Erkenntnis

[Hera Klit]

Erkenntnis

Ich schiebe meinen Einkaufswagen durch die sich selbst öffnende Schiebetür.
Im gleichen Moment wird mir bewusst, dass ich nur eine Entität bin, die sich für einen Menschen hält, der glaubt gerade seinen Einkaufswagen durch eine sich selbst öffnende Schiebetür zu schieben.
Hinter mir der Einkaufsmarkt rauscht voll vom Getriebe ähnlicher Entitäten wie ich, die an ihre Existenz glauben wie ich.
Es ist scheinbar der 28. Februar 2022, was immer das bedeutet und nichts kann als sicher gelten und eine Wahrheit gibt es nicht.

Wir machen uns doch alle etwas vor, um weiter an unsere Lügen glauben zu können.
Unser Intellekt, unser Geist ist nur ein Instrument unserer Verstellung und unseres Selbstbetrugs.
Unserer Sprache ist durchsetzt mit Täuschung. Wir glauben eine Wahrheit zu besitzen, die auf Begriffen und Worten beruht, aber wir kennen nicht einmal uns selbst.
Unser Bewusstsein sitzt träumend auf dem Rücken eines blutrünstigen Monsters.

In nicht ganz einer Woche werde ich womöglich wieder durch diese Schiebetür gehen, sofern unsere Sonne noch einmal aufgegangen ist.

Ich werde es tun, weil der Schlüssel zu meinem Gefängnis weggeworfen wurde.

Von wem, weiß ich nicht.

[Pickman]

Nein.

[Nina]

hallo heraklit,

gerade habe ich mir auf youtube die arte-doku "propaganda" angeschaut. seit einigen minuten kann man diese leider nur noch anschauen, wenn man sich mit einem account bei youtube anmeldet. (falls sich jemand interessiert).
warum ich das erwähne? weil in der doku eine orwell-kennerin gegen ende der doku sagte, dass aktuell an den universitäten gelehrt wird, "dass es keine wahrheit gibt" und die studierenden mit dieser "wahrheit" durch die welt laufen.
wie findest du das?

dein text geht mir übrigens tierisch auf die nerven, ich weiß nicht genau warum. ich glaube, es ist der ton und die art und weise, wie er erzählt ist. inhaltlich kann ich nicht viel damit anfangen, oder besser gesagt, ich identifiziere mich nicht mit den in der geschichte erwähnten figuren.

ich gehe nochmal in mich was das "generve" angeht - sollte ich genaueres herausfinden, schreibe ich es hier auf.

lg
nina

[Calvin Hobbs]

[Nina]

[Hera Klit]

Danke liebe Nina,

wenn dich der Text nervt, kann es sein, dass er dich irgendwie betrifft, diese Zusammenhänge sind ja bekannt.

Liebe Grüße
Hera

[Nina]

liebe hera,

ja, das ist natürlich einfach. und schon ist man fertig damit, nicht? *g*
viel wichtiger war meine frage an dich, was du darüber denkst, dass
studierenden erzählt wird, dass es keine wahrheit mehr gibt.
dazu kein ton von dir. wie schade!

was mich im text nervt, das war eines, was mir gestern als erkenntnis kam,
sind abgegriffene, so oft schon gesagte sätze, wo ich denke:
wer denkt selbst, wer plappert nur nach?
das ist eine art ermüdung, wie ein programm, das einem immer wieder
vorgespielt wird. das man irgendwann nicht mehr hören mag.
ewige wiederholungen sozusagen, nachplappern ohne frische und neue impulse.
das ist eines der dinge, die mich an dem text nerven.
weil ich "das frische" sozusagen vermisse, was eigenes. das fehlt mir.
wenn der text sich philosophisch gibt, aber nichts eigenes zeigt,
nur wiederholt, was schon tausend mal gesagt ist, ewiges blablabla,
dann frage ich mich: wofür dieser text?
betrachte meine gedanken bitte nicht als angriff, so sind sie nicht gemeint.

lg
nina

[Hera Klit]

Ja liebe Nina, es ist wohl so, dass es keine apriorischen Wahrheiten mehr gibt, damit müssen wir nun mal leben.
Wir müssen uns freimachen von dem naiven Glauben der Altvorderen, dass wir in der Lage sind, die absolute Wahrheit zu entdecken.

