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Kedankoboldie


 
 
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zho
Gänsefüßchen
Z


Beiträge: 48



Z
Beitrag04.02.2008 01:19
Kedankoboldie
von zho
eBook pdf-Datei Antworten mit Zitat

Manchmal schreibe ich Unsinn.
Eine Idee, die mittlerweile erstaunliche Länge erreicht hat und zur Unterhaltung meiner kleinen Cousine entstand.. :-]
Kritik würde mich, wirklich wirklich, freuen.


Sein Herz raste.

Die Herzmuskeln zitterten unter den trommelnden Schritten von Erythro B15, der mit Bewegungen über verschlungene Zellwände eilte, verfolgt von dem wütenden pulsieren, rumoren und fluchen tausend aufgeregter Membrane.
Zuerst war er in eine Sackgasse voller schubsender, gemein drängelnder weißer Blutkörperchen geraten und jetzt dieses Viertel alter, reizbarer Schleimhäute! Das war bestimmt eine der zwielichtigsten Gegenden dieses Körpers, und eindeutig nicht sein Tag. Erythro B15 schimpfte, fluchte und schnaubte auf eine Art, zu der nur Blutkörperchen fähig sind, indem er sich um 0,000753 Milligrad erhitzte und brodelte. Ja, er brodelte, denn Erythro B15 war ein Erythrozent, und gehörte damit zur Gattung der roten Blutkörperchen. Eigentlich war es seine Aufgabe, Sauerstoff zu transportieren, und er war eindeutig zu langsam und zu fett, um wichtige Nachrichten durch diese komplexe Anhäufung von Gehirnwindungen zu schaffen.
Erythro B15 seufzte - schwer, lang, in tiefen und hohen Tönen, solange bis ihm davon ganz schummerig wurde. Und jetzt sollte ER Laufbursche für eine träge, altersschwache Synapse spielen. Für eine Synapse, die über dem die bedeutungsvolle Kunst über die Transportur des Sauerstoffs verkannt hat! Diese Synapse war, daran bestand kein Zweifel, chronisch irre, völlig gaga und scheinbar ausschliesslich damit beschäftigt irgendwelche blöden Informationen ins Hirn zu schicken.
Stellt man sich nun vor, man könne jede schwachsinnige Aussage, jede unerklärliche Dummheit, jegliche Variation eines Wahnzustands, der Schizophrenie, manischen Devianz oder vorübergehender Demenz einer durchgebrannten Synapse zuschreiben –  dann wäre das ganz genau Diese!
Die letzte Nachricht, die von ihr übermittelt wurde,  hat beispielsweise dafür gesorgt, das sich der gesamte Organismus für eine Staubmilbe gehalten hat, was, wenn man bedenkt das die gemeinen Staubmilben in Betten, Kissen oder Möbeln leben, es aber weder Betten, noch Kissen oder Möbel in einem gut sortierten Organismus gibt, ein Zustand ernst zunehmender Katastrophalität auslöste. Kurz: Es wurden verzweifelt Polsterteile gesucht, Selbstmorde geplant und sämtliche Funktionen eingestellt. Es war eine Sache von mehreren, langen Sekunden, bis kompetentere Synapsen diesen Zustand regulieren konnten - und noch heute spielen Kissenverherrlichungen in der Philosophie einzelliger Daseinsformen eine zentrale Rolle!
Trotz, oder gerade wegen, all der deformierten Verrücktheit gilt gerade diese Synapse als mystisch, heldenhaft sensationell und chronisch missverstanden. Helden sind nun mal einsam, argumentieren die anderen Synapsen gerne, und deuten freimütig jede geistige Verrenkung als Individualität in ihrer heldenhaftesten Form.
Dabei beruht ihr heroisches Dasein ausschließlich auf der Tatsache, das sie nach der Entstehung (für Körperbewohner beginnt das Sein nicht mit dem Urknall, sondern der Geburt oder des Todes ihres Wirts) die Erste war, die eine Synapsentätigkeit aufnahm, doch ihre Informationen waren damals schon weder geprägt von philosophischer Relevanz, noch besonders spektakulär oder inspirierend. Sie lauteten:
Erstens:: Ich habe Hunger.
Zweitens: Ich muss mal.
Eigentlich hätte Erythro  B15 also sein zufriedenes, erfülltes Leben damit verbringen können kleine, runde Sauerstoffbläschen zu schubsen. Doch nun befand er sich, dank dieser vorblidlichen Konterfei einer phelgmatischen Synapse, auf den besten Weg in die einzige Gegend, in der ein noch grösserer Mangel an adäuaten Aufgaben herrschte.
Eine Tatsache, die die Bewohner dieses Ortes vielleicht sogar noch unerrträglicher machte als eine durchgebrannte Synapse.
Es war ein Ort voller Konspiration und Genialität, ein Ort voller Philosophie, Unfältigkeit und Pöbelei. Es war ein Ort, der von Kedangobolden bewohnt wird.

