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Lothlanns Geschichte


 
 
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Wenzel
Erklärbär


Beiträge: 2



Beitrag25.07.2021 14:34
Lothlanns Geschichte
von Wenzel
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Hallo!

Mittlerweile ist es über ein Jahrzehnt her, dass ich diese Geschichte geschrieben habe. In meiner Jugend habe ich mich auf einem Rollenspiel-Server (die meisten hier werden sich darunter wohl etwas vorstellen können...) herumgetrieben und begonnen, eine Hintergrundgeschichte für meinen Charakter zu schreiben. Man findet sie wohl auch immer noch im entsprechenden "Forum".

Ich habe mir damals viel Mühe gegeben und den Schreibprozess sehr genossen. Ich habe das Schreiben damals auch irgendwie gebraucht - es war eine eher schwere Zeit für mich. In die Geschichte sind sicherlich auch mein Geschichtsstudium und mein Interesse für Märchen eingeflossen.

Nun befinde ich mich an einer Stelle, an der ich überlege, ob ich die Geschichte vielleicht weiter schreibe und/oder überarbeiten oll. Da ich damals überhaupt kein Feedback hatte, würde es mich interessieren, ob die Geschichte denn für einen Außenstehenden überhaupt interessant ist.

Ich werde die einzelnen Kapitel nach und nach hier posten. Die Geschichte hat bisher 13 Kapitel, wobei aber die Qualität m.M.n. nicht durchgängig gleich bleibt.

Ich bedanke mich jetzt schon bei allen, die sich auf den Versuch meiner Geschichte einlassen wollen! smile
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Zum Kontext: Die Geschichte ist im "Vergessene Reiche"-Fantasie-Universum angesiedelt. Allerdings habe ich mir einige Freiheiten genommen. Es geht eher in Richtung "low fantasy" und ist tw. eher historisch-realitätsnah ausgelegt.
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I. Von Barthelmes Siegen und Niederlagen

"Sieh einem Sember in die Augen, und du kannst die Münzen sehen, die er im Geiste zählt."

Ah! Sembia! Die glanzvollste Perle der inneren See! Keine andere Nation kann sich an der Herrlichkeit Sembias messen. Wie Edelsteine funkeln seine Handelsmetropolen Ordulin, Seglaunt, Saerloon und Daerloon. In den brodelnden Städten kann man alles ersteigern, was Faerûn zu bieten hat. Die Händler sind das Rückrad dieser aufstrebenden Macht. Als ehemalige chondathische Pioniere haben die Sember kein Bisschen von ihrem Unternehmergeist verloren. Weder die heimtückischen Elfen, noch die zurückgebliebenen Talländer konnten dem sembischen Durchsetzungsvermögen und Einfallsreichtum die Stirn bieten. Und so wachsen die Städte empor! Aufgebaut auf guten Geschäftsbeziehungen und Schiffsladungen voll Wein, Samt und Seidenbrokat, und Pfeffer!

Aber Sembia hat auch seine ruhigen Flecken. Je weiter man sich von den Küsten und Flüssen, den kräftig pulsierenden Adern des Handels entfernt, desto langsamer schlägt der Puls des Lebens. Je entlegener die Bekanntschaften, desto seltener lässt sich das sonst so charakteristische Verlangen nach Aufbruch und Erfolg in den Gesichtern erkennen. Wir folgen den Wegen immer weiter, tauschen die bepflasterten Straßen der Stadt zunächst gegen die dicht befahrenen Überland- und Handelsstraßen, biegen dann ab auf breite schlammige Zubringerwege, durchqueren das sembische Hinterland, um schließlich staubige, halb überwachsene Feldwege zu begehen. Und einer dieser Wege führt uns an jenen Ort, an dem diese Lebensgeschichte ihren Anfang nimmt. Richten wir unseren Blick also auf einen abgeschiedenen Winkel, auf eine in sich gekehrte, kleine Welt irgendwo zwischen Searloon und Daerloon, im Schatten der großen Städte.

