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Weniger Licht


 
 
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag06.01.2022 18:06
Weniger Licht
von HansGlogger
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Neue Version »

Verliebt standen sie an der Quelle des Stromes.
»Willst du mich heiraten?«, sagte er.
Sie blickte auf das Wasser. »Der Beginn eines großen Flusses und einer großen Liebe«, sagte sie.
+++
Sie bauten ihr Haus am Fluss, neun Wochen, nachdem sie eingezogen waren, kam das Kind zur Welt. Salzig schmeckte der Kuss auf der Stirn. Salzig wie das Meer, in dem alle Flüsse enden.
+++
Er schaltete das Licht ein. »Du hier - im Dunkeln?«, fragte er.
»Solange es hell ist, spiegelt sich alles im Fenster. Wird es dunkel, verschwinden die Spiegelungen und man sieht nach draußen«, sagte sie.
Er löschte wieder das Licht. Sie standen dicht nebeneinander, ohne sich zu berühren.
»Woran denkst Du?«, fragte er.
»An die Blumen. Bei dieser Hitze werden sie nicht lange halten, ohne Wasser. Sie werden verdursten.«
»Ich werde morgen zum Grab gehen und sie wegnehmen«, sagte er.
Sie blickten auf den Fluss, im schwarzen Wasser spiegelte sich die Sterne und das gespiegelte Licht des Mondes.
»Gib sie in den Fluss«, sagte sie.

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John McCrea
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 50
Beiträge: 152
Wohnort: OWL


Beitrag06.01.2022 18:57

von John McCrea
Antworten mit Zitat

Hallo Hans,

manchmal liegt in der Kürze auch die Würze. Das stimmt.
Es ist eine Geschichte mit einer moralischen Pointe. Ich empfinde das manchmal als etwas altbacken.
Es muss nicht immer etwas Dramatisches passieren, damit mich das als Leser interessiert. Vielmehr ist es für mich als Leser interessant, warum und wie Menschen über Dinge denken und reden.
Daher mein Kommentar als subjektiver Leser: altbacken
Stilistisch ist das, denke ich, routiniert geschrieben, doch möchte ich folgende Sachen noch anmerken:
Zitat:
Salzig schmeckte der Kuss auf der Stirn.

Dieser Satz ist mutig, aber auch schwierig.
Ein Mund auf Mund Kuss kann salzig sein. Ein Mund auf Stirn Kuss auch, aber das Baby kann ihn nicht "schmecken".
Sensible Babyhaut kann bestimmt wahrnehmen, ob der Kuss salzig ist, da hast Du recht. Und das möchtest Du vielleicht auch ausdrücken.
"Schmecken" bleibt aber schwierig.


Zitat:
Er schaltete das Licht ein. »Du hier - im Dunkeln?«, fragte er.
»Solange es hell ist, spiegelt sich alles im Fenster. Wird es dunkel, verschwinden die Spiegelungen und man sieht nach draußen«, sagte sie.


bei diesem Satz, komme ich als Leser und wahrscheinlich auch die meisten zügigen Leser ins Schleudern.
Das "hell" beziehe ich als Leser in der Regel auf die Helligkeit des Tages, des natürlichen Lichts. Nicht auf das Licht in der Wohnung. Dazu noch das Wort: "solange"  - auch das charakterisiert eher Tag und Nacht.
"wird es dunkel" - auch das charakterisiert eher natürliche Helligkeit.

Ich bin somit zu der Überzeugung gekommen, dass Du diesen Gegensatz absichtlich einbaust, Du willst den Leser hier zum Anhalten zwingen.

Meiner Meinung nach ist dafür allerdings die mögliche Metapher zu schwach, noch empfinde ich das als elegant gelöst.


_________________
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag07.01.2022 09:24

von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Hallo John,
danke für das ausführliche Lesen.
Zitat:

Daher mein Kommentar als subjektiver Leser: altbacken

Das ist beabsichtigt.

Zitat:

Zitat:
Salzig schmeckte der Kuss auf der Stirn.

Dieser Satz ist mutig, aber auch schwierig.


Wenn ein Kuss auf die Stirn eines Säuglings salzig schmeckt,  zeigt dies die tödliche Krankheit Mukoviszidose an.  Später im Text ist das Grab erwähnt.
Zitat:

Zitat:
Er schaltete das Licht ein. »Du hier - im Dunkeln?«, fragte er.
»Solange es hell ist, spiegelt sich alles im Fenster. Wird es dunkel, verschwinden die Spiegelungen und man sieht nach draußen«, sagte sie.
bei diesem Satz, komme ich als Leser und wahrscheinlich auch die meisten zügigen Leser ins Schleudern.