Die Kedangobolde - Kedangobolde sind zu Gestalt gewordene Gefühle. Sie sehen aus wie eine skurrile Mischung aus Rotköppchenpygmäe ( verg: Kap. 3) und Feigwarzgoblin (verg: Kap.  5 ), lediglich ausgestattet mit einer größeren Nase ( - einem richtigen Ungetüm von Nase - ich sag euch, Gefühle besitzen Riesenzinken! ) Die überdimensionale Nase der Kedankobolde ist aber alles andere als überflüssig. Sie ist nicht einmal entbehrlich, sondern eine Erfindung schockierender Genialität auf der sämtliche Erfolge evolutionärer Fortschritte beruhen. Einst, zu weniger zukunftsweisenden Zeiten, fingen die kleinen Biester in ihren Wutausbrüchen (und die Wutausbrüche von Kedangobolden waren legendär) auch schon mal damit an, mit irgendwas gegen die Gehirnwände zu werfen, zu demolierend und aus allen Ecken zu schießen und wie Borkentrolle (verg. Kap. 3) durch wichtige Gehirnwindungen zu turnen.
Nachdem sie nun aber damit beschäftigt waren ihre Nasen zu tragen, zu halten, zu schleifen oder zu schnäuzen, sank nicht nur ihre Körperhaltung, sondern auch die Zerstörungsrate rapide. Selbst die Architektur der Gehirne profitierte – sie wurde nicht mehr krumm und klein geschlagen, sondern es wurden sämtliche Gehirnwindungen und ganze Hinterstübchen ausgebaut zu hohen, luftigen, durch schlanke Säulen gestützte Gänge, welche mit bunten Bodenfliesen geschmückt sind, durch die dann eins oder zwei Kedankobolde mit ihren niedlichen Füsschen patschen. Dabei sind sie stetig und ausfüllend damit beschäftigt alles zu dementieren , ihre Gebrechen zu deklamatieren , sich in einem Lachanfall auf die Knie zu hämmern, zu kichern, zu jammern, die kleinen Hände zu Fäustchen zu ballen, sich auf den Boden zu werfen und grundlos zu blärken. Je nach Gemüt des Kedangobolds. Und die Gemüter von Kedangobolden waren eigentlich nie sonderlich komplex.
Um ehrlich zu sein hat ein Kedangobold  noch nie ein Gemütszustand zweimal erlebt, denn sie sind so winzig, dass sich in ihnen nur Platz für genau ein Gefühl Platz findet. Jeder Kedangobold verbringt seine Existenz eigentlich nur damit, sich eine Emotion bis zur Perfektion anzueigenen. Diese Art der Pflege von Affekten gilt unter Kedangobolden als die zweithöchste Kunst. Die erste ist das Reden.
Kedangoblde reden ständig, ausgiebig und ununterbrochen. Eigentlich bestehen sie nur aus einem Körper, einer Nase, einer Emotion und einer Stimme, mit der sie ihr Glück oder Elend lauthals verkünden. Kedangobolde kann man manchmal bis in den kleinsten Fusszeh plappern hören  – eine polternde oder schrille Stimme, die plappert, dauernd plappert, ohne Atem zu holen plappert, meist laut, mal kreischend, mal gurgelnd, mal blärkend, aber nie leise plappert und dabei nie, NIE!, NIEMALS NIE!, Pause macht; wie winzige, spitze Metallsplitter, die unentwegt gegen das Trommelfell schlagen. Die höchste Ruhe eines Organismus besteht in der Fähigkeit, seine Kedangobolde zu ignorieren.

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princess of night
Geschlecht:weiblichCaitiff

Alter: 60
Beiträge: 855
Wohnort: Planet Erde


Beitrag04.02.2008 02:15

von princess of night
Antworten mit Zitat

n'abend zho:-)

zu allererst mal:
wie alt ist die kleine cousine ,die dich auf diese geschichten gebracht hat? denn ich musste mich beim lesen schon anstrengen um alles zu verinnerlichen,da es sehr speziell formuliert ist...

ein satz brachte mich zum schmunzeln:
"Es war ein Ort voller Konspiration und Genialität, ein Ort voller Philosophie, Unfältigkeit und Pöbelei. Es war ein Ort, der von Kedangobolden bewohnt wird. "

hast du bei dieser umsetzung an unser forum gedacht?*grins*

alles in allem eine doch witzige idee die man durchaus weiter"spinnen" kann..
hab es gerne gelesen..
LG
princess


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Ansonsten wären Organspenden ja völlig überflüssig.