Sanft rollende Rebberge umschließen die überschaubaren Täler. In den Talböden steht oft nur ein einziger versprengter Hof. Nicht viel verändert sich hier über die Jahre. Welkes Gras, staubige Feldwege und Gewitterdonner im Sommer. Betäubende Stille und klamme Nässe im Winter. Wo Zeit und Witterung die Steinmauern der Weinterrassen zum Abbröckeln und Abrutschen gebracht haben, dort gibt das Erdreich Schiefergestein preis. Im ausgehenden Marpenoth, wenn sich die Blätter im spätsommerlichen Licht verfärben, wenn die Saatkrähen heran geflogen kommen, und wenn die abendlichen Schatten immer früher und bedrohlicher ins Tal ausgreifen, dann erfolgt stets die Weinlese. Heißer Sommer, guter Wein. Was der Sommer nicht kocht, wird der Herbst nicht mehr braten.

Die Natur mit ihren Jahreszeiten bestimmt hier über alle Wesen. Auf die überschwengliche, lebensbejahende Fülle eines erntereichen Spätsommers folgen stets Kargheit, Hunger, und vor Kälte schlotternde Lippen im Winter. Die Launen der Erde und des Wetters sind bekanntlich die strengsten Lehrmeister der Bescheidenheit. Herrisch bestimmt die Natur über das Wesen der hier Verwachsenen, zwingt ihnen ihr eigentümliches Gepräge auf. Doch zugleich geht von dieser Landschaft mit ihren Unberechenbarkeiten ein verführerischer Reiz aus, entfaltet sie doch auch die schönsten Schauspiele. Etwa im Winter, wenn die dunklen Shillouetten der Äste in den zart leuchtenden Winterhimmel ausgreifen, und wenn der Schnee die Landschaft mit einer erhabenen Stille bedeckt. Oder im Sommer, wenn der aufsteigende Dunst nächtlicher Wolkenbrüche die Weinhänge umhüllt und das Crescendo des Grillenkonzertes die schwere Nachtluft durchdringt. Die Menschen sind der grobkörnigen, bittersüßen Schönheit der Landschaft ausgeliefert. Den ansonsten so standhaften bäuerlichen Trotz gebrochen, die ländliche Derbheit von schwärmerischer Sucht gedämpft, spiegelt sich in den einheimischen Gemütern ein sonderbares Temperament wider.

Nur einer war hier eine Ausnahme: der Weinhauer Barthelme. Und wie es das Schicksal will, liegen die Wurzeln dieser Lebensgeschichte bei seinem Hof. Ein Stall, eine Scheune, und ein Eindachhof als Wohngebäude, lose um einen staubigen Platz versammelt, in der Mitte ein Brunnen. Dazu ein Heer aus knorrigen Weinreben, das sich terrassenweise in Reihe und Glied formiert, fest an seine Stöcke klammert und unaufhaltsam zur Sonne empor rankt. Es ist ein Hof wie viele andere in dieser Gegend. Er hat kaum Fenster, um die Bewohner vor der sommerlichen Hitze zu schützen. Die Fassade bröckelt. Ein Büschel Immergrün hängt über dem Türstock um unerwünschten Geistern den Zutritt zu verwehren. Im Inneren herrscht Dunkel. Weder das Tageslicht, das durch die kleinen Fenster fällt, noch die wenigen Talglampen mit ihren beinahe ersterbenden, mageren Flämmchen vermögen die niedrigen Stuben auszuleuchten. Die Dielen sind von Rauch und süßem Traubenduft durchtränkt, die schwarz verrußte Holzbalkendecke über dem Kamin ist morsch. Die Einrichtung - überschaubar. Ein Tisch mit sechs Schemeln, ein Kasten, eine Truhe und, durch einen Bretterverschlag separiert, ein Bett. Dafür sind die Wände über und über mit Werkzeug und Arbeitsgerät übersät. Alles, was in der Scheune keinen Platz mehr fand, drängt sich hier dicht and dicht.

Wir sehen Barthelme vor uns. Ein etwas beleibter, stämmiger Winzer, mit einem Gesicht, in dem das Schicksal tiefe und eindruckvolle Furchen hinterlassen hat. Dazu ein ehrfurchtgebietendes Doppelkinn, eine beständige, cholerische Röte der Wangen, sowie ein kalter, beinahe seelenloser Blick. Und dieser letzte Eindruck trügt nicht, denn Barthelme hatte das Gefühl für das Leben längst verloren. Er hatte verlernt wie man lebt.

