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Yunon - Das Erwachen [Ausschnitt]


 
 
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Binturong
Geschlecht:männlichGänsefüßchen

Alter: 38
Beiträge: 24
Wohnort: Berlin


Beitrag07.02.2008 21:31
Yunon - Das Erwachen [Ausschnitt]
von Binturong
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

...
Ich weiß heute nicht mehr, ob die Worte, mit denen mich mein kleiner Bruder schließlich weckte, sich auf meine Träume auswirkten oder mich gleich aus meinem Schlaf in einen Dämmerzustand rissen. Doch die Wucht, mit der mich das Kissen traf, hat sich mir tief ins Unterbewusstsein geprägt. Noch heute, drei Jahre später, schrecke ich manche Nacht aus dem Schlaf auf, mit dem Gefühl, von einem dicken, mit Daunen gefüllten Kissen getroffen worden zu sein.
„Milan?“
Ich fand immer, dass Stans Stimme viel zu zart für einen Siebenjährigen war. Ständig zog ich ihn damit auf, dass er eigentlich ein Mädchen sei und unsere Eltern ihn nur wie einen Jungen erzogen.
„Bist du wach, Milan?“
Einen Moment lang war ich mir nicht sicher, ob ich meine Augen schon geöffnet hatte. In dem Schlafzimmer, das wir uns teilten, herrschte noch immer dämmrige Nacht. Das einzige Licht gewährte uns der Mond, dessen Strahlen nur gedämmt durch die Rollladen fielen. Meine Augen schmerzten einwenig, als ich sie zwang das Bild, dass sie mir zeigten, klarer werden zu lassen. Eigentlich hatte ich erwartet, meinen Bruder vor mir zu sehen. So nervend neunmal klug und heldenhaft er sich manchmal darstellte, war er doch, sobald es dunkel wurde und er allein war, nicht mehr als ein verängstigtes Kind. Gleichwohl ist sieben wohl ein Alter in dem sich jeder so verhält. Ich war wohl auch nicht anders in seinem Alter, aber wenn man eigentlich in Ruhe schlafen will verdrängt man jede Erinnerung daran. Stan, jedenfalls, schien noch in seinem Bett zu liegen. Also forderte ich ihn auf: „Geh allein zum Klo und las mich in Frieden schlafen.“
„Ich will nicht zum Lokus.“
Das war mir auch recht. Meine Augen fielen zu und ich drückte mich, so tief ich konnte, zurück in mein Kissen, als ob ich dadurch schneller zurück in meine Träume gleiten könnte. „Um so besser.“ Im Nachhinein war ich mir nicht mehr sicher ob ich die Worte sprach oder nur noch hauchte. Langsam machte sich die Dunkelheit in meinem Kopf wieder breit und ich wusste, dass wenn ich gleich meine Augen wieder öffnete, würde mich die Sonne blenden und das Zimmer wäre Licht durchflutet.