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zho
Gänsefüßchen
Z


Beiträge: 48



Z
Beitrag04.02.2008 04:55

von zho
pdf-Datei Antworten mit Zitat

Zitat:
wie alt ist die kleine cousine ,die dich auf diese geschichten gebracht hat?


Sie ist neun, aber ich mute ihr dieses Machwerk natürlich nicht in dieser Form zu, gebe es ihr nicht zu lesen, lese ihr es nicht mal vor, sondern lege sowas immer in irgendeinem meiner geistigen Hinterstübchen ab, notiere es auch manchmal (ganz für mich, diesmal eben auch für`s Forum Smile ) , um es ihr dann irgendwann zu erzählen.

Meist verknüpfe ich die Geschichten dabei miteinander, woraus sich eine `fortlaufende Handlung` ergibt, die sich gerade an einem abenteuerlichen Wendepunkt befindet. Eine Wende, die ich meinem Charkater nicht leichtfertig verleihe.

Deswegen habe ich den kleinen Abstecher zu `kleineren Lebensformen` dazwischengeschoben. (Zumindest den Anfang davon sieht man hier) Da meine Cousine die Handlung aber scheinbar gerade spannend gefunden hat und unbedingt wissen wollte wie es weiter geht, war sie davon garnicht begeistert und anschliessend nachhaltig beleidigt. Mr. Green


Zitat:
denn ich musste mich beim lesen schon anstrengen um alles zu verinnerlichen,da es sehr speziell formuliert ist...


Wah, das steht bestimmt auch in einen fatalen Zusammenhang mit Kommata und Zeitfehlern.
Das ist zumindest oft der Grund, weswegen ich  Skrupel habe überhaupt einen Text hier im Forum zu veröffentlichen. :/

Ich bin zwar immer um eine halbwegs fundiere Rechtschreibung und Grammatik bemüht, aber sobald ich mich mit diesen -wirklich guten- Vorsatz hinsetze um etwas zu verbessern geschieht ungefähr folgendes: Ich lese denn ersten Satz und das war`s dann.

In den seltesten Fällen liegt das daran das ich schon am ersten Satz resigniere, ich zu Faul oder zu Ignorant dafür bin..  stattdessen schaltet sich irgendwann meine eigene Vorstellung ein und spielt quasi den Film den ich von dieser Situation habe.. was schliesslich dazu führt das ich die Stelle nicht wirklich lese, sondern sie vielmehr aus meinem Gedächtnis greife, was selbst wiederrum dazu führt, das ich das `Geschehen` zwar wahrnehme, aber das eben wiederrum auch nur so wie es eben in meiner Fantasie existiert ... nicht so wie es da steht..(Manchmal bring` ich`s sogar fertig ungefähr ein dutzend mal über die selben, dämlichen Fehler hinweg zu lesen..)
..Irgendwann hab ichs einfach aufgegeben meine Texte korrigieren zu wollen.

Zitat:
ein satz brachte mich zum schmunzeln:
"Es war ein Ort voller Konspiration und Genialität, ein Ort voller Philosophie, Unfältigkeit und Pöbelei. Es war ein Ort, der von Kedangobolden bewohnt wird. "

hast du bei dieser umsetzung an unser forum gedacht?*grins*


 Twisted Evil *spitzt sich die Eckzähne*
Ähnlichkeiten zu Lebendigen Personen waren leider unvermeidbar.. Mr. Green
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Gast







Beitrag04.02.2008 11:24

von Gast
Antworten mit Zitat

Die Frage nach dem Alter der Cousine lag mir auch auf der Zunge, aber die ist ja nun schon beantwortet worden. Ansonsten: Ich habe mich sehr amüsiert und finde den Text sehr gelungen. Ich würde gern wissen, wie es weitergeht. Auch schließe ich mich Deiner Cousine an und würde gern wissen, wie es DORT weitergeht. Wink

Ich könnte mir das als eine Art Kinderbuch für größere Kinder vorstellen. Vielleicht müßte man dazu noch etwas mehr erklären, andere Wörter verwenden. Aber auf diese Art könnten Kinder unterhaltsam biologische Feinheiten nahegebracht werden. Ich hätte das als Kind jedenfalls spannend gefunden.

Die Rechtschreibfehler sind mir aufgefallen, haben mich aber nicht im Lesefluß gestört. Das kann ein guter Lektor schnell beseitigen.

Liebe Grüße
Angela
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