Der Tag nach der Hauptversammlung

[FaithinClouds]

Der Tag nach der Hauptversammlung

Wenn Lasse am Kiosk vorbeigeht, lässt er seinen Blick über die Überschriften gleiten, und es ist, als verfolge ihn der Tod bis zum Firmentor. Das Werksgelände ist so groß, dass man ein Fahrrad braucht, wenn man von einem Ende zum anderen gelangen möchte.
Er schwitzt, als er vor seiner Fabrikhalle ankommt. Der Sommer ist da, aber es ist erst kurz nach acht und die Sonne steht noch tief am Himmel.
Gestern war die Hauptversammlung. Lasse macht sich eigentlich nicht viel daraus. Er braucht nur zwei Wörter: Persönliche Gewinnbeteiligung. Alles andere ist nicht so wichtig.
Hauptversammlungen sind wie Klassentreffen mit Leuten, die man eigentlich nicht mehr wiedersehen will. Bestimmt hat Herr Lagerbeek eine Rede gehalten, und sicherlich kamen darin Wörter wie Stolz, Gewinnmaximierung und Freisetzungen vor. Bestimmt gab es Sekt und Butterbrezeln, das Schütteln sanfter Hände in Anzugsärmeln, dazu ein Lächeln, das niemand so meinte, wie er es ausschauen ließ. Bestimmt kam wieder dieser indische Anwalt, der über die Arbeitsbedingungen in seinem Heimatland sprach, von der Blindheit der Kinder, die irgendein chemisches Gas hervorruft, von den Maschinen, die sich wie Wölfe in die Landschaft fressen.
In der Fabrikhalle riecht es jetzt nach verkohltem Gummi. Gegen Mittag macht sich Gerd manchmal einen Spaß daraus, auf eines der Heizrohre draußen zu pissen, sodass der Gestank zu ihnen zieht. Lasse grüßt seine Kollegen und sie grüßen zurück. Lasse macht sich nicht viel aus Hauptversammlungen und liest Zeitungen nur wegen des Wetterberichts. Vielleicht ist das besser so.

[schmurr]

Ist das der Anfang eines Werks? So für sich bringt es einem nicht viel...
Nichts für ungut!
ciao
Martin

[FaithinClouds]

Hey Martin,

danke fürs Lesen!