Ja jetzt beim nochmaligen Lesen gebe ich dir Recht. Die Aussage ist sachlich falsch. Es muss im Zimmer heller sein als draußen, dann spiegelt es sich im Fenster. Also das Licht im Zimmer muss an sein und draußen Nacht. Ich wollte hier die Dopplung des Wortes Licht vermeiden. Davon abgesehen, erscheint mir jetzt die Metapher zu aufdringlich in der Formulierung.
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HansGlogger
Geschlecht:männlichKlammeraffe
H

Alter: 65
Beiträge: 606
Wohnort: Bayern


H
Beitrag08.01.2022 09:23
Verbesserung
von HansGlogger
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Verliebt standen sie an der Quelle des Stromes.
»Willst du mich heiraten?«, sagte er.
Sie blickte auf das Wasser. »Der Beginn eines großen Flusses und einer großen Liebe«, sagte sie.
***
Sie bauten ihr Haus am Fluss, neun Wochen, nachdem sie eingezogen waren, kam das Kind zur Welt. Salzig schmeckte der Kuss auf der Stirn. Salzig wie das Meer, in dem alle Flüsse enden.
»Sie sollten sofort mit dem Kind zum Arzt!«, sagte die Hebamme.
***
Er schaltete das Licht ein. »Du hier – allein im Dunkeln?«, fragte er.
»Sonst spiegelt sich alles im Fenster«, sagte sie.
Er löschte das Licht wieder. Sie standen dicht nebeneinander, ohne sich zu berühren.
»Woran denkst Du?«, fragte er.
»An die Blumen. Bei dieser Hitze werden sie nicht lange halten, ohne Wasser. Sie werden verdursten.«
»Ich werde morgen zum Grab gehen und sie wegnehmen«, sagte er.
Sie blickten auf den Fluss, im schwarzen Wasser spiegelte sich das gespiegelte Licht des Mondes.
»Gib sie in den Fluss«, sagte sie.
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schmurr
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 14
Beiträge: 32
Wohnort: Udine


Beitrag31.01.2022 22:39
Kuss
von schmurr
Antworten mit Zitat

Hallo Hans,
du schreibst ja selbst "Kuss auf die Stirn"! Damit ist das Problem des Kusses "auf der Stirn" gelöst.
Dass Salzgeschmack Mukoviszidose bedeutet, wissen wohl nur wenige Leser.
Ansonsten gefällt mir die Geschichte! Ich wohne auch (fast) an einem Fluss, und mir gefallen Bücher, die an einem Fluss spielen, z. B. die von Christian Signol.
Gruß aus Italien,
Martin


_________________
Deutscher in Italien, Autor von lustigen oder tragikomischen Werken: schmurr.webs.com/dpl.htm Ich mag Wandern, wilde Orchideen, Lesen, Katzen und klassische Musik.
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thepriest
Geschlecht:männlichLeseratte

Alter: 53
Beiträge: 100
Wohnort: Schweiz


Beitrag01.02.2022 10:22

von thepriest
Antworten mit Zitat

Die zweite Version gefällt mir extrem gut. Kurz und präzise. Kein Wort zuviel. Ich weiss nicht warum, wenn ich deine Geschichte lese, muss ich automatisch an meinen Lieblingswestern "Jeremiah Johnson" denken. Auch dort die (praktisch wortlose) Idylle im Wald (von Anfang an zu dritt), die dann jäh zerstört wird. Ist vielleicht ein bisschen weit hergeholt, aber aus deiner Geschichte kommt für mich eine Stimmung rüber, welche mich an jene Sequenz aus dem Film erinnert.

_________________
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WaboSG
Geschlecht:männlichSchneckenpost
W

Alter: 37
Beiträge: 14
Wohnort: Konstanz


W
Beitrag01.02.2022 10:54

von WaboSG
Antworten mit Zitat

Die zweite Variante ist dichter und gefällt mir sehr gut. Die gewählten Worte passen zueinander und ergeben ein stimmiges Bild. Ohne die Kommentare hier hätte ich aber nicht über Mukoviszidose Bescheid gewusst (TIL). In wenigen Sätzen eine dichte Atmosphäre aufgebaut. Liest sich gut.

LG
Wabo
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