Ich kann dir hierzu die Lektüre empfehlen:

"Richard Rorty, Der Spiegel der Natur, eine Kritik an der Philosophie."


Natürlich plappert mein Text nach, was schon oft gesagt wurde,
denn würde er etwas sagen, was noch nie gesagt wurde, dann hätte ich den Nobelpreis verdient.
Es ist ein Text der nur meine in dem Moment des Türdurchschreitens gemachten Empfindungen versucht zu illustrieren.
Weiter nichts. Wenn du die Lösung der Welträtsel von mir erwartest, dann musst du mir noch ein bisschen Zeit geben.

Liebe Grüße
Hera

[Nina]

liebe hera,

vielen dank, dass du mich zum lachen bringst.
doch, es gibt wahrheiten, dabei bleibe ich.
dass wir alle sterben werden, nicht auf einmal (hoffe ich)
aber doch einer nach dem anderen, dann und wann.
es gibt noch mehr wahrheiten und ja, dann könnte man
diskutieren und unterscheiden, vonwegen körper und geist
usw. alles richtig.
dennoch gibt es für mich unumstößliche wahrheiten und
dass gelehrt wird, es gäbe keine, finde ich sogar richtig
gefährlich, wenn man das mal weiter denkt.
ich mach mich lieber von anderem frei. lach.

ich wünsche dir einen guten tag,
hab dank für den kurzen austausch,

liebe grüße
nina

[Hera Klit]

Wir müssten erst mal definieren, was wir unter Wahrheiten verstehen.
Das was du meinst, sind landläufige empirische Wahrheiten. Die gibt es natürlich.

Was ich meine sind Wahrheiten in Bezug auf: woher wir kommen, wohin wir gehen, was wir sind etc.. Da weiß niemand eine Antwort.

Einen schönen Tag noch.

Liebe Grüße
Hera

[Babella]

[Hera Klit]

Das steht dir doch frei, liebe Babella.

Liebe Grüße
Hera

[Ralfchen]

servus HK -

ich finde an dem text nichts nervend. er zeigt die Supermarkt-realität und den ärger wenn der knollenknoblauch großteils ausgetrocknet und/oder verfault ist. auch philosophisch betrachtbar ein akutes Thema.

Viele liebe Grüße!
ralfchen

[Hera Klit]

Vielen Dank Ralfchen.

Schade, denn der Text soll nerven. Er soll aufrütteln
aus dieser selbstverliebten Seinsvergessenheit,
die durch keinerlei metaphysische Gewissheiten
gerechtfertigt werden kann.

Liebe Grüße
Hera

[John McCrea]

Hi Hera,

ich empfinde den Text ebenfalls als eher schwächeren Text von Dir.
Der hängt so ein wenig im Nichts.
Die Metapher "Automatische Schiebetür", welche schon den Metainhalt des Textes ein wenig vorstellt, gefällt mir auch überhaupt nicht, bzw. empfinde ich als überhaupt nicht stark, führt in meinen Gedanken zu nichts.

Wenn ich versuche Sport zu treiben, nachher Schmerzen habe, dann passe ich nicht in diese Gedankenwelt.

[Hera Klit]

Vielen Dank John.


Ich ging nun mal durch diese Tür, als ich dies empfand, das war eine Tatsache,
sofern es Tatsachen überhaupt gibt. Es war eine Selbsterfahrung.

Der Text beschreibt ein Herausfallen aus der Seinsvergessenheit und
das führt logischerweise zu einer gewissen Leere und Unbestimmtheit.
Ich nehme mal an, viele können damit nichts anfangen, weil ihnen der
Zustand fremd ist. Dieser Zustand ist für mich aber der Anfang,
ab dem es interessant wird.

Liebe Grüße
Hera

[kioto]

[Hera Klit]

Vielen Dank Kioto,

natürlich gelten empirische Wahrheiten auch nur so lange,
bis sie falsifiziert werden.

Wir wissen also, dass wir nichts wissen können.
Das darf uns jetzt aber nicht das Herz verbrennen.