„Hörst du das auch?“
Es war noch immer dunkel. Konnte er mich nicht eine Nacht durchschlafen lassen?
"Milan?"
Ich seufzte und einen Moment darauf kehrte wieder Ruhe ein. Eine Eule schrie und der Dachstuhl knarrte.
„Da ist nichts. Du bildest dir nur etwas ein, Stan.“
Allmählich glitt ich wieder zurück in meinen Traum.
Ein Knabbern, ein Kratzen, ein Rütteln. Das Geräusch klang wie all das zugleich und war so leise, dass ich zuerst noch dachte, ich würde es mir nur einbilden.
„Hörst du das?“
Ich schreckte aus meinem Halbschlaf auf.
„Das kommt von draußen.“ Stan hatte sich in seinem Bett so dicht an die Wand gedrückt, als wollte er in sie hinein kriechen. Seine Bettdecke hatte er sich bis unter die schmale Nase geschoben.
„Was, wenn es ein Teufel ist, der unter unserem Haus sitzt?“, er begann zu stottern, als wäre ihm sein eigener Gedanke so zu wieder, dass er fast daran erstickte.
„Und, was?“, fuhr er zögerlich fort, „wenn er uns fressen will?“
Die Geschichten der Teufel kannte ich alle. Große, schreckliche Ungetüme, die unachtsame Reisende überfielen und fraßen. Ich glaubte nicht an sie, aber ich lies mir von ihnen gern einen Schauer über den Rücken jagen. Besonders gefielen mir die, in denen ausgehungerte oder besonders mutige Teufel, sich in Städte und Dörfer wagten und sich dort Zugang zu den Häusern verschafften. Aber es gab auch, die andere Art von Geschichten, in denen Männer und Frauen erschienen, um Menschen zu retten. Sie wurden als Daimon bezeichnet und waren Magier. Früher wurden sie als Halbgötter verehrt. Mittlerweile wusste man um ihre Sterblichkeit und sie folgten den Bestimmungen des Volksrates. Angeblich wurden sie aus der Hauptstadt entsandt. Wo sie so etwas hatten wie ein präkognitives Zentrum. Einen Ort, an dem man die Zukunft sehen konnte.
Abends erzählte ich Stan oft solche Geschichten, doch jetzt bereute ich es.
„Wenn es ein Teufel wäre, würde doch einer dieser Daimon kommen, um uns zu retten. Die wissen doch immer schon im Voraus, wo etwas geschieht. “
Mein Bruder schniefte vernehmlich. „Und was, wenn er zu spät kommt?“
In der Tat geschah auch dies in einigen Geschichten, wenn der Weg zu weit oder die Prophezeiung zu spät kam. Manches Mal wurde auch der Daimon getötet, wenn der Gegner zu listenreich oder auch stärker als er war.
„Ach. Das ist doch nur ein streunender Hund", log ich Stan an. „Unser Vater hat sich sicher vor dem Schlafengehen wieder etwas zu essen gemacht und den halben Kühlschrank auf dem Tisch liegen lassen. Dann ist der Geruch durch ein offenes Fenster gezogen. Das hat ein stromernder Hund gerochen und deswegen steht er jetzt vor unserer Haustür. Das Kratzen und Rüttelten ist seine Art darum zu betteln herein gelassen zu werden.“
Stans Körper schien sich zu entspannen und unsicher zog er das Oberbett zurück.
„Ist das wirklich nur ein Hund?“
„Ja. Sicher ist es Zacharias, der Wachhund vom alten Hauptmann. Du kennst ihn doch auch, nicht wahr? Der reißt doch öfters mal aus und streicht um die Häuser.“
In diesem Moment lernte ich, dass Lügen nicht immer helfen. Unser Vater nahm nie einen Mitternachtslunch zu sich. Dazu kam, dass Zacharias nachts immer fest mit einer Eisenkette angebunden wurde.
Die Schemen von Stans Körper wurden wieder unsicherer, offenbar hatte er sich nun ähnliche Gedanken gemacht.
„Der ist doch so groß und bellt immer so laut wenn jemand an ihm vorbeiläuft.“
„Ja, aber das tut er doch nur, wenn er Leute sieht die er mag.“ Log ich weiter.
„Eigentlich ist er sehr lieb und hat noch nie einem Kind etwas Böses getan. Noch nicht einmal die Räuber hat er gebissen, die vor zwei Wochen die Post überfallen haben.“
Ein lautes Knacken hallte durch das Haus. Ich fluchte laut und vergaß, was meine Mutter mir angedroht hatte, wenn ich noch einmal solche Ausdrücke in Stans Hörreichweite gebrauchen würde.
Von anderem Bett hörte ich ein kaum unterdrücktes Schluchzen. Ich hatte vor, meinem kleinen Bruder zu sagen, dass er keine Furcht mehr haben bräuchte und dass ihm nichts passieren würde. Doch ich hatte mit einem Mal keine Lust mehr zu lügen. Ich wollte nur darauf lauschen was im Erdgeschoss vor sich ging.
„Würdest du mal unten nachsehen?“ Stans Stimmer hatte einen kaum überhörbaren panischen Unterton.
„Spinnst du?“, keifte ich ihn an.
Dass ich zu grob war, wurde mir erst klar, als Stan sich nicht mehr zurückhielt und begann loszuheulen, während er laut nach unserer Mutter schrie. Genau genommen war das keine schlechte Idee. Warum war ich nicht selbst darauf gekommen?
...