Es ließ Barthelme kalt, wenn Sonnenuntergänge seinen Hof im prachtvollsten Gold erstrahlen ließen. Es ließ ihn kalt, wenn der erste Wein des Jahrgangs auf seiner Zunge seinen Geschmack entfaltete. Und es ließ ihn kalt, wenn er der Dorfjugend zusah, wie sie unter der Tanzlaube an Feiertagen das Leben zelebrierte. Er saß bloß da, abgeschieden und alleine, mit versteinerter Miene und leerem Humpen. Er konnte ganze Abende auf diese Weise versitzen. So manch anderer Bauer mochte hinter der harten Fassade vielleicht die eine oder andere Rührung vermuten, auf ein verräterisches, wehmütiges Funkeln in seinen Augen lauern. Doch Barthelme war nicht von dieser Sorte. Hätte er seine Seele in Gefahr geglaubt, wäre sie von dem fröhlichen Treiben der Dorffeste auch nur im Geringsten berührt worden, so hätte er es vorgezogen, den Abend auf seinem Hof zu verbringen. Durch sein Erscheinen im Dorf bewies er gerade das Gegenteil – er wollte der Welt zeigen, wie sehr er sie verachtete. Die Welt, das hatte er sich geschworen, konnte ihm nichts anhaben. Seine Auftritte bei den Dorffesten waren daher stets perfekt und makellos. Er ließ sich von nichts berühren, saß wieder alleine, und durchdrang die tanzende Jugend mit eisernem Blick.

Doch Barthelme war nicht immer so gewesen. Kein Mensch wird so geboren – Menschen, so sagt man, sind Geschöpfe der Hoffnung. Auch Barthelme hat sich einst als Teil des Lebens verstanden. Zwar war er stets ein ernster und schweigsamer Winzer gewesen, aber dahinter hatte sich immer ein feiner Sinn für Menschlichkeit und Mitgefühl verborgen, den er hin und wieder hervorblitzen ließ. Diesen Sinn aber hatte er sich aus Rache abgewöhnt. Rache an der Welt, die ihm all sein Glück mit einem schrecklichen Schlag auf hatte. Es war eine Krankheit, die Leonore von ihm genommen hatte. Sie, Leonore, die einzige, an die sich Barthelme jemals gewöhnt hatte – die einzige, an die er sich jemals gewöhnen hätte können. Und das war ihm stets bewusst. Ihr Tod bedeutete für ihn umso mehr eine Katastrophe. Barthelmes Welt hatte sich mit einem Male schwarz gefärbt. Am liebsten wäre er ihr nachgefolgt und hätte alles und jeden mit sich gerissen. Doch er hatte damals anders entschieden. Er wollte nicht fliehen, er wollte Rache. Und so verbat er sich das Leiden. Er ließ sich nicht von Schmerz treiben, sondern schwor, der Freude und dem Leiden, der Liebe und dem Leben zu trotzen, indem er verbissen weiterlebte, komme was wolle, als bloße Hülle einer zerstörten Seele, als Anklage.

Nun muss man freilich wissen, dass ein einsames Leben keine Option für einen Winzer war; selbst für einen Winzer, der nur noch von heftigstem Verlangen nach Rache zum Weiterleben getrieben wurde. Denn Barthelmes Herrschaft - von ihr wird später noch zu sprechen sein - würde nur Verständnis für seinen Entschluss zeigen, wenn er weiterhin die verlangten Abgaben lieferte. Kurz: Er musste den Hof weiterführen. Mit Leonore hatte Barthelme drei Söhne gezeugt: der älteste, Ruben, war zum Zeitpunkt der Katastrophe gerade vierzehn Sommer alt geworden. Elain und Orlan folgten jeweils im Abstand von einem Jahr. Mit drei Kindern konnte Barthelme die anfallenden Arbeiten unmöglich bewältigen. Diese praktischen Überlegungen waren es ganz allein, die Barthelme zu einer erneuten Heirat bewogen. Eine Heirat war notwendig, um seinen Rachefeldzug gegen das Leben fortzusetzen.