Liebe Grüße
Hera

[Ralfchen]

liebes Mädchen-

Kritik ist eine wunderbare und vor allem auch wichtige Sache. Und die ist hier in diesem Forum ganz besonders klar und neutral. Das findest du sehr sehr selten in den anderen eher fragwürdigen Literatur – Foren. Das weißt du. Aber lass dich nicht von deinem Weg abbringen. Du bist eine klare Denkerin und bleib dabei. Ich mag dich sehr das weißt du.

liebe Grüße
ralfchen

[Hera Klit]

Vielen Dank liebes Ralfchen.

Ich habe jetzt von Seiten der Kritiker*innen nichts zu Gesicht bekommen,
was mir meinen Text fragwürdig gemacht hätte.
Alle kratzten zu sehr an der Oberfläche.

Wenn jemand diesen speziellen Mikroerleuchtungsmoment noch nicht
erfahren hat, dann ist er nicht in der Lage,
das Beschriebene nachzuvollziehen.
Die Tür bleibt dann hermetisch verschlossen.

Liebe Grüße
Hera

[Pickman]

Hi Hera Klit,

ich will mal sehen, ob ich heute mehr beitragen kann als das kategorische "nein" weiter oben.

Den ersten Absatz kann man so stehen lassen. Der fachsprachliche Ausdruck "Entität" kommt ein wenig prätentiös daher, aber sei's drum. Hier geht es um Erkenntnis, ersatzweise um Mutmaßungen darüber, was der Fall ist.

Im zweiten Absatz kommt überraschend eine moralische Dimension in Spiel. Von "Lüge" ist die Rede und von "Betrug", nicht etwa von Fehleinschätzungen. Darüber kann man im Sinne einer Zuspitzung hinwegsehen.

Aber: wenn es keine Wahrheit gibt, wie kann dann von "Lüge" (oder Fehleinschätzung) die Rede sein?

"Unserer Sprache ist durchsetzt mit Täuschung."  - Das ist nicht so. Mittels der Sprache kann man ausdrücken, was der Fall ist, oder auch, was nicht. Man kann sie zur Täuschung verwenden, aber ohne weitere Belege zu behaupten, sie sei mit Täuschung durchsetzt, überzeugt mich nicht.

"Wir glauben eine Wahrheit zu besitzen, die auf Begriffen und Worten beruht, (...)." - Wahrheit beruht zunächst einmal auf Erkenntnis dessen, was der Fall ist. Diese Erkenntnis kann durch Sprache repräsentiert und kommuniziert werden, aber sie beruht nicht auf Sprache.

"(...), aber wir kennen nicht einmal uns selbst." - Warum sollte das im Widerspruch (eingeleitet durch "aber") zum Besitz von Wahrheiten (über andere Dinge als uns selbst) stehen? Man kann dafür sicherlich gute Gründe anführen, aber Du tust es nicht. Und was genau heißt es, sich selbst zu kennen? Wann darf ich sagen, ich würde mich kennen? Wenn ich mein Äußeres beschreiben kann? Wenn ich meine Blutgruppe kenne? Wenn ich weiß, wie ich reagieren würde, wenn meine Psychologin mir an die Wäsche geht? Wann wäre ich demnach berechtigt zu glauben, Wahrheit zu besitzen?

Was Du schreibst, kann als Startschuss für philosophisches Arbeiten gelten. Es ist jedoch kein ausgereifter philosophischer Text. Da ist noch viel zu tun. Pack es an.

Cheers

Pickman

[Ralfchen]

hallo alle - ich finde mit dem begriff der entitität meint HK das Ding (ihr selbst) als an sich einen Begriff, der in der modernen Erkenntnistheorie wesentlich von Immanuel Kants dualistischer Philosophie geprägt ist, Vorwiegend gilt der Terminus aber als Oberbegriff für sogenannte intelligible Gegenstände oder für die denkmögliche Entität einer intelligiblen Ursache, die beide dadurch bestimmt sind, keine Entsprechung in der reinen, folglich auch nicht in der sinnlichen Anschauung (Erfahrung) zu haben. Oder? Aber abgesehen von alldem denke ich dass wir diesen Text als ein Reduktionismus sehen müssen.