öffnet. Er blickt auf den Bildschirm und stockt, als er die Suchanfrage liest. Oh man, was muss in seinem Kopf jetzt vorgehen? Er setzt sich auf meinen Schreibtischstuhl und schließt den Browser. Gut, vielleicht vergisst er das einfach oder so.

Wird er jetzt meinen Laptop durchsuchen? Ich gehe gedanklich durch, ob ich irgendetwas gespeichert habe, was er nicht sehen sollte. Mir fällt nichts ein. Trotzdem bin ich neugierig, was er jetzt macht, und stelle mich hinter ihm, um über die Schulter zu schauen. Die Maus zuckt ein paar Mal über den Bildschirm, dann fährt er den Laptop einfach runter und steckt das Ladekabel aus.

Suchend schaut er sich weiter im Raum um und steht so plötzlich auf, dass ich nicht mehr ausweichen kann. Der Schreibtischstuhl geht glatt durch mich hindurch und auch Papa steht für einen Moment halb in mir. Ja, das fühlt sich genauso falsch an, wie es klingt! Ich springe zur Seite und kontrolliere meinen Körper. Alles heile, kein Loch im Bauch. Glück gehabt! Papa steckt das Ladegerät für mein Handy aus. Dann nimmt er das Handtuch von meinem Stuhl und verlässt er mein Zimmer. Ich atme tief durch. Schon wieder.

Ich muss vorsichtiger werden oder ich jage meinen Eltern noch eine Todesangst ein. Zuknallende Türen, eigenartige Suchanfragen. Nicht gut. Schlimm genug, dass sie um mich trauern müssen, da braucht es nicht noch Terror von einem unachtsamen Anfänger-Geist. Plötzlich wird mir schwer ums Herz. Ich kann hier nicht bleiben. Ganz gleich, wie achtsam ich bin, früher oder später wird irgendetwas passieren. Langsam sinke ich zu Boden und schlinge meine Arme um die Beine. Ich lege meine Stirn auf die Knie. Ich brauche einen Plan!
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