Seine zweite Ehefrau hieß Eliogarth. Ihr Schicksal war wahrlich kein glückliches. Als fünfte Tochter einer Bauernfamilie aus dem Nachbardorf hatte sie von klein auf keine Hoffnung auf eine gute Heirat gehabt. Ihrer Familie mangelte das Geld für eine fünfte Mitgift. Gerade dieser Umstand spielte direkt in Barthelmes Hände. Er legte keinen Wert auf eine Aussteuer - sein Hof war groß genug, und er selbst war von jeglichem Verlangen nach Aufstieg befreit. Und so kam die damals etwa vierundzwanzigjährige Eliogarth ohne Fest und Mitgift, ganz leise und unbemerkt, an den Barthelmes Hof, um dort die erforderliche Arbeit zu verrichten. Keine Musik, kein Festmal, kein Tanz. Es war Barthelmes erster großer Sieg über das Leben.

Man kann unschwer erahnen, wie es der schüchternen jungen Frau am Hofe des verbitterten Barthelme ergangen ist. Während er sein Leben mit einer bewussten Entscheidung bereits beendet hatte, stand sie noch am Anfang des ihren. Eliogarth war von ihren Eltern wohlweislich zu Bescheidenheit und Tüchtigkeit erzogen worden, weshalb sie die aufgetragenen Arbeiten stets zu Barthelmes Zufriedenheit erledigen konnte. Sie besorgte auch das Nötigtse um die drei Söhne. Wohl nur aus diesen Gründen heraus vermochte Barthelme Eliogarths Anwesenheit am Hof zu ertragen. Nicht, dass sie seiner einschüchternden Art und seiner Lebenserfahrung gewachsen gewesen wäre. Er redete mit ihr genauso wenig wie mit seinen drei Söhnen, und blieb ihr daher immer ein Fremder. Nie vergaß er seine bedrohliche, kalte Art. Und so ertrug sie ihr Unglück, während er weder Glück noch Unglück kannte.

Unerklärlich bleibt deshalb, wie es überhaupt dazu kommen konnte. Hatte die Leidenschaft Barthelme tatsächlich noch ein letztes Mal gepackt, hatte er eine Niederlage erfahren müssen? Hatte er, nach seinem ausufernden, abendlichen Trunk den Anblick ihrer Jugend nicht ertragen? Konnte er selbst die Verantwortung für ihr Unglück nicht verkraften? Hatte er sich entgegen all seiner Prinzipien provozieren lassen, seinem Hass auf junges Leben noch einmal zum Ausbruch verholfen? Jedenfalls schenkte Eliogarth Barthelme nach einem Jahr einen Sohn, Lothlann. Es ist nicht auszuschließen, dass die Mutter für einen kurzen Moment ein wenig Glück erahnen konnte, als sie zum ersten Mal in das Angesicht des frischen Erdenbewohners sah. Doch ihre große Hoffnung, dass der kleine Lothlann das vollbrachte, was sie selbst nicht schaffte, nämlich das Herz ihres verbitterten Ehemanns aufzuweichen um damit allen Bewohnern des Hofes ein besseres Leben zu bescheren, wurde bitter enttäuscht. Dies war Barthelmes zweiter große Sieg über das Leben. Und so darf es niemanden verwundern, dass Eliogarth nach etwa anderthalb Jahren, als die drei Stiefsöhne bereits zu Jugendlichen herangereift waren und als Lothlann ihre Brust nicht mehr brauchte, eines Morgens verschwunden war. Sie kehrte nicht wieder.

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Fistandantilus
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Beitrag25.07.2021 16:56

von Fistandantilus
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Hallo Wenzel, willkommen im Forum!

Viele werden angesichts Deiner Geschichte die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und verlautbaren: Show don't tell, auktoriale Perspektive schreiben nur Anfänger, zu lahmer Einstieg.
Aber weißt Du was? Mir gefällt es. Und normalerweise bin ich da auch echt pingelig.
Gerade dieses auktoriale, tell-lastige, langsame verleiht der Geschichte einen besonderen Charme. Man fühlt sich in vergangene Zeiten versetzt, nicht umsonst betonst Du ja auch Dein Interesse für Märchen. So empfinde ich auch Deine Geschichte: als ein Fantasy-Märchen. Und Du hast eine schöne Sprache, die wunderbar in das Setting passt.
Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es schwierig ist, diesen Stil ein ganzes Buch lang beizubehalten, damit er sich in "action"-geladenen Szenen nicht bricht.
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Wenzel
Erklärbär


Beiträge: 2



Beitrag26.07.2021 13:22

von Wenzel
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Hallo, Fistandantilus!