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mongeri
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Beitrag07.02.2008 23:00

von mongeri
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Sehr interessante Geschichte. Oder besser gesagt, Teil einer Geschichte. Ich würde auf alle Fälle weiterlesen....

Sind die beiden Jungen deine Hauptcharaktere?

Lg

geri


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Nina
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Beitrag07.02.2008 23:10

von Nina
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Spannende Geschichte, toll geschrieben. In welches Genre gehört Dein Text?
Ein paar Rechtschreibfehler sind im Text, die verbessert werden sollten. "Öfters" zum Beispiel. *g*

Ansonsten - mich würde auch eine Fortsetzung interessieren. Dieser Ausschnitt hat mir sehr gefallen. Ich mag Deine Art zu erzählen, zu beschreiben, Atmosphäre zu schaffen und Spannung zu erzeugen.

LG
Nina


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Binturong
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Alter: 38
Beiträge: 24
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Beitrag08.02.2008 14:45

von Binturong
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Vielen Dank für das Lob.
Vielleicht werde ich mal das komplette erste Kapitel posten, aber abwarten, ich muss es wohl noch einmal durch gehen, wenn wirklich so viele Rechtschreibfehler drin sind.

1. Milan ist einer der beiden Protagonisten, der andere wird erst später vorgestellt. Stanley, wie der Rest seiner Familie, ist nur Emotionales Fundament für den Charakteraufbau von Milan.

2. Tatsächlich soll es ne Art Fantasy-Geschichte werden (ja, noch eine), die mit kleinen und kurzen Horroreinlagen geschpickt ist. Aber keine Sorge, ich habe nicht vor Tolkin, Pullman, Hohlbein oder Meier nachzueifern (eher Lukjanenko). Eigentlich will ich mein eigenes Ding machen, weswegen ich auch versuche die Welt meiner Geschichte in eine 20/30ger Jahre Atmosphäre zu ziehen.

MfG
Reiko
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mongeri
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Beitrag08.02.2008 17:49

von mongeri
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die Idee mit den 20/30 er Jahren find ich gut. Das ist mal was neues. Ich find auch nicht, dass deine Geschichte Ähnlichkeiten mit den genannten Fantasyautoren aufweist.
Ich muss auch sagen, dass ich auf Grund des Teils, den ich gelesen habe nciht darauf schließen würde, dass es sich um eine Fantasygeschichte handelt. Ist aber auf alle Fälle ein guter Ansatz, der mir in der Form nicht bekannt ist.

lg

geri


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Felix
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Beitrag08.02.2008 21:59

von Felix
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Eine Fantasygeschichte in den 20/30ern spielen zu lassen ist wirklich eine gute Idee (keine Ahnung, ob du da der erste bist)
Allein dadurch unterscheidest du dich ja schon von klassischen Autoren wie Tolkien und Pullman.
Dass es sich dennoch um Fantasy handelt wird ja durchaus subtil angedeutet. Denn wenn ich es richtig verstanden habe, dann exisitieren diese Daimonen ja tatsächlich in deiner Welt.

Wird die gesamte Geschichte aus Milans Sicht erzählt, oder kommen weitere PErspektiven hinzu? Die Ich-Perspektive lässt ja auf Ersteres schließen.

In jedem Fall ein interessanter Auszug (obwohl mir die Andeutung, dass es in den 30ern spielen soll, beinahe noch mehr Lust am Lesen macht).
Stelle mir da gerade diese typischen Trenchcoat-Detektive und aalglatten Mafiosi vor...aber das ist wohl gerade meine Interpretation der 30er  Wink


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F.S. Fitzgerald
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Binturong
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Alter: 38
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Wohnort: Berlin


Beitrag06.08.2013 19:40

von Binturong
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Ich habe die Geschichte mittlerweile weitergesponnen und viele Details verändert, schaut mal nach.
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