Ähnlichkeiten oder Überschneidungen in Texten?

[Zirkusaffe]

Ich fand das Thema, das V.K.B. und ich hier im Thead anschnitten, ganz interessant, es schweift dort aber natürlich vom Sinn des Threads ab, deswegen lager ich das mal hierhin aus.

Wie oft ist es euch schon passiert, dass ihr Ähnlichkeiten o.ä. in fremden Werken gefunden habt zu einem eigenen Text (Egal ob Geschichte, Gedicht etc.)? Ähnliche Textpassagen, zwei Figuren, die sich gleichen, eine vergleichbare Handlung? War da der fremde Text älter oder umgekehrt? Und wie fühlte sich das an?
Oder habt ihr solche Erfahrungen noch gar nicht gemacht?

Liebe Grüße

Zirkusaffe

[Stefanie]

Klar, das kommt vor. Letztlich ist alles schonmal erzählt worden, wir rekombinieren nur alte Fragmente.
Manchmal stelle ich fest, dass meine Idee schon da war, manchmal erscheint meine Idee später woanders, wobei nicht klar ist, wer zuerst da war.

[V.K.B.]

Noch gruseliger fühlt es sich an, wenn Geschichten von der Realität eingeholt werden. Ich hab in einem Creative Writing Seminar damals an der Uni mal eine satirische Kurzgeschichte über einen durchgeknallten Geschäftsmann geschrieben, der das World Trade Center in die Luft sprengt – ein paar Wochen vor 9/11!

Das hat mich später aber auf die Idee einer Romanfigur gebracht, die als Schriftstellerin manchmal prophetische Eingebungen hat.

[Ralphie]

Wie heißt es so schön: Das Essen ist immer das Gleiche, auf die Soße kommt es an

[fkneyer]

Mir stellt sich hier Frage, inwieweit such das Sätzen, die sehr spezifisch sind,
verhält. Als Beispiel einer aus meinem Manu, der mir, wie ich meine, spontan eingefallen ist. Ich aber nicht weiß, ob der wirklich auf meinem eigenen Mist gewachsen ist oder ob ich ihn in den vergangenen 40 Jahren gelesen habe.

Dieser:
Wenn Liebe weh tun konnte, dann war dieser Schmerz, dieser fast unerträgliche Schmerz, den er in diesem Moment fühlte, pure, reine Liebe

Kommt der aus einem anderen Werk?

[VirReDo]

(Extreme) Ähnlichkeiten in Texten hatte ich, glaube ich, noch nicht. Bei meinem ersten Buch allerdings teilte mir der Verlag kurz vor VÖ mit, dass eine Broschüre mit dem exakt selben Titel vor ein paar Wochen mit ISBN erschienen und der Titel damit weg war.

[Thomas74]

Mir ging es jetzt erst so, dass ich eine meiner Szenen fast wortwörtlich in einem anderen Buch wiederfand. Wohlgemerkt, ich hatte die noch nirgends veröffentlicht. Ich kann es mir nur so erklären, dass ich die Idee auch vor Jahren irgendwo aufgeschnappt habe und tief im Unterbewusstsein abgelegt hatte - und der anderen Autorin ging es genauso.
Naja, ich denke, jeder hat schon irgendwelche Formulierungen verwendet, die er irgendwo gelesen hat und gut fand.
(.... von uns hier will ja sicher niemand BundeskanzlerIn werden...)

[Ralphie]

Dann empfehle ich dir, die Szene umzuschreiben

[Maunzilla]

Wenn man bedenkt, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, eine solche Übereinstimmung überhaupt zu bemerken, dann kann man sich ausmalen, wie viele es tatsächlich geben muß. Denn wenn eure Idee irgendwann mal von einem ungarischen, chinesischen oder mexikanischen Autor verwendet wurde, werdet ihr das vermutlich niemals mitbekommen. (Und eure Leser höchstwahrscheinlich auch nicht.)

[Fabe86]

Das ist ein interessantes Thema. Ich glaube, man sollte Formulierungen und Themen hier aber getrennt diskutieren: Die ein oder andere Formulierung gab es bestimmt so oder ähnlich schon einmal auch in anderen Werken; das lässt sich bei der Vielzahl an Literatur kaum vermeiden. Das bemerkt man z.B. bei der alle Jubeljahre mal wieder aufflammenden Diskussion um Plagiate bei Abschlussarbeiten: Studierende fordern hier ja schon länger, dass die entsprechende Prüfungssoftware kostenlos freigegeben wird, um dem auch vorbeugen zu können, statt nur nachträglich zu verurteilen. Allerdings ist die Anzahl möglicher Wendungen im akademischen Kontext mutmaßlich geringer (zumindest in je einem Fach).

Themen, Motive etc. sind mMn noch einmal etwas ganz anderes: Das wiederholt sich doch zwangsläufig! Mehr noch: Zumindest bei mir ist es so, dass ich fortwährend das Gefühl habe, mich mehr oder minder großzügig zu bedienen und abzuwandeln. Mich inspirieren zu lassen, wie es so schön heißt . Angeblich hat ja selbst Goethe schon abgeschrieben, und dann gab es da doch noch diese Sache mit den nur sieben (oder waren es zwölf?) Geschichten, die in Wahrheit existieren sollen...
Halte ich persönlich für zu eng gegriffen, aber der Kern ist, denke ich, schon wahr: Man kann nur neu kombinieren. Wurde aber auch schon weiter oben geschrieben .

[zinemin]

Ja, mir passiert das immer wieder, dass ich etwas lese von dem ich denke: das habe doch ich geschrieben, das ist ganz nah an einer Formulierung dran von mir. Mich macht das glücklich. Ich glaube ich schreibe und lese sowieso, um anderen nahe zu sein.

Was ich auch liebe, ist wenn ich einen Text von einer mit mir befreundeten Schriftstellerin lesen, die meine Texte gut kennt, und das Gefühl habe, sie habe etwas kleines von mir geklaut.   Das freut mich immer sehr.

[Fansoits]

Mir kam das ebenfalls schon unter, dass ich nach Beendigung meines MS ein Buch gelesen habe, bei dem ein Charakter gleich hieß und gleiche körperlichen Merkmale hatte. Das war sooo seltsam zu lesen. Ich kannte das Buch vorher nicht und ich meine auch, dass es erst ein Jahr später publiziert wurde. Manchmal haben Autoren halt ähnliche Ideen zur gleichen Zeit.