Vielen Dank für das Feedback!

Ich habe mir damals ehrlich gesagt über die Erzähler-Rolle keine Gedanken gemacht. (PS: Ich befürchte auch, dass ich in Zukunft wechsle...). Ich denke die auktoriale Erzählperspektive hilft mir hier insofern, als sie:

a) dem Leser die Welt besser vermittelt. Die Geschichte ist schon auch als ein Fenster gedacht, das kleine Einblicke in eine fremde Welt eröffnet. Der Erzähler ist insofern also zugleich auch Reiseführer. Ohne ihn versteht man die historische, magische Welt womöglich nicht. Ob dieser Spagat zwischen Reiseführer und Narration überhaupt gelingen kann?

b) Der Protagonist durchlebt die Geschichte zunächst als Kind. Er ist sehr machtlos/passiv, hat ein geringes Reflexionsvermögen und nur ein kleines Arsenal an Kommunikationsmöglichkeiten. Zunächst geht es also vor allem darum, zu beschreiben, was die Welt mit unserem Protagonisten macht. Dazu brauche ich eine allwissende Perspektive. Sonst wirkt mein Protagonist zu stark, zu aktiv, zu selbstbestimmt? Die Beschreibung durch den Erzähler trägt zu seiner Hilflosigkeit bei?

c) Und nicht zuletzt kommt durch den auktorialen Erzähler das Märchen-Feeling auf? Es hat etwas Töstendes? Relativierendes? Es ist ein sicherer Blick in eine sonst gefährliche Welt? Der Erzähler schirmt den Leser ab? Der Leser muss nicht alleine gehen?

-------------------------
Allgemein will ich ein zu stark "visuelles oder filmisches Erzählen" vermeiden. Ich verknüpfe Handlungen, Mienen und Gesten ganz direkt und explizit mit dem Innenleben meiner Charaktere. Ich lege die Charaktere offen, ziehe sie gerne sofort bis auf die Unterhosen aus und zeige ihre Schwächen. Filmkamera-mäßiges, außen bleibendes und vermeintlich objektives Erzählen empfinde ich persönlich schnell als langweilig, zu langsam und nicht zum Punkt kommend, auch etwas profan. Deswegen kommt zuerst mal eine gehörige Ladung "Tell". Solange die Charaktere sprachlich halbwegs unterhaltsam vorgestellt werden, auch selbst interessant entworfen sind, sehe ich darin kein großes Problem? Es kürzt ab, erspart dem Leser unnötiges, erschöpfendes Herantasten. (Später in der Geschichte kommt dann noch genug "Show". )

Das mag aber wie gesagt mein persönliches Problem sein. Ich lasse Texte, in denen m.M.n. eigentlich völlig Belangloses visuell (langsam, umständlich, detailliert, mit viel direkter Rede) beschrieben wird, wie eine heiße Kartoffel fallen. Das ist mir einfach zu anstrengend. Ins "Show" will ich nur gehen, wenn wirklich Wichtiges passiert. Sonbst bleibe ich lieber ganz komprimiert im schnell vorantrabenden "Tell".

Ich fände es außerdem unpassend, meine historisch-magische Welt in allzu moderner Sprache zu beschreiben. Klar, der auktoriale Erzähler mag schwülstig, barock, schwärmerisch und märchenhaft wirken. Aber ich finde (und freue mich, dass du es ähnlich zu empfinden scheinst?), dass es hier passt. Das gehört dann auch zum Charme der Geschichte, unterstreicht das Historische?  

Ich werde weitere Kapitel gleich noch überarbeiten, bevor ich sie hier poste. Man entdeckt aus dem Abstand von 10+ Jahren doch einiges wink. Ich lasse mir dabei Zeit.

PS. Dein Feedback hat auf jeden Fall schon mal bewirkt, dass ich darüber nachdenke, was ich eigentlich mit der Geschichte erreichen will. Und warum ich sie überhaupt genau so geschrieben habe.
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